Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Obrist als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Dr. Nemati und Mag. Ladner-Walch als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei DI A* B* , vertreten durch Lerch Nagel Heinzle Rechtsanwälte GmbH in Lustenau, wider die beklagte Partei C* B* , vertreten durch Mag. Natalie König-Bechter, LL.M., Rechtsanwältin in Bregenz, wegen (eingeschränkt) EUR 53.500,-- s.A., über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 30.5.2025, ** 45, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen der Beklagtenvertreterin binnen 14 Tagen die mit EUR 3.726,88 (darin enthalten EUR 621,15 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die (ordentliche) Revision ist n i c h t zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der am 10.7.2022 verstorbene Vater der Streitteile (in der Folge: Verstorbener) hatte zwei Söhne, nämlich den Kläger und den Beklagten, und eine Tochter. Die Ehefrau des Verstorbenen und Mutter der drei Geschwister war bereits im Jahr 2015 vorverstorben. Der Verstorbene setzte seine Tochter mit Testament zur Alleinerbin ein. Diese gab zur Verlassenschaft, welche ein reines Nachlassvermögen von EUR 23.110,60 aufwies, eine bedingte Erbantrittserklärung ab.
Die vom Kläger gegen seine Schwester (als ursprünglich Zweitbeklagte in diesem Verfahren) erhobene Klage wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 26.1.2024 an das Landesgericht Salzburg überwiesen (ON 8). Der (ursprünglich) Erstbeklagte wird daher als Beklagter bezeichnet.
Der Kläger begehrte vom Beklagten zuletzt EUR 53.500,-- s.A. und brachte dazu – soweit im Berufungsverfahren relevant – zusammengefasst vor, nach der gesetzlichen Erbfolge wäre er zu einem Drittel zum Erben berufen gewesen. Der Verstorbene habe im Jahr 2000 seine Liegenschaft in der ** in D* (in der Folge: Liegenschaft des Verstorbenen) zur Hälfte an den Beklagten und die gemeinsame Schwester übertragen. Im Jahr 2007 habe schon der Beklagte seinen Hälfteanteil unredlich an die Schwester übertragen. Er selbst habe vom Verstorbenen keine pflichtteilsrelevanten Schenkungen oder Zuwendungen erhalten. Der Beklagte schulde ihm daher ein Sechstel des nach dem Verbraucherpreisindex aufgewerteten Hälftewerts der Liegenschaft zum Schenkungszeitpunkt,.
Dem Beklagten sei bekannt gewesen, dass lediglich er und die Schwester relevante Schenkungen vom Vater erhalten hätten. Er habe daher mit der Verkürzung von Pflichtteilsansprüchen des Klägers rechnen müssen. Der gesamten Familie sei bewusst gewesen, dass der Kläger massiv benachteiligt worden sei, weshalb im Jahr 2010 vereinbart worden sei, dass „intern“ vom Hälfteanteil des Beklagten nur die Hälfte an die Schwester und die andere Hälfte an den Kläger übergeben werde. Weitere Regelungen seien für den Verkaufsfall festgehalten worden. Dem Beklagten sei es geradezu darauf angekommen, dass dem Kläger Vermögen entzogen werde. Zumindest aber habe er fahrlässig gehandelt.
Der Beklagte wendete dagegen im Wesentlichen ein, eine Verkürzung des Klägers als Pflichtteilsberechtigten liege nicht vor. Der Kläger habe insbesondere eine Wohnung in D* geschenkt bekommen. Der Beklagte habe den Wert der Schenkung nie realisiert, weil er seinen Hälfteanteil im Jahr 2007 um EUR 20.000,-- an seine Schwester übergeben habe, welche ein in dieser Höhe bei den Eltern aushaftendes Darlehen für ihn zurückbezahlt habe. Während der gesamten Zeit, zu der der Hälfteanteil in seinem Eigentum gestanden habe, hätten die Eltern das Haus aufgrund lebenslänglicher Wohnungsgebrauchsrechte alleine benutzt. Bei Weitergabe der Liegenschaftshälfte habe er weder fahrlässig noch unredlich gehandelt. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass der Pflichtteilsanspruch des Klägers bereits durch entsprechende Vorempfänge gedeckt sei. Die Eltern hätten die Erbfolge überlegt, geplant und geregelt, um alle drei Kinder möglichst gleich zu behandeln. Der Kläger habe eine Eigentumswohnung von der Mutter übertragen erhalten, wobei die Mittel zur Finanzierung dieser Wohnung größtenteils aus dem Vermögen des Vaters gestammt hätten. Diese Wohnung sei Teil der Erbfolgeregelung der Eltern gewesen.
