Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Barbara Jäger als Vorsitzende, Mag. Nikolaus Steininger, LL.M. und Dr. Dieter Weiß als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Birgit Paumgartner (Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Christina Teuchtmann (Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, Köchin, **, **, vertreten durch Mag. B*, Rechtsreferentin der Kammer für Arbeiter und Angestellte für C*, gegen die beklagte Partei D* GmbH , FN **, **, **, vertreten durch Mag. Daniel Maurer ua, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen EUR 777,15 netto und EUR 2.047,25 brutto sA , über die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse EUR 949,05 sA) gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 4. März 2025, Cga*-24, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass es – einschließlich des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teils – zu lauten hat:
„ Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei EUR 777,15 netto und EUR 2.047,25 brutto samt 13,08 % Zinsen aus EUR 777,15 netto ab 1. Jänner 2024 sowie aus EUR 2.047,25 brutto ab 1. Februar 2024 zu zahlen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.841,55 (darin EUR 473,59 USt) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen. “
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 587,09 (darin EUR 97,85 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte betreibt ua an mehreren Standorten Betriebsrestaurants. Anfang Dezember 2023 nahm die Klägerin als gelernte Köchin ihre Tätigkeit bei der Beklagten auf. Das Dienstverhältnis, auf welches der Kollektivvertrag für ArbeiterInnen im Hotel- und Gastgewerbe (kurz: KollV) Anwendung fand, endete durch einvernehmliche Auflösung am 31. Jänner 2024.
Mit Klage vom 21. Mai 2024 begehrte die Klägerin an Lohndifferenz für Dezember 2023 EUR 777,15 netto und für Jänner 2024 EUR 1.190,00 brutto, an aliquoten Sonderzahlungen EUR 808,38 brutto sowie an Urlaubsersatzleistung EUR 48,42 brutto. Die Klägerin brachte zusammengefasst vor, dass sie ihr Arbeitsverhältnis bei der Beklagten bereits am 1. Dezember 2023 aufgenommen habe. Es sei mit dem zuständigen Regionalleiter der Beklagten ein Monatslohn von EUR 3.300,00 brutto vereinbart worden. Die Beklagte habe aber lediglich auf Basis einer kollektivvertraglichen Entlohnung von EUR 2.110,00 brutto ab 4. Dezember 2023 abgerechnet. Der Regionalleiter habe sich ihr gegenüber als Geschäftsführer vorgestellt und sei sowohl in den persönlichen Gesprächen als auch im E-Mail-Verkehr als solcher bzw als Mitglied der Geschäftsleitung aufgetreten, weshalb ihr dessen mangelnde Ermächtigung zum Abschluss von Arbeitsverträgen nicht auffallen habe können bzw müssen.
Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte im Wesentlichen ein, dass mit der Klägerin kein höherer als der kollektivvertragliche Bruttomonatslohn vereinbart worden sei und diese erst am 4. Dezember 2023 zu arbeiten begonnen habe. Da die Klägerin nicht ununterbrochen zwei Monate bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei, stünden ihr aliquote Sonderzahlungen nicht zu. Der Regionalleiter habe sowohl die Beklagte als auch ihre Kunden und Mitarbeiter betrogen. Er sei weder Geschäftsführer noch Prokurist gewesen und sei auch nicht bevollmächtigt gewesen, neue Mitarbeiter einzustellen oder KV-Überzahlungen zu vereinbaren. Sein Handeln sei der Beklagten nicht zurechenbar.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren im Umfang von EUR 949,05 brutto (samt Zinsen) statt und wies das Mehrbegehren ab. Seiner Entscheidung legte es den auf den Seiten 2 bis 7 festgestellten Sachverhalt zugrunde, auf den gemäß § 500a ZPO verwiesen wird. Für das Berufungsverfahren sind folgende (zusammengefassten) Feststellungen wesentlich:
Beim Abschluss von Arbeitsverträgen herrscht im Betrieb der Beklagten ein Sechs-Augen-Prinzip. Einmal pro Woche finden Besprechungen bezüglich des Personals statt, an denen einer der beiden Geschäftsführer, der Controller und Finanzchef sowie der jeweilige Regionalleiter teilnehmen. In den Besprechungen muss ein allfälliger Personalbedarf vom Regionalleiter angemeldet und zur Diskussion gestellt werden. Anschließend erfolgt eine Kalkulation durch den Controller und allenfalls eine Freigabe der Arbeitsstelle durch den Geschäftsführer. In solch einem Fall ist es die Aufgabe des Regionalleiters, geeignetes Personal zu rekrutieren, wobei dieser auch eigenständig Vorstellungsgespräche führen darf. Von passenden Bewerbern sind durch den Regionalleiter die wesentlichen Daten aufzunehmen und an den Geschäftsführer weiterzuleiten, der bei Zustimmung die Daten der für das Personalwesen und insbesondere für die Lohnverrechnung zuständigen Mitarbeiterin bekannt gibt. Diese erstellt im weiteren Verlauf den Arbeitsvertrag, welcher anschließend dem Geschäftsführer zur Unterschrift vorgelegt und von diesem sodann dem Regionalleiter übermittelt wird. Dieser hat den Arbeitsvertrag der/m einzustellenden MitarbeiterIn zur Unterschrift vorzulegen. Ein Firmenstempel wurde dem gegenständlich zuständigen Regionalleiter nicht zur Verfügung gestellt. In Bezug auf die Klägerin wurde dieser Prozess nicht durchlaufen. Ein Personalbedarf in der klagsgegenständlichen Betriebskantine wurde seitens des Regionalleiters nicht angemeldet und daher erfolgte auch keine Freigabe durch den Geschäftsführer.
