Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Hellwagner (Vorsitzender), die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Meinhart und DDr. Huberger in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. P***** Z*****, Rechtsanwalt, *****, als mit Beschluß des HG Wien vom 16.3.1995, (Anm.: AZ im Urteil ***** bestellter Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der H***** H*****, Kauffrau, 1010 Wien, Weihburggasse 4 und *****, wider die beklagte Partei P***** I*****, *****, vertreten durch Dr.E***** L*****, Rechtsanwältin in Wien, wegen Räumung einer Dienstwohnung, infolge der klagenden Partei Kostenrekurses des Klägers gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 13.3.1996, 8 Cga 200/95d-9, den
Beschluß
gefaßt:
Dem Rekurs wird n i c h t Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
Der Kläger begehrte ursprünglich die Räumung der in 1010 Wien, Weihburggasse 4 befindlichen Dachwohnung top Nr. 40. Die Gemeinschuldnerin H***** H***** sei Mieterin dieser Wohnung gewesen. Die Beklagte sei als Arbeiterin bei der Gemeinschuldnerin beschäftigt gewesen und sei die Kündigung im Sinn des § 25 KO per 30.6.1995 ausgesprochen worden. Die gegenständliche Wohnung sei der Beklagten für die Dauer ihres Dienstverhältnisses von der Gemeinschuldnerin zum Gebrauch überlassen worden, dies völlig kostenfrei und gegen jederzeitigen Widerruf, sodaß eine berechtigte Forderung vorliege. Die Beklagte benütze die Wohnung spätestens seit dem 1.7.1995 titellos, weshalb die Räumung beantragt werde.
Schließlich schränkte die klagende Partei auf Kosten infolge rechtskräftiger Aufkündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter ein.
Die Beklagte beantragte die Klageabweisung. Es habe sich um keine Dienstwohnung gehandelt, es sei ihr von der Gemeinschuldnerin versprochen worden, daß sie die klagegegenständliche Wohnung benützen könne, solange sie lebe.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin die Kosten dieses Rechtsstreites binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen, abgewiesen. Hingegen hat es die klagende Partei verpflichtet, der beklagten Partei die mit S 4.998,72 bestimmte Verfahrenskosten zu ersetzen.
Es traf folgende Sachverhaltsfeststellungen:
Die Beklagte arbeitete bei der verstorbenen Gemeinschuldnerin H***** H***** vom 2.7.1974 an. Die Beklagte war zur Betreuung der Wohnung von H***** H***** in ***** sowie der in diesem Haus befindlichen Appartements im 1.Stock verantwortlich. Aufgabe der Beklagten war es auch, Gäste aus dem Bereich Oper und Burgtheater zu betreuen.
Am Anfang stand der Beklagten nur ein kleines Zimmer zur Verfügung. Die Wohnsituation war unhaltbar, da der Sohn der Beklagten schwer körperbehindert ist.
Die Gemeinschuldnerin H***** wollte nicht, daß die Beklagte ihre Arbeit aufgibt und sie verläßt. Sie suchte daher selbst eine passende Wohnung für die Beklagte in der Nähe. In der Folge baute H***** H***** den von ihr angemieteten Dachboden in ***** insbesondere behindertengerecht aus. Der ausgebaute Dachboden erhielt daraufhin die Bezeichnung top Nr. 40.
Den gesamten Dachbodenausbau finanzierte die Gemeinschuldnerin H***** H*****.
Nach Fertigstellung der Umbauarbeiten übergab die Gemeinschuldnerin H***** H***** der Beklagten die Wohnung und sagte ihr, daß "diese nun ihr gehöre".
Den Zins für die Wohnung samt der Betriebskosten sowie Kosten für Strom und Gas hat die Gemeinschuldnerin für die Beklagte bezahlt.
Gegenüber der Beklagten betitelte die Gemeinschuldnerin das zur Verfügungstellen der Wohnung als "Geschenk".
Durch die kostenlose Benutzung der Wohnung fühlte sich die beklagte Partei verpflichtet, viel mehr zu arbeiten als üblich und gesetzlich vorgesehen war. Es war durchaus üblich, daß sie eine 80 bis 90-Stunden-Woche ohne Feiertag und Urlaub erreichte.
Die Benutzung der klagsgegenständlichen Dachwohnung durch die Beklagte sollte nach dem Willen der verstorbenen Gemeinschuldnerin H***** H***** nicht an die Dauer des Dienstverhältnisses gekoppelt sein. Die Wohnung war der Beklagten durch die Gemeinschuldnerin Herta Harmer auf Lebenszeit der Beklagten überlassen.
Durch die Überlassung der Wohnmöglichkeit wollte die Gemeinschuldnerin H***** H***** erreichen, daß die Beklagte "immer" zur Verfügung stünde, von ihr abhängig wäre und die Arbeit für sie weiter verrichte. Sie wollte die Beklagte davon abhalten, die Arbeit bei ihr aufzugeben.
Es kann nicht festgestellt werden, was für den Fall vereinbart gewesen wäre bzw. was passiert wäre, wenn die Beklagte das Dienstverhältnis zur Gemeinschuldnerin Herta Harmer aus Eigenem zur Auflösung gebracht hätte.
Die klagsgegenständliche Wohnung wurde bei der Versteuerung des Einkommens der Beklagten nicht erfaßt. Das Zurverfügungstellen der Wohnung ist nicht als Sachbezug im Lohnzettel ausgewiesen.
