Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen unbekannte Täter wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach §§ 88 Abs 1 und Abs 4 erster Satz StGB über die Beschwerde des Mag. A* B* gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz vom 5. Februar 2025, HR*-38, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
BEGRÜNDUNG:
Die Staatsanwaltschaft Linz führte zu BAZ* ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach §§ 88 Abs 1 und Abs 4 erster Satz StGB zum Nachteil der am 20. Oktober 2023 verstorbenen C* B*. Diesem lag eine Sachverhaltsdarstellung des (ehemaligen) Erwachsenenvertreters der Genannten vom 8. November 2023 betreffend eine am 16. September 2023 diagnostizierte Oberschenkelfraktur zugrunde, deren Entstehung nicht nachvollzogen werden konnte (ON 2.2).
Am 7. Juni 2024 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren nach § 190 Z 2 StPO ein (ON 1.10), wovon unter anderem Mag. A* B*, der Sohn und Rechtsnachfolger der Verstorbenen, mit Note vom selben Tag verständigt wurde (ON 1.10).
Dessen am 11. Juni 2024 eingebrachter und mit 7. Juni 2024 datierter Antrag auf Fortführung des Strafverfahrens (ON 23) blieb erfolglos (ON 29).
Am 29. Juli 2024 brachte Mag. A* B* einen Einspruch wegen Rechtsverletzung gemäß § 106 StPO ein (ON 27; ergänzt durch ON 34). Begründend führte er zusammengefasst aus, dass durch die Einstellung des Ermittlungsverfahrens sowie die (auch) zu seinem Fortführungsantrag erstattete ablehnende Stellungnahme der Staatsanwaltschaft vom 13. Juni 2024 (ON 24) das Grundrecht seiner Mutter auf Unversehrtheit sowie deren von § 66 StPO und Art 2 EMRK eingeräumten (Opfer)rechte, insbesondere deren Recht, sich vertreten zu lassen, eine schriftliche Anzeigebestätigung zu erhalten, als besonders schutzbedürftiges Opfer nach § 66a StPO beurteilt zu werden und Akteneinsicht zu nehmen, verletzt worden seien. Er selbst habe von der Strafanzeige des Erwachsenenvertreters, dessen Vorgehen er insgesamt in seinem Einspruch kritisierte, erst zufällig im Jänner 2024 erfahren, wodurch seine Opferrechte nicht gewahrt worden seien. Die Ermittlungen seien fortzuführen, weil insbesondere aufgrund der Aussagen der diagnostizierenden und behandelnden Ärzte im D* (E*), eines Nachtrags in der Pflegedokumentation und einer telefonischen Information des E* an die Heimleitung von einer Zufügung der Oberschenkelfraktur durch Fremdeinwirkung (bereits) Ende August/Anfang September 2023 (und damit vor der Einweisung ins E* am 2. September 2023) im Bezirksalten- und Pflegeheim (BAPH) F* auszugehen sei. Darüber hinaus gäbe es weitere Aspekte einer grob fahrlässigen schweren Gesundheitsschädigung bzw Körperverletzung seiner Mutter durch Verantwortliche der genannten Pflegeeinrichtung.
Am 8. Oktober 2024 beantragte Mag. A* B* abermals die Fortführung des Ermittlungsverfahrens (ON 31).
Dieser Antrag wurde vom Landesgericht Linz mit Beschluss vom 29. November 2024 zurückgewiesen (ON 36).
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 5. Februar 2025 wies das Landesgericht Linz den Einspruch des Mag. B* soweit Rechtsverletzungen außerhalb des Ermittlungsverfahrens iSd StPO und außerhalb der sechswöchigen Einspruchsfrist behauptet wurden, zurück und im übrigen Umfang ab (ON 38).
Dagegen richtet sich die – mit Eingaben vom 10. März 2025, 2. April 2025, 11. Juni 2025 und 19. Juni 2025 ergänzte – rechtzeitige Beschwerde des Mag. B* (ON 39), mit der (abermals) die Einstellung der Ermittlungsarbeit durch die Staatsanwaltschaft Linz trotz entsprechender Hinweise seinerseits zur Interpretation der Aktenlage und das Agieren des Erwachsenenvertreters allgemein sowie im Besonderen in Zusammenhang mit der Oberschenkelfraktur der C* B*, deren Entstehung er im BAPH F* verortet, kritisiert wird. In diesem Zusammenhang moniert er auch die Unterlassung einer Strafanzeige durch die Pflegeeinrichtung, Defizite in der dortigen Pflege seiner Mutter und in der Pflegedokumentation sowie das Verhalten von Verantwortlichen des BAPH F* ihm gegenüber. Als weitere Rechtsverletzung nach § 106 Abs 1 StPO führt der Beschwerdeführer die Nichtentsprechung seiner Fortführungsanträge nach § 195 StPO durch das Gericht ins Treffen. Mit seinen Eingaben legt der Beschwerdeführer zahlreiche Unterlagen vor, aus denen sich nach seinen Ausführungen (zusammengefasst) insbesondere Hinweise auf eine Verursachung der Verletzung im BAPH F* ergeben würden.
Die Beschwerde ist nicht berechtigt.
Gemäß § 106 Abs 1 StPO steht Einspruch wegen Rechtsverletzung jeder Person zu, die behauptet, im Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft in einem subjektiven Recht verletzt zu sein, weil ihr die Ausübung eines Rechts nach diesem Gesetz verweigert (Z 1) oder eine Ermittlungs- oder Zwangsmaßnahme unter Verletzung von Bestimmungen dieses Gesetzes angeordnet oder durchgeführt wurde (Z 2). Gemäß § 106 Abs 1 letzter Satz StPO kommt im Fall des Todes der zum Einspruch berechtigten Person dieses Recht den in § 65 Z 1 lit b StPO erwähnten Angehörigen zu.
