Rückverweise
Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht durch Senatspräsident Mag. Hans Peter Frixeder als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Gert Schernthanner und die Richterin Mag. a Carina Habringer-Koller in der Rechtssache des Klägers A* , geboren am **, Landwirt, **, **, vertreten durch die Auer Bodingbauer Leitner Stöglehner Rechtsanwälte OG in Linz, wider den Beklagten Ing. B* , geboren am **, selbständig, **, **straße **, vertreten durch Mag. Dr. Klaus Gimpl, Rechtsanwalt in Ybbs an der Donau, wegen EUR 454.578,40 sA und Feststellung (EUR 10.000,00), über die Berufung des Klägers (Berufungsinteresse: EUR 35.717,62 sA) gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 27. März 2025, Cg*-89, idF des Berichtigungsbeschlusses vom 4. April 2025, Cg*-91, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert , dass es – einschließlich seiner unangefochten gebliebenen Teile – insgesamt wie folgt lautet:
„1. Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger EUR 144.023,34 samt 4% Zinsen pa aus EUR 194.023,34 von 17. März 2020 bis 5. Dezember 2023 und aus EUR 144.023,34 ab 6. Dezember 2023 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
2. Das Leistungsmehrbegehren, der Beklagte sei schuldig, dem Kläger weitere EUR 310.555,06 samt 4% gestaffelter Zinsen seit 17. März 2020 zu bezahlen, wird abgewiesen.
3. Das Mehrbegehren, es werde festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger für sämtliche zukünftige Schäden aus dem mangelhaften Betrieb von April 2017 bis November 2020 der vom Beklagten auf den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers C*, D*, gelieferten und dort montierten Schafmelkanlage haftet, wird abgewiesen.
4. Die Kostenentscheidung bleibt bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vorbehalten.“
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Erstgericht nach rechtskräftiger Erledigung der Streitsache vorbehalten.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Landwirt und begann Ende des Jahres 2015 auf seinem Hof in D* mit der Zucht von Schafen und der Erzeugung und Lieferung von Schafmilch an eine Bio Molkerei. Im Jahr 2017 kaufte er beim Beklagten eine vollständige Melk- und Melkanlagenwaschanlage. Der Kläger behauptet schwere Mängel dieser Anlage, die in seinem Betrieb zu einem enormen Schaden (insbesondere durch Erkrankung und Verendung von Tieren sowie durch Verschlechterung der Milchleistung) geführt hätten. Am 5. Dezember 2023 zahlte die Haftpflichtversicherung des Beklagten EUR 50.000,00 an den Kläger.
Der Kläger begehrte mit der am 19. Oktober 2020 eingebrachten Klage vom Beklagten zunächst EUR 345.142,05 sA. Nach mehreren Ausdehnungen und Einschränkungen ergänzte er das Klagebegehren am 11. Juli 2022 um ein Feststellungsbegehren. Zuletzt schränkte er – nach Erhalt der EUR 50.000,00 – sein Leistungsbegehren auf EUR 454.578,40 sA ein und hielt das aus dem Spruch ersichtliche Feststellungsbegehren aufrecht.
Der Kläger brachte im Wesentlichen vor, dass die vom Beklagten gelieferte und montierte Melk- und Melkanlagenwaschanlage mangelhaft gewesen sei. Sie habe von Beginn an keine ordnungsgemäßen Reinigungsergebnisse geliefert. Die Melkanlage habe die Schafeuter mangelhaft und unvollständig ausgemolken, sodass zahlreiche Schafe an einer Euterentzündung verendet seien. Der Beklagte habe sowohl den Verdienstentgang als auch den Wert der verendeten Schafe zu ersetzen.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte dessen Abweisung und brachte zusammengefasst vor, dass die Melkanlage von Beginn an problemlos funktioniert habe. Er habe nur auf Verlangen des Klägers mehrfach Änderungen an der Anlage durchgeführt. Der Kläger habe die Anlage mit verunreinigtem Wasser betrieben und gereinigt, weshalb ihn ein Mitverschulden von 50% treffe. Außerdem habe der Kläger dadurch, dass er nach Erhöhung der Keim- oder Zellzahlen weder den Beklagten noch eine Fremdfirma mit der Reparatur der Anlage beauftragt habe, seine Schadensminderungspflicht verletzt. Darüber hinaus seien die klägerischen Forderungen auch der Höhe nach nicht nachvollziehbar.
Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht den Beklagten zur Zahlung von EUR 108.305,72 sA und wies das Mehrbegehren von EUR 346.272,68 sA ab. Das Feststellungsbegehren wies das Erstgericht – unbekämpft – ab. Die Kostenentscheidung behielt es gemäß § 52 Abs 1 ZPO bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vor.
Das Erstgericht stellte – soweit für das Berufungsverfahren noch von Relevanz – folgenden wesentlichen Sachverhalt fest, wobei die vom Kläger bekämpften Feststellungen in der Folge kursiv wiedergegeben werden:
Der Kläger begann Ende 2015 mit der Schafhaltung, er kaufte ca 60 Lämmer mit einem Alter von max 2 Wochen. Anfang 2017 wurden die ersten eigenen Lämmer geboren.
Aus systematischen Gründen werden zunächst die Mängel- und die Rechtsrüge gemeinsam behandelt.
1. Zur Mängel- und Rechtsrüge:
1.1. Der Kläger argumentiert in seiner Mängel- und Rechtsrüge zusammengefasst, dass das Erstgericht – trotz seines darauf abzielenden Antrags im Schriftsatz vom 19. Juli 2024 – die Bestimmung des § 273 Abs 1 ZPO nicht angewendet, sondern eine reine („harte“) Beweislast-entscheidung gefällt habe. Das Erstgericht hätte den Schaden im Rahmen der vom Sachverständigen DI F* in dessen zweiten Ergänzungsgutachten angeführten Bandbreite gemäß § 273 Abs 1 ZPO ausmitteln müssen.
1.2. Die Bestimmung des § 273 ZPO normiert unterschiedliche Varianten einer Beweisbefreiungsregel, denen der Gedanke der Prozessökonomie gemein ist. Aus Effizienzgründen und zur Vermeidung eines kostenintensiven Verfahrensaufwands wird dem Gericht eine nur annäherungsweise Ausmittlung des voraussichtlich berechtigten Anspruchs ermöglicht. Dabei setzt § 273 Abs 1 ZPO die Klärung des Bestands der Forderung dem Grunde nach voraus – so wie im vorliegenden Fall, in dem die Mangelhaftigkeit der vom Beklagten gelieferten Melkanlage und die Ursächlichkeit dieses Mangels für die vom Kläger erlittenen Schäden erwiesen und (im Berufungsverfahren) nicht mehr strittig sind (vgl Ziehensack in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-TaKom 2 § 273 ZPO Rz 1).
1.3. Die Entscheidung des Gerichts darüber, ob es § 273 ZPO anwenden darf, ist eine rein verfahrensrechtliche Entscheidung. Wurde zu Unrecht die Anwendbarkeit des § 273 ZPO bejaht oder verneint, muss dies mit Mängelrüge bekämpft werden (RS0040282). Ein Verfahrensmangel liegt auch dann vor, wenn das Gericht eine Beweislastentscheidung fällt, obwohl die Schadensschätzung angebracht (gewesen) wäre (RS0040282 [T13]). Die Norm des § 273 ZPO stellt inhaltlich einerseits die Einräumung eines – gebundenen – Ermessens an das Gericht dar, den Schaden, von dem feststeht, dass er zu ersetzen ist, nach freier Überzeugung festzusetzen. Andererseits enthält sie eine Einschränkung der allgemeinen Beweislastregel, dass der geschädigte Kläger Bestand und Höhe der Forderung (des Schadens) vollständig beweisen muss (RS0040459). Das Gericht ist berechtigt, ein Sachverständigengutachten über die Höhe üblicher Beträge einzuholen, dann aber die Bemessung eines begehrten Betrags nach freiem Ermessen vorzunehmen (RS0040440). Eine solche Vorgangsweise wird insbesondere dann angebracht sein, wenn die vorliegenden Beweise – wie etwa im konkreten Fall die im Sachverständigengutachten ON 77 ermittelten Bandbreiten – nur die Grundlagen für eine Ermessensentscheidung geliefert haben (RS0040440 [T1]). Das bedeutet, dass die Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO auch dann (noch) unbedenklich ist, wenn ein Sachverständigengutachten bereits vorliegt (vgl Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka, ZPO
Keine Verweise gefunden
Die vom Kläger beim Beklagten gekaufte Melk- und Reinigungsanlage montierte der Beklagte im Jahr 2017; sie wurde im Anschluss auch in Betrieb genommen. Ein Teil der Anlage wurde erst im Jahr 2018 unter Mithilfe des Klägers fertiggestellt.
Die Melkanlage war ab Übergabe mangelhaft. Es lagen insbesondere technische Mängel bei der Verlegung der Leitungen vor.
Die Mängel in der Grundkonzeption der Melkanlage, nämlich der Einbau der E* im Hinblick auf die Höhendifferenz zwischen den zentralen Milchleitungen, das zu gering eingestellte Betriebsvakuum, die Auslegung und Verlegung der Milchleitung ohne Gefälle, waren ursächlich für die Mängel und letztlich für die eingetretenen Schäden. Aufgrund der falschen Dimensionierung der Melkanlage verlieb Restmilch im Euter, dies verursachte schwere Mastitiden (Euterentzündungen) bei den Schafen des Klägers.
Die Ursache für die erhöhten Zell- und Keimzahlen lag jedenfalls nicht an dem im Betrieb des Klägers eingesetzten Wasser. Es bestehen keine Mängel an der Ausführung der Tierhaltung im Betrieb des Klägers.
Durch die mangelhafte Ausführung der Anlage im Betrieb des Klägers kam es ua zu stark erhöhten Zell- und Keimzahlen in der Milch, zu schweren Erkrankungen und zur Verendung einer nicht genau feststellbaren Anzahl von Schafen sowie auch zu einer Verlängerung des Zeitaufwands für das Melken der Schafe durch den Kläger.
Dadurch ist dem Kläger in seinem landwirtschaftlichen Betrieb ein Schaden von insgesamt EUR 158.305,72 entstanden.
Ausgegangen wird von einem Soll-Bestand an Milchschafen von 120 ab dem Jahr 2019 und einer Soll-Milchmenge im Verkauf von 442,5 kg Milch/Schaf/Jahr (2. Ergänzungsgutachten DI F*, S 10 ff). Die Schäden sind dabei im Zeitraum 2019 bis 2023 entstanden und setzen sich zusammen aus der Differenz beim Milchverkauf, aus Einbußen bei sonstigen Marktleistungen, aus zusätzlichen Bestandaufbaukosten und aus einem Mehraufwand an Arbeitszeit abzüglich Ersparnissen bei variablen Kosten.
Konkret ergibt sich der Schadensbetrag wie folgt:


Im Rahmen seiner Beweiswürdigung führte das Erstgericht mehrfach aus, dass es sich bei der Schadensfeststellung auf die vom Sachverständigen DI F* in dessen zweiten Gutachtensergänzung (ON 77) ermittelten Bandbreiten gestützt habe (US 7 f).
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht zusammengefasst aus, dass die vom Beklagten gelieferte Melkanlage mangelhaft und für die festgestellten Schäden im Betrieb des Klägers ursächlich gewesen sei. Der Beklagte habe für diese Schäden aufzukommen. Anhaltspunkte für ein Mitverschulden des Klägers oder für eine Verletzung von dessen Schadensminderungspflicht habe das Beweisverfahren nicht erbracht. Bei der Schadensfeststellung sei von den vom Sachverständigen ermittelten Bandbreiten auszugehen, jedoch im Ergebnis im Hinblick auf die im Zivilprozess geltenden Beweislastregeln (RS0037797) jeweils von der für den beweispflichtigen Kläger „schlechteren“ Variante. Auf diese Weise ergebe sich ein angemessener Schadensbetrag von EUR 158.305,72, von dem die unstrittig geleistete Zahlung von EUR 50.000,00 in Abzug zu bringen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne eines weiteren Zuspruchs von EUR 35.717,62 sA abzuändern; in eventu wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Der Beklagte strebt mit seiner – über weite Strecken seinen Schriftsatz ON 57 vom 12. Jänner 2023 wörtlich zitierenden – Berufungsbeantwortung die Bestätigung des Ersturteils an.
Die Berufung ist berechtigt .
Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass der Mängelrüge des Klägers insofern Berechtigung zukommt, als das Erstgericht die Anwendbarkeit des § 273 Abs 1 ZPO zu Unrecht verneint hat.
