Das Oberlandesgericht Wien hat als Kartellgericht durch die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Dehn als Vorsitzende und den Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Rassi sowie die KR Mag. Ginner und Dr. Taurer in der Kartellrechtssache der Antragstellerinnen 1. S***** g***** W*****aktiengesellschaft, 2. F*****, *****genossenschaft reg. GenmbH, 3. N*****-Gesellschaft m.b.H., 4. U*****gesellschaft m.b.H,
5. V*****genossenschaft reg. GenmbH, 6. W*****genossenschaft reg. GenmbH, alle 1070 Wien, *****, alle vertreten durch Graf Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerinnen 1. O***** GmbH, 1232 Wien, *****, vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte OEG in Wien sowie Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, 2. T***** GmbH, 1230 Wien, *****, vertreten durch Mag. Dr. Axel Reidlinger, Rechtsanwalt in Wien, 3. S***** GmbH, 1100 Wien, *****, vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, 4. K***** AG, 1231 Wien, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Abstellung (§ 26 KartG) und Feststellung (§ 28 Abs 1 und 2 KartG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung den Beschluss
gefasst:
1a.) Die Anträge,
Begründung:
Die Antragstellerinnen beantragten wie aus dem Spruch ersichtlich und brachten dazu im Wesentlichen vor, dass sie sich mit der Errichtung von geförderten Wohnungen in Wien befassen würden. Vor dem 1.1.1995 hätten die Antragstellerinnen ca 1097 Aufzugsanlagen einbauen lassen; in der Zeit zwischen 1.1.1995 und 31.12.2004 insgesamt 155 Aufzugsanlagen. Die Aufzugsanlagen hätten insbesondere die Antragsgegnerinnen bzw deren Rechtsvorgänger errichtet. Entsprechende Wartungsverträge seien mit den Antragsgegnerinnen geschlossen worden. Die Antragstellerinnen seien de facto dazu genötigt worden, die Wartungsanlage mit dem jeweiligen Errichter der Aufzugsanlage zu schließen. Mit noch nicht rechtskräftigem Beschluss vom 14.12.2007 habe das Kartellgericht Geldbußen in der Höhe von insgesamt EUR 75,4 Millionen ua gegen die Antragsgegnerinnen (mit Ausnahme der Zweitantragsgegnerin) wegen Teilnahme an Art 81 EG verletzenden „Vereinbarungen und Verhaltensweisen“ in der Zeit vom 1.7.2002 bis Ende 2005 verhängt. Wegen Fehlen eines Antrages gegen die Zweitantragsgegnerin habe das Kartellgericht keine Geldbuße verhängen können.
Die Antragstellerinnen begründeten ihre Vorwürfe gegen die Antragsgegnerinnen mit entsprechenden Darstellungen, die die Zeit der siebziger Jahre bis 2005 umfasst (vgl Punkt 3.2.3 des Antrags). Ein aktives dem KartG widersprechendes Verhalten der Antragsgegnerinnen nach diesem Zeitpunkt wurde nicht behauptet. Freilich behaupteten die Antragstellerinnen die Duldung, Nutzung und Zuwendung von aus kartellrechtswidrigen Verhalten resultierenden Vorteilen durch die Antragsgegnerinnen oder die fortgesetzte Durchführung des verbotenen abgestimmten Verhaltens, sodass ein dem KartG unterfallendes verpöntes Verhalten nach wie vor noch andauere.
Die Antragstellerinnen könnten derzeit nicht beurteilen, ob und in welchem Umfang die Errichtung, Wartung und gegebenenfalls die Modernisierung jeder konkreten Aufzugsanlage gemäß Beilagen ./A und ./B (dem Beschluss als Bestandteil angeschlossen) von wettbewerbswidrigen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen der Antragsgegnerinnen oder der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung des ausführenden Unternehmens betroffen war und ist. Die Antragstellerinnen hätten erfolglos versucht, festzustellen, ob und in welchem Umfang ihre Anlagen von den wettbewerbswidrigen Absprachen betroffen seien. Es bliebe den Antragstellerinnen nur mehr die Möglichkeit, durch die gegenständlichen Anträge eine Klärung herbeizuführen, ob das den Auftragsvergaben für die Errichtung und Wartung und (gegebenenfalls) Modernisierung der in den Beilagen ./A und ./B genannten Projekten vorhergehende Verhalten der Antragsgegnerinnen eine Zuwiderhandlung gegen ein im ersten Hauptstück des KartG enthaltenen Verbot - nämlich verbotene Absprache oder Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung – darstellen würde.
Der Antrag beziehe sich auf die Feststellung eines allenfalls bereits abgeschlossenen Verhaltens (§ 28 Abs 1 KartG). Weiters ziele der Antrag auf die Feststellung und nachfolgende Abstellung, dass ein dem KartG unterfallendes verpöntes Verhalten nach wie vor noch andauert; und zwar in Form der fortgesetzten Duldung, Nutzung und Zuwendung von aus wettbewerbswidrigen Absprachen oder dem Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellungen resultierenden Vorteilen oder in Form der fortgesetzten Durchführung des verbotenen abgestimmten Verhaltens. Eine Neuverhandlung oder Herabsetzung der bestehenden Tarife sei nicht angeboten worden. Die periodisch durchgeführten Neuverhandlungen hätten als Verhandlungsausgangspunkt den letzten Vertragstarif, die – „so müssten die Antragstellerinnen annehmen“ - auf Grund des Kartells erheblich wären. Es bestehe daher ein rechtliches Interesse an den Feststellungen.