Mit der Übertragung des Hälfteanteils an die Schwester habe er anlässlich seiner Verehelichung nur den Wünschen der Eltern entsprochen, deren Bestreben es gewesen sei, dass die Liegenschaft nicht an familienfremde Personen fallen dürfe. Überdies habe er nicht mehr für die anteiligen Betriebskosten und Kosten für anstehende Reparaturen und Sanierungen aufkommen wollen. Er habe nicht im Entferntesten damit gerechnet, dadurch den Kläger in seinen Pflichtteilsansprüchen zu verkürzen. Auch im Hinblick auf den von den Streitteilen unterfertigten Pflichtteilsverzichtsvertrag habe er nicht mit einer Pflichtteilsverkürzung des Klägers rechnen müssen. Zum Zeitpunkt der Übertragung seines Hälfteanteils an die Schwester sei nämlich noch gar nicht absehbar gewesen, welcher Elternteil vorversterben werde.
Das Erstgericht wies mit dem angefochtenen Urteil das Klagebegehren vollinhaltlich ab.
Es legte seiner Entscheidung den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt sowie die weiteren auf den Seiten 8 bis 15 getroffenen Feststellungen zugrunde, auf die zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann. Zum besseren Verständnis werden daraus noch folgende Sachverhaltsannahmen – teilweise verkürzt und nicht immer wörtlich – wiedergegeben, wobei die vom Kläger in Anfechtung gezogenen Feststellungen in Fettdruck hervorgehoben werden:
„ Den Eltern war es zeitlebens wichtig, ihr Vermögen bereits zu Lebzeiten unter den Geschwistern aufzuteilen und nicht erst nach deren Ableben, damit es zwischen den Geschwistern keinen Streit gibt. Dabei waren die Eltern besonders bestrebt, alle drei Kinder grundsätzlich gleich zu behandeln, und war besonders dem Vater wichtig, auch eine gerechte Aufteilung der Vermögenswerte zu schaffen. Vorrangiges Bestreben dabei war allerdings, dass die Liegenschaft des Verstorbenen im Familienbesitz bleibt und nicht zersplittert wird.
Der Verstorbene hatte großen Einfluss in der Familie und war es auch üblich, dass seine Entscheidungen, gerade in finanziellen Belangen, von allen Familienangehörigen mitgetragen wurden.
Im Jahr 1988 unterfertigten der Kläger und der Beklagte einen Pflichtteilsverzichtsvertrag, in dem sie erklärten, auf jedes Pflichtteilsrecht nach ihren Eltern, jedoch nur gegenüber dem Erstablebenden ihrer Eltern und nicht auch gegenüber dem Zweitablebenden, zu verzichten. Hintergrund war, dass der Verstorbene die Sorge hatte, dass, wenn er vor seiner Frau versterben sollte, diese nicht imstande wäre, die Kinder auszuzahlen.
Im Jahr 2000 wurde unter anderem aus steuerlichen Gründen das bestehende Liegenschaftsvermögen zwischen den Geschwistern aufgeteilt. Das Haus auf der Liegenschaft des Verstorbenen sowie eine Wohnung der Mutter in D* waren zu diesem Zeitpunkt die einzigen Liegenschaften im Besitz der Familie.
Dabei war den Eltern das Haus auf der Liegenschaft des Verstorbenen ein besonderes Anliegen, weil sie es aus eigenem aufgebaut und erschaffen hatten, weshalb es im Familienbesitz bleiben sollte. Es war Wunsch der Eltern, dass die Liegenschaft langfristig der Schwester der Streitteile gehören sollte und dass die Liegenschaft nicht später einmal an die uneheliche Tochter des Klägers, zu welcher kein familiärer Kontakt bestand, geht. Dies war auch der Grund, warum dem Kläger die Liegenschaft des Verstorbenen weder formell noch in irgendwelchen Liegenschaftsanteilen zukommen sollte. Dies war sämtlichen Geschwistern bewusst, auch haben diese die Entscheidung akzeptiert und sich damit abgefunden. (a) Das Haus auf der Liegenschaft des Verstorbenen wurde daher mit Notariatsakt vom 21.12.2000 dem Beklagten und der gemeinsamen Schwester je zur Hälfte übertragen. Mit Notariatsakt vom 21.12.2000 erfolgte im Gegenzug die Übertragung der im Alleineigentum der Mutter stehenden Wohnung an den Kläger .