1.4. Mit Rechtsrüge ist überprüfbar, ob das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO richtig ist. Bei dieser Überprüfung sind die für die Schadenshöhe maßgebenden Faktoren zugrunde zu legen. In jenem Rahmen, in dem der Beweis der Höhe des Schadens nicht erbracht werden konnte, also nur mehr oder weniger wahrscheinliche Annahmen möglich sind, ist der Schaden nach dem Ermessen des Gerichts festzusetzen (RS0040341). Soweit es darum geht festzustellen, was eine Person unter bestimmten Voraussetzungen erworben hätte, ist volle Gewissheit nicht zu erwarten, wohl aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit erforderlich, die unter Zugrundelegung des Wissensstands zur Zeit des Verhandlungsschlusses erster Instanz zu beurteilen ist (RS0022483). Der OGH hat zB in 9 Ob 12/23i ausgesprochen, dass das für die Beurteilung des (dort) geltend gemachten Anspruchs auf Verdienstentgang anzuwendende Beweismaß jenes der überwiegenden Wahrscheinlichkeit und nicht der vollen Gewissheit ist (RS0022483 [T7]). Auch das fiktive Einkommen kann zumeist nur aufgrund hypothetischer Feststellungen über einen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Geschehensablauf beurteilt werden. Jeder künftige Verdienstentgang kann – wie jeder künftige Schaden – nur mit einem Durchschnittswert veranschlagt werden (vgl RS0030876). Insbesondere dann, wenn die klägerischen Ansprüche für einen längeren Zeitraum geltend gemacht werden (hier: für mehrere Jahre), lässt sich für die Beurteilung der Höhe der Ansprüche weder der untere noch der obere Grenzwert einer vom Sachverständigen ermittelten Bandbreite, sondern nur der Mittelwert heranziehen. Dies hat der OGH – in anderem Zusammenhang (Anspruch auf Mietzinsminderung über einen längeren Beobachtungszeitraum) – bereits ausgesprochen (vgl 3 Ob 2004/96v).
Auch der vom Erstgericht zitierte Rechtssatz RS0037797, wonach grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen hat, gilt nicht ausnahmslos: So sprach der OGH zB in 7 Ob 578/88 aus, dass der Kläger bei besonderen Schwierigkeiten bei der Beweisführung lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die behauptete Schadenshöhe zu beweisen hat (RS0037797 [T11]).
1.5. Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht zur Frage der Schadenshöhe ein Gutachten des Sachverständigen DI F* eingeholt (ON 51). Dieses wurde am 19. April 2023 ein erstes Mal (ON 60) und am 31. Juli 2024 ein zweites Mal ergänzt (ON 77, darin insbesondere S 10 ff; zu den exakten Zahlen siehe Punkt 4. „Zusammenfassung der Gesamtschadenshöhe“ auf S 20 ff). Der Sachverständige ging im Rahmen der Ermittlung der Schadenshöhe beim Soll-Bestand an Milchschafen von einer Bandbreite von zumindest 120 bis maximal 140 Milchschafen und von einer Soll-Milchmenge im Verkauf von 442,5 kg Milch pro Schaf und pro Jahr aus. Im Sinne der obigen Ausführungen ist daher der Mittelwert von 130 Milchschafen zugrunde zu legen. Für die zusätzlichen Bestandaufbaukosten mittelte der Sachverständige eine Bandbreite von EUR 10.000,00 bis [richtig:] EUR 20.000,00 aus, der Mittelwert beträgt EUR 15.000,00. Dieser Mittelwert wurde im zweiten Ergänzungsgutachten sowohl in der Variante 1 (S 21) als auch in der Variante 2 (S 23) zugrunde gelegt. Auch beim zusätzlichen Melk-aufwand (Mehraufwand für schadenskausale Arbeitszeit) ermittelte der Sachverständige eine Bandbreite von EUR 8.037,38 bis EUR 41.423,42 und legte bei beiden Varianten jeweils den Mittelwert von EUR 24.730,40 zugrunde (vgl S 21 für Variante 1 und S 23 für Variante 2). Auf diese Weise ermittelte der Sachverständige im Rahmen eines Soll-Ist-Vergleichs auch eine Bandbreite für den vom Kläger insgesamt erlittenen Schaden. Dabei ging er in seiner Varian-te 1 (Soll-Bestand von 120 Milchschafen) von einem Gesamtschaden von EUR 179.998,74 (ON 77, S 21) und in seiner Variante 2 (Soll-Bestand von 140 Milchschafen) von einem Gesamtschaden von EUR 208.047,94 aus (S 23). Diese Bandbreite bildet die Grundlage für die vom Gericht zu treffende Ermessensentscheidung (RS0040440 [T1]).