Das rechtliche Interesse ergebe sich aus dem Rechtsverhältnis der Antragstellerinnen gegenüber Dritten, wie insb Mietern der betroffenen Gebäude. Zudem sei der Feststellungsantrag zulässig, weil er zur Klärung erheblicher Rechtsfragen führen werde. Es mache einen rechtlichen Unterschied, ob die gegenständlichen Konditionen Ergebnis eines Kartells oder des Ausnützen einer marktbeherrschenden Stellung sind, zumal davon auch zahlreiche zivilrechtliche Fragen über die Nichtigkeit bzw Teilnichtigkeit abhängen würden. Dies deshalb, weil nach hA ein Ausführungsvertrag, der sich auf eine gesetzwidrige Kartellabrede stütze, nicht per se nichtig sei, während dies sehr wohl für ein Verhalten unter Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zutreffe. Diese hA werde aber nicht geteilt. Aus diesem Grund liege die Beurteilung der Rechtsfrage sehr wohl im öffentlichen Interesse.
Das Bußgeldverfahren könne die Feststellung nicht ersetzen, weil diese Entscheidung nicht rechtskräftig sei, sie sich höchstwahrscheinlich nicht auf alle Projekte der Beilagen ./A und ./B und einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung beziehe und die Zweitantragsgegnerin im Bußgeldverfahren nicht Partei sei. Zudem bestehe die Wiederholungsgefahr, weil die Dritt- und Viertantragsgegnerin die Zuwiderhandlungen nicht eingestanden hätten.
Weiters bestünde wegen der nach wie vor existierenden Wiederholungsgefahr auch ein öffentliches Interesse. Die Möglichkeit, schadenersatzrechtliche Ansprüche gegen die Antragsgegnerinnen vorzubereiten, sei nicht der ausschließliche Zweck des Antrages. Selbst wenn es ausschließlich darum ginge, Beweismaterial für einen allfälligen Schadenersatzprozess gegen die Antragsgegnerinnen zu sammeln, läge ein ausreichendes rechtliches Interesse vor.
Die Antragsgegnerinnen beantragten die Ab- bzw Zurückweisung der Anträge.
Die Erstantragsgegnerin brachte zusammengefasst vor, dass die Anträge unschlüssig seien, weil ihnen nicht zu entnehmen sei, worin die Vorwürfe bestünden. Die Anträge der Antragstellerinnen würden auf eine „fishing expedition“ hinauslaufen. Sämtliche beanstandeten Verhaltensweisen seien seit Jahren beendet worden. § 28 Abs 2 KartG scheide aus, weil diese Norm ausschließlich zum Entscheidungszeitpunkt aktuell verwirklichte Zuwiderhandlungen betreffe. Das treffe auch auf § 26 KartG zu. Auch die Voraussetzungen für den Anwendungsbereich des § 28 Abs 1 KartG seien nicht schlüssig dargelegt worden. § 28 Abs 1 KartG sei auf Zuwiderhandlungen vor dem 1.1.2006 nicht anwendbar. Zudem liege weder die Antragslegitimation noch das Bestehen eines berechtigten Interesses oder eines öffentlichen Interesses vor. Die Vorwürfe gegen die Antragsgegnerinnen seien unschlüssig und unsubstantiiert. Schließlich wurde eingewandt, dass die Anträge nicht gesetzlich formuliert seien und dass die Marktverhältnisse unvollständig und unrichtig dargestellt worden seien.
Die Zweitantragsgegnerin brachte zusammengefasst vor, dass die Anträge mangels einer konkret als verbotswidrig beschriebenen Zuwiderhandlung wegen Unschlüssigkeit zurückzuweisen sei. Zudem werde die Antragslegitimation bestritten. Ein gleichzeitiger Antrag auf Ab- und Feststellung sei unzulässig. Ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse nach § 36 Abs 4 Z 4 KartG für die Feststellung andauernder Zuwiderhandlungen fehle. Den Antragstellerinnen sei es auch zumutbar, das Ergebnis eines bereits anhängigen Verfahrens über einen Feststellungsantrag abzuwarten. Nach § 28 Abs 2 KartG könnten nur aktuell andauernde Verstöße festgestellt werden. Diesbezüglich äußerten die Antragstellerinnen aber nur Mutmaßungen. Das nach § 28 Abs 1 KartG geforderte spezifische berechtigte Interesse liege nicht vor. Eine Wiederholungsgefahr liege nicht vor. Die Vorbereitung von Schadenersatzansprüchen reiche nicht aus, um das rechtliche Interesse iSd § 28 Abs 1 KartG zu erfüllen. Zudem seien Feststellungsanträge für solche Verstöße, die sich ausschließlich im Geltungszeitraum des KartG 1988 ereignet haben, nicht zulässig. Schließlich bestritt die Zweitantragsgegnerin, dass sie eine marktbeherrschende Position ausübe und stellte den Vorwurf eines missbräuchlichen Verhaltens durch die Zweitantragsgegnerin in Abrede.
Die Drittantragsgegnerin brachte zusammengefasst vor, dass die Antragsbefugnis gem § 36 Abs 4 Z 4 KartG nicht erfüllt seien. Die Anträge würden lediglich auf eine „fishing expedition“ hinauslaufen. Die von den Antragstellerinnen dargelegten Gründen könnten eine Antragsbefugnis gem § 36 Abs 4 Z 4 KartG nicht begründen. Ein Feststellungsanspruch nach § 28 Abs 2 KartG bestünde nicht für die Vergangenheit. Ein solcher sei auch bei gleichzeitigem Antrag auf Abstellung nicht möglich. Mangels aktuellem rechtswidrigen Verhalten seien die Voraussetzungen für einen Abstellungsantrag nicht erfüllt; zudem sei der Abstellungsantrag unbestimmt. Die Voraussetzungen für einen Feststellungsantrag nach § 28 Abs 1 KartG seien nicht erfüllt. Insb begründe die Vorbereitung für einen späteren Zivilprozess kein berechtigtes Interesse. Es sei weder die Klärung einer offenen Rechtsfrage noch die Wiederholungsgefahr zu bejahen. § 28 Abs 1 KartG sei auf Zuwiderhandlungen vor dem 1.1.2006 nicht anwendbar. Schließlich bestritt die Drittantragsgegnerin auch die Darstellung der Marktverhältnisse durch die Antragstellerinnen und den Vorwurf eines missbräuchlichen Verhaltens durch die Drittantragsgegnerin. Die Viertantragsgegnerin brachte zusammengefasst vor, dass ein Abstellungsantrag immer nur ein Verhalten betreffen könne, das im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch andauere. Der Feststellungsantrag nach § 28 Abs 1 KartG sei unzulässig, weil er sich ausschließlich auf Sachverhalte vor Inkrafttreten des KartG 2005 beziehe. Dagegen spreche auch nicht die Entscheidung 16 Ok 4/07. Ein Feststellungsantrag, der bloß der Vorbereitung zivilrechtlicher Verfahren dient, sei unzulässig. Zudem sei die Ermittlung von den Antragstellerinnen unbekannten Fakten nicht die Aufgabe des Kartellgerichtes in einem Verfahren nach § 28 KartG. Ergänzend brachte die Viertantragsgegnerin vor (vgl ON 15), dass die Antragstellerinnen ein Vorbringen erstatten müssten, wann und in welcher Weise sich die Antragsgegnerinnen hinsichtlich der Wartung aller betreffenden Liftanlagen abgestimmt hätten und was Gegenstand dieser Absprachen gewesen sei. Auch zum Missbrauchsvorwurf würde das notwendige Vorbringen (Marktabgrenzung, Unangemessenheit des Wartungsentgelts) fehlen.
