Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch den Senatspräsidenten Mag. Gerhard Hasibeder als Vorsitzenden sowie Mag. Stefan Riegler und MMag. Andreas Wiesauer in der Rechtssache der Klägerin A* , geb. **, Angestellte, **gasse **, ** B*, vertreten durch Dr. Erich Kaltenbrunner, Rechtsanwalt in 4040 Linz, wider den Beklagten Dr. C* D* , geb. **, Zahnarzt, **straße **, ** B*, vertreten durch die Summereder Pichler Wächter Rechtsanwälte GmbH in 4060 Leonding, wegen EUR 29.448,19 s.A. und Feststellung (Feststellungsinteresse: EUR 2.500,00; Gesamtstreitwert daher: EUR 31.948,19) über die Berufung der Klägerin (Berufungsinteresse: EUR 26.448,19) gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 30. Juni 2025, Cg*-41, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit EUR 2.875,92 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten EUR 479,32 USt.) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt insgesamt EUR 30.000,00.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beklagte behandelte die Klägerin von 2012 bis März 2020 immer wieder in seiner Zahnarztpraxis als Privatpatientin. Eine Wurzelbehandlung am 20. März 2018 am Zahn 16 war aus mehreren Gründen nicht lege artis, wodurch sich in den verbliebenen Hohlräumen der Zahnwurzelkanäle Bakterien ausbreiten und vermehren konnten. Im November 2018 versorgte der Beklagte die Zähne 17, 16 und 15 mit Kronen, wobei die Überkronung am Zahn 16 medizinisch nicht indiziert war. Am 13. August 2019 litt die Klägerin bereits an distaler Karies am Zahn 22 und apikalen Aufhellungen (Wurzelspitzenentzündungen) an den Zähnen 16 und 42. Die apikale Aufhellung am Zahn 16 war auf einen Behandlungsfehler des Beklagten (insuffiziente Wurzelbehandlung im Jahr 2018) zurückzuführen. Die Entstehung der Karies bei Zahn 22 distal und die apikale Aufhellung bei Zahn 42 waren hingegen nicht auf Behandlungsfehler des Beklagten zurückzuführen. Der genaue Grund für das Entstehen der Karies lässt sich nicht feststellen, in Betracht kommen etwa Bakterien, die Ernährung der Klägerin oder ihre häusliche Mundpflege. Es wäre am 13. August 2019 eine Aufklärung samt Besprechung möglicher Behandlungsalternativen nach den Regeln der ärztlichen Kunst geboten gewesen. Bei Zahn 16 hätte man lege artis zunächst eine Revisionsbehandlung durchführen oder die Klägerin an einen Spezialisten für Endodontie überweisen und den Zahn so erhalten können. Im Fall eines Misserfolges wäre zur Zahnerhaltung eine Wurzelspitzenresektion in Betracht gekommen. Erst in letzter Konsequenz wäre eine Extraktion und nachfolgende Implantation des Zahnes 16 in Betracht gekommen. Der Beklagte hat all dies auch bei den weiteren Terminen mit der Klägerin bis März 2020 nicht vorgenommen.
Am 3. März 2020 suchte die Klägerin den Beklagten wegen Problemen mit dem Zahnfleisch und Schmerzen im Bereich der oberen Schneidezähne auf. Er diagnostizierte, dass die Klägerin an einer Parodontitis leiden würde, obwohl sie im Bereich der linken Oberkieferfront „nur“ an einer Gingivitis litt.
Die Begriffe Parodontitis und Gingivitis beschreiben beide eine Entzündung des Zahnfleisches, wobei bei einer Parodontitis bereits der Zahnhalteapparat durch die Entzündung betroffen ist, während es sich bei eine Gingivits „bloß“ um eine oberflächliche Entzündung handelt. Die beiden Begriffe werden manchmal „vermischt“, weil eine Gingivitis eine Vorstufe der Parodontitis darstellt. Der genaue Grund für das Entstehen der Gingivitis kann nicht festgestellt werden, in Betracht kommen etwa eine aggressive Keimflora, Rauchen, hormonelle Faktoren oder eine unzureichende Mundhygiene. Die Gingivitis war aber jedenfalls weder auf einen Behandlungsfehler des Beklagten noch auf eine Beherdung an den Wurzelspitzen der Zähne 17, 16 und 42 zurückzuführen.
Seitens des Beklagten wurden die für 19. und 26. März 2020 vereinbarten weiteren Termine für eine Bestrahlungstherapie aufgrund der gerade beginnenden Covid-Pandemie mit der Begründung abgesagt, die Klägerin sei keine Risikopatientin.
Am 31. März 2020 begab sie sich zu einer zahnärztlichen Erstuntersuchung in die Zahnarzt-Ordination eines Endodontologen. Die Klägerin litt zu diesem Zeitpunkt an einer (chronischen) Herdbildung bei den Zähnen 16, 17 und 42, einer geröteten Gingiva bzw. Gingivitis und Karies am Zahn 22 distal. Es war jedoch weder das Zahnfleisch eitrig entzunden noch litt sie an Zahnfleischrückgang samt drohendem Verlust der Zähne. Bis dahin rezidivierende Infekte mit Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin und damit einhergehenden Depressionen waren nicht von diesem Zahnstatus oder einer Fehlbehandlung durch den Beklagten verursacht worden. Die Herdbildung bei Zahn 17 war nicht auf einen Behandlungsfehler des Beklagten zurückzuführen.
Der Endodontologe erstellte am 31. März 2020 auf Basis des an diesem Tag angefertigten Panoramaröntgens einen Befund, den er noch am selben Tag mit der Klägerin besprach. Er teilte ihr dabei mit, dass sie doch nicht an Parodontitis leide und es auch beim Zahn 42 einen Entzündungsherd gebe. Die Klägerin verstand daraufhin „die Welt nicht mehr“ und war von ärztlichen Diagnosen verunsichert. Der Endodontologe verwies die Klägerin an einen Kieferchirurgen, der abklären sollte, ob die Zähne 16 und 17 entfernt werden mussten. Letzterer machte bei der ersten diesbezüglichen Beratung am 2. April 2020 eine Bestandsaufnahme, erhob die Beschwerden der Klägerin und sprach mit ihr über die bereits vom Endodontologen aufgeworfenen „Probleme“ mit den Zähnen 16 und 17 – insbesondere über die dortigen Entzündungsherde und ob die Zähne erhalten werden können. Er erörterte mit ihr zudem das weitere Vorgehen in Form der Entfernung des Zahnes 16 samt Implantatsetzung aufgrund der vom Beklagten nicht lege artis durchgeführten Wurzelbehandlung des Zahnes 16.
