Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Glawischnig als Vorsitzende, die Richterin Dr. Strolz, den Richter Mag. Heß-Palas sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Gottfried Bahr und Alfred Gajdosik in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. R***** F***** , *****, vertreten durch Dr. Johannes Schuster, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde S***** , vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz RechtsanwältInnen GmbH in Wien wegen Feststellung des aufrechten Bestands des Dienstverhältnisses über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 9.9.2014, 2 Cga 34/14d-8, gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit EUR 2.799,96 (darin EUR 466,66 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrte die Feststellung des aufrechten Bestands seines Dienstverhältnisses zur Beklagten ungeachtet der Kündigungen vom 19.11.2013 und 27.1.2014. Zusammengefasst brachte der Kläger vor, dass er sich im September 2013 nach einem Krankenstand wieder als arbeitsfähig gemeldet habe. Er sei vom Hausarzt, Facharzt und Kassenarzt gesundgeschrieben worden, habe aber dennoch sofort eine Ladung zur amtsärztlichen Untersuchung erhalten. In der Folge habe er sich über Auftrag der beklagten Partei vom Facharzt für Neurologie Dr. S***** untersuchen lassen sollen. Da er etwas verspätet in der Ordination erschienen sei und nicht mehr an die Reihe gekommen sei, habe die Beklagte am 19.11.2013 seine Kündigung ausgesprochen.
Nach Hinweis, dass seine Verspätung bei Dr. S***** verkehrsbedingt erfolgt sei und keinen Kündigungsgrund darstelle, habe er von der beklagten Partei einen neuen Untersuchungstermin erhalten. Der Kläger sei bei Dr. S********* zur Untersuchung erschienen, habe diesem mitgeteilt, dass er gesundgeschrieben sei und ihm die Bestätigung des Facharztes Dr. W***** S***** gezeigt. Die Beklagte habe ihn am 27.1.2014 neuerlich gekündigt, weil er sich der fachärztlichen Untersuchung entzogen und verlangte Befunde absichtlich nicht beigebracht hätte.
Die Kündigungen seien unwirksam, weil kein Kündigungsgrund vorliege.
Die beklagte Partei bestritt, beantragte Klageabweisung und wendete ein, dass der Kläger gekündigt worden sei, weil er seine Dienstpflichten gröblich verletzt habe. Er habe sich wiederholt amtsärztlichen Untersuchungen entzogen und verlangte Befunde absichtlich nicht beigebracht. Der Beklagten sei es deshalb nicht möglich gewesen, nach einem durchgehend seit dem 3.9.2012 bestehenden Krankenstand des Klägers seinen Gesundheitszustand und seine Eignung zur Durchführung der Dienstpflichten zu beurteilen.
Für September 2013 habe sich der Kläger arbeitsbereit erklärt. Um seine gesundheitliche Eignung zur Erfüllung der Dienstpflichten zu prüfen, sei der Kläger im August 2013 aufgefordert worden, einen Amtsarzttermin wahrzunehmen. Wegen des vom Kläger mitgeteilten Urlaubs sei er neuerlich Termin für den 2.9.2013 zu einer amtsärztlichen Untersuchung eingeladen worden. Der Kläger sei beim Amtsarzt zwar erschienen, ein ausführliches Gespräch sei aber mangels Mitarbeitsbereitschaft des Klägers nicht möglich gewesen. Überdies habe der Kläger trotz Aufforderung keine Befunde mitgebracht.
Der Kläger sei am 26.9.2013 neuerlich zum Amtsarzt geladen worden, habe aber auch zu diesem Termin keine Befunde mitgebracht. Die Beklagte habe daraufhin dem Kläger einen weiteren Untersuchungstermin beim Facharzt für Neurologie Dr. S***** mitgeteilt, zu diesem Termin sei der Kläger nicht erschienen.
Die Beklagte habe darauf mit Schreiben vom 19.11.2013 die Kündigung des Klägers ausgesprochen.