Nach Durchführung eines umfassenden Rechtsgesprächs in der Verhandlung vom 13.10.2008 ergänzten die Antragstellerinnen ihr Vorbringen wie folgt:
Es gehe hier um die Klärung des Sachverhalts nach § 28 Abs 1 KartG. Konkret gehe es hier um das Aufzugsportfolio der ASt. Dieses sei nicht in einem so individualisierten Maß von der Bußgeldentscheidung des Kartellgerichtes betroffen. Man müsse daher auch bereit sein, im Verfahren nach § 28 Abs 1 KartG einen individualisierten Sachverhalt zu akzeptieren. Weiters wirke eine allfällige Bindungswirkung der Bußgeldentscheidung nicht gegen die Zweitantragsgegnerin, weil die Zweitantragsgegnerin nicht von der Entscheidung betroffen gewesen sei. Richtig sei, dass die Antragstellerinnen kein aktives Abstimmen der Antragsgegnerinnen behaupteten. Die Fortwirkung des verbotswidrigen Verhaltens sei aber ausreichend. Betreffend das Verhältnis von § 26 zu § 28 Abs 2 KartG wurde vorgebracht, dass der Antrag stufenweise aufgebaut worden sei. Zunächst werde iS einer Stufenklage die Feststellung eines verbotswidrigen Verhaltens begehrt; erst in Folge die Abstellung. Der hier zu klärenden Sachverhalt betreffe das Portfolio und die Wartungsvereinbarungen von den Antragstellerinnen; es obliege dem Kartellgericht, dies rechtlich zu beurteilen. Außerdem setze die Möglichkeit nach § 28 KartG nicht voraus, dass zunächst alle anderen Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung ausgeschöpft werden müssten. Vielmehr könne das auch parallel geschehen.
Zumindest im Zeitraum 1980 bis 2004 hätten regelmäßig Treffen von Führungskräften der Antragsgegnerinnen stattgefunden, wobei es um die Errichtung, Wartung und Modernisierung von Liftanlagen gegangen sei; ua auch um die in den Beilagen ./A und ./B genannten Liftanlagen. Dabei seien Vereinbarungen über die Projektzuteilung getroffen worden, wonach jene Antragsgegnerin, die die Anlage errichte, diese dann auch warte und modernisiere. Die anderen Antragsgegnerinnen hätten jeweils Angebote zu nicht marktkonformen Preisen gelegt bzw ein Angebot unterlassen. Diese Absprachen hätten die Preisentwicklung verfälscht.
Zur Wiederholungsgefahr wurde darauf hingewiesen, dass gegenüber den Antragstellerinnen keine der vier Antragsgegnerinnen ein Fehlverhalten eingestanden hätte. Das Vorbringen werde dahin modifiziert, dass die Wiederholungsgefahr gegenüber allen Antragsgegnerinnen behauptet werde.
Das Gericht hat sämtliche von den Parteien vorgelegten Urkunden (Beil ./A bis ./I und ./1 bis ./9) verlesen und zum Akt genommen. Als gerichtsnotorisch kann festgehalten werden, dass das Kartellgericht in der noch nicht rechtskräftigen Entscheidung vom 14.12.2007 zu 25 Kt 12/07-125 davon ausging, dass die Antragsgegnerinnen mehrere Jahre (bis 2005) geheime Absprachen über die Aufteilung von Projekten, über Preise sowie über sonstige sensible Marktinformationen getroffen haben. Die Entscheidung ging von wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen im ganzen Bundesgebiet, inkl Wien aus. Gerichtsnotorisch ist auch, dass sich aus dieser Entscheidung nicht umfassend klären lässt, welche der in Beilage ./ A und ./B genannten Aufzugsanlagen von einem kartellrechtswidrigen Verhalten betroffen sind. Weiters ist gerichtsnotorisch, dass die Erstantragsgegnerin und die Zweitantragsgegnerin ihr Fehlverhalten im Bußgeldverfahren eingestanden und deshalb von der „Kronzeugenregelung“ profitiert haben.
Die Anträge der Antragstellerinnen sind unzulässig bzw unbegründet.
Zum Abstellungsantrag:
Gemäß § 26 KartG hat das Kartellgericht Zuwiderhandlungen gegen die im ersten Hauptstück des Kartellgesetzes enthaltenen Verbote wirksam abzustellen und den beteiligten Unternehmen und Unternehmervereinigungen die dazu erforderlichen Aufträge zu erteilen.