Am 11. April 2020 erhielt die Klägerin vom Endodontologen folgenden schriftlichen „Aufklärungsbefund“ samt weiterer Therapieplanung: „Im Bereich von Frontzähnen 11 und 21 befinden sich 2 Kronen, randundicht, auf der Gaumenseite durch Schleifmaßnahmen beschädigt und mit einem eitrigen geschwollenen und geröteten Zahnfleisch. Die gleiche Zahnfleischentzündung besteht auch im Bereich der Zähne 12 und 22. Diese sind mit 2 undichte Veneers/Kronen versorgt (Randspalten rundherum, siehe digital aufgenommene Bilder). Im Zahnfleischbereich dieser Zähne hat die Patientin auch Schmerzen, spontan auch auf Fingerdruck. Panoramaröntgen zeigt altersentsprechende Knochensituation, keine parodontose-typischen Knocheneinbrüche. Einzelbildröntgen zeigt Randspalten an den Knochenrändern. Therapieplanung: auf Grund der notfallmäßigen Dringlichkeitssituation ist mit der Entfernung der Kronen/Veneers 12-22, Kariesentfernung, fachgerechte Neupräparation und je nach tatsächlicher Situation entweder Edelprovisorien als Langzeitversorgung bis zum Abklingen der Gingivaentzündung oder definitive fachgerechte Zukomoxidkeramikronen 12-22.“
Die Klägerin nahm all dies zur Kenntnis, besprach es mit dem Endodontologen und unterfertigte das Dokument.
Spätestens ab dem 11. April 2020 ging die Klägerin davon aus, dass der Beklagte ihre Beschwerden in Form von Schmerzen mit unrichtigen Diagnosen „abgefertigt“ habe und sich aufgrund von Behandlungsfehlern des Beklagten über die Jahre Karies bilden habe können.
Im Sommer bzw. September 2020 telefonierte die Klägerin mit dem Beklagten und sprach diesen auf ihm ihrer Meinung nach unterlaufene Behandlungs- bzw. Diagnosefehler an. Sie teilte ihm auch mit, nunmehr bei dem Endodontologen in zahnärztlicher Behandlung zu sein. Der genaue sonstige Inhalt des Gesprächs kann jedoch nicht festgestellt werden. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, ob der Beklagte und die Klägerin dabei vereinbarten, dass der Beklagte die Kosten für die zahnärztliche Behandlung der Klägerin durch andere Zahnärzte oder Kieferchirurgen übernehmen werde.
Am 18. November 2020 schickte die Klägerin dem Beklagten folgende E-Mail: „Hi C*, wie vereinbart lasse ich dir meine Rechnungen zukommen: Zwischenbetrag EUR 5687,30,- Und bitte um Überweisung auf folgendes Konto: (…)“
Dieser antwortete am 24. November 2020: „Hallo, Ich würde gerne noch die Bilder(Fotos) sehen bitte. Für weitere Informationen stehen wir ihnen [sic!] jederzeit zur Verfügung. (…)“ . Die Klägerin nahm dies „nicht so gut“ auf und verlangte aufgrund ihres wachsenden Misstrauens, der Beklagte möge ihr die Patientenakte zusenden. Dies ist zunächst nicht erfolgt.
Mit Schreiben vom 9. November 2022 forderte der Klagevertreter den Beklagten zur Zahlung des Klagsbetrags bis 25. November 2022 und Anerkennung der Haftung für Spät- und Dauerfolgen auf.
Am 24. November 2022 übermittelte die damalige Haftpflichtversicherung des Beklagten dem Klagevertreter auf dieses Schreiben hin folgende E-Mail: „(…) vielen Dank für Ihre Geduld in dieser Angelegenheit. (…) Aufgrund der uns vorliegenden Informationen und Unterlagen erkennen wir ein korrekt indiziertes, medizinisch gerechtfertigtes und lege artis ausgeführtes medizinisches Vorgehen und ist unserem Versicherungsnehmer ein Behandlungsfehler nicht vorwerfbar. Wir bitten daher um Verständnis, dass wir die Forderung Ihrer Mandantin bereits dem Grunde nach ablehnen. (…)“.
Der Beklagtenvertreter schickte ein mit 2. Dezember 2022 datiertes Schreiben an den Klagevertreter: „(…) ich (…) teile – ohne Präjudiz in Hinblick auf die Sach- und Rechtslage – das Nachstehende mit: Ich wurde erst kürzlich mit dieser Causa befasst und bin derzeit dabei, die Sachlage zu prüfen. Nach Vorliegen der Krankengeschichte werde ich Ihnen diese sogleich zur Verfügung stellen. Auch eine Erörterung mit der Haftpflichtversicherung wird stattfinden. Ich melde mich unaufgefordert, nachdem dies veranlasst wurde (…)“ .
Am 22. Dezember 2022 verlangte daraufhin der Klagevertreter vom Beklagtenvertreter die Übermittlung der Krankengeschichte und wiederholte unter Klagsandrohung im Wesentlichen seine im Schreiben vom 9. November 2022 gemachten Ausführungen.
Am 28. Dezember 2022 übermittelte der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter die Krankengeschichte der Klägerin und führte dabei aus: „(…) Inhaltlich ist festzuhalten, dass gemäß mir zwischenzeitlich erteilter Information die (…) [Haftpflichtversicherung] bereits eine Ablehnung übermittelt hat. Es gab zeitlich einen Wechsel der Haftpflichtversicherungen – eine abschließende Stellungnahme der zuvor zuständigen Versicherung liegt mir bisher noch nicht vor. Ich werde diese nach Einlangen entsprechend kommunizieren. (…)“ . Ergänzend teilte er am selben Tag mit: „(…) Anschließend an meine heutige Mail teile ich mit, dass die zeitlich prioritär zuständige Versicherung – zumindest derzeit – nicht davon ausgeht, überhaupt zuständig zu sein. Ich kann daher keine neuen Informationen übermitteln, sondern lediglich darauf hinweisen, dass seitens meines Mandanten und auch der (…) [nunmehrigen Haftpflichtversicherung] die Forderung abgelehnt wird. (…)“ .
Danach trat der Klagevertreter erst wieder im Juli 2023 an den Beklagtenvertreter heran und forderte den Beklagten mit einem Schreiben vom 26. Juli 2023 unter Androhung der Klagsführung zur Zahlung des Klagsbetrags und Abgabe einer Anerkenntniserklärung bis 14. August 2023 auf.
Spät- und Dauerfolgen aufgrund von Behandlungsfehlern des Beklagten oder der Ablehnung der weiteren Behandlung der Klägerin im März 2020 sind auszuschließen.
Die Klägerin begehrte mit Klage vom 25. August 2023 die Leistung von EUR 29.448,19 s.A. (davon insgesamt EUR 11.448,19 an Behandlungskosten, EUR 17.500,00 an Schmerzengeld und EUR 500,00 an Generalunkosten) sowie die mit EUR 2.500,00 bewertete Feststellung der Haftung des Beklagten für sämtliche künftige Schäden aus den Fehlbehandlungen der Klägerin und führte hiezu – soweit für die Behandlung der Berufung relevant – im Wesentlichen aus, ihre ab dem Jahr 2018/19 teils massiven Schmerzen resultierten aus vom Beklagten zu vertretenden Behandlungs- bzw. Diagnosefehlern, welche für sämtliche von der Klägerin geltend gemachten Schäden ursächlich seien. Spät- und Dauerfolgen seien nicht auszuschließen. Der Beklagte habe sich im Sommer 2020 auch mündlich dazu bereit erklärt, die notwendigen Behandlungskosten zu übernehmen. Danach habe er diese Vereinbarung nicht bestritten, sondern lediglich Lichtbilder des Zustandes der Klägerin gefordert. Die Klägerin habe von der Fehlbehandlung durch den Beklagten erst sukzessive durch die sie nachfolgend betreuenden Ärzte erfahren. Das am 11. April 2020 geführte Gespräch habe lediglich die Grundlage für die weitere Behandlung gebildet und sei für die Frage der Verjährung nicht relevant. Aufgrund der Zahlungszusage im Sommer 2020 sei die Klägerin nicht zur Einleitung gerichtlicher Schritte veranlasst gewesen. Für ein klagsweises Vorgehen hätten sämtliche ärztlichen Unterlagen beigeschafft werden müssen, wobei der Beklagte die dafür unbedingt nötige Krankengeschichte der Klägerin erst Ende 2022 vorgelegt habe. Bis August 2023 habe es außerdem entsprechende Vergleichsgespräche zwischen den Streitparteien unter Einbindung der (wechselnden) Haftpflichtversicherungen des Beklagten sowie der Parteienvertreter gegeben.