Erst nach Ausspruch der Kündigung habe der Kläger ein Schreiben übermittelt, wonach er verkehrsbedingt zur Untersuchung bei Dr. S***** zu spät gekommen sei. Es sei dann der Kläger zu eine neuerlichen Untersuchungstermin bei Dr. S***** für den 19.12.2013 eingeladen worden, habe aber trotz Aufforderung zu diesem Termin keine Befunde mitgebracht. Da der Kläger somit auch am 19.12.2013 bei der Untersuchung nicht kooperativ gewesen sei, habe die Beklagte mit Schreiben vom 27.1.2014 den Kläger neuerlich gekündigt, obwohl es zu keiner Rücknahme der Kündigung vom 19.11.2013 gekommen sei.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt.
Seiner Entscheidung legte es den auf den Seiten 4 bis 7 der Urteilsausfertigung wiedergegebenen Sachverhalt zugrunde, auf den verwiesen und aus dem als für das Berufungsverfahren besonders wesentlich hervorgehoben wird:
„ Im März 2012 zeigte der Kläger informativ der Stadtamtsdirektorin Dr. R***** einen Befund des ihn damals behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K*****: [Tatsachenrüge 2] Dr. K***** hat in diesem Befund beim Kläger eine Persönlichkeitsstörung und paranoide Züge diagnostiziert. Diese Diagnose war darauf zurückzuführen, dass sich der Kläger durch den Schuldirektor gemobbt gefühlt hat.
Ab Anfang September 2013 hat sich der Kläger arbeitsbereit erklärt, nachdem der ihn – in weiterer Folge - behandelnde Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W***** S***** mit Befund vom 26.6.2013 seine Arbeitsfähigkeit als Musikschullehrer festgestellt hat (./L). Der Kläger übermittelte Ende Juni 2013 diese Bestätigung über seine Arbeitsfähigkeit, ./L sowohl dem Chefarzt der Krankenkasse als auch seinem Hausarzt Dr. H*****. Dr. H***** hat daraufhin die Arbeitsfähigkeit des Klägers bestätigt und er wurde vom Krankenstand abgeschrieben.
Die Beklagte forderte jedoch vom Kläger die Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung und teilte ihm als Untersuchungstermin den 2.9.2013 beim Stadtarzt Dr. K***** P***** mit. Anlässlich dieser amtsärztlichen Untersuchung wurde dem Kläger für den nächsten Tag, 3.9.2012 ein weiterer Untersuchungstermin bei Dr. P***** mitgeteilt und ihm aufgetragen, zu dem Termin am nächsten Tag sämtliche die letzten Dienstverhinderungen betreffenden Befunde mitzubringen. Der Kläger ist zwar zur Untersuchung bei Dr. P***** erschienen, ließ sich aber nicht untersuchen und hat auch keine Befunde mitgebracht. Er war gegenüber Dr. P***** reserviert und hat sich nur teilweise in das Gespräch mit ihm eingelassen. Über Anraten von Dr. P***** hat die beklagte Partei daraufhin eine fachärztliche Untersuchung beim Neurologen/Psychiater Dr. S***** für 6.11.2013 angeordnet und dazu dem Kläger mitgeteilt:
„Zur Überprüfung Ihres Gesundheitszustandes bzw. zur Beurteilung einer allfälligen Dienstverwendung wurden Sie bereits mehrmals zum Stadtarzt Dr. K***** P***** als
Amtsarzt geladen. Obwohl ausdrücklich verlangt, haben Sie die relevanten Befunde über Ihre letzten krankheitsbedingten Dienstverhinderungen nicht vorgelegt und behauptet, diese befänden sich bei der Krankenkasse. Eine abschließende Beurteilung war deshalb noch nicht möglich.
Damit über die weitere Dienstverwendung entschieden werden kann, benötigt unser Amtsarzt jedoch genauere Informationen und hat die Einholung eines fachärztlichen Gutachtens verlangt.
Sie werden daher nochmals aufgefordert, sich am Mittwoch, 6.11.2013 um 14.40 Uhr unter Mitnahme sämtlicher Befunde, die die Krankheit betreffen, die zu Ihren Dienstverhinderungen seit dem Jahr 2011 geführt haben, in der Ordination Dr. J***** S*****, ... ***** einzufinden.“
Zum Untersuchungstermin ist der Kläger verkehrsbedingt zu spät erschienen, sodass nur mehr die Ordinationsgehilfin, aber nicht mehr Dr. S***** anwesend war. [Tatsachenrüge 1] Die beklagte Partei kündigte daraufhin den Kläger mit Schreiben vom 19.11.2013 und teilte ihm mit:
„Sehr geehrter Herr Mag. F*****!