Die Klägerin entdeckte im November 2023 eine Stellenanzeige der Beklagten, welche nach neuem Personal für die Betriebskantine einer Landespolizeidirektion suchte. In der Stellenanzeige wurde die Telefonnummer des Regionalleiters angeführt, mit welchem die Klägerin Kontakt aufnahm und ein persönliches Vorstellungsgespräch führte. Der Regionalleiter, welcher sich als solcher vorstellte, teilte der Klägerin mit, dass in der Betriebskantine eines Dentalwerks ein größerer Personalbedarf bestünde als in der Landespolizeidirektion und dass geplant sei, sie dort als Stellvertreterin für den Küchenchef einzusetzen. Mit E-Mail vom 15. November 2023 bestätigte der Regionalleiter der Klägerin die Einstellung bei der Beklagten mit spätestens 15. Dezember 2023 mit einem Lohn von EUR 2.300,00. Diesem E-Mail fügte er unter seinem Namen den Zusatz „Geschäftsleitung D* GmbH“ hinzu. An welchem Tag das Arbeitsverhältnis konkret beginnen sollte, wurde zu diesem Zeitpunkt noch nicht vereinbart.
Mit E-Mail vom 30. November 2023, 13:38 Uhr, erkundigte sich die Klägerin unter dem Betreff „Dienstbeginn 01.12.2023“ beim Regionalleiter, ab wann der Haupteingang des Dentalwerks geöffnet sei oder sie davor warten solle. Der Regionalleiter antwortete darauf mit E-Mail vom 1. Dezember 2023, 05:34 Uhr, unter dem Betreff „Dienstbeginn 04.12.2023“ und teilte der Klägerin mit, sie solle um 7.00 Uhr zum Haupteingang kommen, von dort werde sie der Betriebsleiter abholen. Zusätzlich erwähnte der Regionalleiter, dass er sich auf Montag freue und wünschte der Klägerin ein schönes Wochenende.
Da die Klägerin aber am 30. November 2023 nichts mehr von der Beklagten gehört hatte, machte sie sich in der Früh des 1. Dezember 2023 zum Dentalwerk auf. Von dort aus antwortete sie um 5.50 Uhr dem Regionalleiter, dass sie bereits im Mitarbeiterrestaurant sitze.
Darauf entgegnete der Regionalleiter per E-Mail um 6.06 Uhr, dass die Anmeldung der Klägerin mit 4. Dezember 2023 eingeplant sei, er das mit 1. Dezember 2023 irgendwie überlesen habe und Montag besser sei, da der Betriebsleiter gerade nicht vor Ort sei. Da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits Arbeitsleistungen für die Beklagte verrichtete, konnte sie das letzte E-Mail des Regionalleiters erst nach Dienstende um 13.30 Uhr lesen. Ob der 1. Dezember 2023 auch als erster Arbeitstag zwischen der Klägerin und dem Regionalleiter vereinbart war, kann nicht festgestellt werden.
Mit E-Mail vom 3. Jänner 2024 gab der Regionalleiter die Daten der Klägerin an die Lohnverrechnung für die Anmeldung weiter und führte einen Lohn von EUR 2.110,00 brutto und nach der Befristung mit EUR 2.300,00 für eine Tätigkeit als Küchenchefin bzw Betriebsleiterstellvertreterin an. Noch am selben Tag erhielt die Klägerin ihren ersten Lohn in Höhe von EUR 1.969,33 brutto, sohin EUR 1.522,85 netto für Dezember 2023 ausbezahlt, wobei als Arbeitsbeginn der 4. Dezember 2023 angenommen wurde. Mit E-Mail vom 5. Jänner 2024 an den Regionalleiter verwies die Klägerin auf den vereinbarten Nettolohn von EUR 2.300,00 und auf den Arbeitsbeginn 1. Dezember 2023. In der Folge unterzeichneten beide einen Dienstzettel, auf welchem ein Firmenstempel der Beklagten ersichtlich war. Diesen brachte der Regionalleiter nicht in Gegenwart der Klägerin an. Der Dienstzettel gab den Arbeitsbeginn mit 4. Dezember 2023 an und einen „Brutto-Ist-Lohn bis 31.01.2024“ von EUR 3.000,00. Am 5. Jänner 2024 übermittelte der Regionalleiter der Lohnverrechnung einen davon abweichenden Dienstzettel, welcher einen „Brutto-Ist-Lohn“ bis 31. Jänner 2024 in Höhe des kollektivvertraglichen Bruttolohns von EUR 2.110,00 auswies. Die Klägerin sah diesen Dienstzettel zuvor nie und unterschrieb diesen auch nicht eigenhändig.
Anfang Jänner wurden die vom Regionalleiter verursachten Unregelmäßigkeiten im Betrieb bekannt. Im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs wurde der Klägerin mitgeteilt, dass nur der kollektivvertragliche Lohn gezahlt werden könne; die Klägerin war damit nicht einverstanden. Insgesamt gab es zwei Gespräche mit der Klägerin, in denen versucht wurde eine Lösung zu finden, was aber nicht gelang.
Für Dezember 2023 erhielt die Klägerin einen Monatslohn in Höhe von EUR 1.969,33 brutto bzw EUR 1.522,85 netto ausbezahlt. Im Jänner 2024 wurden EUR 2.110,00 brutto als Monatslohn und EUR 99,75 brutto als Urlaubsersatzleistung für 1,04 Werktage der Klägerin geleistet. Netto wurden der Klägerin EUR 1.727,14 überwiesen.
In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht. Der vom Regionalleiter der Lohnverrechnung übermittelte Dienstzettel sei jedoch von der Beklagten schlüssig akzeptiert und damit die Vollmachtsüberschreitung in diesem Ausmaß saniert worden. Es sei daher ein Arbeitsverhältnis auf Basis dieses Dienstzettels zustande gekommen. Darüber hinausgehende Zusagen des Regionalleiters würden die Beklagte nicht binden. Hinsichtlich des Beginns des Arbeitsverhältnisses werde nur ausnahmsweise auf das Bestehen eines faktischen Beschäftigungsverhältnisses abgestellt, grundsätzlich sei der Beginn eines Arbeitsverhältnisses vom vereinbarten Termin abhängig. Die kollektivvertragliche Regelung betreffend die Jahresremuneration stelle aber auf eine faktische Beschäftigung ab. Das Dienstverhältnis habe bereits am 1. Dezember 2023 begonnen und an diesem Tag seien Arbeitsleistungen für die Beklagte erbracht worden. Die Klägerin sei damit mindestens zwei Monate ununterbrochen im Betrieb der Beklagten beschäftigt gewesen, sodass ihr die geltend gemachte Jahresremuneration zustehe. Die Klägerin habe auch Anspruch auf Lohn für den Zeitraum 1. bis 3. Dezember 2023.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem auf Klagsabweisung gerichteten Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung die Bestätigung des Ersturteils.
Die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu behandelnde Berufung ist berechtigt .
1 Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass Punkt 15 des KollV nicht auf eine faktische Beschäftigung abstelle, sondern ausschließlich zwei Monate Beschäftigung im Rahmen eines arbeitsvertraglichen Arbeitsverhältnisses zum Anspruch auf Jahresremuneration führe. Zudem könne aus der Verrichtung von Arbeitsleistungen am 1. Dezember 2023 nicht einmal auf ein faktisches Arbeitsverhältnis geschlossen werden. Da im Zeitraum 1. bis 3. Dezember 2023 kein Arbeitsverhältnis vorgelegen habe, habe die Klägerin für diesen Zeitraum keinen Lohnanspruch und mangels zweimonatiger Beschäftigung auch keinen Anspruch auf anteilige Sonderzahlungen.