Der Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte dagegen stark zusammengefasst ein, er habe im Falle der Klägerin kein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten zu vertreten und die behaupteten Schäden der Klägerin nicht verursacht. Spät- und Dauerfolgen seien nicht zu erwarten. Eine Kostenübernahme sei von ihm nicht zugesagt worden. Der Klägerin seien die behaupteten Behandlungsfehler spätestens am 11. April 2020 bewusst geworden, weshalb die Ansprüche verjährt seien. Der Zeitpunkt der Übermittlung der Krankengeschichte durch den Beklagten sei für die Verjährung nicht relevant. Die Erörterungen im außergerichtlichen Korrespondenzweg hätten die Verjährung zudem nicht gehemmt.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren zur Gänze ab. Es legte dazu seiner Entscheidung den eingangs angeführten Sachverhalt sowie die weiteren auf den US 4 bis 15 ersichtlichen Feststellungen zugrunde, auf die ansonsten verwiesen wird.
In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zum Ergebnis, dass zwar grundsätzlich ein Schadenersatzanspruch der Klägerin wegen der insuffizienten Wurzelbehandlung des Zahnes 16 Anfang 2018 sowie der unterlassenen Aufklärung und Besprechung der Behandlungsalternativen betreffend die Karies am Zahn 22 ab 13. August 2019 bestünde, der Beklagte aber zu Recht die Verjährung der Ansprüche eingewandt habe, weil die hier relevante kurze dreijährige Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB mit dem Zeitpunkt zu laufen begonnen habe, in dem die Klägerin sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen soweit gekannt habe, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben hätte werden können, was hier spätestens am 11. April 2020 der Fall gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe sie als Geschädigte Kenntnis von der Schadensursache, dem maßgeblichen Kausalzusammenhang und dem Verschulden des Beklagten als Schädiger gehabt. Es sei nicht erforderlich, dass sie die Schadenshöhe schon beziffern habe können oder ihr alle Schadensfolgen bekannt gewesen seien bzw. diese zur Gänze eingetreten seien. Eine von der Rechtsprechung geforderte, objektiv vertretbare Annahme eines (kausalen) ärztlichen Behandlungsfehlers aufgrund ausreichend gesicherter Anhaltspunkte liege bereits dann vor, wenn die Mutmaßung der Klägerin, es habe einen kausalen Behandlungsfehler gegeben, durch andere Fachärzte bestätigt werde. Spätestens am 11. April 2020 habe die Klägerin von Fachärzten die Information bekommen, dass dem Beklagten die hier relevanten (kausalen) Behandlungsfehler unterlaufen seien. Danach sei sie (zusammengefasst) von deren Vorliegen ausgegangen. Wenn die Klägerin argumentiere, die Verjährungsfrist habe erst ab Erhalt sämtlicher ärztlicher Unterlagen – insbesondere der Krankengeschichte – Ende Dezember 2022 zu laufen beginnen können, sei dem nicht zu folgen. Zudem dürfe eine Geschädigte generell nicht solange zuwarten, bis sie den Prozess mit Sicherheit zu gewinnen glaube; sie könne also nicht solange zuwarten, bis sie alle Beweismittel gesammelt habe, die ihr Prozessrisiko auf ein Minimum reduzierten. Gegen das Argument der Klägerin spreche ferner, dass sie sich in ihrer Klage im Wesentlichen auf Sachvorbringen gestützt habe, das sie vor Erhalt der Krankengeschichte in ihrem Aufforderungsschreiben vom 9. November 2022 erstattet hatte. Abgesehen davon habe sie bereits vor Übermittlung der Krankengeschichte eine Deckungszusage ihrer Rechtsschutzversicherung gehabt. Auch aus der von ihr relevierten Hemmung der Verjährungsfrist durch Vergleichsgespräche sei für sie nichts gewonnen, weil weder der Beklagte bzw. dessen Vertreter noch dessen Haftpflichtversicherung jemals eine Bereitschaft zur Verhandlung über eine außergerichtliche Regelung der Angelegenheit signalisiert hätten. Der Lauf der Verjährungsfrist sei somit auch nicht nach § 41 ZÄG gehemmt worden. Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB beginne auch für künftige vorhersehbare (Folge-)Schäden mit dem Eintritt des Primärschadens zu laufen. Ein rechtliches Interesse an der Feststellung verjährter Ansprüche bestehe nicht. Das Feststellungsbegehren sei somit, soweit es sich auf vorhersehbare Folgeschäden beziehe, schon wegen Verjährung abzuweisen gewesen, hinsichtlich nicht vorhersehbarer Folgeschäden, weil Spät- und Dauerfolgen ohnedies auch auszuschließen seien. Soweit sich die hiefür beweispflichtige Klägerin auf eine mündliche Vereinbarung mit dem Beklagten zur Übernahme der Behandlungskosten berufen habe, stehe einem Erfolg der Klage die diesbezüglich getroffene Negativfeststellung entgegen. Die E-Mail des Beklagten vom 24. November 2020, mit der er nach Fotos verlangt habe, sei keine konkludente Annahme eines Angebots auf Abschluss einer derartigen Vereinbarung.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung (einschließlich sekundärer Feststellungsmängel). Die Klägerin beantragt, das Urteil dahin abzuändern, dass der Klage – mit Ausnahme eines um EUR 5.500,00 reduzierten Schmerzengeldanspruchs, dessen Abweisung ausdrücklich nicht bekämpft werde – zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in seiner Berufungsbeantwortung, der Berufung keine Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Zur Mängelrüge:
Die Klägerin moniert eingangs ihrer Berufung zwar eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, führt in weiterer Folge allerdings nicht nachvollziehbar aus, worin ein vom Erstgericht konkret zu vertretender (primärer) Verfahrensmangel liegen soll. Im Rahmen ihrer Beweisrüge kommt sie lediglich an drei Stellen rudimentär auf die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens zurück (Berufung, S. 10 letzter Abs., S. 34 vierter und sechster Abs. und S. 39 drittletzter Abs.), indem sie ausführt, dass sich das Erstgericht betreffend die jeweils bekämpften bzw. aus ihrer Sicht unterlassenen (Negativ-)Feststellungen zu den Behandlungsfehlern und daraus resultierenden Schäden nur auf das ihrer Meinung nach unzureichende Sachverständigengutachten oder auf gar keine Beweisgrundlage gestützt habe, andere relevante Beweisergebnisse, insbesondere Zeugenaussagen und Urkunden, jedoch negiert habe, weshalb die Rechtssache nicht vollständig erledigt worden sei.