Von den im 1. Hauptstück des Kartellgesetzes genannten Verboten ist im gegebenen Zusammenhang das Kartellverbot nach § 1 KartG und das Missbrauchsverbot nach § 5 KartG relevant. Daneben stützen die Antragstellerinnen ihre Anträge auch auf den behaupteten Verstoß der Antragsgegnerinnen gegen Art 82 EGV. Sowohl Art 82 EGV als auch § 5 KartG verbieten den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, wobei die unter dem Missbrauchsverbot des § 5 KartG aufgezählten demonstrativen Verhaltensweisen fast zur Gänze jenen des Art 82 EGV entsprechen (Vartian in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG 2005 § 5 Rz 12).
Das Kartellgericht wird im Abstellungsverfahren nicht vom Amts wegen, sondern nur über Antrag einer dazu legitimierten Partei tätig. Nach § 36 Abs 4 Z 4 KartG ist jeder Unternehmer und jede Unternehmervereinigung zum Antrag auf Abstellung aktiv legitimiert, der (die) ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an der Entscheidung hat.
Die Unternehmereigenschaft der Antragstellerinnen im Sinne des kartellrechtlichen Unternehmerbegriffs (vgl Mair in Petsche/Urlesberger/Vartian, aaO § 36 KartG Rz 31) liegt im vorliegenden Fall ebenso unzweifelhaft vor wie die individuelle Betroffenheit als Vertragspartner der Antragsgegner. Es ist zumindest von einer wirtschaftlichen Betroffenheit der Antragstellerinnen von einem allfälligen kartellrechtswidrigen Verhalten der Antragsgegnerinnen auszugehen, was für die Bejahung der Aktivlegitimation bereits ausreicht (Hoffer, KartG 264). Das kartellgerichtliche Abstellungsverfahren ist zwar ein Außerstreitverfahren, sodass der Untersuchungsgrundsatz gilt, die Erhebungspflicht des Kartellgerichts ist allerdings in mehrfacher Hinsicht begrenzt. So obliegt es auch in diesem Verfahren dem Antragsteller, das Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen für den Antrag zumindest zu behaupten. Der verfahrenseinleitende Antrag bildet in der Folge den Rahmen für die amtswegigen Erhebungen des Kartellgerichts (Vartian in Petsche/Urlesberger/Vartian, aaO § 26 Rz 32; Solé, ebendort § 38 Rz 2, Rz 7). Für das Abstellungsverfahren bedeutet dies im gegebenen Zusammenhang, dass der Antragsteller sämtliche Tatbestandsmerkmale einer Vereinbarung, eines Beschlusses oder einer abgestimmten Verhaltensweise, die/der eine Behinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt (§ 1 KartG) oder der nach § 5 KartG marktmachtmissbräuchlichen Verhaltensweisen als notwendiges Minimalvorbringen in seinen Antrag aufzunehmen hat (Mair in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG § 36 Rz 11 ff; Solé, Verfahren, Rz 129).
Voraussetzung jedes Abstellungsauftrages ist es, dass eine Zuwiderhandlung (das heißt ein tatsächliches kartellrechtswidriges Verhalten im Sinne eines aktiven Tuns) im Entscheidungszeitpunkt noch vorliegt (vgl hg 25 Kt 24, 25/07-28; Solé, Verfahren, Rz 438 f; Gruber Österreichisches Kartellrecht, § 26 E 1; 16 Ok 10/02; 16 Ok 7/01). Ein Abstellungsauftrag muss sich demnach stets gegen ein konkret als verbotswidrig beschriebenes, zum Zeitpunkt der Entscheidung noch andauerndes Verhalten richten. Nur ein aktuelles, im Zeitpunkt der Entscheidung noch andauerndes kartellrechtswidriges Verhalten kann, wie schon nach der Rechtslage zum KartG 1988, Gegenstand eines Abstellungsauftrages in Bezug auf ein verbotenes Kartell oder den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung sein. Ist das verbotswidrige Verhalten hingegen im Entscheidungszeitpunkt bereits beendet, mangelt es am Tatbestand eines Kartells, das für die Zukunft untersagt werden könnte. Gleiches gilt auch im Bereich der Marktmissbrauchsaufsicht (Solé, Verfahren, Rz 438f; Gruber, Österreichisches Kartellrecht, § 26 E 1, 16 Ok 10/02; 16 Ok 7/01).
Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, erblicken
die Antragstellerinnen eine Fortsetzung von Zuwiderhandlungen gegen
die im ersten Hauptstück des KartG genannten Verbote darin, dass es
bisher nicht zu Preissenkungen und zu einem Preiswettbewerb bei der
Auftragserteilung gekommen sei und die Antragsgegnerinnen nicht
angeboten hätten, die bestehenden Wartungsverträge abzuändern. Die
Antragsgegnerinnen würden die durch kartellrechtswidriges Verhalten
resultierenden Vorteile fortgesetzt dulden, nutzen und sich zuwenden
(vgl Punkt 3.2.1). Damit zeigen die Antragstellerinnen aber keine
konkreten Verhaltensweisen auf, die gegen §§ 1, 4 und 5 KartG
verstoßen könnten (vgl dazu RIS-Justiz RS0116044). Die
Antragstellerinnen bringen weder konkret vor, worin eine
kartellrechtswidrige Vereinbarung, ein Beschluss oder eine
abgestimmte Verhaltensweise oder aber ein aktives
marktmachtmissbräuchliches Verhalten der Antragsgegnerinnen noch im
Entscheidungszeitpunkt genau bestehen sollte, noch haben sie für ihre
Behauptung der Fortsetzung von Zuwiderhandlungen gegen die genannten
Verbote konkrete Beweismittel angeboten (vgl Punkt 3.2.1). Ihr
Vorbringen zur Fortsetzung von Zuwiderhandlungen der
Antragsgegnerinnen auch noch nach dem Jahr 2005 geht vielmehr über
das Stadium bloß unbestimmter Vermutungen nicht hinaus. Zudem wird in