Im Hinblick auf Ihre Dienstpflichtverletzungen (unentschuldigtes Nichterscheinen zur amts- bzw. fachärztlichen Untersuchung, Nichtbeibringung von amtsärztlich verlangten Befunden) spreche ich Ihre Kündigung aus. Unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist (in Ihrem Fall 5 Monate) endet das Dienstverhältnis somit am 30. April 2014.
Rechtsgrundlage: § 46 Abs (1) NÖ Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 1976, LGBl. 2420-64 in Verbindung mit §§ 32 Abs (2) Z 1 und 33 Vertragsbedienstetengesetz 1948, BGBl 86/1948.
Ich darf in diesem Zusammenhang mitteilen, dass wir Sie für die Zeit bis zur Beendigung Ihres Dienstverhältnisses dienstfrei stellen. ...
H ***** L*****, Bürgermeister“
Mit Schreiben vom 27.11.2013 an die Stadtamtsdirektorin Dr. R***** hat der Kläger mitgeteilt, dass er sich anlässlich des Untersuchungstermines verkehrsbedingt verspätet habe, die Verspätung nicht als Kündigungsgrund sehe und die Kündigung zurückgezogen werden möge.
Die beklagte Partei hat daraufhin dem Kläger einen neuen Untersuchungstermin bei Dr. S***** für den 19.12.2013 um 13.00 mitgeteilt. Wenn er zu diesem Termin unter Mitnahme der geforderten Unterlagen erscheine, werde die Kündigung vom 19.11.2013 zurückgenommen.
Der Kläger ist am 19.12.2013 bei Dr. S***** zur Untersuchung erschienen und hat die Bestätigung seiner Arbeitsfähigkeit als Musiklehrer des ihn behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W***** S*****, ./L, vorgewiesen. [Tatsachenrüge 3] Diese lautet:
„Vorlage beim Amtsarzt
Betr.:
Mag. F***** Reinhard, 30.5.55
Dg.: Akzentuierte Persönlichkeit Z 73.1
Anpassungsstörung F 43.21
Der im Betreff Genannte ist aus Sicht des behandelnden Facharztes arbeitsfähig (Musiklehrer)
…
Prim. MR. Dr. S*****
FA für Neurologie und Psychiatrie
26.6.2013„
Dr. S***** sagte dem Kläger, der Befund ./L würde seiner Meinung nach nur eine Gesundschreibung darstellen und hat sich mit dem Kläger 45 Minuten über seinen Gesundheitszustand unterhalten. Eine detaillierte Untersuchung durch Dr. S***** hat der Kläger abgelehnt.
Dr. S***** verfasste über die Untersuchung des Klägers vom 19.12.2013 das Gutachten ./17a. Darin hielt er fest, dass der Kläger mit der Untersuchung nicht einverstanden gewesen sei, weil Dr. S***** nicht der Arzt seines Vertrauens sei. Weiters hielt Dr. S***** im Gutachten ./17a fest:
„Nach Aktenstudium und eigenen Befunderhebungen kommt der Sachverständige zu folgendem Schluss:
Bei der betroffenen Person kann nicht mit der nötigen Wahrscheinlichkeit eine neurologisch/psychiatrische Erkrankung festgestellt werden, da von seiten des Betroffenen die Auskunft über wichtige Informationen verweigert wird. Es liegen auch keine Vorbefunde vor und es wurden keine beigebracht.