Soweit durch die unübersichtliche Darstellung der Berufungsgründe und die diversen Verweise innerhalb der Berufung der Klägerin Unklarheiten entstehen, gehen diese zu ihren Lasten. Auf ihre Argumente kann daher nur soweit eingegangen werden, als der geltend gemachte Rechtsmittelgrund erkennbar bleibt (RIS-Justiz RS0041768; RS0041761; vgl. Kodek in Rechberger/Klicka 5 § 471 ZPO Rz 17).
Der Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist nur dann gegeben, wenn der Verstoß gegen ein Verfahrensgesetz abstrakt geeignet war, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern (RIS-Justiz RS0043049; vgl. auch RS0043058). Der Rechtsmittelwerber ist zur Dartuung der abstrakten Eignung des Verfahrensmangels gehalten, wenn die Erheblichkeit des Mangels nicht offenkundig ist (RS0043027 [T10]; RS0043049 [T6]). Ob das Berufungsvorbringen den Anforderungen an die Darstellung der Wesentlichkeit des Verfahrensmangels genügt, kann nur nach den Umständen des einzelnen Falls beurteilt werden (RS0043027 [T18]; RS0043049 [T12]).
Wie im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge noch zu zeigen ist, kommt es – schon unabhängig von der hier nicht ausreichend erfolgten Dartuung von wesentlichen Verfahrensmängeln – aufgrund der vom Erstgericht zutreffend angenommenen Verjährung sämtlicher Ansprüche der Klägerin auf die von ihr relevierten Sachverhaltselemente betreffend die vermeintlichen Behandlungsfehler und daraus resultierenden Schäden rechtlich nicht weiter an, weshalb es schon deshalb an der Wesentlichkeit der von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmängeln fehlt.
Die von der Klägerin behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt demnach nicht vor.
2.1. Die Beweisrüge erweist sich aus nachfolgenden Gründen in weiten Teilen als nicht gesetzeskonform ausgeführt:
Mit ihrer Beweisrüge wendet sich die Klägerin gegen zahlreiche (Negativ-)Feststellungen des Erstgerichts. Auch hier ist auf die unübersichtliche Darstellung der Berufungsgründe und die diversen Verweise innerhalb der Berufung der Klägerin zu verweisen, welche soweit dadurch Unklarheiten entstehen, zu ihren Lasten gehen. Insbesondere durch das Zusammenfassen der getroffenen Feststellungen in Pkt. I.1. ihrer Berufung und die blockweise Gegenüberstellung der damit bekämpften Feststellungen mit mehreren Ersatzfeststellungen, wobei sie diese den bekämpften Feststellungen nicht näher zuordnet, ist es nicht möglich und auch nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, aus den bekämpften Feststellungen und den Ersatzfeststellungen mögliche Paare zu bilden und dazu passende Argumente der Beweisrüge herauszufiltern. Vielmehr muss ein Berufungswerber ausreichend konkret darlegen, anstelle welcher erstgerichtlichen Feststellung welche kongruente, abweichende Feststellung gefordert wird (OLG Linz 4 R 48/24t mwN).
Eine ordnungsgemäße Beweisrüge liegt nur dann vor, wenn klar ersichtlich ist, durch welche Feststellungen sich der Berufungswerber für beschwert erachtet, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurden, welche Feststellungen stattdessen begehrt werden und auf Grund welcher Beweismittel die begehrten Feststellungen getroffen werden könnten (RIS-Justiz RS0041835 [T4]). Folglich müssen bekämpfte und gewünschte Feststellungen in einem Austauschverhältnis zueinander stehen. Ein solches liegt nur dann vor, wenn einander die bekämpfte und die gewünschte Feststellung widersprechen (RI0100145). Dies trifft jedenfalls auf die in der Berufung unter Pkt. I.1. sowie Pkt. I.3. bekämpften Feststellungen in Anbetracht der jeweils begehrten Ersatzfeststellungen nicht zu, weil (zumindest teilweise) nicht das begriffliche Gegenteil als Ersatzfeststellung begehrt wird.
Soweit das Begehren der Klägerin in ihrer Beweisrüge darauf hinausläuft, dass es zu einem gänzlichen Entfall der bekämpften Feststellungen käme, ist dies ebenso unzulässig (RIS-Justiz RS0041835 [T3]). Es können daher weitere Ausführungen inhaltlicher Natur u.a. betreffend die in der Berufung unter Pkt. I.2., Pkt. I.5. zweiter Teil und Pkt. I.6. erster Teil, Pkt. I.14. und Pkt. III.1. bekämpften Feststellungen (auch) aus diesem Grund auf sich beruhen.
Wenn die Klägerin im Rahmen ihrer Beweisrüge an diversen Stellen zT explizit ergänzende Feststellungen begehrt, macht sie in Wahrheit (nur) einen sekundären Feststellungsmangel und daher eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend ( Pochmarski/Lichtenberg/Tanczos/Kober , Berufung in der ZPO 4 S. 187 mwN). Da die falsche Bezeichnung eines Rechtsmittelgrundes dem Rechtsmittelwerber nicht zum Nachteil gereicht (§ 84 Abs 2 zweiter Satz ZPO; RIS-Justiz RS0041851), sind die Ausführungen der Klägerin – ihre Erheblichkeit vorausgesetzt – somit erst in der Rechtsrüge zu behandeln. Dies trifft insbesondere auf die unter Pkt. I.1., Pkt. I.3., Pkt. I.4. zweiter Teil, Pkt. I.5. erster Teil, Pkt. I.6. zweiter Teil, Pkt. I.8., Pkt. I.9., Pkt. I.11., Pkt. I.12., Pkt. I.13., Pkt. II.5. und Pkt. II.7. der Berufung vermissten Feststellungen bzw. auf Teile der ansonsten begehrten Ersatzfeststellungen zu.
Hinsichtlich weiter Teile der in der Berufung bekämpften bzw. begehrten (Ersatz-)Feststellungen, insbesondere zur Frage, ob (weitere) dem Beklagten vorwerfbare Behandlungsfehler vorliegen und welche Schäden der Klägerin daraus kausal verursacht wurden, mangelt es aber ungeachtet dessen (auch) an deren Wesentlichkeit, wie ebenso im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge noch aufzuzeigen ist.
