Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dampf als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. a Hagen und Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafvollzugssache des A*wegen bedingter Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 22.10.2025, GZ **-7, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).
BEGRÜNDUNG:
A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Innsbruck die über ihn im Verfahren ** des Landesgerichts Linz wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1, Abs 3 Z 2 und Z 3, Abs 4 erster Fall (richtig:) FPG verhängte Freiheitsstrafe von 4 ½ Jahren. Die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe werden am 10.12.2025 erfüllt sein (vgl IVV-Auszug, Strafregisterauskunft sowie Urteilsausfertigung des Landesgerichts Linz).
Im Zuge amtswegiger Prüfung (§ 152 Abs 1 Z 1 StVG) beantragte der Strafgefangene seine bedingte Entlassung zum Hälftestichtag sowie eine Anhörung durch das Vollzugsgericht. Begründend brachte er vor, dass er aus dieser Strafe gelernt habe, wie wichtig Familie und Freiheit sei. Er wolle bei seiner Mutter bleiben und dieser helfen sowie sein eigenes Kind stolz machen. Er beantrage zudem „den § 133a“ und bitte, ihn nach Schweden abzuschieben, da er dort nicht nur zu seiner Familie, sondern sich ein neues Leben aufbauen und wieder als Schweißer und Lackierer arbeiten könne (ON 2.1).
Die Anstaltsleitung der Justizanstalt Innsbruck bescheinigt dem unbeschäftigt im Erstvollzug befindlichen Strafgefangenen unter Hinweis auf mehrere Ordnungswidrigkeiten (teils Abmahnungen, teils abgeschlossen mit Ordnungsstrafverfügungen) ein durchschnittliches Anstalts- und Sozialverhalten. Ausgehend davon bestünden gegen eine bedingte Entlassung zum Hälftestichtag Bedenken (ON 2.5).
Die Staatsanwaltschaft sprach sich in ihrer Stellungnahme aus spezial- und generalpräventiven Gründen gegen eine bedingte Entlassung aus (ON 4).
Mit dem angefochtenen Beschluss (der im Übrigen eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung enthält [vgl § 152a Abs 3 StVG]) lehnte das Vollzugsgericht nach Anhörung des Strafgefangenen (ON 5) die bedingte Entlassung zum Hälftestichtag ab, da derartige Straftaten einen hohen sozialen Störwert hätten, sodass generalpräventiv die weitere Verbüßung der Haft über die Hälfte hinaus erforderlich sei. Zudem werde eine Resozialisierungswilligkeit des Strafgefangenen angesichts seiner Ordnungswidrigkeiten und der Führung während der Haft nicht als gegeben erachtet.
Dagegen meldete der Strafgefangene unmittelbar nach Verkündung des Beschlusses und Rechtsmittelbelehrung Beschwerde an, verzichtete auf eine schriftliche Rechtsmittelausführung und ersuchte um direkte Vorlage an das Oberlandesgericht (ON 5, 2).
Der Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, kommt keine Berechtigung zu.
§ 46 Abs 1 StGB schreibt die bedingte Entlassung frühestens nach der Hälfte vor, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB (Anm.: Weisungen, Bewährungshilfe) anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Tat, des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit ( Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 15/1). Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzugs begonnene freiwillige Behandlung im Sinne von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall (vgl aber § 46 Abs 2 StGB) der Rest der Strafe bedingt nachzusehen ( Jerabek/Ropper aaO Rz 15).
Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt, so ist er gemäß § 46 Abs 2 StGB trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Gewichtige Umstände, welche sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen und strafbaren Verhaltens auffallend abheben, müssen ein Absehen von der vorzeitigen Entlassung unumgänglich erscheinen lassen. Dabei ist nicht nur der bloße Abschreckungseffekt bei potentiellen Tätern, sondern (im Sinne positiver Generalprävention) auch das Interesse an der Festigung genereller Normtreue in der Bevölkerung zu beachten. Diese Aspekte generalpräventiver Natur müssen aus der Schwere der Tat ableitbar sein; liegen sie vor, sind sie gleichrangig mit den Erfordernissen der Spezialprävention zu berücksichtigen. Eine aus spezialpräventiver Sicht durchaus zulässige bedingte Entlassung kann demnach auch allein wegen eines in der Schwere der Tat gelegenen (besonderen) generalpräventiven Grunds verweigert werden ( Jerabek/Ropper aaO Rz 16).
Nach der diesem Strafvollzug zugrundeliegenden Verurteilung hat der Beschwerdeführeram 10.09.2023 in ** und anderen Orten die rechtswidrige Einreise oder Durchreise von Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union mit dem Vorsatz gefördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, wobei die Tat in Bezug auf mindestens drei Fremde sowie auf eine Art und Weise, durch die die Fremden insbesondere während der Beförderung längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurden, begangen wurde, und zwar durch Beförderung von insgesamt 25 Fremden mit türkischer bzw. irakischer Staatsangehörigkeit ohne gültige Aufenthaltsberechtigung, welche er mit einem Klein-LKW der Marke **, Kz. **, über eine Fahrtdauer von zumindest ca. 8 bis 9 Stunden unter sehr beengten Platzverhältnissen im Laderaum (4 m x 2 m) ohne ausreichende Versorgung mit (kaltem) Wasser und Nahrung sowie ohne Pausen, um ein Aussteigen oder die Notdurft zu ermöglichen, beförderte, wobei er die Tat als Mitglied einer – auf Suchtgifthandel (§ 28a SMG) und Schlepperei (§ 114 FPG) ausgerichteten kriminellen Vereinigung, bestehend aus B* („C*“), D*, E* („F*“) und weiteren Personen, begangen.
Dieser Tat wohnt mit Blick auf die Anzahl der beförderten Fremden, die Art und Weise der Beförderung, wonach diese längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt worden sind und die Begehung der Tat als Mitglied einer auf Suchtgifthandel und Schlepperei ausgerichteten kriminellen Vereinigung ein hoher sozialer Störwert inne, sodass auch das Beschwerdegericht von einer besonderen Tatschwere im Sinn des § 46 Abs 2 StGB ausgeht, die fallaktuell ausnahmsweise den weiteren Vollzug der Strafe über die Hälfte hinaus erfordert, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Weil damit schon generalpräventive Erwägungen einer bedingten Entlassung zum Hälftestichtag entgegenstehen, erübrigt sich ein Eingehen auf die im Antrag des Strafgefangenen angeführten Argumente die Spezialprävention betreffend.
Die Beschwerde musste daher erfolglos bleiben.
Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass die Entscheidungskompetenz über den Antrag des Strafgefangenen, vom weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe wegen Einreise- oder Aufenthaltsverbots vorläufig gemäß § 133a StVG abzusehen, dem Vollzugsgericht zukommt.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden