Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden, Dr. Werner Gratzl und Mag. Christine Mayrhofer in der Insolvenzsache der Schuldnerin Mag. Dr. A*, MAS, LL.M. , geboren am **, ehemalige Rechtsanwältin, **straße **, ** (Masseverwalter: Dr. B* C*, Rechtsanwalt in Salzburg), über den Rekurs der Schuldnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 29. April 2025, S*-69, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 25. Juni 2024 (ON 2), bestätigt mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz vom 22. Juli 2024, 2 R 97/24h, wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Konkursverfahren eröffnet und Dr. B* C* zum Masseverwalter bestellt.
Die Schuldnerin hat bereits Ablehnungs- und Enthebungsanträge (vom 14. Oktober 2024, ON 44, und 3. Dezember 2024, ON 54) gegen den Masseverwalter gestellt, deren Abweisung durch das Erstgericht über Rekurs der Schuldnerin vom Rechtsmittelgericht mit Beschluss vom 14. März 2025, 2 R 20/25m-64, bestätigt wurde.
Mit ihrer Eingabe vom 20. März 2025 (ON 66) beantragt die Schuldnerin nun zur Sicherung ihres Lebensunterhalts sowie zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Unterhaltspflichten die Auszahlung eines monatlichen Betrags aus der Insolvenzmasse (EUR 1.080,00 seit 25. Juni 2024). Sie befinde sich in prekären finanziellen Verhältnissen und die von ihr bezogene Pension von EUR 644,90 monatlich erlaube weder eine ausreichende Finanzierung der ärztlichen Behandlungen noch des Haushalts und der Unterhaltsverpflichtungen gegenüber zwei Kindern.
Mit ihrem weitere Antrag vom 8. April 2025 (ON 67) strebt die Schuldnerin neuerlich die Enthebung des Insolvenzverwalters Dr. B* C* an. Dieser sei aufgrund direkter und indirekter Verbindungen zum ehemaligen Ehegatten der Schuldnerin DI D* E* und dessen Bauunternehmen E* GmbH als befangen anzusehen. Der Bruder des Insolvenzverwalter Notar Dr. F* C* und sein Kompagnon Notar Dr. G* H* hätten gemeinsam ihr Notariat vom Onkel des Ex-Gatten der Schuldnerin Dr. I* J* übernommen. Diese Notariatskanzlei habe sämtliche Verträge für den Ex-Gatten der Schuldnerin und für dessen Unternehmen errichtet. Zudem bestünden Kontakte des Insolvenzverwalters in seiner Funktion als Mitglied des Gemeinderats sowie als Klubobmann der Bürgerliste der Stadt K* in Bau- und Sportangelegenheiten zum zur gleichen Zeit beim L* als Sportfunktionär tätigen Dr. M* N*, wobei Letzterer die Rechtsvertretung des Ex-Gatten der Schuldnerin ausgeübt habe. Die Aussage des Insolvenzverwalters, dass er mit der Rechtsanwaltskanzlei N*/O* keinerlei Berührungspunkte habe, sei daher unrichtig. Auch aus der Aussage des Insolvenzverwalters, dass er im Aufteilungsverfahren einen Vergleich schließen werde und der Schuldnerin lediglich ein Widerspruchsrecht zukomme, belege, dass er befangen sei. Auch habe der Insolvenzverwalter durch unrichtige Einmeldung an die Sozialversicherung der Selbständigen einen Abzug von ihrer Pensionsauszahlung zu verantworten.
In seiner Stellungnahme (ON 68) zu den Anträgen ON 66 und ON 67 listete der Insolvenzverwalter zunächst sämtliche Auszahlungen aus dem Massekonto an die Schuldnerin während des Insolvenzverfahrens auf, welche im Wesentlichen die Gehaltszahlungen der Firma E* GmbH, die auf das Massekonto überwiesen worden seien, umfassten. Er verwies darauf, dass gemäß § 5 Abs 1 IO ein Schuldner keinen Anspruch auf Unterhalt aus der Masse habe. Jenes Einkommen, das die Schuldnerin durch eigene Tätigkeit erworben habe, sei ihr gemäß § 5 Abs 1 IO ohnedies überlassen worden. Ihr stünden an monatlicher Pension derzeit netto EUR 611,59 (14-mal jährlich) sowie die Wohnmöglichkeit an der Liegenschaft **straße ** in ** zur Verfügung. Ein weiterer Unterhalt könne der Schuldnerin schon deshalb nicht gewährt werden, weil die Unzulänglichkeit der Masse bestehe, weshalb keine Mittel vorhanden seien, um Unterhalt aus der Insolvenzmasse zu leisten. Das Guthaben auf dem Massekonto betrage EUR 10.187,15.