Insofern sich die Klägerin betreffend den bekämpften Sachverhalt an mehreren Stellen der Beweisrüge (etwa Pkt. I.4., Pkt. I.6. zweiter Teil oder Pkt. II.1. ff der Berufung) gegen das Sachverständigengutachten wendet, ist ihr zudem zu entgegnen, dass Sachverständige Hilfsorgane des Gerichts sind, die diesem kraft ihrer besonderen Sachkunde die Kenntnis von Erfahrungssätzen vermitteln, daraus Schlussfolgerungen ziehen oder zufolge ihrer Sachkenntnis streiterhebliche Tatsachen feststellen sollen (RIS-Justiz RS0040535). Den Sachverständigen trifft entsprechend dem von ihm abgelegten Eid die Verpflichtung, sein Gutachten nach dem letzten Stand der Wissenschaft abzugeben. Das Gericht kann sich darauf verlassen, dass keine notwendige oder zweckdienliche Erweiterung der Befundaufnahme unterbleibt, wenn sie vom Sachverständigen nicht angeregt oder vorgenommen wird. Ein Sachverständigengutachten kann nach ständiger Rechtsprechung nicht durch den bloßen Verweis auf die allgemeine Lebenserfahrung, ebenso wenig wie durch die Aussagen von Parteien oder Zeugen, entkräftet werden (RS0040598). Das Gericht ist grundsätzlich nicht einmal verpflichtet, allfällige Widersprüche zwischen einem im Prozess vorgelegten Privatgutachten und dem Gutachten des im Prozess bestellten Sachverständigen aufzuklären; es kann sich vielmehr ohne weitere Erhebungen dem ihm als verlässlich erscheinenden Gutachten anschließen (RS0040592). Mit ihrem mehrfach ventilierten Verweis auf die dem Gutachten vermeintlich widersprechenden Aussagen von (sachverständigen) Zeugen ist für die Klägerin somit nichts zu gewinnen.
Insoweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auch eine Aktenwidrigkeit insinuiert (Pkt. I.6. zweiter Teil der Berufung), ist ihr zu erwidern, dass eine solche nur dann vorliegt, wenn der Akteninhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig wiedergegeben wird, nicht aber dann, wenn das Gericht aufgrund richtig dargestellter Beweisergebnisse – wie hier durch das Heranziehen des Sachverständigengutachtens – zu Feststellungen oder rechtlichen Schlussfolgerungen in einer bestimmten Richtung gelangt (RIS-Justiz RS0043324). Mit anderen Worten bilden Erwägungen der Tatsacheninstanz, weshalb ein Sachverhalt als erwiesen angenommen oder bestimmte Feststellungen nicht getroffen werden können, keine Aktenwidrigkeit, sondern fallen in das Gebiet der Beweiswürdigung (RS0043347 [T2]; siehe zum Folgen des im Verfahren eingeholten Sachverständigengutachtens explizit: 6 Ob 117/05g). Gleiches gilt hinsichtlich der Aussagekraft einzelner Beweisergebnisse (RS0043347 [T18]). Auch das Unterbleiben einer Auseinandersetzung des Gerichts mit vorgelegten Unterlagen stellt keine Aktenwidrigkeit dar (RS0043347 [T22]).
2.2. Somit verbleibt lediglich die unter Pkt. I.7. bekämpfte Negativfeststellung betreffend die mündliche Vereinbarung der Übernahme der Behandlungskosten durch den Beklagten im Sommer bzw. September 2020.
Gemäß § 272 ZPO ist der Richter bei der Bildung der Überzeugung, ob die für die Feststellung einer Tatsache notwendige Wahrscheinlichkeit vorliegt, frei, also an keine gesetzlichen Beweisregeln gebunden. Gerade dem persönlichen Eindruck kommt bei einer Tatsachenfeststellung, die in erster Linie anhand der Aussagen der beteiligten Personen zu gewinnen ist, Bedeutung zu. Zum Wesen der freien Beweiswürdigung gehört auch, dass sich das Gericht für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen aufgrund seiner Überzeugung, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, entscheidet (RIS-Justiz RS0043175). Die Beweiswürdigung kann erst dann erfolgreich angefochten werden, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an den vom Erstgericht vorgenommenen Schlussfolgerungen rechtfertigen könnten. Bloß der Umstand, dass die Beweisergebnisse möglicherweise auch andere als die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ermöglicht hätten, kann nicht zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Beweiswürdigung und der darauf gegründeten Tatsachenfeststellungen führen (RS0043175; Rechberger in Fasching/Konecny 3 § 272 ZPO Rz 4 f, 11). Die Beweisrüge kann nur dann erfolgreich sein, wenn (praktisch zwingende) Gründe dargelegt werden, warum anderen Beweisergebnissen eher Glauben zu schenken gewesen wäre, sodass beim Berufungsgericht Bedenken gegen die erstrichterliche Beweiswürdigung erweckt werden ( Pimmer in Fasching/Konecny ³ § 467 ZPO Rz 40/2).
Aus § 272 Abs 3 ZPO ergibt sich, dass das Gericht in knapper, überprüfbarer und logisch einwandfreier Form darlegen muss, warum es aufgrund bestimmter Beweis- oder Verhandlungsergebnisse bestimmte Tatsachen feststellt, damit sowohl die Parteien als auch das Rechtsmittelgericht die Schlüssigkeit seines Werturteils überprüfen können (RIS-Justiz RS0040122 [T1]). Eine Beweiswürdigung ist zwar nicht schon dann unzureichend und damit mangelhaft, wenn in der Begründung Umstände nicht erwähnt werden, die hätten erwähnt werden können, eine Erwägung nicht angestellt wurde, die hätte angestellt werden können oder der Richter sich mit einzelnen Beweisergebnissen nicht auseinandersetzt und auf diese nicht Bezug nimmt (RS0040165, RS0040180). Die Beweiswürdigung hat nämlich nach dem Gesetzesauftrag in gedrängter Darstellung zu erfolgen (§ 417 Abs 2 ZPO), sodass sich der Richter nicht mit allen Details der Verfahrensergebnisse auseinandersetzen muss. Die Beweiswürdigung ist aber dann nicht mangelfrei, wenn sich das Erstgericht nicht mit allen wesentlichen Beweisergebnissen auseinandersetzt, dazu nachvollziehbare Überlegungen anstellt und diese in seinem Urteil festhält ( Delle-Karth , Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Berufungssystem des österreichischen Zivilprozeßrechtes, ÖJZ 1993, 10 [18 f]); dies gilt insbesondere in Bezug auf einander widersprechenden Beweisergebnisse (vgl. 1 Ob 192/07b, 2 Ob 92/15s ua).
Im vorliegenden Fall stützte das Erstgericht seine getroffene Negativfeststellung zur mündlichen Vereinbarung klar ersichtlich auf die bezughabenden Erläuterungen der hiezu vernommenen Personen, wobei es auch auf die Widersprüche in den Aussagen der Streitteile konkret hinwies und nachvollziehbar darlegte, warum es keiner Darstellung Glauben schenken konnte (US 21 zweiter Abs.). Ausgehend davon kommt der Beweisrüge keine Berechtigung zu. Das Erstgericht hat sich in seiner Beweiswürdigung hinreichend mit allen relevanten Beweisergebnissen auseinandergesetzt und seine Feststellungen ausreichend begründet. Mit den von der Klägerin ins Treffen geführten Argumenten vermag diese die schlüssige Beweiswürdigung des Erstgerichts nicht derart erheblich in Zweifel zu ziehen, dass praktisch zwingend vom Bestehen einer mündlichen Vereinbarung auszugehen ist. Selbst wenn nun die Angaben der Klägerin sowie einzelne Passagen in den Urkunden auf ein anderes Beweisergebnis hindeuten mögen, so ist das Erstgericht darin frei, diese auf deren Glaubwürdigkeit hin zu interpretieren. Dass dies nicht im Sinne der Klägerin erfolgt ist, macht die Beweiswürdigung des Erstgerichts allein aber noch nicht unrichtig. Ebenso bedeuten uU unrichtige Angaben des Beklagten zu anderen Beweisthemen noch nicht, dass seine Aussage als Ganzes nicht mehr verwertet werden könnte.