Im Jahr 2007 beabsichtigte der Beklagte zu heiraten. Der Verstorbene hatte daraufhin die Sorge, dass das Haus auf seiner Liegenschaft „auseinanderfallen“ könnte, da es zu diesem Zeitpunkt im Hälfteeigentum des Beklagten und der Schwester stand. Er hatte insbesondere die Sorge, dass im Fall des Todes des Beklagten oder einer Trennung das Haus an dessen Ehefrau fallen könnte und somit nicht mehr im Familienbesitz verbleibt. Der Beklagte war nicht auf das Geld bzw die Liegenschaft angewiesen, weshalb er nicht auf die Liegenschaft (das Haus des Verstorbenen) bestand und anbot, seine Liegenschaftshälfte an die gemeinsame Schwester zu übertragen. Dies machte er aufgrund der bevorstehenden Heirat und damit die Liegenschaft als Ganzes in der Familie erhalten bleibt. (b) Dass der Kläger dadurch allenfalls benachteiligt sein könnte, war für den Beklagten nicht ersichtlich, zumal der Kläger selbst eine Liegenschaft ins Eigentum übertragen erhielt [gemeint wohl: erhalten hatte] und von Seiten des Klägers keine Einwände gegen die Übertragung der gesamten Liegenschaft an die Schwester erfolgten . Dem Beklagten ging es dabei auch vielmehr darum, dass die Liegenschaft in der Linie bleibt und der Wille des Vaters umgesetzt wird. Es wurde daher in der Folge vereinbart, dass der Hälfteanteil des Beklagten an die Schwester übertragen werden sollte und diese im Gegenzug die noch offenen Darlehensverbindlichkeiten des Beklagten gegenüber dem Verstorbenen in Höhe von EUR 20.000,-- übernehmen sollte. Bei dem noch offenen Darlehen handelte es sich um ein altes Darlehen, welches dem Beklagten im Zug seines Hausbaus gewährt worden war. Dass das Darlehen des Beklagten im Gegenzug beglichen werden sollte, war eine Forderung des Verstorbenen und nicht Wunsch des Beklagten.
Die Schwester zahlte zeitnah zur Vereinbarung vom 30.8.2007 einen Teilbetrag von EUR 10.000,-- an den Verstorbenen, dies als Teil des zurückzubezahlenden Darlehens in Höhe von gesamt EUR 20.000,--. Den restlichen Betrag von EUR 10.000,-- des offenen Darlehens bezahlte sie noch vor Erhalt einer mit April 2015 datierenden Notiz des Verstorbenen an diesen zurück.
Der Verstorbene machte sich im Lauf der Jahre immer wieder Gedanken, ob die Aufteilung der Werte zwischen den Kindern ausgeglichen ist, sodass er Überlegungen dazu anstellte. Dies resultierte unter anderem auch daraus, dass die einzelnen Werte der Liegenschaften nicht bekannt waren.
Im Jahr 2010 wurde familienintern eine ergänzende Vereinbarung zur Aufteilung des an die Schwester übertragenen Hälfteanteils des Beklagten getroffen. Zur Vereinbarung kam es auf Wunsch des Verstorbenen. Die Vereinbarung vom 27.7.2010 sah vor, dass die ursprünglich vom Beklagten an die Schwester übertragenen 50 % an der Liegenschaft des Verstorbenen „intern“ zu je 25 % an die Schwester und den Kläger gehen sollten, sodass die Schwester der Streitteile insgesamt 75 % und der Kläger 25 % Miteigentumsanteile an der Liegenschaft des Verstorbenen besitzen sollten. Es sollte aber nach wie vor verhindert werden, dass der Kläger selbst als (Mit-)Eigentümer im Grundbuch steht. Im Grundbuch sollte weiterhin die Schwester als Alleineigentümerin aufscheinen. Der Viertelanteil des Klägers hätte daher vielmehr in Form eines Wohnrechts, Fruchtgenussrechts oder in Form einer Auszahlung durch die Schwester erfolgen sollen. Auch war vorgesehen, dass sich der Kläger im Gegenzug an der Begleichung des Darlehens, dies im Ausmaß der Hälfte des Darlehens, somit in Höhe von EUR 10.000,--, beteiligt. (c) Hätte der Kläger die Hälfte des Darlehens beglichen, hätte er einen Teil der Liegenschaft bzw einen entsprechenden Gegenwert bekommen. (d) Der Beklagte war von der Vereinbarung vom 27.7.2010 hingegen nicht in Kenntnis und wurde hier auch nicht miteingebunden, sondern hat davon erst im Zug des Verfahrens erfahren . Warum die Aufteilung intern geändert wurde, war ihm ebenfalls nicht bekannt.