2 Grundsätzlich begründet der Arbeitsvertrag das Arbeitsverhältnis ( Löschnigg , Arbeitsrecht 14 Rz 5/038). Für das Zustandekommen des Arbeitsvertrags gelten prinzipiell die allgemeinen Regeln des Vertragsrechts; der Abschluss erfolgt entsprechend § 861 ABGB durch Angebot und Annahme. Arbeitsverträge können grundsätzlich formfrei geschlossen und abgeändert werden; nur ausnahmsweise verlangt das Gesetz die Schriftform, etwa gemäß § 12 Abs 7 BAG für den Abschluss von Lehrverträgen (vgl Löschnigg , Arbeitsrecht 14 Rz 5/040; Rebhahn in ZellKomm³ §§ 861-864a Rz 19 und 21 f). Der Abschluss eines Arbeitsvertrags kann aber nicht nur ausdrücklich durch übereinstimmende Willenserklärung der Parteien, sondern auch schlüssig (konkludent) durch ein Verhalten erfolgen, welches bei Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln übrig lässt, dass der andere sich in bestimmter Weise verpflichten will. Das wird in der Regel der Fall sein, wenn ein Teil Dienstleistungen erbringt und der andere sie annimmt (RIS-Justiz RS0014531; vgl Löschnigg , Arbeitsrecht 14 Rz 5/045; Rebhahn in ZellKomm³ §§ 861-864a Rz 26).
2.1 Das bloße Erbringen von Leistungen an einen anderen kann aber dann, wenn die Voraussetzungen eines schlüssigen Vertragsabschlusses nicht erfüllt sind, nicht zu einem Arbeitsvertrag führen. Es gibt im österreichischen Arbeitsrecht kein faktisches Arbeitsvertragsverhältnis; es gilt die Vertragstheorie ( Rebhahn in ZellKomm³ §§ 861-864a Rz 28 mwN). Daher bildet auch im Arbeitsrecht ein schuldrechtlicher Vertrag als kausales Verpflichtungsgeschäft für die später erfolgenden Leistungen die Grundlage sämtlicher arbeitsrechtlich relevanter Pflichten ( Brodil in Gruber-Risak/Mazal , Das Arbeitsrecht Kap X [43. Lfg] Rz 1).
2.2 Für den gegenständlichen Fall ist daher maßgeblich, ob es betreffend den Zeitraum vom 1. bis zum 3. Dezember 2023 zum Abschluss eines Arbeitsvertrags kam, was auf Basis der unbekämpft gebliebenen erstgerichtlichen Feststellungen zu verneinen ist.
2.3 Die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass von keiner Anscheinsvollmacht auszugehen sei, wird von keiner der Parteien in Zweifel gezogen. Vom Zustandekommen eines Arbeitsvertrags kann daher nur dann ausgegangen werden, wenn die Beklagte die Arbeitsleistung der Klägerin vom 1. Dezember auch angenommen hat. Ein schlüssiger Vertragsabschluss muss aber bereits an der Unkenntnis der Beklagten von der Leistungserbringung durch die Klägerin scheitern.
2.4 Selbst unter der Annahme einer Anscheinsvollmacht kam ein Arbeitsvertrag nicht zustande. Zwischen dem Regionalleiter und der Klägerin wurde im Zuge des Vorstellungsgesprächs kein konkreter Arbeitsbeginn vereinbart, sondern lediglich mit E-Mail vom 15. November 2023 die „Einstellung“ mit spätestens 15. Dezember 2023 bestätigt. Dem E-Mail-Verkehr von Anfang Dezember 2023 ist zwar zu entnehmen, dass die Klägerin offenbar von einem Dienstbeginn mit 1. Dezember 2023 ausging, ob dies auch so vereinbart war, konnte das Erstgericht jedoch nicht feststellen. Diese Negativfeststellung geht aber zu Lasten der Klägerin, ist diese doch für den Vertragsabschluss beweispflichtig ( Rebhahn in ZellKomm³ §§ 861-864a Rz 19). Ein schlüssiger Vertragsabschluss aufgrund des E-Mail-Verkehrs zwischen der Klägerin und dem Regionalleiter kann ebenfalls nicht angenommen werden, da die Klägerin von einem Arbeitsbeginn mit 1. Dezember ausging, der Regionalleiter hingegen vom 4. Dezember. Von einer Annahme der Arbeitsleistung kann auf Basis der abschließenden Nachricht des Regionalleiters vom 1. Dezember 2023, dass die Klägerin mit 4. Dezember 2023 zur Anmeldung eingeplant worden sei und Montag für die Beklagte aufgrund der Anwesenheit des Betriebsleiters besser sei, ebenfalls nicht ausgegangen werden.