Ausreichende Gründe, dass das Erstgericht daher insgesamt zwingend zu einem anderen Schluss hätte kommen müssen, legt die Klägerin somit nicht dar. Widersprüche in der Beweiswürdigung des Erstgerichts sind nicht erkennbar. Das Berufungsgericht hegt auch keine Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen aufgrund der erstgerichtlichen Beweiswürdigung, es übernimmt daher die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts und legt sie seiner weiteren rechtlichen Beurteilung zu Grunde (§ 498 Abs 1 ZPO).
3. Zur Rechtsrüge:
3.1. Die Klägerin argumentiert in ihrer Rechtsrüge u.a., die Rechtsansicht des Erstgerichts, wonach das Klagebegehren verjährt sei, sei verfehlt. Aus der Feststellung, die Klägerin sei betreffend Schmerzperioden vom Beklagten mit unrichtigen Diagnosen „abgefertigt“ worden und es hätte sich über Jahre aufgrund von Behandlungsfehlern (ohnedies nicht konkretisierte) Karies bilden können, könne nicht ein zu einer Klagsführung notwendiges Sachverhaltssubstrat in Form einer objektiven Grundlage für die Annahme eines Behandlungsfehlers abgeleitet werden, das einen klagsrelevanten Anspruch begründen könnte.
Damit zeigt die Klägerin im Ergebnis jedoch keinen aufzugreifenden Widerspruch der angefochtenen Entscheidung zur ständigen Rechtsprechung auf. Das Berufungsgericht erachtet vielmehr die eingehende und fundierte rechtliche Beurteilung des Erstgerichts für zutreffend, sodass gemäß § 500a ZPO darauf verwiesen werden kann. Zu den Berufungsausführungen ist daher lediglich ergänzend darauf zu verweisen, dass grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen hat (RIS-Justiz RS0037797). Für den Beginn der Verjährungsfrist ist somit der Beklagte beweispflichtig (RS0034456; siehe auch RS0034198 [T1]). Allerdings obliegt dem, der die Forderung geltend macht, die Behauptungs- und Beweislast, dass eine Unterbrechung der Verjährung durch Anerkenntnis eingetreten ist (RS0034456 [T1]), ebenso wie für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine behauptete Hemmung der Verjährung (RS0037797 [T7]).
3.2. Gerade die von der Klägerin in ihrer Berufung herangezogenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zu 5 Ob 21/22g und 6 Ob 78/22x stützen die Rechtsansicht des Erstgerichts zum Verjährungsbeginn auch in diesem Fall. In beiden Causen ging der Oberste Gerichtshof bei hier jeweils vergleichbarer Situation von einer ausreichend objektivierten Sachverhaltsgrundlage aus.
Soweit die Klägerin des Weiteren auf die vom Erstgericht getroffene Feststellung betreffend ihre Annahmen ab dem 11. April 2020 (US 10 erster Abs. letzter Satz) abstellt, kann ihrer Argumentation ebenso wenig gefolgt werden. Unmissverständlich geht daraus hervor, dass sie spätestens ab diesem Zeitpunkt angenommen hat, dass der Beklagte deshalb für den Zustand ihrer Zähne verantwortlich war, weil er sie fehlerhaft behandelt und unrichtige Diagnosen gestellt hatte, wodurch sich über die Jahre Karies gebildet hat. Im Übrigen wendet sich die Klägerin in ihrer Rechtsrüge nicht (mehr) gegen die Feststellung, wonach sie vom Kieferchirurgen am 2. April 2020 über die nicht lege artis durchgeführte Wurzelbehandlung des Zahnes 16 aufgeklärt wurde und dieser daher entfernt werden musste (US 9 dritter Abs.). Damit war der Klägerin aber nach der vom Erstgericht bereits zutreffend zitierten ständigen Judikatur sehr wohl bewusst, wer ihre Beschwerden und Schmerzen warum verursacht hat. Damit war ihr sowohl der Schädiger (der Beklagte), der Primärschaden (Kariesbildung bzw. irreparable Zahnschäden und daraus resultierende Schmerzen) und der Ursachenzusammenhang zu einem schuldhaften Verhalten des Schädigers (jahrelange unrichtige Behandlungen und Diagnosen) hinreichend durch medizinisch qualifiziertes Personal (nachfolgend behandelnde Ärzte) bekannt, dass sie den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt spätestens ab dem 11. April 2020 soweit kannte, dass sie eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erheben hätte können. Für ihre vom Erstgericht unmissverständlich angenommene Überzeugung hat damit eine ausreichend objektive Grundlage vorgelegen. Insoweit die Klägerin dabei auf vermeintlich fehlende konkrete Vermutungen ihrerseits verweist, entfernt sie sich in unzulässiger Weise vom festgestellten Sachverhalt.
Soweit die Klägerin zu diesem Thema korrelierende Feststellungen zu von ihr getätigten Äußerungen während ihrer Einvernahme wünscht, stehen ihr vom Erstgericht konkret getroffene Feststellungen zu ihrem Wissenstand entgegen, weshalb es sich dabei um keinen sekundären Feststellungsmangel handeln kann. Denn es ist ein Akt der Beweiswürdigung, wenn die vom Rechtsmittelwerber gewünschten (abweichenden) Feststellungen nicht getroffen werden und – so wie hier – zu einem bestimmten Thema (positive oder negative) Feststellungen getroffen werden (RIS-Justiz RS0053317 [T3]). Die diesbezüglich (im Rahmen der Rechtsrüge disloziert erhobene) Beweisrüge zur monierten Feststellung auf US 10 erster Abs. letzter Satz ist – wie zu Pkt. 2.1. dieser Entscheidung bereits ausgeführt – durch deren begehrten ersatzlosen Entfall jedoch nicht gesetzeskonform ausgeführt. Die Feststellungsgrundlage ist daher nicht mangelhaft und ein sekundärer Feststellungsmangel liegt diesbezüglich somit nicht vor.
Mit ihrem weiteren Argument, eine erfolgversprechende Klageeinbringung wäre erst nach Erhalt der Krankengeschichte möglich gewesen, weil ihr bis dahin das Fehlverhalten des Beklagten nicht im Detail bekannt gewesen sei, entfernt sie sich abermals ebenso vom festgestellten Sachverhalt, wenn sie behauptet, es hätte eine mündliche Vereinbarung zur Kostenübernahme durch den Beklagten gegeben. Die Klägerin darf als Geschädigte nach ständiger Rechtsprechung eben nicht solange zuwarten, bis sie den Prozess mit Sicherheit zu gewinnen glaubt (RIS-Justiz RS0050338 [T5, T12]; RS0034374 [T16, T40]); sie kann nicht solange zuwarten, bis sie alle Beweismittel gesammelt hat, die ihr Prozessrisiko auf ein Minimum reduzieren (RS0034524 [T6]; vgl. RS0034515). Es ist ebenso wenig erforderlich, dass die Klägerin als Geschädigte die Schadenshöhe konkret beziffern kann oder sämtliche Schadensfolgen bekannt sind bzw. diese zur Gänze eingetreten sind (RS0050338 [T6]).