Es kann daher von meiner Seite auch die ablehnende Haltung einer Untersuchung gegenüber nicht eindeutig als Krankheit interpretiert werden, es könnte sich z.B. auch um rechtliches Kalkül handeln.“
In weiterer Folge hat die Beklagte den Kläger mit zweiter Kündigung vom 27.1.2014 gekündigt und diese ebenfalls darauf gestützt, dass der Kläger Dienstpflichten verletzt hätte, in dem er sich amtsärztlichen Untersuchungen entzogen und verlangte Befunde nicht beigebracht hätte.“
Die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Gemäß § 35 Abs 3 iVm 37 Abs 1 NÖ Gemeindevertragsbedienstetengesetz (GVBG) könne ein Dienstverhältnis, das ununterbrochen ein Jahr gedauert habe, nur schriftlich und mit Angabe des Grundes gekündigt werden. Die beklagte Partei habe die Kündigung des Klägers damit begründet, dass dieser Dienstpflichten verletzt hätte, indem er sich amtsärztlichen Untersuchungen entzogen und verlangte Befunde nicht beigebracht habe.
Es sei weder im NÖ-GVBG 1976 noch im VBG 1948 festgehalten, in welchem Ausmaß ein Bediensteter bei einer ihm vorgegebener ärztlichen Untersuchung mitzuwirken habe.
Eine Kündigung nach den Bestimmungen der §§ 46f NÖ-GVBG 1976 setze eine eklatante Dienstpflichtverletzung durch den Dienstnehmer voraus. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte den Kläger bereits vor 2 Jahren entlassen habe und sich der Kläger offenbar durch seinen vorgesetzten Musikschuldirektor gemobbt gefühlt habe, sei es nachvollziehbar, dass von Seiten des Klägers anlässlich der ihm aufgetragenen ärztlichen Untersuchung Zurückhaltung bestanden habe und er nur den – wesentlichen – Befund Dris. S***** vorgelegt habe. Nach dem NÖ-GVBG seien die dem Kläger von der Beklagten aufgetragenen amtsärztlichen Untersuchungen und die Vorlage von weiteren Befunden nicht vorgesehen; die beklagte Partei habe auch keine Gründe vorgebracht, die objektiv geeignet wären, eine weitere Untersuchung des Klägers zu rechtfertigen. Die Einholung des von der beklagten Partei beantragten psychiatrisch-neurologischen Sachverständigengutachtens sei somit nicht erforderlich gewesen.
Überdies sei die zweite mit Schreiben vom 27.1.2014 ausgesprochene Kündigung des Klägers im Hinblick auf die 6-monatige Kündigungsfrist verfristet.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der beklagten Partei aus den Berufungsgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, gegebenenfalls wegen sekundärer Verfahrensmängel; der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge Aktenwidrigkeit und unrichtiger Beweiswürdigung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung in klageabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in seiner Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1.1. Unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung vertritt die Rechtsmittelwerberin die Auffassung, dass sie aufgrund der lang anhaltenden Krankenstände des Klägers während der Schulunterrichtszeiten, wobei Gesundschreibungen nahezu ausschließlich für die Ferien erfolgt seien, verständlicherweise Zweifel an der geistigen und körperlichen Eignung des Klägers für seine Verwendung als Musikschullehrer ergeben hätten. § 37 Abs 2 NÖ-GVBG bestimme, dass ein Grund, der den Dienstgeber zur Kündigung berechtige, insbesondere dann vorliege, wenn (lit b) sich der Vertragsbedienstete für eine entsprechende Verwendung aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens als geistig oder körperlich ungeeignet erweise.
Der Kläger habe jedoch absichtsvoll die amtsärztliche Untersuchung verweigert und es unterlassen, die letzten Dienstverhinderungen betreffenden Befunde zum Amtsarzt mitzubringen.
Der Kläger sei daher mit Schreiben vom 19.11.2013 gekündigt worden, wobei ihm die Möglichkeit eingeräumt worden sei, für den Fall, dass er den Untersuchungstermin bei Dr. S***** einhalte und er weiters zu diesem Termin die geforderten Unterlagen mitnehme, die Kündigung vom 19.11.2013 zurückgenommen werde.