Im Übrigen seien die Behauptungen im neuerlichen Enthebungsantrag unrichtig. Richtig sei, dass sein Bruder Dr. F* C* öffentlicher Notar in K* sei und bei diesem seine Tochter Mag. P* C* als Substitutin tätig sei. Welche Klienten die Notariatskanzlei H* C* vertrete, unterliege der Verschwiegenheitspflicht und sei ihm nicht bekannt. Kontakte und Verbindungen zu Dr. I* J* als angeblichem Onkel des ehemaligen Ehegatten der Schuldnerin bestünden nicht, weil seine Tätigkeit im Gemeinderat der Stadt K* und die Tätigkeit von I* J* in diesem zehn Jahre auseinanderlägen und sie sich nicht überschnitten. Dr. J* sei 2019 verstorben.
Auch sei er nicht gleichzeitig mit Dr. M* N* in der Gemeinde K* politisch tätig gewesen. Dessen Gattin Q* N* kenne er nicht. Er habe nichts mit ihr zu tun. Der Ehegatte der Schuldnerin, DI D* E*, werde nicht von Dr. M* N*, der seit 2020 emeritierter Rechtsanwalt sei, sondern von Rechtsanwältin Mag. R* O* vertreten. Zu ihr bestehe kein wie immer geartetes Naheverhältnis. Auch der Vorwurf, das Aufteilungsverfahren nicht mit Nachdruck zu betreiben, verfange nicht, weil einziger Grund, warum es bisher zu keiner Verhandlung im Verfahren gekommen sei, darin liege, dass die Schuldnerin mehrfach Rechtsmittel erhoben habe, die das Verfahren verzögerten. Gegenteilig führten die ständig wiederkehrenden falschen Behauptungen in Richtung seiner Enthebung nicht zu seiner Unterstützung in der Prozessführung. Es gäbe insgesamt keine Umstände, die seine Unabhängigkeit in Zweifel zögen.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Antrag der Schuldnerin auf Auszahlung von Beträgen vom Massekonto zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts ebenso ab wie den Antrag auf Ablehnung und Enthebung des Masseverwalters.
Es führte begründend aus, dass gemäß § 5 Abs 1 IO weder der Schuldner noch die Familienangehörigen des Schuldners Anspruch auf Unterhalt aus der Insolvenzmasse hätten. Was der Schuldner aus eigener Tätigkeit erwerbe und was ihm während des Insolvenzverfahrens unentgeltlich zugewendet werde, sei ihm zu überlassen, soweit es zu einer bescheidenen Lebensführung für ihn und für diejenigen, die gegen ihn einen gesetzlichen Anspruch auf Unterhalt hätten, unerlässlich sei. Gesetzliche Unterhaltsforderungen gegen den Schuldner, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstünden, bildeten keine Insolvenz- oder Masseforderungen. Laufende Unterhaltsansprüche können somit nicht gegen die Insolvenzmasse geltend gemacht werden, sondern seien vom Schuldner aus dem insolvenzfreien Vermögen zu begleichen. Lediglich das Existenzminimum verbleibe während eines Insolvenzverfahrens in der Rechtszuständigkeit des Schuldners. Daraus solle der Schuldner grundsätzlich seinen Unterhalt bestreiten. Hier sei der Schuldnerin zum einen das Pensionsgeld überlassen worden, zum anderen stehe ihr die Liegenschaft **straße **, **, zur Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses zur Verfügung. Der Schuldnerin seien des weiteren auch die Gehaltszahlungen der E* GmbH überlassen worden. Aus diesen Einkünften habe sie ihren Unterhalt und ihre Unterhaltsverpflichtungen zu bestreiten.