der Darstellung des Sachverhalts (Punkt 4 des Antrags) bewusst die
Vergangenheitsform gewählt (zB vgl Seite 14 des Antrages: „Die
Antragsteller wurden ... genötigt“; „Alle Wartungsverträge hatten
...“; Seite 17: „Die Antragsgegner haben ihre ... Marktbeherrschung
... ausgenutzt“; Seite 17 „Die Antragsgegner haben ... gegen § 5
KartG verstoßen.“). Die Behauptung, dass es bisher nicht zu Preissenkungen und zu einem Preiswettbewerb bei der Auftragserteilung gekommen sei und die Antragsgegnerinnen nicht angeboten hätten, die bestehenden Wartungsverträge abzuändern, reicht etwa für die Annahme von Maßnahmen der Marktaufteilung einschließlich von Absprachen über Projektzuteilungen und Preisabsprachen schon abstrakt (lediglich auf der Ebene des Vorbringens betrachtet) nicht aus. Die bloße Auswirkung allfälliger, in der Vergangenheit liegender Kartellabsprachen auf bestehende Verträge stellt daher keine Zuwiderhandlung gegen im ersten Hauptstück des KartG genannte Verbote im Sinne von § 26 KartG dar und rechtfertigt auch keinen Abstellungsauftrag nach dieser Bestimmung. Dagegen spricht auch nicht die sog „Europay“-Entscheidung. Bei dieser wurde geklärt, dass Vertragskartelle dadurch durchgeführt werden, dass sich die Beteiligten an die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung halten und diese dadurch außenwirksam realisieren. Nicht Voraussetzung der Durchführung einer Kartellvereinbarung ist jedoch, dass alle Kartellbeteiligten aktive Maßnahmen setzen, um die vereinbarten Wettbewerbsbeschränkungen in die Tat umzusetzen. Entscheidend ist, ob das Kartell eine Außenwirkung entfaltet (RIS-Justiz RS0122742). Weiters wurde geklärt, dass der Marktmissbrauch und der Verstoß gegen das Kartellverbot nicht nur in der (erstmaligen) Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen der entsprechenden Bestimmungen bestehen, sondern für die Dauer der Zuwiderhandlung; es handelt sich um Dauerdelikte (RIS-Justiz RS0122741). Damit wurde aber nicht zwingend vertreten, dass ein Verstoß gegen das KartG schon dann vorliegt, wenn die daraus gezogenen Vorteile nicht rückgängig gemacht würden. Vorbeugende Unterlassungsaufträge zur Verhinderung von bloß drohenden oder bloß potenziell zu erwartenden Zuwiderhandlungen sind dem österreichischen Kartellrecht fremd (16 Ok 10/02; Reidlinger/Hartung,
Das neue österreichische Kartellrecht, 136, 202; Hoffer, KartellG 222). Auch im Rahmen des EG-Wettbewerbsrechts kann die Kommission kein bestimmtes Handeln vorschreiben, um einer zukünftigen Zuwiderhandlung vorzubeugen (Schröter/Jakob/Mederer, VO 17 Art 3 Rn 4 mwN). Inwieweit ein in der Vergangenheit liegendes, marktmissbräuchliches Verhalten allenfalls Schadenersatz-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche betroffener Marktteilnehmer auslösen kann, ist nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften und nicht in einem Verfahren vor dem Kartellgericht zu beurteilen (16 Ok 10/02; so auch Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht, Art 86 Rz 33).
Es war daher der Abstellungsantrag abzuweisen.
Zu den Feststellungsanträgen nach § 28 Abs 2 KartG:
Gemäß § 28 Abs 2 KartG hat das Kartellgericht festzustellen, ob und inwieweit ein Sachverhalt diesem Bundesgesetz unterliegt. Zum Antrag auf Feststellung berechtigt ist ua jeder Unternehmer, der ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an der Entscheidung hat (§ 36 Abs 3 Z 4 KartG 2005; vgl zuvor § 8a Abs 2 Z 3 KartG 1988). Ein solches Interesse liegt dann vor, wenn das dem Feststellungsantrag zugrundeliegende Verhalten eine unmittelbare rechtliche Wirkung auf die Rechtsstellung des Antragstellers besitzt oder unmittelbar geeignet ist, seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu beeinflussen (16 Ok 1/06; RIS-Justiz RS0120556). § 28 Abs 2 KartG übernimmt unverändert den früheren § 8a KartG 1988. § 28 Abs 2 KartG besagt, dass auf Antrag festzustellen ist, ob und inwieweit ein Sachverhalt dem Kartellgesetz unterliegt. Motiv für diese Bestimmung war nicht etwa, schadenersatzrechtliche Vorfragen vom Kartellgericht klären zu lassen, sondern die Möglichkeit zu eröffnen, vorweg abzuklären, ob ein kartellrechtlich relevanter Sachverhalt vorliegt, was insbesondere deshalb als notwendig angesehen wurde, weil viele Kartelle ohne vorherige Genehmigung, aber auf Risiko der Kartellmitglieder durchgeführt werden dürfen (EB zur Kart-Nov 1993 [1096 BlgNR 18. GP]). Diese Bestimmung ermächtigt das Kartellgericht zB zur Erlassung von Feststellungsentscheidungen dahingehend, dass ein bzw kein anmeldebedürftiger Zusammenschluss im Sinne der §§ 7 ff KartG vorliegt (hg 27 Kt 599/04). Eine Feststellung dahin, dass ein (bestimmter) kartellrechtlich relevanter Sachverhalt vorlag, ist aber nicht vorgesehen. Wenn etwa ein zu beurteilender Sachverhalt nicht mehr vorliegt, weil das fragliche Verhalten bereits eingestellt wurde, ist eine Feststellung nach § 28 Abs 2 KartG nicht mehr möglich (Vartian in Petsche/Urlesberger/Vartian, aaO § 28 Rz 30; 16 Ok 19/04; 16 Ok 8/02; RIS-Justiz RS0116044).
