Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Einzelrichterin Dr. Henhofer in der Strafsache gegen A* B* wegen des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über deren Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 08. Oktober 2025, HR*-10, entschieden:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der Pauschalbeitrag zu den Kosten der Verteidigung im Ermittlungsverfahren gemäß § 196a Abs 1 StPO mit EUR 150,00 bestimmt wird.
Die Buchhaltungsagentur des Bundes wird angewiesen den Betrag von EUR 150,00 an den Rechtsanwalt Dr. Erich Bernögger aus Amtsgeldern zu überweisen.
Begründung:
Die Staatsanwaltschaft Steyr führte zu St* ein Ermittlungsverfahren gegen A* B* unter anderem wegen des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 StGB, welches sie am 05. August 2025 gemäß § 190 StPO aus dem Grund des § 11 StGB einstellte (ON 1.2).
Mit Eingabe vom 29. August 2025 beantragte A* B* einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung gemäß § 196a StPO in Höhe von EUR 1.018,56 unter Anschluss eines Kostenverzeichnisses über eine Summe von EUR 1.018,56 (ON 9).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht diesen Antrag ab, im Wesentlichen mit der Begründung der antragstellende Rechtsanwalt sei zum Erwachsenenvertreter bestellt, unter anderem auch für die Vertretung im Ermittlungsverfahren zu St* der Staatsanwaltschaft Steyr.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der A* B* mit der eine antragsgemäße Bestimmung des Pauschalkostenbeitrags begehrt wird (ON 11).
Die Beschwerde ist teilweise berechtigt.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Kirchdorf an der Krems vom 24. Juli 2025 zu P*, wurde Rechtsanwalt Dr. Erich Bernögger zum Erwachsenenvertreter für A* B* bestellt, unter anderem auch für die Vertretung im Ermittlungsverfahren zu St* der Staatsanwaltschaft Steyr.
Mit Schriftsatz vom 25. Juli 2025 gab A* B* bekannt, Dr. Erich Bernögger Vollmacht zur Verteidigung erteilt zu haben (ON 6.1).
Wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, hat der Erwachsenenvertreter gemäß § 276 ABGB Anspruch auf angemessenes Entgelt, welches sich nach den marktüblichen Honoraren für die konkrete Tätigkeit richtet. Erbringt der gerichtliche Erwachsenenvertreter Leistungen, für die er seine besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten nutzt und die sonst entgeltlich an einen Dritten übertragen werden müssten, kann er dafür ein angemessenes Entgelt verlangen (Schauer in Kleteeka/Schauer, ABGB – ON 1.04 § 276 Rz 27). Für Leistungen von Rechtsanwälten als Erwachsenenvertreter gelten die Sätze des RATG. Wie die Beschwerdeführerin weiters zutreffend moniert, ist entscheidend, dass sich auch ein anderer Erwachsenenvertreter eines Rechtsanwalts hätte bedienen dürfen und dass die Leistungen bei objektiver Beurteilung im Zeitpunkt ihrer Erbringung als zweckmäßig qualifiziert werden können. Demnach ist die vertretende Person gegenüber ihrem Erwachsenenvertreter zum Kostenersatz verpflichtet. Da fallkonkret keine Verfahrenshilfe besteht, ist der Antrag gemäß § 196a StPO inhaltlich zu prüfen.
Wird ein Ermittlungsverfahren gemäß § 190 StPO eingestellt, so hat der Bund dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Dieser Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf (hier interessierend) in der Grundstufe (Stufe 1) den Betrag von EUR 6.000,00 nicht übersteigen (§ 196a Abs 1 StPO).
Mit dieser Bestimmung sollen die Kriterien für die Bemessung des konkreten Pauschalkostenbeitrags generell an die bereits im Rechtsbestand enthaltene Regelung des § 393a Abs 1 StGB angelehnt, jedoch – wie auch dort – spezifisch und umfangreicher gefasst werden. Grundsätzlich wird aber weiterhin an der Bemessung in Form von Pauschalkostenbeiträgen festgehalten. Zu berücksichtigen sind insbesondere der sich auf die Verteidigung durchschlagende Aufwand bei den Ermittlungsmaßnahmen, die Dauer des Ermittlungsverfahrens, die Anzahl an Verfahrensbeteiligten sowie die Gestaltung des dem Ermittlungsverfahren zugrundeliegenden Sachverhalts, dies alles unter dem Blickwinkel der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der einzelnen Verteidigungshandlungen.
Ausgangsbasis für die Bemessung des Pauschalkostenbeitrags für ein in die landesgerichtliche Zuständigkeit fallendes Standardverfahren das im Regelfall eine Besprechung mit dem Beschuldigten, die Vollmachtsbekanntgabe samt Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium bzw. Vorbereitungstätigkeit und die Teilnahme an einer Vernehmung in d er Dauer von zwei Stunden umfasst, sind durchschnittliche Verteidigungskosten von rund EUR 3.000,00 (berechnet nach dem AHK unter Berücksichtigung des Einheitssatzes, aber ohne Erfolgs- oder Erschwerniszuschläge). Da die Bandbreite der Verfahren, die in Stufe eins fallen, von ganz einfachen Verteidigungsfällen bis hinzu aufwendigen Wirtschaftsstrafsachen reicht, kann sich der konkret zu bemessende Pauschalkostenbeitrag je nach Umfang der Ermittlungen und Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern bzw. sich von diesem weiter entfernen (EBVR 2557 BGBl Nr. 27. GP 3, 5).
Von den beschriebenen Kriterien ausgehend unterschritt das dem Akt zu entnehmende konkrete – notwendige und zweckmäßige – Verteidigerhandeln in dem etwa drei Monate dauernden Ermittlungsverfahren, unter Berücksichtigung einer sehr moderaten Verfahrenskomplexität (abzuwarten war das in Auftrag gegebene psychiatrische Sachverständigengutachten) und eines Aktenumfangs bis zur Einstellung von gerade einmal acht Ordnungsnummern, eindeutig das Maß des vom Gesetzgeber angenommenen Durchschnittsverfahren. An notwendigen bzw. zweckmäßigen Verteidigungshandlungen sind eine Vollmachtbekanntgabe (verbunden mit dem Antrag auf Akteneinsicht) – der ein Gespräch mit der Mandantin vorangegangen sein mochte - , ein angemessenes Aktenstudium und der Antrag auf Erstattung eines Beitrags zu den Kosten der Verteidigung zu berücksichtigen.
Da der Gesetzgeber nicht den gesamten Ersatz der aufgelaufenen Kosten vorsieht, sondern die Abgeltung in Form eines Pauschalbeitrags, war dieser mit EUR 150,00 zu bestimmen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.
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