Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Dr. Winsauer als Vorsitzenden, Dr. Starlinger und Maga. Hemetsberger in der Strafsache gegen G***** K***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 1. Fall StGB über die Beschwerde des G***** K***** gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 22. Dezember 2011, 22 Hv 112/11b-47, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung:
In dem beim Landesgericht Linz als Schöffengericht geführten Strafverfahren gegen G***** K***** wegen des in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Linz vom 25. August 2011 zu 12 St 124/11t (ON 27) erhobenen Vorwurfs des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 1. Fall StGB wurde die Hauptverhandlung am 7. November 2011 unter anderem auch zur Einholung eines Gutachtens über die Schwere einer möglichen Körperverletzung, insbesondere einer möglichen psychischen Beeinträchtigung von J***** H*****, auf unbestimmte Zeit vertagt (S 32 in ON 35a).
Am 9. November 2011 bestellte die Vorsitzende des Schöffengerichts Mag. M***** L***** zur Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Psychologie.
Der Angeklagte wurde von dieser Bestellung unter Einräumung einer dreitägigen Äußerungs frist verständigt (ON 38a). Mit Schreiben vom 15. November 2011 (ON 39) wendete er gegen diese Bestellung ein, dass eine Sachverständige aus dem Fachgebiet der Psychologie weder Medikamente verschreiben, noch ärztliche Ratschläge erteilen oder Rezepte und dergleichen ausstellen könne. Die Abklärung einer allenfalls vorliegenden schweren Dauerfolge könne als rein medizinische Frage nur ein Sachverständiger aus dem Fachgebiet der Psychiatrie durchführen.
In der Stellungnahme vom 21. November 2011 (ON 40) führte die Sachverständige aus, warum sie fachlich geeignet sei, Befund und Gutachten im Sinn des Auftrags der Vorsitzenden des Schöffengerichts zu erstellen.
Am 22. Dezember 2011 wies das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluss die Einwendungen des Angeklagten vom 15. November 2011 als Einspruch gegen die Bestellung von Mag. M***** L***** zur Sachverständigen ab.
Die dagegen erhobene Beschwerde (ON 51) ist nicht zulässig.
Die Bestellung der Sachverständigen aus dem vom Angeklagten kritisierten Fachgebiet stellt dem Inhalt nach eine im Rahmen der diskretionären Gewalt getroffene Maßnahme dar (§ 254 Abs 2 StPO), die die Vorsitzende nicht nur vor der Hauptverhandlung, sondern naturgemäß auch zwischen einzelnen Hauptverhandlungsterminen ausüben kann (vgl Kirchbacher WK-StPO § 254 Rz 2,4 und 6). Im Zwischenverfahren ist in kollegialgerichtlichen Strafprozessen die Vorsitzende dazu kompetent, (bisher noch nicht beigezogene) Sachverständige zu bestellen. Dies ergibt sich aus § 126 Abs 3 iVm § 210 Abs 2 iVm § 221 Abs 2 letzter Satz StPO (vgl Hinterhofer WK-StPO § 126 Rz 40).
Gemäß § 238 Abs 3 StPO steht gegen einen derartigen vom Vorsitzenden gefassten Beschluss ein selbständiges, die weitere Verhandlung hemmendes Rechtsmittel nicht zu. Die Beteiligten können sich in den Fällen ihnen nicht genehmer Entscheidungen des Vorsitzenden dagegen durch Antragstellung an das Schöffengericht gemäß § 238 StPO wehren und sodann im Fall eines abweisenden Beschlusses diesen mit auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil bekämpfen (Danek WK-StPO § 232 Rz 3)
Lediglich im Ermittlungsverfahren besteht gegen die Bestellung eines Sachverständigen durch den Staatsanwalt die Möglichkeit eines Einspruchs wegen Rechtsverletzung nach § 106 Abs 1 Z 1 StPO bzw einer Beschwerde an das Oberlandesgericht nach § 107 Abs 3 StPO (Fabrizy, StPO11 Rz 4 zu § 107). Auch nur im Ermittlungsverfahren kann bei gerichtlicher Kompetenz gegen einen Beschluss auf Bestellung eines Sachverständigen (unter Ablehnung der vorgebrachten Einwendungen) mit Beschwerde (§ 87 Abs 1 StPO) vorgegangen werden (Hinterhofer WK-StPO § 126 Rz 69).
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