An das zum Abstellungsantrag Gesagte anknüpfend, erweisen sich die Feststellungsanträge nach § 28 Abs 2 KartG als unbegründet, weil den Antragsgegnerinnen ein aktives kartellrechtswidriges Verhalten nach 2005 nicht vorgeworfen wird. Die Anträge nach § 28 Abs 2 KartG waren daher abzuweisen (nicht zurückzuweisen; vgl: 16 Ok 8/02; 16 Ok 1/06). Schließlich bietet das KartG auch keine Möglichkeit, hier iS einer Stufenklage ein Feststellungsbegehren mit einem Abstellungsantrag zu kombinieren. Auch aus Gründen der Subsidiarität des Feststellungsbegehren zum Leistungsbegehren erweist sich das Feststellungsbegehren als unbegründet.
Zu den Feststellungsanträgen nach § 28 Abs 1 KartG:
Gemäß § 28 Abs 1 KartG hat das Kartellgericht, wenn die Zuwiderhandlung gegen ein im 1. Hauptstück des Kartellgesetzes enthaltenes Verbot bereits beendet ist, die Zuwiderhandlung festzustellen, soweit daran ein berechtigtes Interesse besteht. Dieses Interesse muss zusätzlich zum „rechtlichen oder wirtschaftlichen Interesse“ für Unternehmer iSd § 36 Abs 4 Z 4 KartG hinzukommen. Mit ihrem Vorbringen gelingt es den Antragstellerinnen nicht, diese „doppelte Hürde“ zu überspringen (und damit die Zulässigkeit ihres Eventualantrages zu begründen).
Die Antragstellerinnen streben in ihrem Eventualbegehren eine solche Feststellung nach § 28 Abs 1 KartG vor dem Hintergrund des Rechtsverhältnisses der Antragstellerinnen gegenüber Dritten (insb Mietern der betroffenen Gebäude), (ua – aber nicht ausschließlich) der beabsichtigten Einleitung von Zivilprozessen (etwa für die Sammlung von Beweismaterial für einen allfälligen Schadenersatzprozess gegen die Antragsgegnerinnen), der Klärung erheblicher Rechtsfragen, des Vorliegens einer Wiederholungsgefahr und eines öffentlichen Interesses an.
Was die in Aussicht geführte beabsichtigte Verfolgung von Schadenersatzansprüchen vor den ordentlichen Zivilgerichten betrifft, kann daraus ein berechtigtes Interesse nicht abgeleitet werden. Wie das Oberlandesgericht Wien als Kartellgericht bereits in mehreren Entscheidungen (25 Kt 108/06; 25 Kt 24,25/07; 29 Kt 5,6/08) ausgesprochen hat, ändert die Antragslegitimation nach § 36 Abs 4 Z 4 KartG, deren Voraussetzung eine unmittelbare rechtliche Wirkung des dem Feststellungsantrag zugrundeliegenden Verhaltens auf die Rechtsstellung des Antragstellers oder seine wirtschaftlichen Verhältnisse ist (16 Ok 1/06), nichts an der Zielsetzung und Ausrichtung einer Antragstellung beim Kartellgericht, nämlich der Sicherstellung des funktionsfähigen Wettbewerbs im öffentlichen Interesse (Solé, Verfahren Rz 73 ff). Auch im Falle einer Verfahrenseinleitung durch einen Unternehmer schreitet das Kartellgericht als Wettbewerbsbehörde mit der sich aus den kartellrechtlichen Vorschriften ergebenden spezifischen Aufgabenstellung ein (16 Ok 6/05).
Das Antragsrecht eines Unternehmers setzt somit zwar eine individuelle Betroffenheit voraus, kann aber in seiner Zielsetzung für das Kartellgericht nicht über die gesetzliche Zielsetzung einer im öffentlichen Interesse einschreitenden Amtspartei hinausreichen. Eine Amtspartei kann sich zur Begründung des rechtlichen Interesses an einer nachträglichen Feststellung auf Wiederholungsgefahr oder auch darauf berufen, es sei eine Rechtsfrage zu lösen, deren Klärung im öffentlichen Interesse liegt. Das Interesse an einer Feststellung bloß als Grundlage eines Schadenersatzanspruches reicht nicht aus (vgl Rehbinder in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht Band 2, GWB § 32, Rz 19).
Wenn auch die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen der Verletzung kartellrechtlicher Vorschriften mittelbar (präventiv) der Aufrechterhaltung funktionsfähigen Wettbewerbs dienen kann, so gehört doch die Zuerkennung von Schadenersatz nicht zu den spezifischen Aufgaben des Kartellgerichts. Diese Ansprüche sind bei den allgemeinen Gerichten geltend zu machen, welche im vollen Umfang die kartellrechtlichen Verbotsnormen zu beachten und bei der Beurteilung von Vorfragen auch anzuwenden haben. Art 6 der VO 1/2003 sieht ausdrücklich vor, dass die einzelstaatlichen Gerichte für die Anwendung der Art 81 und 82 EGV zuständig sind. Auch wenn eine Feststellungskompetenz zur Klärung kartellrechtlicher Vorfragen für andere Gerichte zweckmäßig sein könnte, besteht für das Kartellgericht de lege lata dazu derzeit keine Befugnis (25 Kt 108/06; 25 Kt 24,25/07). Das gilt auch für den Aspekt, dass auch das Rechtsverhältnis zu Dritten (insb zu den Mietern) betroffen sein könnte, weil auch diese rechtlichen Auswirkungen letztendlich durch die allgemeinen Gerichte zu klären sind.
Es wäre auch unter dem verfassungsrechtlich geschützten Gleichheitsgrundsatz bedenklich, jedem Unternehmer die Möglichkeit einzuräumen, einen Zivilprozess durch ein kartellgerichtliches Feststellungsverfahren „vorzubereiten“ und diesen Weg den sonstigen von einem Kartell oder einem Marktmissbrauch potentiell geschädigten Personen (also den Nichtunternehmern) zu verweigern. Haben Mieter, Nutzungsberechtigte oder Wohnungseigentümer in Häusern mit Liftanlagen durch ein kartellrechtswidriges Verhalten einen Schaden erlitten und sind sie keine Unternehmer, bleibt ihnen zweifellos nämlich nur der Weg zu den allgemeinen Zivilgerichten offen. Es darf dem Gesetzgeber des KartG 2005 nicht unterstellt werden, den Unternehmern (einerlei ob diese Mitbewerber sind), eine privilegierte Stellung eingeräumt zu haben.