Damit ist dem Beklagten der Beweis des Verjährungsbeginns ab 11. April 2020 gelungen. An diesem Ergebnis vermag auch der von der Klägerin (fälschlicherweise im Rahmen der Beweisrüge) vermeinte sekundäre Feststellungsmangel betreffend den vollständigen Inhalt des am 11. April 2020 erhaltenen und von der Klägerin unterfertigten „Aufklärungsbefunds“ sowie der Krankengeschichte (Blg. ./C) etwas zu ändern. Einerseits können aufgrund ihres in diesem Zusammenhang unstrittigen Inhalts die von der Klägerin hervorgehobenen Urkunden auch ohne vollständige Feststellung durch das Erstgericht der Berufungsentscheidung ohnedies zugrunde gelegt werden (RIS-Justiz RS0121557). Doch selbst dadurch ist der Klägerin kein Erfolg beschieden, weil sich aus diesen gerade nicht ergibt, dass die Klägerin keine Kenntnis vom Verursacher ihrer Beschwerden oder des Ursachenzusammenhangs zwischen ihren Schmerzen und den Behandlungsfehlern des Beklagten hatte, sodass es bereits an der Wesentlichkeit der vermissten Feststellungen fehlt. Andererseits hat das Erstgericht im Übrigen ohnehin festgestellt, dass die Klägerin „all dies“ [gemeint den Inhalt des „Aufklärungsbefunds“ Blg. ./C] zur Kenntnis genommen und das Dokument unterfertigt hat (US 10 erster Abs.). Zur abschlägigen Behandlung der Beweisrüge in diesem Punkt wird zur Vermeidung von Wiederholungen erneut auf die Behandlung derselben verwiesen. Es bleibt demnach dabei, dass die Klägerin spätestens ab 11. April 2020 ausreichende Kenntnis vom anspruchsbegründenden Sachverhalt hatte. Die Feststellungsgrundlage ist (auch) in dieser Hinsicht nicht mangelhaft und ein sekundärer Feststellungsmangel liegt (auch) diesbezüglich nicht vor.
3.3. Somit verbleibt die von der Klägerin zu beweisende Frage, ob durch das nachfolgende Verhalten des Beklagten bzw. ihm zurechenbarer Personen eine Hemmung der Verjährung nach [als lex specialis richtig] § 41 ZÄG eingetreten ist. Gemäß Abs 1 leg cit ist der Fortlauf der Verjährungsfrist dann gehemmt, wenn im Falle des schriftlichen Erhebens einer Schadenersatzforderung der/die Schädiger/Schädigerin, sein/seine bzw. ihr/ihre bevollmächtigter/bevollmächtigte Vertreter/Vertreterin oder sein/ihr Haftpflichtversicherer oder der Rechtsträger jener Krankenanstalt, in welcher der/die genannte Angehörige des zahnärztlichen Berufs tätig war, schriftlich erklärt hat, zur Verhandlung über eine außergerichtliche Regelung der Angelegenheit bereit zu sein . Es würde im Übrigen aufgrund des nahezu identen Wortlauts der Bestimmungen keinen Unterschied machen, ob der Sachverhalt (auch) nach § 58a ÄrzteG 1998 zu beurteilen wäre.
Aus den vorliegenden Beweisergebnissen geht – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht hervor, dass in casu eine der genannten natürlichen oder juristischen Personen dazu bereit gewesen wäre. Wie bereits zuvor zu den von der Klägerin ins Treffen geführten Unterlagen, verhält es sich auch mit dem konkreten Inhalt des Aufforderungsschreibens des Klagevertreters vom 22. Dezember 2022 (Blg. ./I) sowie des Schreibens vom 26. Juli 2023 (Blg. ./L). Selbst wenn die vermissten Feststellungen in der von der Klägerin gewünschten Form getroffen worden wären, würde sich nichts an der aus Sicht des Berufungsgerichts nicht korrekturbedürftigen Rechtsansicht des Erstgerichts ändern, wonach mangels hinreichend konkret suggerierter Verhandlungsbereitschaft auf Beklagtenseite keine Hemmung der Verjährung betreffend die geltend gemachten Klagsansprüche eingetreten ist. Es mangelt somit auch diesbezüglich an der Wesentlichkeit der vermissten Feststellungen zum Inhalt dieser Urkunden.
Wenngleich aus dem E-Mail der Klägerin an den Beklagten vom 18. November 2020 (Blg. ./D) durchaus das schriftliche Erheben eines Schadenersatzanspruchs angenommen werden kann, lässt die Antwort des Beklagten darauf vom 24. November (Blg. ./P) nicht mit ausreichender Sicherheit auf einen rechtsgeschäftlichen Erklärungswillen iSd § 863 ABGB schließen, wie von der Klägerin vermeint.
Konkludente Willenserklärungen können sich gemäß § 863 ABGB aus einem Handeln mit entsprechender Erklärungsbedeutung sowie auch aus einem Schweigen ergeben. Gemäß § 863 Abs 1 zweiter Satz leg cit darf aber kein vernünftiger Grund bestehen, an einer gewollten Willenserklärung zu zweifeln. Demnach liegt keine Willenserklärung mangels Eindeutigkeit vor, wenn dem Erklärungsgegner dieses mangelnde Erklärungsbewusstsein hätte auffallen müssen ( Wiebe in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.04 § 863 Rz 17 ff). Für die Auslegung von Willenserklärungen ist insbesondere § 914 ABGB maßgebend, wobei zunächst vom gewöhnlichen Wortsinn auszugehen und anschließend die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden zu erforschen ist. Letztlich ist die Willenserklärung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht, wobei die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen sind. Für die Beurteilung der „Absicht“ der Parteien iSd § 914 ABGB kommt es im Übrigen maßgebend auf den Zweck der Regelung an, den beide Teile redlicherweise unterstellen mussten (RIS-Justiz RS0017915). Maßgeblich ist der objektive Erklärungswert einer Willensäußerung (RS0014160). Es kommt also darauf an, wie ein redlicher Empfänger der Erklärung diese unter Berücksichtigung aller Umstände verstehen musste (RS0014160 [T23]; RS0017847).
Diesen Grundsätzen folgend besteht nach Ansicht des Berufungsgerichts auf Basis der vorliegenden Feststellungen des Erstgerichts selbst unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin kein Zweifel daran, dass der Beklagte mit seiner E-Mail vom 24. November 2020 (Blg. ./P) lediglich Lichtbilder von der Klägerin anfordern wollte – etwa um entscheiden zu können, ob er überhaupt in Vergleichsverhandlungen treten möchte – und gerade (noch) keine (rechtswirksame) Erklärungen abgeben wollte, in wie auch immer geartete außergerichtliche Verhandlungen mit der Klägerin zu treten. Nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen kann eine vorhergehende mündliche Vereinbarung über die Kostentragung nicht angenommen werden, sodass beim E-Mail der Klägerin von einer (originären) Zahlungsaufforderung auszugehen ist. In Zusammenschau mit dem sonstigen Verhalten des Beklagten (arg. Nichtübermittlung der Krankengeschichte) konnte die Klägerin daher nicht ohne Weiteres annehmen, dass der Beklagte verjährungshemmende Vergleichsverhandlungen jedenfalls gewollt hätte. Anzeichen für eine auch von einem objektiven Erklärungsempfänger als solche verstandene konkludente Willenserklärung liegen nicht vor. Es findet sich auch aus der Diktion der Antwort des Beklagten kein unzweifelhafter Hinweis darauf, dass er die erhobene Forderung etwa noch inhaltlich prüfen hätte wollen.