1.6. Auf Basis des zweiten Ergänzungsgutachtens des DI F* ist der vom Kläger erlittene Gesamtschaden daher mangels anderer Anhaltspunkte in Höhe des Mittelwerts der vom Sachverständigen ermittelten Bandbreite (mind. EUR 179.998,74 und max. EUR 208.047,94) festzusetzen, somit im Betrag von EUR 194.023,34 sA. Abzüglich der vom Beklagten bereits bezahlten EUR 50.000,00 steht dem Kläger daher ein Anspruch von restlich EUR 144.023,34 sA zu.
2. Zur Tatsachenrüge:
Soweit der Kläger die vom Erstgericht zur Schadenshöhe getroffenen „Feststellungen“ auf US 4 (4. und 5. Absatz) und auf US 5 (die beiden ersten Absätze in Tabellenform) bekämpft und stattdessen die sich aus dem zweiten Ergänzungsgutachten des Sachverständigen DI F* ergebenden Mittelwerte als entsprechende Ersatzfeststellungen begehrt (Berufung, S 7), ist er auf die Ausführungen unter Punkt 1. zu verweisen. Das Erstgericht hat die Ermittlung der Schadenshöhe erkennbar auf das zweite Ergänzungsgutachten des DI F* gestützt (siehe insbesondere Beweiswürdigung auf US 8). Die Ausführungen des Erstgerichts auf US 4, dass „von einem Soll-Bestand an Milchschafen von 120 ab dem Jahr 2019“ ausgegangen werde und dass „dem Kläger in seinem landwirtschaftlichen Betrieb ein Schaden von insgesamt EUR 158.305,72 entstanden“ sei, sind in Wahrheit keine Tatsachenfeststellungen, sondern die in Zahlen gegossenen Schlussfolgerungen aus einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung (Beweislastentscheidung anstatt Anwendung des § 273 ZPO). Insbesondere aus den Ausführungen im Rahmen der erstgerichtlichen Beweiswürdigung (US 8, 3. Absatz) ist eindeutig ersichtlich, dass auch das Erstgericht die vom Sachverständigen ermittelte Bandbreite seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat. In weiterer Folge hat das Erstgericht offenbar gemeint, es müsse auf Basis der von ihm getroffenen Beweislastentscheidung die Untergrenze der vom Sachverständigen ermittelten Bandbreite des Schadens in tatsächlicher Hinsicht feststellen. Das wäre selbst im Fall einer Beweislastentscheidung nicht von den Verfahrensgesetzen gedeckt, weil die Beweislast nur dann eine Rolle spielen kann, wenn keine bestimmten Feststellungen getroffen werden können. Das bedeutet umgekehrt auch, dass die Anwendung einer Beweislastregel niemals zu einer (positiven) Tatsachenfeststellung führen kann, weil die Beweislastregel eben erst dann anzuwenden ist, wenn keine bestimmten Tatsachenfeststellungen getroffen werden konnten (vgl dazu etwa Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka, ZPO 5 Vor § 266 Rz 11).
Weil die bekämpfte „Tatsachenfeststellung“ einschließlich der in die Urteilsfeststellungen nur selektiv aufgenommenen Tabellen des Gutachtens lediglich das Ergebnis einer vom Berufungsgericht nicht geteilten Rechtsansicht und daher nicht entscheidungsrelevant ist, braucht auf die Tatsachenrüge des Klägers nicht eingegangen zu werden. Das Berufungsgericht legt ohnehin die auch vom Erstgericht als Entscheidungsgrundlage herangezogenen Bandbreiten zu Grunde, sodass sich die Frage einer Beweiswiederholung von vornherein nicht stellt.
3. Im Ergebnis ist das Ersturteil – in Stattgabe der Berufung des Klägers – dahin abzuändern, dass der Beklagte dem Kläger noch weitere EUR 35.717,62 sA, daher insgesamt EUR 144.023,34 sA, zu bezahlen hat, und dass das Leistungsmehrbegehren im Umfang von (nur mehr) EUR 310.555,06 sA abzuweisen ist. Die Abweisung des Feststellungsbegehrens ist bereits unbekämpft in Rechtskraft erwachsen.
4. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO.
5. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung keine Rechtsfragen von der nach § 502 Abs 1 ZPO geforderten erheblichen Bedeutung aufwirft.