Zudem irren die Antragstellerinnen, wenn sie einen Feststellungsantrag nach § 28 Abs 1 KartG beim Kartellgericht als letzte Möglichkeit betrachten, eine Klärung der Frage zu erreichen, ob dem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien dieses Verfahrens ein kartellrechtswidriges Verhalten zugrunde liegt. Neben der Möglichkeit, Akteneinsicht (außerhalb der BWB und der EU-Kommission) zu erhalten, allfälligen vertraglichen Auskunftspflichten, der Möglichkeit der Editionsklage nach Art 43 EGZPO ist auch auf die im streitigen Zivilprozess bestehenden Aufklärungs- und Mitwirkungspflichten der nicht beweisbelasteten Partei hinzuweisen. Auf diese Pflicht kann sich die an sich beweisbelastete Partei stützen, wenn ihr nicht alle nötigen Informationen zur Verfügung stehen (vgl dazu Rassi, Die Aufklärungs- und Mitwirkungspflichten der nicht beweisbelasteten Partei im Zivilprozess aus österreichischer Sicht, ZZP 2008, 165-202).
Die Antragstellerinnen haben zuletzt vorgebracht, dass der Feststellungsantrag nach § 28 Abs 1 KartG neben anderen „Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung“ bestünde. Gerade darin offenbart sich aber der grundlegende Irrtum der Antragstellerinnen:
Der Feststellungsantrag nach § 28 Abs 1 KartG darf nicht als „Möglichkeit zur Informationsbeschaffung“ qualifiziert werden. Eine derartige Kompetenz des Kartellgerichtes ist dem Gesetz auch nicht zu entnehmen. Der vorliegende Fall führt vielmehr besonders plastisch die Unzweckmäßigkeit dieses Ansinnens vor Augen, wenn vom Kartellgericht erwartet wird, bei über 1.200 (!) Liftanlagen das Vorliegen eines verbotenen Kartells oder eines Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung zu prüfen. Vgl das Vorbringen der Antragstellerinnen auf Seite 4 ihres Antrages („durch den Antrag eine Klärung herbeizuführen“) und die zuletzt erhobene Ankündigung, zu jeder Liftanlage ein Vorbringen nach entsprechender „umfassender Recherchearbeit“ zu erstatten. Bedenkt man, dass lediglich das Beweisverfahren eines derartiges Kartellverfahrens auch bei einer sehr gestrafften Vorgangsweise über zwölf Jahre dauern würde, wenn man für jede einzelne Liftanlage eine Verhandlungsstunde (inkl Historie und Fragerecht aller Parteien) veranschlagt und jeden Monat eine Verhandlung zu jeweils acht Stunden ansetzt, zeigt sich die Unpraktikabilität der gewählten Vorgangsweise. Im Übrigen ist nach ständiger Rechtsprechung des OGH als KOG eine Überprüfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts durch den OGH im Kartellverfahren insoweit ausgeschlossen, als dieses den Sachverhalt aufgrund vor ihm abgelegter Zeugen- und/oder Parteiaussagen als bescheinigt angenommen hat (RIS-Justiz RS0109206; RS0110381; so bspw 16 Ok 8/07). Aufgrund der materiellen Rechtskraftwirkung einer zum Zwecke der Verfolgung von Schadenersatzansprüchen vor den ordentlichen Gerichten beantragten Feststellungsentscheidung (vgl RIS-Justiz RS0007171; Rechberger in Rechberger, AußStrG § 43 Rz 1) würde damit - jedenfalls dann, wenn diese nicht nur aufgrund der Aktenlage, sondern auch auf Basis von Zeugen- und Parteienaussagen getroffen wurde - mit einer derartigen Entscheidung durch die Kartellgerichte bei der wesentlichen (Vor)Frage des Vorliegens eines kartellrechtswidrigen Verhaltens dem im Übrigen ja jedenfalls im Rahmen der ordentlichen Zivilgerichtsbarkeit zu führenden Schadenersatzverfahren letztlich die Überprüfungsmöglichkeit der zugrunde zu legenden Tatsachenfeststellungen genommen. Auch im Hinblick darauf kann eine Feststellungskompetenz des Kartellgerichts zur Klärung kartellrechtlicher Vorfragen ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage nicht ohne Weiteres angenommen werden.
Soweit die Antragstellerinnen ihr Feststellungsbegehren auf das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr stützen, ist eine solche hier nicht erkennbar. Diese wurde von den Antragstellerinnen zuletzt damit begründet, dass die Antragsgegnerinnen ihnen gegenüber das Fehlverhalten nicht eingestanden hätte. Nach Ansicht des Kartellgerichts reicht ein fehlendes Zugeständnis nicht für die Vermutung aus, dass die Antragsgegnerinnen ihr kartellrechtswidriges Verhalten wieder fortsetzen werden. Es ist im Hinblick auf die hohen Geldstrafen von insgesamt EUR 990 Millionen (laut Entscheidung der EU-Kommission) bzw von insgesamt EUR 75,4 Millionen (laut hg Entscheidung zu 25 Kt 12/07-125) im Gegenteil davon auszugehen, dass die Antragsgegnerinnen für die nahe und ferne Zukunft wettbewerbswidrige Handlungen unterlassen. Das gilt auch für die „Kronzeugin“ (=Zweitantragsgegnerin), zumal diese und die Erstantragsgegnerin im Bußgeldverfahren geständig waren, weshalb die Wiederholungsgefahr auch aus diesem Grund nicht vorliegt. Konkrete gegenteilige Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr brachten die Antragstellerinnen nicht vor. Dazu reicht auch nicht eine Episode aus dem Jahr 2002 aus, weil sich diese lange vor der Bußgeldentscheidung abgespielt hat.