2.5 Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass am von der Klägerin unterfertigten Dienstzettel als Arbeitsbeginn der 4. Dezember 2023 aufscheint.
3 Gemäß Punkt 15 KollV haben alle Arbeitnehmer, die mindestens zwei Monate ununterbrochen im selben Betrieb beschäftigt sind, Anspruch auf Jahresremuneration in der Höhe von 230 Prozent des im jeweiligen Lohnübereinkommen festgelegten Mindestmonatslohns, jedoch maximal bis zur Höhe des tatsächlich ins Verdienen gebrachten Lohns für die Normalarbeitszeit.
3.1 Das Erstgericht geht davon aus, dass für die Anwendung dieser Bestimmung auf eine faktische Beschäftigung und nicht auf das Vorliegen eines gültigen Arbeitsvertrags abzustellen sei, was von der Beklagten bestritten wird. Fraglich ist daher, auf wen nun die kollektivvertraglichen Bestimmungen anzuwenden sind.
3.2 Der persönliche Geltungsbereich bezeichnet jene Gruppe von Arbeitnehmern, die vom Kollektivvertrag erfasst werden soll. Gemäß § 1 Abs 1 ArbVG sind die Bestimmungen über die kollektive Rechtsgestaltung auf „Arbeitsverhältnisse aller Art, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen“, anzuwenden ( Löschnigg , Arbeitsrecht 14 Rz 3/106). Dies bringt zum Ausdruck, dass der persönliche Geltungsbereich mit der Vertragstheorie korrespondiert und auf die Arbeitnehmereigenschaft iSd Arbeitsvertragsrechts abzustellen ist (vgl Reissner in ZellKomm³ § 1 ArbVG Rz 5 mwN).
3.3 Die Klägerin fällt damit im Zeitraum 1. bis 3. Dezember 2023 mangels Arbeitsvertrag nicht in den persönlichen Geltungsbereich des KollV.
4 Rechtlich folgt daraus, dass in den ersten Dezembertagen 2023 von keinem Arbeitsverhältnis auszugehen ist und die Klägerin damit auch keinen arbeitsrechtlichen Entgeltanspruch geltend machen kann. Auf Bereicherungsrecht stützte sich die Klägerin nicht; vielmehr geht sie auch noch in ihrer Berufungsbeantwortung von einem Beginn des Arbeitsverhältnisses mit 1. Dezember 2023 aus. Da die Klägerin erst mit 4. Dezember 2023 und damit nicht mindestens zwei Monate im Betrieb der Beklagten beschäftigt war, ist auch ein (anteiliger) Anspruch auf eine Jahresremuneration gemäß Punkt 15 KollV zu verneinen.
5 Der Berufung war daher im Sinne des Abänderungsantrags Folge zu geben.
6.1 Die Kostenentscheidung erster Instanz gründet auf § 41 ZPO. Eine Honorierung der Vertagungsbitte vom 1. Juli 2024 (ON 6) steht jedoch nicht zu, war doch diese offenkundig nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, da die Verhinderung der Partei oder ihres Vertreters einen allein im Bereich dieser Partei gelegenen Umstand darstellt, der nicht zu einer Kostenbelastung des Prozessgegners führen darf (RIS-Justiz RS0121621).
6.2 Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren gründet auf den §§ 50, 41 ZPO. Die von der Beklagten verzeichneten Kosten waren jedoch um die Pauschalgebühr zu kürzen, sind doch gemäß Anmerkung 5 zu TP2 GGG arbeitsrechtliche Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz bei einem Berufungsinteresse bis EUR 2.500,00 gebührenfrei.
7 Die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig. Die Beurteilung der Konkludenz einer Willenserklärung beziehungsweise der Schlüssigkeit eines Verhaltens hat regelmäßig keine über die besonderen Umstände des Einzelfalls hinausgehende Bedeutung (RIS-Justiz RS0043253 [T8]).
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