Die neuerliche Kritik und die neuerlichen Gründe für eine Enthebung des Insolvenzverwalters bildeten nach der Rechtsprechung und Lehre zu § 87 IO keinen entsprechend gewichtigen Grund, um zu einer Enthebung zu gelangen. Die aufgezeigten familiären Beziehungen zur Notariatskanzlei C*/H* wiesen auf keine Abhängigkeit des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren hin. Die aufgezeigten Verflechtungen seien für das Gericht ausnahmslos nachvollziehbar und der Verwalter verhalte sich stets pflicht- und verantwortungsbewusst. Auch die behaupteten politischen Beziehungen zu Dr. I* J* und seine Funktionen in der Gemeinde K* hätten keinen profunden Zusammenhang ergeben und ergäben sich schon wegen fehlender zeitlicher Überschneidungen keine Berührungspunkte. Weder im Rahmen seiner politischen Funktion in der Gemeinde noch durch seine Tätigkeit als Rechtsanwalt bestehe ein Naheverhältnis zu den Rechtsanwälten der Kanzlei N* O*. Der Insolvenzverwalter hätte glaubhaft aufzeigen können, dass er sehr wohl bemüht sei, das Aufteilungsverfahren voranzutreiben. Die Schuldnerin habe insgesamt keine Umstände dargelegt, die nicht vom Masseverwalter schlüssig und nachvollziehbar entkräftet worden seien. Die Anträge seien damit abzuweisen.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Schuldnerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne der Stattgabe der Anträge abzuändern; in eventu wird die Aufhebung des Beschlusses begehrt.
Der Masseverwalter beantragt in seiner Rekursbeantwortung die Bestätigung der erstgerichtlichen Entscheidung.
Dem Rekurs kommt keine Berechtigung zu.
Bevor auf die einzelnen Argumente des Rekurses einzugehen ist, ist festzuhalten, dass im Verfahren erst kürzlich die Abweisung von Anträge der Schuldnerin vom 14. Oktober 2024 und 3. September 2024 auf Enthebung des Insolvenzverwalters durch das Erstgericht vom Rekursgericht mit Entscheidung vom 14. März 2025 (2 R 20/25m-63) bestätigt wurde.
Zu den einzelnen Rekursargumenten:
Auch in ihren neuerlichen Anträgen macht die Schuldnerin als Verfahrensmangel geltend, dass sie vor der erstgerichtlichen Entscheidung über ihre Anträge (zur Widerlegung der Äußerungen des Insolvenzverwalters zu ihren Anträgen) nicht angehört worden sei.
Noch einmal ist darauf zu verweisen, dass § 87 Abs 3 IO vor der Entscheidung über die Enthebung des Insolvenzverwalters lediglich eine Vernehmung der Mitglieder des Gläubigerausschusses und – wenn tunlich – des Insolvenzverwalters vorsieht, nicht jedoch eine solche des Schuldners (OLG Linz 2 R 132/19y; § 87 Abs 3 IO).
Soweit die Schuldnerin ihr rechtliches Gehör vor der Entscheidung über ihren Antrag auf Auszahlung von Beträgen vom Massekonto zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts verletzt sieht, ist festzuhalten, dass wegen der Neuerungserlaubnis (§ 260 Abs 2 IO) im Insolvenzverfahren die Verletzung des rechtlichen Gehörs nur dann einen beachtlichen Verfahrensmangel darstellt, wenn er die erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Sache verhinderte. Dazu muss die Relevanz des Mangels aufgezeigt werden.
Auch in ihrem Rekurs bringt die Schuldnerin zu dieser Relevanz keine inhaltlich tragenden Argumente vor. Warum die begehrte Auszahlung von Beträgen aus dem Massekonto zuzuerkennen sei und dazu die erschöpfende und gründliche Beurteilung unterblieben wäre wird im Rekurs nicht konkretisiert. Die Schuldnerin geht nicht darauf ein, dass Masseunzulänglichkeit herrscht. Des weiteren fehlen Ausführungen, auf welcher rechtlichen Grundlage, es zur Gewährung des Anspruchs kommen sollte. Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt damit insgesamt nicht vor ( Pesendorfer in KLS ² § 252 Rz 26).
