Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über den Einspruch des Angeklagten gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Linz vom 31. Dezember 2024, GZ1* (= GZ2* – 38 des Landesgerichts Linz) in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Der Einspruch wird abgewiesen.
Die Anklage ist rechtswirksam.
BEGRÜNDUNG:
Mit Anklageschrift vom 31. Dezember 2024, GZ1*, legt die Staatsanwaltschaft Linz dem am ** geborenen A* das Verbrechen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB zur Last (ON 38).
Demnach habe er im Zeitraum August bis Oktober 2021 in Dubai als Verantwortlicher der B* Ltd. bzw der C* FZCO mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, die deutsche Staatsbürgerin D (sowie E*) durch Täuschung über Tatsachen betreffend Investmentmöglichkeiten zu Handlungen, nämlich zur Überweisung von zu veranlagenden Geldern, verleitet, wodurch ein Vermögensschaden in einer insgesamt EUR 300.000,00 deutlich übersteigenden Höhe (Gesamtschaden: EUR 1.054.217,00) herbeigeführt worden sei, und zwar durch Vortäuschung einer sicheren und risikolosen Veranlagungsmöglichkeit in den „B* Fund“, insbesondere durch Vorspiegelung, dass das Investment vollständig durch breitgestreute Vermögenswerte („assets“) hinterlegt bzw abgebildet (abgesichert) sei, dass es somit kein Risiko geben würde, weil das eingesetzte Kapital niemals verloren gehen könne, dass eine Festverzinsung von mindestens sieben bis zwölf Prozent p.A. garantiert wäre und eine Rückzahlung binnen eines Jahres erfolgen würde, zu mehreren Überweisungen, nämlich
1. am 22. August 2021 zur Überweisung von 1.253.892,00 AED (umgerechnet zirka EUR 291.210,00), am 1. September 2021 zur Überweisung von 900.000,00 AED (umgerechnet zirka EUR 207.302,00) und im Oktober 2021 zur Überweisung von EUR 49.920,00 für den eigenen Investmentanteil von D* (geleistet durch F* für G*);
2. im September 2021 zur Überweisung von EUR 275.785,00 und EUR 230.000,00 durch E.
Dagegen richtet sich der rechtzeitige Einspruch des Angeklagten, der primär auf eine Einstellung des Verfahrens mangels inländischer Gerichtsbarkeit abzielt (ON 39).
Der Einspruch ist nicht berechtigt.
Im Fall eines Anklageeinspruches hat das Oberlandesgericht die Zulässigkeit der Anklage und die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes von Amts wegen nach allen Richtungen auf das Vorliegen der Voraussetzungen zu prüfen (vgl Birklbauer,WK StPO § 215 Rz 4).
Gemäß § 210 Abs 1 StPO ist Voraussetzung für die Einbringung einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft unter anderem das „Naheliegen“ einer Verurteilung aufgrund ausreichend geklärten Sachverhalts. Ausreichend geklärter Sachverhalt bedeutet, dass entsprechend dem Grundsatz der materiellen Wahrheit (§ 3 StPO) die Strafverfolgungsorgane alle be- und entlastenden Tatsachen, die für die Beurteilung der Tat und des Angeklagten von Bedeutung sind, sorgfältig ermittelt haben, sodass sie sich ein objektives Bild darüber machen können, wie sich die gegenständliche Tat zugetragen hat. Weiters muss aufgrund des ausermittelten Sachverhalts eine Verurteilung nahe liegen (Verurteilungswahrscheinlichkeit). Dazu muss ein einfacher Tatverdacht bestehen, was bedeutet, dass vom Gewicht der belastenden und entlastenden Indizien her bei deren Gegenüberstellung mit einfacher Wahrscheinlichkeit ein Schuldspruch zu erwarten sein muss. Dabei kommt es ausschließlich auf den Tatverdacht und nicht auf Rechtsfragen an (vgl BirklbaueraaO § 210 Rz 4 f). Die Einspruchsgründe sind in § 212 StPO taxativ aufgezählt.
Nach § 212 Z 1 StPO steht dem Angeklagten gegen die Anklageschrift Einspruch zu, wenn die zur Last gelegte Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst ein Grund vorliegt, der die Verurteilung des Angeklagten aus rechtlichen Gründen ausschließt. Dass die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, betrifft die Rechtsfrage, ob der angeklagte Lebenssachverhalt als prozessualer Tatbegriff – hypothetisch als erwiesen angenommen – unter den Tatbestand zumindest einer gerichtlich strafbaren Handlung zu subsumieren wäre (vgl Birklbauer , aaO § 212 Rz 4).
Der Angeklagte wendet in diesem Zusammenhang ein, dass mangels Strafbarkeit des anklagegegenständlichen Sachverhalts in Dubai keine inländische Gerichtsbarkeit gegeben sei und somit eine Verurteilung aus prozessualen Gründen nicht in Betracht komme.