Auch bei der Untersuchung am 19.12.2013 habe der Kläger die Untersuchung durch den Amtsarzt (gemeint: Facharzt für Neurologie/Psychiatrie) Dr. S***** abgelehnt. Im Hinblick darauf sei der Kläger am 27.1.2014 eventual gekündigt worden, wobei als Kündigungsgrund § 32 Abs 2 Z 1, 2 und 6 VBG 1948 angeführt worden sei, also dass der Kläger nicht nur die Dienstpflicht verletzt habe, sondern auch, dass sein Gesundheitszustand keiner Überprüfung unterzogen werden konnte.
Mit der Kündigung vom 19.11.2013 sei gemäß § 46 Abs 1 NÖ-GVBG iVm §§ 32 Abs 2 Z 1 und 33 VBG 1948 die Kündigung zum 30.4.2014 ausgesprochen worden.
Z 1 des § 32 Abs 2 VBG besage, dass ein Grund, der den Dienstgeber zur Kündigung berechtige dann vorliege, wenn der Vertragsbedienstete seine Dienstpflicht gröblich verletze, sofern nicht die Entlassung in Frage komme.
Eine grobe Dienstpflichtverletzung des Klägers liege aber vor. Unter den besonderen Gegebenheiten des vorliegenden Falls habe die beklagte Partei das Recht gehabt, vom Kläger zu verlangen, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. In diesem Zusammenhang sei die dieses Recht des Arbeitgebers positivierende Bestimmung des § 7 VBG zu berücksichtigen. Diese Bestimmung regle zwar grundsätzlich den Fall, dass angenommen werde, ein krank geschriebener Vertragsbediensteter sei gar nicht krank; im vorliegenden Fall werde diese Norm jedoch – unter Berücksichtigung der Regelung des § 37 Abs 2 lit b NÖ-GVBG, welche Bestimmung als Kündigungsgrund ausdrücklich normiere, dass ein solcher dann vorliege, wenn der Vertragsbedienstete sich für eine entsprechende Verwendung aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens als geistig oder körperlich ungeeignet erweise – auch für die Überprüfung der geistigen und körperlichen Eignung nach einem Krankenstand, der 2 Schuljahre gedauert habe, heranzuziehen sein. Diese Gesetzesstelle positiviere entgegen der Ansicht des Erstgerichts, den Anspruch der Beklagten, von seinem Arbeitnehmer zu begehren, dass dieser zur Überprüfung der Dienstfähigkeit den Amtsarzt aufzusuchen habe.
1.2. Diesen Ausführungen vermag sich der Berufungssenat nicht anzuschließen:
Gemäß § 37 NÖ-GVBG 1976 liegt ein Grund, der den Dienstgeber zur Kündigung berechtigt, insbesondere vor:
a) wenn der Vertragsbedienstete seine Dienstpflicht gröblich verletzt, sofern nicht die Entlassung in Frage kommt.
Dieser Kündigungsgrund entspricht inhaltlich wörtlich dem Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 Z 1 VBG. Nach ständiger Rechtsprechung zu dieser Bestimmung ist bei der Kündigung zwar nicht erforderlich, dass ein Sachverhalt verwirklicht ist, der seinem Gewicht nach die Weiterbeschäftigung des Vertragsbediensteten schlechthin unzumutbar erscheinen lässt, das inkriminierte Verhalten des Dienstnehmers muss jedoch gröblich die Dienstpflichten verletzen und somit über bloß geringfügige Ordnungswidrigkeiten hinausgehen (RIS-Justiz RS0105940).
§ 5 Abs 2 NÖ-GVBG bestimmt, dass ein wegen Krankheit vom Dienst abwesender Vertragsbediensteter verpflichtet ist, sich auf Anordnung des Bürgermeisters oder leitenden Gemeindebeamten der amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
Auch diese Bestimmung entspricht inhaltlich § 7 Abs 2 VBG, wobei letztere Bestimmung insoweit weiter gefasst ist, als nunmehr im Gegensatz zu § 5 Abs 2 NÖ-GVBG – nicht auf die amtsärztliche, sondern auf ärztliche Untersuchung abgestellt wird.
