Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A* B* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbaren Handlung über die Berufungen beider Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 26. Juni 2024, GZ Hv*-46, sowie über die (implizierte) Beschwerde des A* B* gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss nach § 494a Abs 6 StPO nach der in Anwesenheit des EStA Mag. Neher als Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts, der Angeklagten und ihrer Verteidiger Mag. Rittinger und Mag. Haselbrunner durchgeführten Berufungsverhandlung vom 3. April 2025
I./ zu Recht erkannt:
Den Berufungen der Angeklagten wird nicht Folge gegeben.
Hingegen wird der Berufung der Staatsanwaltschaft teilweise Folge gegeben und der C* betreffende Strafausspruch dahin abgeändert, dass der für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Teil der Freiheitsstrafe auf 16 Monate reduziert wird.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
II./ beschlossen:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil – das auch einen rechtskräftigen Freispruch enthält - wurden A* B* und C* jeweils des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB, der Zweitangeklagte diesbezüglich als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB, und A* B* weiters der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt und hierfür der Erstangeklagte zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren, der Zweitangeklagte zu einer im Umfang von 18 Monaten unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 24 Monaten und beide gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Verfahrenskosten verurteilt.
Danach hat
I./ A* B*
1./ am 15.September 2023 in ** eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Glasscheibe, durch Dagegenschlagen mit der Faust beschädigt und
2./ am 31. Oktober 2023 in ** die schwer alkoholisierte D* E* mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes genötigt, indem er sie mit seinem Oberkörper auf die Couch drückte, ihre Beine auseinander zwängte und trotz Gegenwehr in Form von Tritten den Vaginalverkehr an ihr vollzog und
II./ C* zu der unter Punkt I./2./ angeführten strafbaren Handlung des A* B* dadurch beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), dass er D* E*, während sie sich zur Wehr setzte, am Körper erfasste, niederdrückte und B* in seinem Tatplan bestärkte, indem er E* selbst einen Kuss aufzwang, sich mit ihm unterhielt und während des Vollzugs des Vaginalverkehrs im selben Raum anwesend war (US 5 f; vgl Beschluss des OGH ON 71.3, S 2).
Im Adhäsionserkenntnis wurde – soweit hier relevant - der Erstangeklagte zur Zahlung eines Betrags von EUR 2.500,-- und der Zweitangeklagte zur Zahlung eines Betrags von EUR 1.000,00 jeweils an die Privanbeteiligte D* E* verpflichtet.
Mit gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO gefasstem Beschluss wurde vom Widerruf der dem Erstangeklagten mit Urteil des Bezirksgericht Vöcklabruck vom 1. Februar 2023 zu AZ U* gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen; gemäß Abs 6 leg cit wurde die diesbezügliche Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
Gegen dieses Urteil richten sich – nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des C* wegen des Ausspruchs über die Schuld mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 22. Jänner 2025 (ON 71.3) - die Berufungen des Erst- (ON 56.2) und des Zweitangeklagten (ON 55.2) je wegen der Aussprüche über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche und die (rechtzeitig angemeldete ON 1.44; ON 1.7.24) Berufung der Staatsanwaltschaft. Mit dem Rechtsmittel des Erstangeklagten impliziert ist eine Beschwerde gegen den nach § 494a Abs 6 StPO gefassten Beschluss. Die Angeklagten streben mit ihren Rechtsmitteln jeweils eine Herabsetzung der verhängten Freiheitsstrafen unter Gewährung (teil-)bedingter Strafnachsicht und die Verweisung der Privatbeteiligten D* E* auf den Zivilrechtsweg an. Das Rechtsmittel der Anklagebehörde zielt primär auf eine Anhebung der Sanktionen ab.
Die Privatbeteiligte D* E* äußerte sich ablehnend zu den Rechtsmitteln der Angeklagten (ON 67.2; ON 68.2).
Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht beim Erstangeklagten mildernd die teilweise geständige Verantwortung zum Vorwurf des Vergehens der Sachbeschädigung (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB), erschwerend hingegen das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit einem Vergehen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) und die Tatbegehung während offener Probezeit.
Beim Zweitangeklagten berücksichtigte es mildernd seinen bisherigen ordentlichen Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), erschwerend demgegenüber keinen Umstand.
Diese Strafzumessungskataloge bedürfen dahingehend einer Korrektur, als beide Angeklagte als weitere Erschwerungsgründe die festgestellte Verletzungsfolge beim Opfer in Form eines Hämatoms (US 5 iVm ON 2.24; vgl RIS-Justiz RS0091022), das konkrete Auftreten als Tätermehrheit sowie die besondere Belastung des Opfers durch den erzwungenen ungeschützten Geschlechtsverkehr samt daraus resultierender hormoneller Behandlung zur Verhinderung einer ungewollten Schwangerschaft und Postexpositionsprophylaxe (ON 2.9, S 7; ON 16, S 12; ON 38, S 8; vgl 12 Os 133/17a) gegen sich gelten lassen müssen.
