Das Oberlandesgericht Wien hat in nichtöffentlicher Sitzung durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Schittenhelm als Vorsitzenden und die Richterinnen des Oberlandesgerichtes Dr. Trieb und Dr. Habl als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen Martin T***** wegen §§ 12, 16 SGG über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 13. November 1997, GZ 4 d Vr 9297/94-58, den
Beschluß
gefaßt:
Der Beschwerde wird F o l g e gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Vernehmung des Martin T***** gemäß § 357 Abs.2 StPO in der Zusammensetzung gemäß § 13 Abs.3 StPO unter Beachtung des § 68 Abs.3 StPO aufgetragen.
Begründung:
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Erstgericht den Antrag der Staatsanwaltschaft Wien auf Wiederaufnahme hinsichtlich des Beschlusses vom 16.7.1997, ON 55, mit dem Martin T***** eine bedingte Strafnachsicht gemäß § 410 Abs.1 StPO iVm § 23 a Abs.2 SGG gewährt worden war, sowie auch ihren Antrag auf Widerruf des dem Verurteilten mit Beschluß des Erstgerichtes vom 14. Februar 1995 (ON 26) gemäß § 23 a Abs.1 SGG gewährten Strafaufschubes abgewiesen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Staatsanwaltschaft (ON 59), der Berechtigung zukommt.
Denn sie ist mit ihrem Vorbringen im Recht, daß die (von der Judikatur auch hinsichtlich von Beschlüssen auch zum Nachteil des Verurteilten für zulässig erachtete - siehe EvBl. 1991/176 und zuletzt OGH vom 6. August 1996, 11 Os 82, 83/96-6, Foregger-Kodek, StPO7, Anm. VI zu § 352) Wiederaufnahme, die von ihr mit Antrag vom 27. August 1997 (Seite 3 e des AV-Bogens) hinsichtlich des Beschlusses ON 55 begehrt worden war, vom Erstgericht nicht mit der Begründung abgewiesen werden durfte, daß neue Beweismittel im Sinne des § 355 Z 2 iVm § 356 StPO deshalb nicht vorlägen, weil der Staatsanwaltschaft Wien bereits am 15. Juli 1997 die Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien gegen Martin T***** bekannt gewesen sei, aus welcher sich auch dessen Geständnis, am 11. Juni 1997 Heroin konsumiert zu haben, ergeben habe und sie damit auch bereits einen Tag vor Fassung des Beschlusses ON 55 durch das Erstgericht vom neuerlichen- aus der Anzeige ersichtlich bereits seit Jänner 1996 erfolgten Suchtgifterwerb und -konsum des Verurteilten, der nunmehr als Wiederaufnahmsgrund geltend gemacht werde, in Kenntnis gewesen sei. Dem auf das Faktum verschiedener Referatszuständigkeit bei der Staatsanwaltschaft Wien (die vorliegende Strafsache fällt in die Zuständigkeit des Referates 12a, jene, in welcher gegen Martin T***** am 17. Juli 1997 hinsichtlich eines Tatzeitraumes von Jänner 1996 bis Mitte 1997 ein Strafantrag wegen des Vergehens nach § 16 Abs.1 SGG erhoben und am 18. September 1997 eine gleichlautende Verurteilung ergangen ist, fällt in das Referat 21 der Staatsanwaltschaft Wien), die zur Folge hatte, daß der mit der Frage der bedingten Strafnachsicht in der gegenständlichen Strafsache befaßte Vertreter der Staatsanwaltschaft Wien keine Kenntnis von der neuen Strafsache gegen den Verurteilten haben konnte, verweisenden Vorbringen kommt ebenso Berechtigung zu, wie der auf die Judikatur verweisenden Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft, die die Wiederaufnahme selbst bei verschuldeter Unkenntnis der nova reperta durch den Ankläger bejaht (Mayerhofer StPO4, E 5 und Foregger-Kodek StPO7, Erl. II jeweils zu § 355 StPO).
Vorliegend stand aber dem Beschwerdegericht lediglich die kassatorische Entscheidung offen, da die nach den analog anzuwendenden Bestimmungen des § 357 Abs.2 StPO (siehe auch die bereits zuvor zitierte Entscheidung EvBl. 1991/176) durchzuführende Vernehmung des Beschuldigten vor der Entscheidung über die Wiederaufnahme bisher nicht erfolgt ist und das Erstgericht daher diese vorzunehmen und sodann erneut über die Wiederaufnahme und den beantragten Widerruf, über den bisher zufolge Abweisung des Wiederaufnahmebegehrens inhaltlich noch nicht abgesprochen wurde, zu entscheiden haben wird. Dabei wird es die gemäß § 357 Abs.2 iVm § 13 Abs.3 StPO vorgesehene Zusammensetzung und die Ausgeschlossenheit nach § 68 Abs.3 StPO zu beachten haben, deren Regelungszweck ersichtlich (auch) in der Ausschließung von an der vorangegangenen Entscheidung in der Sache beteiligten Richtern gelegen ist.
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