Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Dr. Ganglberger-Roitinger als Vorsitzende, die Richterin Mag. Reinberg und den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A* wegen Vergehen der grob fahrlässigen Tötung nach § 81 Abs 1 und 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 24. Juli 2025, Hv*-46, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass der Vollzug des über A* mit Urteil des Landesgerichts Wels vom 25. Februar 2025 verhängten unbedingten Teils der Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis 26. August 2025 aufgeschoben wird.
BEGRÜNDUNG:
Mit Urteil des Landesgerichts Wels vom 25. Februar 2025, Hv*-28, wurde A* wegen Vergehen der grob fahrlässigen Tötung nach (richtig [vgl Burgstaller/Schütz in WK 2StGB § 81 Rz 4 und 6; Nimmervoll in Leukauf/Steininger, StGB 4§ 81 Rz 3]:) § 81 Abs 1 und 2 StGB sowie der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde und der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe demnach sechs Monate beträgt (ON 28).
Auf Antrag des A* vom 30. April 2025 auf Aufschub des Strafvollzugs gemäß § 6 Abs 1 Z 2 lit a StVG, in eventu gemäß § 5 StVG (ON 38), wurde mit Beschluss des Landesgerichts Wels vom 24. Juli 2025 der Vollzug dieser Freiheitsstrafe nach § 5 Abs 1 StVG bis einschließlich 19. August 2025 aufgeschoben. Dies mit der Begründung, der Aufschub werde, in Zusammenhalt mit der Stellungnahme der Generaldirektion für Strafvollzug und Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen beim Bundesministerium für Justiz, bis zum Abschluss der Rehabilitation entsprechend der Bestimmung des § 5 Abs 1 StVG gewährt (ON 46).
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A*, mit der er unter Vorlage von Rehabilitations-Aufenthaltsbestätigungen die Aufhebung und Korrektur des erstgerichtlichen Beschlusses dahingehend beantragt, dem Antrag des Beschwerdeführers im zeitlichen Vollumfang von zwölf Monaten, in eventu zumindest in einem über das vom Erstgericht festgesetzte Ausmaß, also über den 19. August 2025 hinausgehend, stattzugeben.
Die Oberstaatsanwaltschaft hat sich dazu nicht geäußert.
Die erhobene Beschwerde des A* ist teilweise berechtigt.
Ein Haftaufschub wegen mangelnder Gesundheit (§ 5 Abs 1 StVG) setzt voraus, dass der Verurteilte nach seinen körperlichen und geistigen Dispositionen nicht entsprechend erzieherisch betreut und beeinflusst werden kann, weil die Durchführbarkeit eines dem Wesen der Freiheitsstrafe entsprechenden Strafvollzugs wegen Krankheit, Verletzung, Invalidität oder eines sonstigen körperlichen oder geistigen Zustands in der zuständigen Justizanstalt nicht gegeben ist, wobei vorrangig zu prüfen ist, ob die Vollzugstauglichkeit durch entsprechende Strafvollzugsortänderung hergestellt werden kann (vgl Pieberin WK² StVG § 5 Rz 11).
Ist ein dem Wesen der Freiheitsstrafe (§ 20 StVG) entsprechender Strafvollzug auch unter Berücksichtigung der Möglichkeiten einer Strafvollzugsortsänderung (§ 10 StVG) mit den Einrichtungen der in Betracht kommenden Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen nicht durchführbar oder wäre im Hinblick auf einen dieser Zustände das Leben eines Verurteilten durch die Überstellung in die betreffende Anstalt gefährdet, so ist die Einleitung des Strafvollzuges gemäß § 5 Abs 1 StVG solange aufzuschieben, bis der Zustand aufgehört hat. Dem Wesen des Strafvollzuges kann nicht entsprochen werden, wenn aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist, dem in § 20 Abs 1 und 2 StVG umschrieben Auftrag nachzukommen. Dieser Zustand kann vorübergehender oder dauernder Natur sein. Jedenfalls müssen manifeste Krankheitsformen vorliegen. Auf die Schwere der Krankheit kommt es nicht an, jedoch ist davon auszugehen, dass je schwerer die Krankheit ist, desto weniger dem Erziehungsauftrag nachgekommen werden kann. Nach der Rechtsprechung stellt ein medizinisch indizierter Kuraufenthalt einschließlich Erholungsphase einen Aufschubsgrund dar, nicht jedoch eine ambulante Behandlung, die auch während des Vollzugs möglich ist ( Drexler/Weger StVG 5 § 5 Rz 4 mwN; vgl. OLG Linz 9 Bs 230/23x).