Klarzustellen ist mit Blick auf den Erstangeklagten weiters, dass durch eine Tatbegehung während offener Probezeit keine Erhöhung der Strafbemessungsschuld iSd der Annahme eines besonderen Erschwerungsgrundes eintritt, sondern dieser Umstand im Rahmen allgemeiner Überlegungen nach § 32 StGB zu beachten ist (vgl Riffel in WK 2 StGB § 33 Rz 10). Entgegen den Ausführungen der Staatsanwaltschaft (ON 53, S 2) ist eine Verurteilung nach § 27 Abs 1 (ausschließlich) erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG auch nicht als auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Tat zu werten.
Auch wenn auf Basis der getroffenen Feststellungen, wonach sich die Tathandlungen des Zweitangeklagten während des Vollzugs des Vaginalverkehrs durch den Erstangeklagten auf ein (psychologisches) Bestärken beschränkten, entgegen den Ausführungen der Staatsanwaltschaft nicht von einer unmittelbaren Täterschaft auszugehen ist, so kann doch auch seiner Argumentation, wonach er lediglich einen untergeordneten Tatbeitrag geleistet habe, schon mit Blick auf die festgestellten Handlungen des (vorherigen) Niederdrückens des Opfers und Aufzwingens eines Kusses nicht gefolgt werden. Für die Annahme des Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 6 StGB bleibt vor diesem Hintergrund kein Raum.
Ausgehend von einem Strafrahmen von jeweils zwei bis zehn Jahren Freiheitsstrafe und unter Berücksichtigung der genannten besonderen und allgemeinen Strafzumessungskriterien sowie spezial- und generalpräventiver Überlegungen erweisen sich die vom Erstgericht festgesetzten Sanktionen insgesamt als nicht reduzierbar, aber auch nicht anhebungsbedürftig.
Dem Erstgericht ist auch grundsätzlich darin beizupflichten, dass beim Zweitangeklagte ein Vorgehen nach § 43a Abs 3 StGB vor allem mit Blick auf die vorliegende Beitragstäterschaft in der konkreten Ausgestaltung bei bisheriger Unbescholtenheit (gerade noch) möglich ist, allerdings war die Anhebung des unbedingten Strafteils auf das höchstmögliche Ausmaß (von acht Monaten) vor allem mit Blick auf den konkreten Unwert der Tat angezeigt, um dem Zweitangeklagten ein hinlängliches Zeichen zu setzen, um ihn hinkünftig von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten.
Eine auch nur teilweise bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe scheiterte beim Erstangeklagten schon am konkreten Strafmaß.
Nicht im Recht sind auch die gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche der D* E* gerichteten Berufungen der Angeklagten. Gemäß § 1328 ABGB gebührt jemandem, der durch eine strafbare Handlung zur Beiwohnung oder sonst zu einer geschlechtlichen Handlung missbraucht wird, nicht nur der Ersatz des erlittenen Schadens und des entgangenen Gewinns, sondern – zusätzlich – eine angemessene Entschädigung für die erlittene Beeinträchtigung. Dieser Ersatzanspruch soll einen Ausgleich für die Beeinträchtigung der sexuellen Selbstbestimmung und für die mit dem Eingriff unmittelbar verbundenen oder in weiterer Folge daraus resultierenden negativen Gefühle (psychische Folgeschäden, Unlustgefühle durch soziale Ausgrenzung, Belastung durch juristische Aufarbeitung des Delikts, Bewusstsein einer ungewollten Schwangerschaft, Schmerzen bei Schwangerschaftsabbruch oder Geburt) bieten ( Hinteregger in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.06 § 1328 Rz 8). Damit bedarf es für einen auf § 1328 ABGB gestützten Zuspruch von immateriellem Schadenersatz nicht jedenfalls der Feststellung von behandlungsbedürftigen Krankheiten, erlittenen Schmerzen oder Schmerzperioden oder der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu diesen Fragen. Bei der Ermittlung der Höhe des Ersatzanspruchs kann nach herrschender Rechtsprechung im Sinne des § 273 ZPO auf eine Schätzung zurückgegriffen werden (RIS-Justiz RS0031614). Berücksichtigend, dass das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz bereits für verhältnismäßig geringfügige Eingriffe in die geschlechtliche Sphäre durch sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz Schadenersatz von mindestens EUR 1.000,00 vorsieht (§ 19 Abs 3 B-GlBG), sind die vom Erstgericht zuerkannten Beträge für sich genommen bezogen auf den jeweiligen Angeklagten, aber auch in Summe mit Blick auf den festgestellten Übergriff, die konkreten Tathandlungen und die dargestellten Tatfolgen keinesfalls überhöht. Entgegen den Ausführungen des Zweitangeklagten (ON 55.2, S 14) ist beim Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche auf die Einkommens- und Vermögenslage des Ersatzpflichtigen keine Rücksicht zu nehmen.
Aufgrund der neuerlichen Delinquenz war die Verlängerung der Probezeit im Verfahren U* des Bezirksgerichts Vöcklabruck betreffend den Erstangeklagten nicht zu beanstanden, wird dadurch doch ein ausreichender Bewährungszeitraum sichergestellt.
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