Nach dem eindeutigen Wortlaut trifft die Verpflichtung nach § 5 Abs 2 NÖ-GVBG bzw § 7 Abs 2 VBG nur einen wegen Krankheit vom Dienst abwesenden Vertragsbediensteten. Ziehensack (VBG § 7 Rz 27ff) beschäftigt sich mit der Frage, ob ein sich als gesund im Dienst befindlicher Vertragsbediensteter einer Untersuchungsanordnung einer Personalstelle ebenfalls fügen müsse und verneint dies letztlich unter Hinweis auf den Gesetzestext. Aufgrund der einschränkenden Formulierung in § 7 Abs 2 werde wohl davon auszugehen sein, dass eine derartige Verpflichtung bei im Dienst befindlichen VBs rite nicht bestehe. Im Fall der Zustimmung des Dienstnehmers werde aber sehr wohl davon auszugehen sein, dass es sehr wohl möglich sei, eine Untersuchung zu erreichen. Wohlgemerkt müsse sich der Vertragsbedienstete aber dann der Anordnung des Dienstgebers ausdrücklich – freiwillig – fügen. Entspreche er dem Verlangen des Dienstgebers nicht, werde die Weigerung nicht als Dienstpflichtverletzung gedeutet werden können und auch nicht zum Anlass für eine Beendigung des Dienstverhältnisses rechtmäßigerweise verwendet werden können (Rz 31).
Im vorliegend zu beurteilenden Fall wurde dem Kläger der Auftrag, sich einer amts- und in der Folge einer fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen, zu einem Zeitpunkt erteilt, als er sich nicht (mehr) im Krankenstand befunden hat, sondern vielmehr von diesem bereits abgeschrieben war und seinem Dienstgeber diesen Umstand auch zur Kenntnis gebracht hatte. Soweit die Rechtsmittelwerberin damit argumentiert, dass sich aus § 37 Z 2 NÖ-GVBG ergebe, dass der Dienstgeber einen Vertragsbediensteten kündigen dürfe, wenn sich aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens seine Dienstunfähigkeit herausstelle, woraus jedenfalls eine Verpflichtung des Vertragsbediensteten abzuleiten sei, sich vom Amtsarzt untersuchen zu lassen, ist sie auf die zuvor zitierte Bestimmung des § 5 Abs 2 leg cit zu verweisen. Diese Bestimmung bildet nämlich die Voraussetzung, unter der ein Vertragsbediensteter verpflichtet werden kann, sich einer amtsärztlichen Untersuchung – zur Feststellung seiner Dienstunfähigkeit – zu unterziehen. Selbst wenn man jedoch entgegen Ziehensack eine weitergehende Verpflichtung des Vertragsbediensteten im Hinblick auf das allgemeine Weisungsrecht des Dienstgebers annehmen wollte, wäre daraus für den Standpunkt der Rechtsmittelwerberin nichts gewonnen. Wollte man einen nicht in Krankenstand befindlichen und dienstbereiten Vertragsbediensteten verpflichten, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, müssten ganz erhebliche Umstände vorliegen, die massive Zweifel am Bestehen der Dienstfähigkeit wecken könnten, wie etwa psychisch extrem auffälliges Verhalten im Dienst. Derartige Gründe hat die beklagte Partei aber nicht einmal behauptet. Die zeitliche Lagerung der unbestrittenermaßen erheblichen Krankenstände des Klägers stellt jedenfalls keinen hinreichenden Grund dar, zumal es der Beklagten unbenommen gewesen wäre, den Kläger während eines Krankenstands aufzufordern, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, wenn Bedenken am Vorliegen seiner Dienstfähigkeit bestanden hätten.
Da der Kläger grundsätzlich nicht verpflichtet war, den angeordneten Ladungen zu den (amts-)ärztlichen Untersuchungen Folge zu leisten, kann auch seine mangelnde Mitwirkung bei der Erhebung eines psychiatrischen Befundes sowie die Nichtvorlage von Vorbefunden nicht als gröbliche Pflichtverletzung angesehen werden. Lediglich der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass auch für den Fall, dass man die Auffassung der Rechtsmittelwerberin vertreten wollte, dass der Vertragsbedienstete generell verpflichtet sei, einer Ladung zum Amtsarzt Folge zu leisten, diese Rechtsansicht keineswegs herrschend ist, sodass der Rückzug auf eine abweichende Rechtsmeinung jedenfalls nicht als gröbliche Pflichtenvernachlässigung gewertet werden könnte.
