Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Hemetsberger als Vorsitzende und Dr. Ganglberger-Roitinger und den Richter Mag. Grosser in der Maßnahmenvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer strafrechtlichen Unterbringung über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 22. Oktober 2025, BE1*-12, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Mit (seit 29. April 2004 rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichts Salzburg als Geschworenengericht vom 30. September 2003, Hv*-68, wurde der ** geborene A* des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt und zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe von 16 Jahren und drei Monaten verurteilt. Unter einem wurde gemäß § 21 Abs 2 StGB idF vor BGBl I 2022/223 seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.
Die Maßnahme wird aktuell im forensisch-therapeutischen Zentrum C* vollzogen.
Mit dem angefochtenen Beschluss sprach das Erstgericht nach der Anhörung am 22. Oktober 2025 (ON 11) aus, dass die strafrechtliche Unterbringung des Betroffenen in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB in der geltenden Fassung weiterhin notwendig sei, und wies gleichzeitig einen Antrag des Betroffenen auf bedingte Entlassung ab.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Betroffenen (ON 13), mit der er Kritik an den Fachdiensten des forensisch-therapeutischen Zentrums C*, am Erstrichter und am gerichtlichen Sachverständigen erhebt und auf sein Entlassungsumfeld (Verlobte, Arbeit) verweist.
Die (rechtzeitige) Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft nicht geäußert hat, ist nicht berechtigt.
Die bedingte Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme ist gemäß § 47 Abs 2 StGB zu verfügen, wenn nach der Aufführung und der Entwicklung des Angehaltenen in der Anstalt, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen anzunehmen ist, dass die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, nicht mehr besteht. Hingegen ist von einem Fortbestehen der Gefährlichkeit, deren Realisierung der Maßnahmenvollzug gerade verhindern soll, dann auszugehen, wenn die der Unterbringung zugrunde liegende Gefährlichkeit weiterhin vorliegt und sie außerhalb des forensisch-therapeutischen Zentrums („extra muros“) nicht hintangehalten werden kann (vgl 14 Os 37/24h; Haslwanterin WK² StGB § 47 Rz 5). Die spezifische Gefährlichkeit besteht im hier vorliegenden Fall einer Anlasstat, die mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht ist (vgl § 21 Abs 3 StGB), in der Befürchtung, dass der Untergebrachte sonst in absehbarer Zukunft unter dem maßgeblichen Einfluss seiner schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen (§ 21 Abs 1 StGB) begehen werde (vgl 14 Os 37/24h mwH = EvBl 2025/25, Swiderski ).
Voranzustellen ist, dass das Erstgericht die für die hier anzustellende rechtliche Beurteilung erforderlichen Sachverhaltsannahmen gerade noch ausreichend deutlich und erkennbar festgestellt hat (ON 12, 11).
Demnach ist auf Basis der aktuellen schlüssigen Unterlagen, insbesondere auch des aktuellen klinisch-psychologischen Sachverständigengutachtens (ON 8) in Zusammenschau mit der weitestgehend korrespondierenden forensischen Stellungnahme des forensisch-therapeutischen Zentrums C* (ON 10), sowie des vom Betroffenen in der Anhörung gewonnenen persönlichen Eindrucks davon auszugehen, dass die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, nach wie vor besteht.
Nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Dr. D* (ON 8, 29ff), welches in seinen wesentlichen Schlussfolgerungen nicht nur mit mit der forensischen Stellungnahme sondern auch mit der Expertise des Sachverständigen O.Univ.Prof. Dr. E* anlässlich der Unterbringung des Betroffenen übereinstimmt, leidet der Betroffene weiterhin an einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung in Form einer narzisstischen (F60.81), einer emotional instabilen (Borderline, F60.31) und einer antisozialen (F60.2) Persönlichkeitsstörung nach ICD-10. Weiters bestätigt der aktuell herangezogene Sachverständige in Übereinstimmung mit den Vorgutachtern die Diagnose einer Polytoxikomanie, derzeit abstinent, in beschützender Umgebung (F19.21), und einer Störung durch Alkohol, gegenwärtig abstinent, in beschützender Umgebung (F10.21) nach ICD-10.
Wie bereits aus der forensischen Stellungnahme ableitbar, ist es auch nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen durch die aktuelle Anhaltung zu einigen positiven Veränderungen im Bereich kriminelle Persönlichkeit und Einstellung, emotionale Kontrolle und Impulsivität, Gebrauch von Waffen und Substanzmissbrauch gekommen. Allerdings konnten diese die Gefährlichkeitsprognose im Vergleich zu dem Einweisungsgutachten nicht fundamental verbessern. Seit der letzten Begutachtung im Jahr 2023 ist es vielmehr zu zwei im Zusammenhang mit der Partnerin des Betroffenen stehenden Vorfällen gekommen, die in beiden Fällen zum Abbruch bereits durchgeführter Vollzugslockerungen führten (ON 10, 7 ff; ON 8, 35).
In Übereinstimmung mit dem Erstgericht ist deshalb davon auszugehen, dass beim Betroffenen angesichts seiner schweren Persönlichkeitsstörung, der aufgrund der hohen Rückfallgefahr (ON 10, 21 f; ON 8, 35 ff) nach wie vor erforderlichen zukünftigen klinisch-psychologischen bzw psychotherapeutischen Aufarbeitung (ON 8, 36), des nicht durchgehend (bis August 2023) friktionsfreien Vorzugsverhaltens (ON 3, 6 ff) und des uneingeschränkten Relevanzbereichs seiner Gefährlichkeit weiterhin mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, er werde in absehbarer Zeit (ON 8, 35) störungsbedingt – wie bei der Anlasstat – rückfällig werden, wobei mit Handlungen mit schweren Folgen, wie etwa schweren Körperverletzungen zu rechnen ist. Daher ist zusammengefasst begründet anzunehmen, dass beim Verurteilten weiterhin eine Gefährlichkeit in jener qualifizierten Ausprägung besteht, wie sie das Gesetz für die Aufrechterhaltung der Maßnahme im stationären Bereich verlangt.
Soweit der Betroffene unter nicht näher ausgeführter Kritik am aktuellen Sachverständigen auf die seiner Ansicht nach vom Gericht nicht anerkannten forensisch-neuropsychologischen Gutachten Dris. F*, zuletzt vom 3. Juli 2023 im Verfahren BE2*, verweist, übergeht er schon die beiden Vorfälle seither, die zur Einstellung der Vollzugslockerungen führten. Nach den Ausführungen der Fachdienste haben aufgrund dieser Vorkommnisse drei Bittrapporte stattgefunden, eine Problemeinsicht des Betroffenen sei in diesen Gesprächen jedoch nicht erkennbar gewesen (ON 10, 11). Mit seinen in der Beschwerde erhobenen Vorwürfen gegen die Fachdienste ist für den Betroffenen bei der hier anzustellenden Bewertung nichts gewonnen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
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