Sowohl das Ablehnungsschreiben der Haftpflichtversicherung des Beklagten vom 24. November 2022 (Blg. ./G), als auch die Schreiben des Beklagtenvertreters vom 28. Dezember 2022 (Blg. ./J und ./K) lassen schon von ihrem eindeutigen Wortsinn her keinen Zweifel an der fehlenden Vergleichsbereitschaft aufkommen.
Somit könnte nur noch der jeweilige Zeitraum zwischen den einzelnen Aufforderungen durch die Klägerin bzw. den Klagevertreter und den ablehnenden Antworten auf Beklagtenseite Berücksichtigung finden. Doch selbst ungeachtet des Umstandes, dass ein solches Verständnis – im Unterschied zur sofort eintretenden Hemmungswirkung eines Vermittlungsersuchens an die Patientenanwaltschaft bzw. Schlichtungsstelle ab dessen dortigem Einlangen (§ 41 Abs 2 ZÄG; siehe gleichlautend auch § 58a Abs 2 ÄrzteG 1998) sowie bei Anmeldungen von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen (§ 12 Abs 2 VersVG) – im Gesetz keine Deckung findet (nach § 41 Abs 1 ZÄG tritt die Wirkung der Verjährungshemmung ausdrücklich erst mit der Erklärung auf Schädigerseite ein), wäre für die Klägerin noch nichts gewonnen, weil auch der Zeitraum zwischen den jeweiligen Schreiben keinesfalls ausreichen würde, damit die Klage noch innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB fristwahrend eingebracht worden wäre.
Dies gilt selbst unter Berücksichtigung der – in erster Instanz gänzlich außer Acht gelassenen – Fortlaufshemmung aufgrund des 1. Covid19-JuBG (RIS-Justiz RS0034530). Nach dessen § 2 wird die Zeit vom Inkrafttreten dieses Gesetzes bis zum Ablauf des 30. April 2020 in die Zeit, in der bei einem Gericht eine Klage oder ein Antrag zu erheben oder eine Erklärung abzugeben ist, nicht eingerechnet. Fristen, die während des Hemmungszeitraums (von 22. März 2020 bis einschließlich 30. April 2020) ausgelöst werden – hier der 11. April 2020 –, beginnen erst nach Wegfall der Hemmung in voller Länge zu laufen (RS0034530 [T1]; vgl. zum VersVG auch RS0114507 [T2]; Kolmasch in Schwimann/Kodek 5 [2021] §§ 902, 903 ABGB Rz 24 f; derselbe , Unterbrechung und Hemmung von Fristen aufgrund der COVID-19-Krise, Zak 2020/193, 115 [116]). Von § 2 1. COVID-19-JuBG sind nach dem Willen des Gesetzgebers (IA 397/A BlgNR 27. GP 35) und der herrschenden Ansicht ( Kolmasch aaO Rz 25; Dokalik , Die Begleitgesetzgebung zu den COVID-19-Maßnahmen im Zivil- und Wirtschaftsrecht, RdW 2020/202, 228 [232]) auch Verjährungsbestimmungen erfasst (für eine teleologische Reduktion dagegen Jenny/Rastegar , Reichweite der Fristenhemmung gemäß § 2 1. COVID-19-JuBG, Zak 2023/176, 104 [105 f]).
Insoweit die Klägerin in ihrer Berufung von weiteren Vergleichsgesprächen sinniert, ist ihr entgegen zu halten, dass sie sich damit (neuerlich) vom festgestellten Sachverhalt entfernt, sodass die Rechtsrüge (auch) in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt ist. Gleiches gilt hinsichtlich ihrer Ausführungen zu entgegen der getroffenen Feststellung dennoch vermeintlich vorliegenden Spät- und Dauerfolgen. Dass die Beweisrüge (auch) in diesem Punkt nicht ordnungsgemäß ausgeführt ist, wurde bereits zu Pkt. 2.1. dieser Entscheidung erläutert.
Der Klägerin ist es somit nicht gelungen, eine Hemmung der Verjährung der klagsgegenständlichen Ansprüche oder das Vorliegen von nicht der Verjährung unterliegenden Spät- und Dauerfolgen unter Beweis zu stellen, weshalb die Abweisung der Klage durch das Erstgericht zusammengefasst nicht zu beanstanden ist. Auf die weiteren Argumente der Klägerin in ihrer Rechtsrüge braucht daher nicht weiter eingegangen werden.
Demnach kommt auch der Rechtsrüge der Klägerin keine Berechtigung zu. Die Entscheidung des Erstgerichts erfolgte somit zu Recht, weshalb die Berufung insgesamt erfolglos bleibt.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 50 iVm 41 ZPO.
Bei der Bewertung des Entscheidungsgegenstandes nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die Bewertung durch den Kläger nicht gebunden (RIS-Justiz RS0043252 [T1], RS0042285 [T2]). Zwar ist nur der gesamte Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichtes für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision iSd § 500 Abs 2 ZPO maßgebend (RS0042408 [T2]) und wurde das angefochtene Urteil des Erstgerichts von der Klägerin als einziger Rechtsmittelwerberin im Ausmaß von EUR 5.500,00 nicht angefochten, sodass die Abweisung dieses Teils des Klagebegehrens in Rechtskraft erwuchs und daher nicht mehr Teil des Entscheidungsgegenstandes des Berufungsverfahrens war. Im Hinblick auf die behauptete langjährige Fehlbehandlung durch den Beklagten, mit welcher Spät- und Dauerfolgen verbunden seien, erachtet das Berufungsgericht die Bewertung des Feststellungsinteresse mit lediglich EUR 2.500,00 jedoch in Anbetracht der von der Klägerin als massiv beschriebenen Schmerzen als zu gering bemessen. Deshalb war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes im Zusammenschau mit dem (verbleibenden, noch nicht rechtskräftig abgewiesenen) Zahlungsbegehren insgesamt EUR 30.000,00 übersteigt.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zu lösen waren. Ab wann eine die Verjährungsfrist auslösende Kenntnis der dafür maßgeblichen Tatsachen anzunehmen ist, ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig (RIS-Justiz RS0034524 [T23, T41]; RS0034374 [T47]; RS0113916 [T1, T5]). Bei der Frage des Ausmaßes der Erkundungspflicht des Geschädigten über den die Verjährungsfrist auslösenden Sachverhalt kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an (RS0034327 [T45]). Auch die Frage, welche Auswirkungen „Beschwichtigungsversuche“ auf die Verjährung der Ansprüche haben, ist im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen (RS0034951 [T34]). Der Umstand, dass ein gleichgelagerter (oder ähnlicher) Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof noch nicht beurteilt worden sein mag, bedeutet noch nicht, dass eine Rechtsfrage von der im § 502 Abs 1 ZPO umschriebenen Bedeutung vorliegt (RS0110702; RS0107773; RS0102181). Ebenso ist die Verneinung eines Verfahrensmangels durch das Berufungsgericht nicht revisibel (RS0042963).
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