1.3. Auch die von der Rechtsmittelwerberin gerügten sekundären Verfahrensmängel liegen nicht vor.
Ob tatsächlich der Befund eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, den der Kläger bereits im März 2012 der Stadtamtsdirektorin gezeigt hatte, Grund dafür war, dass ihn die beklagte Partei aufforderte, im Herbst 2013 den Amtsarzt aufzusuchen, ist rechtlich nicht von Relevanz.
Ebensowenig von Bedeutung ist, ob die Beklagte den Kläger bereits im August 2013 aufgefordert hat, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, zumal der Kläger nach den Feststellungen sich zu dem Zeitpunkt nicht in Krankenstand befand.
Sofern die Rechtsmittelwerberin auf ihr Vorbringen im Zusammenhang mit der Rechtsrüge verweist und Feststellungen im Zusammenhang mit der Reaktion des Klägers auf die Ladungen zu den von der beklagten Partei genannten Ärzten bzw sein Verhalten bei diesen Ärzten vermisst, ist der gerügte Feststellungsmangel nicht erkennbar. Hat das Gericht – wie hier – zu einem Themenkomplex ausreichende Feststellungen getroffen, mögen diese auch nicht den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers entsprechen, liegt eine sekundäre Mangelhaftigkeit nicht vor (RIS-Justiz RS0053317).
2.Unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt die Rechtsmittelwerberin den Umstand, dass das Erstgericht das von ihr beantragte psychiatrische Sachverständigengutachten nicht eingeholt hat.
Im Rechtsmittel ist die Erheblichkeit des Mangels im Sinn des § 496 Abs 1 Z 2 darzulegen (Kodek in Rechberger ZPO 4 § 471 Rz 6 mwN). Dazu führt die Rechtsmittelwerberin aus, dass, wenn das Erstgericht das beantragte Sachverständigengutachten eingeholt hätte, der Sachverständige hätte feststellen können, dass der Kläger nicht über die körperliche und geistige Eignung verfüge, für die beklagte Partei als Musikschullehrer tätig zu werden, was zur Folge gehabt hätte, dass der Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 Z 2 VBG verwirklicht worden wäre.
Die Rechtsmittelwerberin übergeht in diesem Zusammenhang allerdings die Voraussetzungen des § 32 Abs 2 Z 2 VBG.
Der genannte Kündigungsgrund setzt voraus, dass sich die Dienstunfähigkeit aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens ergibt. Dieses stellt somit eine Grundvoraussetzung für die Inanspruchnahme des Kündigungsgrundes dar. Ebensowenig wie Kündigungsgründe im gerichtlichen Verfahren nachgeschoben werden können, kann eine unterbliebene (amts-) ärztliche Untersuchung vor Ausspruch der Kündigung im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden. Schon aus diesen Erwägungen liegt die gerügte Mangelhaftigkeit nicht vor.
3. In ihrer Tatsachen- und Beweisrüge bekämpft die Rechtsmittelwerberin zunächst die bei der Wiedergabe der Feststellungen als „Tatsachenrüge 1“ hervorgehobene Feststellung. Stattdessen begehrt sie die Ersatzfeststellung: „Der Kläger hat trotz dringlicher Aufforderung durch Schreiben vom 22.10.2013 am Mittwoch, dem 6.11.2013 um 14.40 Uhr die Ordination des Dr. J***** S***** gar nicht aufgesucht, womit er eine weitere Weisung des Arbeitgebers ignoriert hat. Diesen Termin hat er nicht wegen einer Verkehrsbehinderung versäumt, sondern hat er den Gutachtenstermin bewusst unterlassen. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Kläger allenfalls am 13.11.2012 einen Arzttermin wahrnehmen wollte.“
Um eine Beweisrüge gesetzmäßig auszuführen, ist erforderlich anzugeben, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, aufgrund welcher unrichtigen Beweiswürdigung das Erstgericht diese getroffen hat, welche Ersatzfeststellung begehrt wird und aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese zu treffen gewesen wäre (Kodek in Rechberger ZPO 4 § 471 Rz 8 mwN).