Die Antragstellerinnen streben hier indirekt eine verpönte vorbeugende Unterlassungsverpflichtung an. Vorbeugende Unterlassungsaufträge zur Verhinderung von bloß drohenden oder bloß potenziell zu erwartenden Zuwiderhandlungen sind dem österreichischen Kartellrecht fremd (16 Ok 10/02; Reidlinger/Hartung, Das neue österreichische Kartellrecht, 136, 202; Hoffer, KartG 222). Im Übrigen ist auszuführen, dass das beantragte Feststellungsbegehren in keiner geeigneten Weise der Wiederholung von Zuwiderhandlungen gegen das KartG vorbeugen könnte, wäre doch auch bei allfälligen weiteren Verstößen wiederum unabhängig von der geforderten Feststellung das Erfordernis gegeben, die Frage des Kartellrechtsverstoßes des dann inkriminierten Verhaltens zu prüfen.
Auch das Vorliegen des hier behaupteten öffentlichen Interesses (im Allgemeinen) bzw von zu klärenden erheblichen Rechtsfragen (im Besonderen) ist nicht erkennbar.
Zum öffentlichen Interesse: Hier gehen die Antragstellerinnen zum einen davon aus, dass das Kartell nach wie vor noch aufrecht ist. Zum anderen berufen sich die Antragstellerinnen auf die bestehende Wiederholungsgefahr. Beides ist jedoch zu verneinen, wobei auf die obigen Ausführungen verwiesen wird. Dem öffentlichen Interesse nach Feststellung des kartellrechtswidrigen Verhaltens wurde bereits mit der hg Bußgeldentscheidung zu 25 Kt 12/07-125 zur Genüge getan. Dieser Entscheidung liegt nämlich die implizite Feststellung des kartellrechtswidrigen Verhalten der Antragsgegnerinnen zugrunde. Der Umstand, dass diese Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist, begründet allenfalls ein (hier nicht geschütztes) privates Interesse der Antragsstellerinnen, aber kein öffentliches Interesse. Den Antragsstellerinnen ist es durchaus zumutbar, die Rechtskraft der Entscheidung abzuwarten und sich anschließend auf die Bindungswirkung dieser Entscheidung zu berufen. Dass davon die Zweitantragsgegnerin nicht umfasst ist, ist unbeachtlich, zumal die Antragstellerinnen selbst davon ausgehen, dass die Zweitantragsgegnerin ihr kartellrechtswidriges Verhalten zugestanden hat (wenn auch nicht ihnen gegenüber). Es liegt kein Anhaltspunkt vor, dass die Zweitantragsgegnerin ihre Verantwortung ändert.
Zur Klärung erheblicher Rechtsfragen: Die Ausführungen der Antragstellerinnen beschränken sich hier auf rein abstrakte Rechtsfragen, ohne eine konkrete Relevanz für den gegenständlichen Fall darzulegen. Das Kartellgericht ist aber nicht zur Klärung bloß akademischer Rechtsfragen berufen. Nach dem Europäischen Kartellrecht kann von Fällen der Wiederholungsgefahr abgesehen ein berechtigtes Interesse der Kommission anzunehmen sein, wenn der konkrete Fall neue Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung im Hinblick auf zu erwartende ähnlich gelagerte Fälle im öffentlichen Interesse liegt (Anweiler in Löwenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Band 1, Art 7 der VO 1/2003 RN 46f). Für die Antragstellerinnen wäre auch bei Heranziehung dieses Gedankens nichts gewonnen, weil sie nicht darzulegen vermögen, dass ähnlich gelagerte Fälle in Hinkunft zu erwarten sind. Zudem begründet hier der Antrag in Punkt 3.2.3. Punkte (a) und (b) die Erheblichkeit im Hinblick auf „Zivilrechtsfolgen“ iZm den geschlossenen Verträgen, die sich je nach Klärung der Rechtsfragen anders darstellen würden. Hier ist den Antragstellerinnen zu entgegnen, dass „Zivilrechtsfolgen“ letztendlich im entsprechenden zivilgerichtlichen Verfahren vor den allgemeinen Gerichten zu prüfen sind. Diese sind befugt und verpflichtet, kartellrechtliche Vorfragen eigenständig zu prüfen. Eine Notwendigkeit, dass deshalb das KartG erhebliche Rechtsfragen klärt, besteht aus diesem Grund nicht. Schließlich setzt § 28 Abs 1 KartG voraus, dass sich die Zuwiderhandlungen (zumindest zum Teil) ab dem 1.1.2006 ereignet haben. Gerade das ist nach dem Vorbringen der Antragstellerinnen jedoch nicht der Fall. Erst mit dem KartG 2005 wurde ab 1.1.2006 die Feststellungsbefugnis für vergangene Zuwiderhandlungen gegen das erste Hauptstück (gemeint: des KartG 2005, zumal das KartG 1988 kein Hauptstück kennt) eingeführt. Hat sich der zu beurteilende Sachverhalt zur Gänze im Geltungszeitraum des KartG 1988 (oder davor) ereignet, kommt eine Feststellung für die Vergangenheit (§ 28 Abs 1 KartG 2005) nicht in Betracht (vgl 16 Ok 1/06). Eine rückwirkende Feststellungsbefugnis des Kartellgerichtes auf Sachverhalte vor dem 1.1.2005 besteht also nicht, weshalb der Antrag auch aus diesem Grund unzulässig ist. Dagegen spricht auch nicht die Entscheidung 16 Ok 4/07, weil es sich gegenständlich um keinen Geldbußenantrag einer Amtspartei iVm einem Feststellungsantrag handelt.
Es waren daher auch die nach § 28 Abs 1 KartG hilfsweise gestellte Feststellungsanträge zurückzuweisen.
Da sich die Unzulässigkeit bzw Unbegründetheit der Anträge schon aus dem Vorbringen der Antragstellerinnen ergibt, waren die noch offenen Beweisanträge als unerheblich zurückzuweisen.
Oberlandesgericht Wien
als Kartellgericht
1016 Wien, Schmerlingplatz 11
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