Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Janschitz und den Patentanwalt DI Margotti in der Patentrechtssache des Antragstellers ***** wegen Eintragung des Patents mit dem Titel „Energiegewinnungsmaschine“ über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss der Technischen Abteilung des Patentamts vom 1.3.2021, 3A 244/2019 5, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
I. Der beim Patentamt am 8.4.2021 eingelangte Rekurs wird zurückgewiesen.
II. Dem Rekurs vom 13.3.2021, beim Patentamt eingelangt am 15.3.2021, wird Folge gegeben. Der Beschluss vom 1.3.2021 wird aufgehoben; der Zurückweisungsbeschluss vom 25.11.2020 tritt dadurch außer Kraft. Der Technischen Abteilung wird die Fortführung des Verfahrens aufgetragen.
Begründung
I. Jeder Partei steht nur eine Rechtsmittelschrift zu. Weitere Rechtsmittelschriften, Nachträge oder Ergänzungen sind auch dann unzulässig, wenn sie innerhalb der gesetzlichen Frist angebracht werden (RS0041666). Der zweite am 8.4.2020 beim Patentamt eingelangte Rekurs des Antragstellers gegen die angefochtene Entscheidung war daher zurückzuweisen.
II. Der Antragsteller meldete am 3.7.2019 ein Patent unter dem Titel „Energiegewinnungsmaschine“ beim Patentamt an.
Mit dem 3. Vorbescheid vom 29.7.2019 teilte die Technische Abteilung dem Antragsteller – wie auch schon im 1. und 2. Vorbescheid – mit, dass der Anmeldungsgegenstand im Widerspruch zu den allgemein anerkannten Naturgesetzen, wie insbesondere dem Energieerhaltungssatz (Erster Hauptsatz der Thermodynamik) stehe. Die nach § 87a PatG geforderte Ausführbarkeit des Patents sei im vorliegenden Fall daher nicht gegeben. Wenn die Gültigkeit einer wissenschaftlichen Theorie (noch) nicht erwiesen sei, müsse eine vernünftige Aussicht auf Beweisbarkeit ihrer Gültigkeit bestehen. Als Beweis für die Gültigkeit könne die Anerkennung der Theorie durch die wissenschaftliche Gemeinde angesehen werden. Da der Mangel nicht behebbar sei, könne mit einer Patenterteilung nicht gerechnet werden. Sollte die Anmeldung weiterverfolgt werden, seien innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Zustellung des Vorbescheids eine schriftliche Äußerung dazu und gegebenenfalls verbesserte Anmeldeunterlagen vorzulegen. Werde innerhalb der Frist keine Äußerung vorgelegt, werde die Anmeldung zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 25.11.2020, dem Antragsteller am 11.12.2020 zugestellt, wies die Technische Abteilung die Patentanmeldung zurück. Rechtlich führte die Technische Abteilung aus, dass der Antragsteller innerhalb der ihm im 3. Vorbescheid eingeräumten Frist den erteilten Aufträgen nicht entsprochen habe. Die Rechtsfolge dieses Beschlusses trete aber nach § 128a PatG außer Kraft, wenn binnen einer Frist von zwei Monaten die Weiterbehandlung beantragt werde und die versäumte Handlung nachgeholt werde sowie die Weiterbehandlungsgebühr von EUR 156 gezahlt werde.
Mit Schreiben vom 17.12.2020, beim Patentamt am 30.12.2020 eingelangt, teilte der Antragsteller folgendes mit:
«[...] Ich werde meine Patentanmeldung natürlich, als das, was ich glaube, als unendlich nutzbringende Energiegewinnungsmaschine auch weiter daran arbeiten und bitte mich bezüglich der Patentanmeldung zu unterstützen.
Die EGM habe ich fertig gebaut – als Demonstrationsobjekt. Diese funktioniert so, dass die EGM vorgeführt werden kann oder auch Filmen, um es gut verständlich zu machen.
Ich habe den Betrag EUR 156,00 überwiesen. Wenn es erforderlich ist, kann ich auch für das Oberlandesgericht den Betrag von EUR 392,00 überweisen.