Vorliegend setzt sich die Rechtsmittelwerberin in keiner Weise mit der erstgerichtlichen Beweiswürdigung auseinander. Sie nennt auch keine Beweisergebnisse, aus denen sich die ersatzweise begehrte Feststellung ableiten ließe. Die insofern angestellten „Erwägungen“ finden hingegen keine Deckung im Beweisverfahren.
Selbst wenn man jedoch vom Vorliegen einer gesetzmäßig ausgeführten Beweisrüge ausgeht, wäre diese nicht berechtigt. Damit einer Beweisrüge Erfolg beschieden sein kann, ist erforderlich, erhebliche Zweifel an der erstgerichtlichen Beweiswürdigung zu wecken. Derartige Zweifel vermag die Rechtsmittelwerberin, die sich mit der erstgerichtlichen Beweiswürdigung überhaupt nicht auseinandersetzt, hingegen nicht aufzuzeigen.
Auf die Ausführungen des Klägers in seiner Berufungsbeantwortung, dass der ursprünglich für den 6.11.2013 vorgesehene Arzttermin abberaumt und durch den Termin 13.11.2013 ersetzt wurde, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, für welchen konkreten Termin sich der Kläger entschuldigt hat, rechtlich irrelevant ist, hat doch nach den Feststellungen die beklagte Partei dem Kläger jedenfalls einen neuen Untersuchungstermin am 19.12.2013 mitgeteilt.
In der Folge bekämpft die Rechtsmittelwerberin die Feststellung, dass der Kläger den Befund des ihn behandelnden Facharztes im März 2012 der Stadtamtsdirektorin zeigte und will das Datum durch „ April 2013“ e rsetzt wissen.
Die bloße Anführung von Beweisergebnissen, die für den Standpunkt der Rechtsmittelwerberin sprechen, reicht nicht aus. Es entspricht dem Wesen der freien Beweiswürdigung, dass das Erstgericht aufgrund seiner persönlichen Überzeugung, insbesondere aufgrund seines persönlichen Eindrucks von den vernommenen Personen einer von mehreren Möglichkeiten den Vorzug gibt. Hier ist das Erstgericht der ihm verlässlich erscheinenden Aussage des Klägers gefolgt. Erhebliche Bedenken gegen diese Beweiswürdigung vermag die Rechtsmittelwerberin jedoch nicht zu begründen.
Abschließend bekämpft der Rechtsmittelwerber die bei der Wiedergabe der Feststellungen als „Tatsachenrüge 3“ hervorgehobene Passage und begehrt stattdessen die Ersatzfeststellung: „ Der Kläger ist am 19.12.2013 bei Dr. S***** zur Untersuchung erschienen und hat die Bestätigung seiner Arbeitsfähigkeit als Musiklehrer des ihn behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W***** S***** ./L nicht vorgewiesen.“
Sofern die Rechtsmittelwerberin die die gerügte Feststellung stützende Aussage des Klägers als Schutzbehauptung abtun will, ist sie auf die diesbezüglich nicht zu beanstandende Beweiswürdigung des Erstgerichts zu verweisen. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger sehr wohl mit dem Umstand konfrontiert wurde, dass im Gutachten Dris. S***** vermerkt ist, dass Befunde nicht vorgelegt wurden. Diesbezüglich befragt gab der Kläger aber an, dass es sich beim Schreiben seines behandelnden Arztes Dr. W***** S***** nach Auffassung Dris. S***** nur um eine Gesundschreibung handeln würde. Auch in diesem Zusammenhang vermag die Rechtsmittelwerberin keine Gründe zu nennen, aufgrund derer von einer zwingenden Unrichtigkeit der erstgerichtlichen Beweiswürdigung auszugehen wäre.
Das Berufungsgericht übernimmt daher die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und eines mängelfreien Verfahrens.
Der in allen Punkten unberechtigten Berufung war daher der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 2 ASGG, 41, 50 ZPO.
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil die Frage, ob ein Grund vorliegt, einen Vertragsbediensteten zu kündigen, regelmäßig nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilt werden kann und somit keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO darstellt.
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