Das bloße Anführen des familiären und gesellschaftlichen Umfelds des Insolvenzverwalters durch die Schuldnerin – sei es, dass sein Bruder in K* eine Notariatskanzlei führt (H* C* Notare), sei es seine frühere Tätigkeit als Gemeinderat – zeigen letztlich keine substantiellen und konkreten Berührungspunkte auf, die auch bei objektiver Betrachtung nur den Anschein einer Befangenheit begründeten. Die zum neuerlichen Antrag auf Enthebung des Insolvenzverwalters vorgelegten Urkunden (Beilagen zu ON 67) tragen die von der Schuldnerin aufgestellten (bloßen) Behauptungen eines „Netzwerks“ in keiner Weise.
Auch die zum Teil wiederholten Vorwürfe gegenüber dem Insolvenzverwalter in Bezug auf die von ihm ausgeübte Tätigkeit im Insolvenzverfahren können nicht – wie bereits im Beschluss vom 14. März 2025, 2 R 20/25m-63, ausgeführt, zu gravierenden pflichtverletzenden Fehlleistungen führen. Auch die hier vorgebrachten Meinungsverschiedenheiten zwischen der Schuldnerin und dem Insolvenzverwalter beruhen im Wesentlichen auf dem Verlust ihrer unternehmerischen Entscheidungskompetenz. Ein Nichtbefolgen von Weisungen des Gerichts oder der Wegfall der Vertrauensbasis ergibt sich anhand der Bemängelungen der Schuldnerin nicht ( Reischin KLS² Rz 2ff zu § 87 IO mwN). Konkrete stichhaltige Argumente gegen die Gesetzestreue, Korrektheit, Sorgfalt und Charakterstärke, sowie das Pflichtbewusstsein des Insolvenzverwalters werden nicht vorgebracht.
Soweit die Schuldnerin von mehreren Tausend Euro an Schaden, die ihr der Verwalter zugefügt habe, spricht, liegen dazu weder stichhältige Bescheinigungs- noch Beweismittel vor.
Soweit der Rekurs inhaltlich Ausführungen zu Sachverhalten enthält, die im Enthebungsantrag noch keine (konkrete) Erwähnung fanden und deshalb auch nicht Gegenstand der Äußerungen des Insolvenzverwalters und der angefochtenen Entscheidung waren bzw sein konnten, folgt daraus, dass die Schuldnerin mit ihrem Rechtsmittel keine Überprüfung dieser Entscheidung, sondern eine neue Beurteilung der Tätigkeit des Insolvenzverwalters auf anderer Tatsachengrundlage anstrebt, was aber nicht Zweck und Aufgabe des Rekursverfahrens ist (OLG Linz 2 R 132/19y). Insgesamt zeigt die Schuldnerin zu ihren Behauptungen keine konkreten Zusammenhänge auf, aus denen sich - wie von ihr behauptet - ergeben würde, dass der Insolvenzverwalter selektiv, fehlerhaft und aufgrund einer einseitigen Wahrnehmung entscheiden würde.
Wenn die Schuldnerin letztlich anzudeuten sucht, dass ihr das Landesgericht Salzburg unterstelle, dass sie keine Umstände darlegen habe können und sie die Stellungnahme des Insolvenzverwalters nicht schlüssig und nachvollziehbar entkräften habe können und sie darauf verweist, dass ihr das nur wegen des fehlenden rechtlichen Gehörs nicht möglich gewesen sei, liegt dem offenbar ein Missverständnis zugrunde:
Das Erstgericht hat in seinem Beschluss lediglich festgehalten, dass von der Schuldnerin keine Umstände hätten dargelegt werden können, die nicht vom Insolvenzverwalter schlüssig und nachvollziehbar hätten entkräftet werden können. Damit führte aber das Erstgericht gerade nicht aus, dass die Schuldnerin keine Entkräftigungen betreffend die Stellungnahme des Insolvenzverwalters vorgenommen habe. Vielmehr ergibt sich aus der Stellungnahme des Verwalters zum Enthebungsantrag, dass die Behauptungen der Schuldnerin in ihrem Enthebungsantrag unbegründet sind.
Alles in allem sieht sich das Rekursgericht durch das Rechtsmittel der Schuldnerin nicht zu einer Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Beschlusses veranlasst.
Es musste daher dem Rekurs ein Erfolg versagt bleiben. Die Unzulässigkeit eines weiteren Rechtsmittels folgte aus den §§ 252 IO, 528 Abs 2 Z 2 ZPO.
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