Bitte mich diesbezüglich zu informieren.»
Der Antragsteller hat die Weiterbehandlungsgebühr gezahlt.
Mit dem bekämpften Beschluss vom 1.3.2021 wies die Technische Abteilung den am 30.12.2020 eingelangten Antrag des Antragsstellers auf Weiterbehandlung der Patentanmeldung zurück. Die versäumte Handlung sei nicht binnen zwei Monaten nach der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses nachgeholt worden.
Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragstellers mit dem erkennbaren Antrag, dem Rekurs Folge zu geben und den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Weiterbehandlung des Patents Folge gegeben werde.
Der Rekurs ist berechtigt.
Ist nach der Versäumung einer vom Patentamt eingeräumten Frist die Anmeldung zurückgewiesen worden, so kann der Anmelder die Weiterbehandlung der Anmeldung beantragen. Der Antrag ist binnen zwei Monaten nach der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses beim Patentamt einzureichen. Die versäumte Handlung ist innerhalb dieser Frist nachzuholen. Dem Antrag ist nur dann stattzugeben, wenn die Weiterbehandlungsgebühr gezahlt wird. Mit der Stattgebung des Weiterbehandlungsantrages tritt der Zurückweisungsbeschluss außer Kraft (§ 128a PatG).
Wie die Technische Abteilung im 3. Vorbescheid darlegte, ist es für die Patentierbarkeit eines Anmeldungsgegenstands, der auf einer spezifischen, von der herrschenden Lehre abweichenden Theorie beruht, erforderlich, dass diese Theorie gültig ist oder – wenn ihre Gültigkeit noch nicht bewiesen worden ist – eine vernünftige Aussicht auf Beweisbarkeit ihrer Gültigkeit hat. Als Beweis für die Gültigkeit kann die Anerkennung der Theorie durch die wissenschaftliche Gemeinde angesehen werden (OLG Wien 34 R 108/15z).
Dem Antragsteller wurde mitgeteilt, dass mit einer Patenterteilung nicht gerechnet werden könne. Im Falle einer Weiterverfolgung müsste ein Zurückweisungsbeschluss gemäß § 100 Abs 1 PatG gefasst werden. Sollte der Antragsteller die Anmeldung weiterverfolgen, wären innerhalb einer Frist von zwei Monaten „eine schriftliche Äußerung über dessen Inhalt und gegebenenfalls verbesserte Anmeldungsunterlagen“ vorzulegen.
Der Antragsteller äußerte sich innerhalb dieser Frist nicht.
Der danach ergangene Säumnisbeschluss nach § 100 Abs 2 PatG vom 25.11.2020, mit dem die Technische Abteilung die Patentanmeldung zurückwies, wurde dem Antragsteller am 11.12.2020 zugestellt.
Der Antragsteller stellte mit dem oben zitierten Schreiben vom 17.12.2020 innerhalb der zweimonatigen Frist unmissverständlich den Antrag, seine Patentanmeldung weiterzubehandeln, und hat dadurch von der Möglichkeit nach § 128a PatG Gebrauch gemacht, sich zu äußern, wofür ihm die Technische Abteilung bereits im 3. Vorbescheid eine Frist gesetzt hat.
§ 100 Abs 2 PatG stellt nur auf den Fall einer Säumnis ab, bei deren Beurteilung es auf den Inhalt der freigestellten Äußerung nicht ankommt, weil auch § 99 Abs 3 PatG nur die Aufforderung „sich zu äußern“ nennt. Da § 128a PatG das Äußerungsrecht des Antragstellers für die Zeit nach dem Zurückweisungsbeschluss perpetuiert, liegt keine Säumnis (mehr) vor und die Zurückweisung der in der offenen Frist eingebrachten Äußerung hat keinen Bestand. Kraft § 128a letzter Satz PatG tritt damit auch der Zurückweisungsbeschluss außer Kraft.
Die Technische Abteilung wird eine meritorische Entscheidung über den Antrag zu treffen haben.
Nach § 64 AußStrG ist der weitere Rechtszug ausgeschlossen.
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