Über das Vermögen von H***** H***** wurde mit Beschluß des H***** zu ***** der Konkurs eröffnet. Die Beklagte wurde von der klagenden Partei im Sinne des § 25 KO per 30.6.1995 gekündigt.
Als die Gemeinschuldnerin Herta Harmer schon schwer erkrankt war, war ihr immer daran gelegen, daß die Beklagte die Wohnung in *****, top Nr. 40 behält. Sie beauftragte auch ihren Lebensgefährten, den Zeugen Felten, die dafür notwendigen Schritte zu unternehmen.
Zwischenzeitlich wurde das Hauptmietverhältnis der Gemeinschuldnerin Herta Harmer durch Vermieterkündigung aufgelöst.
In rechtlicher Hinsicht kam das Erstgericht zum Ergebnis, daß es sich bei der klagegegenständlichen Wohnung um keine Dienstwohnung gehandelt habe, weil es dem vorliegenden Vertragsverhätlnis vor allem an dem für eine Dienstwohnung wesentlichen Voraussetzungsmerkmal der zeitlichen Gebundenheit der Überlassung der Wohnung an die Dauer des Dienstverhältnisses mangle. Auch ein prekaristische Benützung der Wohnung durch die Beklagte sei nicht vorgelegen, eine jederzeitige Widerrufbarkeit sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden und sei der gewählten Vertragskontruktion auch nicht immanent. Die Gemeinschuldnerin H***** H***** habe von der Beklagten sehr wohl Gegenleistungen für das Zurverfügungstellen der Wohnung verlangt, wobei die Anforderungen über dienstvertraglich geschuldete Pflichten weit hinausgegangen seien. Es stünden Leistung und Gegenleistung einander gegenüber, sodaß eine Bittleihe ausscheide.
Aus diesen Gründen habe die Beklagte die Wohnung nicht grund- und titellos benützt und das Räumungsbegehren sei daher nicht berechtigt gewesen. Daher stünde dem Kläger kein Kostenersatzanspruch gegenüber der Beklagten zu.
Dagegen richtet sich der Kostenrekurs des Klägers aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, ihm die Verfahrenskosten zuzusprechen.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Nach Ansicht des Klägers habe die Gemeinschuldnerin nach den erstgerichtlichen Feststellungen der Beklagten eine Sache, nämlich die gegenständliche Wohnung, zum unentgeltlichen Gebrauch überlassen. Es handle sich sohin um einen Leihvertrag gemäß § 971 ABGB. Dieser Leihvertrag, der als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren ist, sei jedenfalls durch die Konkurseröffnung als aufgelöst zu betrachten. Hinzu käme, daß zweiseitige Rechtsgeschäfte aufgrund der Konkurseröffnung durch Nichteintritt des Masseverwalters beendet werden können. Der Masseverwalter habe seinen Willen konkludent erklärt, indem er das Dienstverhältnis mit der Beklagten auflöste und diese aufforderte, die Wohnung zu räumen. Die Beklagte habe daher die Wohnung titellos benützt.
Dieser Ansicht ist nicht beizupflichten. Die Tatsache, daß das für die Überlassung einer Wohnung zu leistende Entgelt vereinbarungsgemäß nicht in einer Geldsumme, sondern in dem Umfang und dem Geldwert nach bestimmbaren Dienst- oder Sachleistung besteht, schließt die Annahme eines Bestandverhältnisses nicht aus (Arb 9803). Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich aus den Feststellungen des Erstgerichtes deutlich, daß die Gemeinschuldnerin Herta Harmer der Beklagten die Wohnung nicht zum unentgeltlichen Gebrauch überlassen hat. Die Beklagte "fühlte" sich verpflichtet, viel mehr zu arbeiten als üblich und gesetzlich vorgesehen war (vgl. Seite 3 der Urteilsausfertigung = AS 51). Im vorliegenden Fall wurde an Stelle des sonst in Geld zu entrichtenden Bestandzinses einzelne Dienstleistungen, nämlich jene, die über das ursprünglich vereinbarte Arbeitsausmaß hinausgingen, als Entgelt für die Überlassung der Wohnung bedungen. Das zwischen der Gemeinschuldnerin H***** H***** und der Beklagten begründete Rechtsverhältnis muß unter Bedachtnahme auf die Parteienabsicht und auf seinen wirtschaftlichen Zweck als Bestandverhältnis im Sinn des § 1090 ABGB beurteilt werden, bei welchem sich die Gemeinschuldnerin als Bestandzins die Erbringung von zusätzlichen Arbeitsleistungen bedungen hatte. Den Feststellungen ist auch zu entnehmen, daß sich die Beklagte nicht nur verpflichtet fühlte, aufgrund der Überlassung der Wohnung Mehrarbeit zu leisten, sondern daß dies auch von der Gemeinschuldnerin als Gegenleistung erwartet wurde, zumal dies gar nicht bestritten wurde.
Im übrigen ist auf die zutreffenden, auch vom Rekursgericht geteilten, rechtlichen Ausführungen des Erstgerichtes zu verweisen (§§ 2 ASGG, 526 Abs.3, 500 a ZPO).
Es war daher dem Kostenrekurs nicht Folge zu geben.
Gemäß § 11 a Abs 2 Z 2 lit b ASGG waren der Entscheidung keine fachkundigen Laienrichter beizuziehen.
Gemäß §§ 2 ASGG, 528 Abs 2 Z 3 ZPO war auszusprechen, daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 41, 50 ZPO.
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