Die Haftfähigkeit ist als Rechtsfrage mit Blick auf die Vereinbarkeit des Zustands des Verurteilten mit dem Wesen der Freiheitsstrafe im Einzelfall zu beurteilen ( Pieberin WK² StVG § 5 Rz 12).
Der Beschwerdeführer legte in der Zwischenzeit am 18. August 2025 eine neuerliche vorläufige Rehabilitations-Aufenthaltsbestätigung vor, wonach die geplante Abreise aus dem Rehabilitationszentrum B* nunmehr am 26. August 2025 stattfinde (hg. ON 4.4; zur Neuerungserlaubnis im Beschwerdeverfahren: Tipold in Fuchs/Ratz,WK StPO § 89 Rz 8).
Unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Generaldirektion für Strafvollzug und Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen beim Bundesministerium für Justiz vom 09. Juli 2025, wonach der Beschwerdeführer seine Haftstrafe nach Abschluss der Rehabilitation antreten sollte, da eine solche während der Strafhaft nicht möglich sei (ON 44.2), und der seitens des Beschwerdeführers neuerlich vorgelegten Aufenthaltsbestätigung über seinen verlängerten Aufenthalt im Rehabilitationszentrum B* bis zum 26. August 2025, liegt – unter Verweis auf die oben dargestellten Grundsätze – gegenständlich ein Aufschubsgrund im Sinne des § 5 Abs 1 StVG zumindest bis zum Abschluss der Rehabilitation am 26. August 2025 vor.
Die für einen – über die Dauer der Rehabilitation hinausgehenden – Strafaufschub relevanten rechtlichen Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Z 2 lit a StVG sind bereits im angefochtenen Beschluss zutreffend dargestellt, sodass grundsätzlich darauf verwiesen werden kann (zur Zulässigkeit: RIS-Justiz RS0115236 [T1]).
Wenn der Beschwerdeführer ins Treffen führt, dass § 6 StVG auf dessen persönliches Fortkommen abstelle, welches in sämtlichen Lebenslagen von dessen körperlicher Genesung und Konstitution abhängig sei, ist dem entgegenzuhalten, dass gegenständlich keine Anhaltspunkte für eine weiterführende rehabilitative oder medizinische Behandlung ersichtlich sind. Der Beschwerdeführer selbst führt aus, es sei gerade nicht klar, ob in weiterer Folge nicht noch weitere rehabilitative oder medizinische Maßnahmen nötig seien. Mangels gegenteiliger Hinweise ist daher davon auszugehen, dass mit Abschluss der derzeitigen Rehabilitation keine weiteren rehabilitativen oder medizinischen Behandlungen für eine körperliche Genesung mehr nötig sind, insbesondere auch keine derartigen Maßnahmen, welche nicht auch während des Vollzugs der Haftstrafe in Anspruch genommen werden könnten. In stringenter Folgerung zeigt sich damit auch nicht, inwieweit gegenständlich ein weiterer Aufschub – über die Dauer der derzeitigen Rehabilitation hinaus – mit Blick auf das persönliche Fortkommen zweckmäßig erscheint.
Mangels ersichtlicher tauglicher Aufschubsgründe kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein weiterer Aufschub über die Dauer der derzeitigen Rehabilitationsmaßnahme hinausgehend für das spätere und damit gesundheitliche sowie persönliche Fortkommen des Beschwerdeführers zweckmäßiger wäre, als der sofortige Strafvollzug (§ 6 Abs 1 Z 2 lit a StVG).
Insgesamt ist der Beschwerde teilweise Folge zu geben und ein Strafaufschub nach § 5 Abs 1 StVG bis zum 26. August 2025 zu gewähren. Für die vom Rechtsmittel abschließend angeführten „persönlichen Vorkehrungen“ hätte der Beschwerdeführer übrigens seit Zustellung der Aufforderung zum Strafantritt am 10. April 2025 schon ausreichend Zeit gehabt.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
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