Der Einspruch ist binnen sechs Wochen ab Kenntnis der behaupteten Verletzung in einem subjektiven Recht bei der Staatsanwaltschaft einzubringen (§ 106 Abs 3 StPO). Es kommt nicht nur auf tatsächliche Kenntnisnahme der behaupteten Verletzung in einem subjektiven Recht an, sondern ist die rechtliche Wertung ausschlaggebend, ob alle Voraussetzungen dafür geschaffen wurden, um mit Grund verlangen zu können, dass der Betreffende das Faktum (Anordnung oder Vorgang) auch bewusst zur Kenntnis nehmen kann (RIS-Justiz RS0133462). Unzulässige, verspätete und solche Einsprüche, denen die Staatsanwaltschaft entsprochen hat, sind zurückzuweisen (§ 107 Abs 1 erster Satz StPO).
Unter den dargelegten Prämissen lagen die Voraussetzungen für eine Entscheidung in der Sache iSd § 107 Abs 1 erster Satz StPO teilweise nicht vor. So bezieht sich der Einspruch in dem Umfang, in dem eine Verletzung von Opferrechten der C* B* behauptet wird, schon aufgrund der Chronologie auf einen Zeitraum außerhalb des Ermittlungsverfahrens, da die Genannte bereits am 20. Oktober 2023 – und damit vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens – verstorben ist. Soweit das Verhalten des Erwachsenenvertreters und der Verantwortlichen bzw Mitarbeiter des BAPH F* sowie Entscheidungen des Landesgerichts Linz (in Form der Ab- bzw Zurückweisung von Fortführungsanträgen) kritisiert werden, behauptet der Einspruchswerber keine Rechtsverletzung durch die Staatsanwaltschaft in einem Ermittlungsverfahren, sodass auch dieses Vorbringen einer gerichtlichen Prüfung entzogen ist (vgl
Der inhaltlichen Prüfung des Einspruchs im darüber hinausgehenden Umfang ist voranzustellen, dass eine Freischaltung des Beschwerdeführers zur Akteneinsicht nicht erst (wie vom Erstgericht angenommen) am 2. Juli 2024, sondern bereits ab 9. April 2024 verfügt (ON 1.8) und dieser darüber am 7. Juni 2024 ausdrücklich informiert wurde (ON 21). Es spricht daher einiges dafür, dass es ihm bereits ab Übermittlung der (am 16. Juni 2024 unterfertigten) Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Linz (ON 24) zum elektronischen Akt (ON 1.11) möglich war, von deren Inhalt Kenntnis zu erlangen und seine Rechtsfolgen daraus abzuleiten. Mit Blick auf den letztlich aber nicht restlos aufklärbaren genauen Zeitpunkt der tatsächlichen Möglichkeit einer Akteneinsicht und Zugänglichmachung der Stellungnahme – laut eigenem Vorbringen des Beschwerdeführers im Einspruch war dies am 18. Juni 2024, nach dem Inhalt der angefochtenen Entscheidung am 2. Juli 2024 – wird zugunsten des Beschwerdeführers betreffend die Behauptung von Rechtsverletzungen durch den Inhalt dieser Stellungnahme von einer Wahrung der sechswöchigen Frist ausgegangen und der Einspruch in diesem Umfang einer inhaltlichen Prüfung unterzogen.
Inhaltlich beschränken sich die (umfangreich ausgeführte) Kritik an genannter Stellungnahme der Staatsanwaltschaft (mit der die Verfahrenseinstellung gemäß § 190 Z 2 StPO begründet und eine ablehnende Äußerung zum Fortführungsantrag des Beschwerdeführers gemäß § 195 StPO abgegeben wurde) sowie die nicht von der Zurückweisung betroffenen übrigen Teile des Einspruchs zusammengefasst auf die Behauptung einer Rechtsverletzung wegen Einstellung des Verfahrens (und damit Unterlassung weiterer Ermittlungsmaßnahmen und Abstandnahme von einer Verfahrensfortführung) trotz der vom Beschwerdeführer der Staatsanwaltschaft dargelegten Schlussfolgerungen, wonach sich Hinweise auf eine Entstehung der Oberschenkelfraktur seiner Mutter im BAPH F* vor dem 2. September 2023 ergeben würden.
Zumal die Strafprozessordnung kein subjektives Recht des Opfers auf Verfolgung eines Beschuldigten vorsieht, ist die Überprüfung der Zweckmäßigkeit einzelner Erhebungsschritte einer Kontrollmöglichkeit in Form eines Einspruchs nach § 106 StPO entzogen. Gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens (und damit die Abstandnahme von weiteren Ermittlungen und einer Verfahrensfortführung) besteht (lediglich) die Möglichkeit der Einbringung eines Antrags auf Fortführung des Verfahrens nach § 195 StPO (von der der Beschwerdeführer ohnehin mehrfach Gebrauch gemacht hat) und damit eine gerichtliche Kontrolle staatsanwaltschaftlichen Handelns, nicht aber jene eines Einspruchs wegen Rechtsverletzung nach § 106 StPO (vgl Pilnacek/Stricker aaO § 106 Rz 16).
Ein weiteres Eingehen auf die Argumentation des Beschwerdeführers erübrigte sich vor diesem Hintergrund. Die den Einspruch in dem (über die Zurückweisung hinausgehenden) Umfang abweisende Entscheidung des Erstgerichts ist somit im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Insgesamt musste daher die Beschwerde erfolglos bleiben.
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu.
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