Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Dr. Winsauer als Vorsitzenden, Dr. Morbitzer und Mag.a Reinberg im Verfahren zur Unterbringung des M***** M***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wels gegen den Beschluss der Vorsitzenden des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 17. März 2014, 7 Hv 177/13h-37, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
BEGRÜNDUNG:
In Ermittlungsverfahren gegen M***** M***** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB wurde vorerst über den Betroffenen am 25. September 2013 die Untersuchungshaft verhängt (ON 7, 8) und ab 8. November 2013 als vorläufige Anhaltung gemäß § 429 Abs 4 StPO iVm § 173 Abs 1 und 2 Z 3 lit a und d StPO (ON 19, 20, 25) fortgesetzt.
Am 30. Dezember 2013 beantragte die Staatsanwaltschaft Wels die Unterbringung des M***** M***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß §§ 21 Abs 1 StGB, 429 Abs 1 StPO (ON 26), weil er am 23. September 2013 in Wels unter dem Einfluss eines seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruhe, nämlich einer bipolaren affektiven Störung, einhergehend mit einer manischen Episode, Personen gefährlich mit dem eigenen Tod sowie jenen von Sympathiepersonen bedroht habe, und zwar
1. seine Ehegattin A***** M*****, seine Tochter T***** M***** sowie seinen Bruder E***** M***** durch die wiederholt getätigte sinngemäße Äußerung, er werde sich eine Waffe besorgen und sämtliche Mitglieder der Familie M***** umbringen;
2. seinen Bruder E***** M***** durch die Äußerung: "Ich werde dich umbringen! Ich mach euch alle fertig! Ich werde die ganze Familie töten und auch deinen Sohn!", wobei er ihn zur Untermauerung seiner Drohung am Hemdkragen gepackt, ihn geschüttelt und mit seiner Faust gegen ihn aufgezielt habe,
und hiedurch Taten begangen habe, die ihm, wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, als die Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB zuzurechnen wären.
Mit Urteil vom 17. März 2014 wies das Landesgericht Wels als Schöffengericht diesen Antrag ab (S 19 in ON 34); die Staatsan waltschaft Wels meldete dagegen sogleich bei Verkündung des Urteils Nichtigkeitsbeschwerde an (S 20 in ON 34).
Mit dem angefochtenen Beschluss hob die Vorsitzende in der nach der Hauptverhandlung auf Grund eines Enthaftungsantrages des Betroffenen durchgeführten Haftverhandlung unter Bezug auf das nicht rechtskräftige Urteil des Schöffengerichts die Anordnung der vorläufigen Anhaltung auf (ON 35), worauf der Betroffene entlassen wurde (ON 35a).
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wels (ON 35,36), mit der die Fortsetzung der vorläufigen Anhaltung des M***** M***** wegen Fremd gefährlichkeit und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a und d iVm § 429 Abs 4 StPO angestrebt wird. Der Betroffene beantragte in seiner Äußerung vom 1. April 2014 (§ 89 Abs 5 StPO) der Beschwerde nicht Folge zu geben.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Die Anordnung der Unterbringung gemäß § 21 Abs 1 StGB ist einem Strafurteil und die Ablehnung des Unterbringungsantrages einem Freispruch gleichzusetzen. Folglich kann ein Urteil über den Unterbringungsantrag nach § 433 Abs 1 StPO in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung im schöffen- und geschworenengerichtlichen Verfahren zum Vor- und Nachteil des Betroffenen mit den entsprechenden Rechtsmitteln angefochten werden. § 433 Abs 1 StPO spricht zwar nur von der sinngemäßen Anwendung der beiden Bestimmungen der §§ 281 und 283 StPO. Mangels Verankerung genereller Verfahrensregelungen in § 433 StPO erstreckt sich die sinngemäße Anwendung aber auch auf die verfahrensrechtlichen Bestimmungen zur Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung (vgl Murschetz WK-StPO § 433 Rz 1).
Somit ist § 284 Abs 3 StPO auch bei Abweisung eines Antrags auf Unterbringung und nachfolgender Aufhebung der vorläufigen Anhaltung des Betroffenen maßgeblich. Nach dieser Bestimmung darf ein zur Gänze freigesprochener Angeklagter nur dann weiter in Untersuchungshaft verbleiben, wenn die Staatsanwaltschaft sogleich bei Verkündung des Urteils die Nichtigkeitsbeschwerde anmeldet und nach den Umständen die Annahme begründet ist, dass sich der Angeklagte dem Verfahren durch Flucht entziehen werde (vgl Murschetz WK-StPO § 433 Rz 4; Ratz, WK-StPO § 284 Rz 14f mwN; Kirchbacher/Rami WK-StPO § 173 Rz 26; Fabrizy StPO11 § 433 Rz 3). Zudem ist nach § 284 Abs 3 dritter Satz StPO gegen die Entlassung eines Freigesprochenen kein Rechtsmittel zulässig, weswegen die von der Staatsanwaltschaft Wels erhobene Beschwerde zurückzuweisen war.
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
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