Dass allerdings das unter Anklage gestellte Verhalten, ausgehend von den Annahmen der Staatsanwaltschaft, per se in Dubai nicht strafbar wäre, wird selbst im Einspruch nicht vorgebracht.
Das Einspruchsvorbringen kritisiert allem voran die Ausführungen des beigezogenen Rechtsgutachters Prof. Dr. H* (ON 34) und übersieht dabei, dass die vom Sachverständigen zitierten Bestimmungen des Artikel 399 und Artikel 404 des Strafgesetzbuches der VAE sich auf die zur Tatzeit geltende Rechtslage beziehen und der von Prof. Dr. OH angestellte Günstigkeitsvergleich nicht zu Gunsten der aktuellen (im Übrigen materiell nahezu deckungsgleichen) Rechtslage ausschlug (dazu insb S 9 f in ON 34.1).
Damit hat der Angeklagte als österreichischer Staatsbürger – der in der Anklageschrift dargelegten Verdachtslage folgend - durch die ihm zur Last gelegten Verhaltensweisen Taten begangen, die sowohl nach den Strafgesetzen der VAE als auch nach den in Österreich geltenden Strafgesetzen strafbar sind. Eine inländische Gerichtsbarkeit ist nach § 65 Abs 1 Z 1 StGB gegeben. Ein verfahrensrechtliches Verfolgungshindernis liegt somit nicht vor.
Sofern sich der Einspruchswerber inhaltlich darauf stützt, dass es sich um eine zivilrechtlich zu klärende Angelegenheit handle und es ihm insbesondere an einem Betrugsvorsatz fehle, stützt er sich der Sache nach auf den Einspruchsgrund des § 212 Z 2 StPO. Dieser ist jedoch nur dann erfüllt, wenn Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts trotz hinreichend geklärten Sachverhalts nicht ausreichen, eine Verurteilung des Angeklagten auch nur für möglich zu halten; nach Z 3 leg cit wäre ein Einspruch gegen die Anklage erfolgreich, wenn der Sachverhalt nicht so weit geklärt ist, dass eine Verurteilung des Angeklagten naheliegt (§ 212 Z 3 StPO).
Um der Entscheidung des erkennenden Gerichts nicht vorzugreifen, kommt eine Verfahrenseinstellung durch das Oberlandesgericht nach Z 2 nur dann in Betracht, wenn es der Überzeugung ist, dass der Angeklagte der Tat keinesfalls überwiesen werden könne, dass somit Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts trotz eingehender Ermittlungen nicht ausreichen, bei lebensnaher Betrachtung eine Verurteilung auch nur (entfernt) für möglich zu halten. Dem Oberlandesgericht kommt gleichsam eine Missbrauchskontrolle nur in jenen Fällen zu, in denen die Staatsanwaltschaft anklagt, obwohl so gut wie überhaupt keine Verurteilungsmöglichkeit besteht. Ansonsten ist über die erhobenen Vorwürfe bei vorhandener Verurteilungsmöglichkeit in der Hauptverhandlung zu entscheiden (vgl Birklbauer aaO § 212 Rz 18 f).
Die Ausführungen der Staatsanwaltschaft zum objektiven Tatgeschehen stützen sich (unter Angaben der Fundstellen) vordergründig auf die Aussage der Zeugin D* und die von ihr beigebrachten Unterlagen. Davon ausgehend ist auch die subjektive Tatseite durch das äußere Tatgeschehen indiziert. Der Angeklagte selbst hat sich bislang nicht geäußert, sodass auf allfällige Einwände nicht eingegangen werden kann.
Ebensowenig wurde das rechtliche Gehör des Angeklagten verletzt. Dieser hat von der ihm von der Staatsanwaltschaft eingeräumten Möglichkeit, sich zum Vorwurfzu äußern (§ 49 Abs 1 Z 4 StPO [ON 15]), allerdings keinen Gebrauch gemacht. Auch das Gutachten ON 34 wurde dem Verteidiger zur Kenntnis gebracht (ON 1.17) und eine gegenteilige Rechtsansicht von diesem nunmehr mit dem Einspruchsvorbringen zum Ausdruck gebracht.
Aufklärungsmängel, die das Erfordernis weiterer Ermittlungsschritte vor Anklageeinbringung bedingen würden (§ 212 Z 3 StPO), liegen ebenfalls nicht vor und werden auch nicht releviert. Inwieweit letztlich die Belastungsmomente in objektiver und subjektiver Hinsicht zu verifizieren sind und ausreichen, den Angeklagten im Sinne der Anklage zu überführen, muss dem erkennenden Gericht nach dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung vorbehalten bleiben, dem durch die Einspruchsentscheidung nicht vorzugreifen ist (§ 215 Abs 5 StPO).
Da andere Einspruchsgründe weder vorgebracht wurden noch angezeigt sind, ist die Anklageschrift rechtswirksam.
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu (§ 214 Abs 1 StPO).
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