Da sich der Kläger bis ins Jahr 2015 nicht an der Rückzahlung des Darlehens beteiligte, verfasste der Verstorbene im April 2015 eine Notiz, in welcher er festhielt, dass die gemeinsame Schwester (der Streitteile) – anstelle des Klägers – EUR 10.000,-- bezahlt habe, wodurch diese „wieder im alleinigen Besitz“ der Liegenschaft des Verstorbenen sei. Ebenso wurde festgehalten, dass weder der Kläger noch der Beklagte Ansprüche gegenüber der Liegenschaft des Verstorbenen hätten. “
In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht einleitend darauf, dass auf den vorliegenden Sachverhalt die erbrechtlichen Regelungen des ABGB in der Fassung des Erbrechts-Änderungsgesetzes 2015 (in der Folge ErbRÄG 2015) anzuwenden seien.
Die Übertragung des Hälfteeigentums an der Liegenschaft (am Haus) des Verstorbenen an den Beklagten mit Vertrag vom 21.12.2000 sei als Schenkung zu qualifizieren. Weil der Beklagte nicht mehr (Mit-)Eigentümer der Liegenschaft sei, sei fraglich, ob die (Weiter-)Übertragung des Hälfteanteils an seine Schwester zu einer (nach wie vor vorhandenen) Bereicherung oder zu einem Verlust des Geschenks geführt habe. Die redliche Verwendung eines Geldgeschenks zur Abdeckung von Schulden sei nach der Entscheidung 9 Ob 48/09p nicht als konstant vorhanden bleibender Vermögensvorteil zu sehen. Auch vorliegend habe der Beklagte die geschenkte Sache zur Tilgung von Verbindlichkeiten eingesetzt, weshalb er letztlich weder im Besitz der Liegenschaft noch des Werts derselben sei. Eine Bereicherung des Beklagten durch Übertragung seines Hälfteanteils an die Schwester sei somit nicht gegeben.
Eine Haftung des Beklagten gegenüber dem Kläger als Pflichtteilsberechtigten komme daher nach § 790 Abs 1 ABGB nur in Betracht, wenn der Beklagte unredlich gehandelt habe, was vorliegend nicht der Fall sei. Der Beklagte habe zum Zeitpunkt der Übergabe seines Hälfteanteils an die Schwester im Jahr 2007 nämlich nicht mit der Verkürzung des Klägers rechnen müssen, weil insbesondere der Verstorbene erst ein paar Jahre zuvor sämtliches Familienvermögen unter den Geschwistern aufgeteilt gehabt habe und diese Aufteilung transparent und unter Einbeziehung der Betroffenen erfolgt sei. Der Beklagte habe daher davon ausgehen können, dass der Kläger mit der erfolgten Aufteilung einverstanden gewesen sei und diese auch in Zukunft mittragen werde. Er habe nach den Umständen auch darauf vertrauen dürfen, dass sämtliche Pflichtteilsansprüche durch die getroffene Vereinbarung gedeckt seien und keine weiteren Ansprüche bestünden. Die Schenkung des Hälfteanteils an den Beklagten im Jahr 2000 sei zur gleichen Zeit erfolgt, als auch der Kläger selbst eine Wohnung ins Alleineigentum übertragen erhalten habe. Bei Aufteilung des Familienvermögens zu diesem Zeitpunkt habe für den Beklagten kein Anhaltspunkt bestanden, dass die vorgenommene Aufteilung nicht angemessen erfolgt sei. Aber auch im Jahr 2007 sei für den Beklagten nicht erkennbar gewesen, dass es zu einer Inanspruchnahme wegen Pflichtteilsverkürzung durch den Kläger kommen könnte, weil weder das Verhalten des Klägers dazu Anlass gegeben habe, noch für den Beklagten erkennbar objektive Umstände vorgelegen hätten, die auf ein Wertmissverhältnis hingewiesen hätten. Vielmehr sei Grund für die Übertragung des Hälfteanteils an die Schwester die bevorstehende Heirat des Beklagten und die Zusicherung an die Familie, dass es dadurch nicht zu einer Zersplitterung der Liegenschaft des Verstorbenen kommen werde, gewesen. Erst im Jahr 2010 sei es letztlich zu einer Änderung der ursprünglich vorgenommenen Aufteilung gekommen, von welcher der Beklagte nicht einmal Kenntnis gehabt habe, weshalb ihm eine Unredlichkeit auch zu diesem Zeitpunkt nicht vorgeworfen werden könne. Das Klagebegehren sei daher bereits dem Grunde nach abzuweisen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers . Dieser strebt – unter Ausführung der Rechtsmittelgründe der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung – die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinn einer vollständigen Klagsstattgebung an. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in seiner Berufungsbeantwortung, dem gegnerischen Rechtsmittel einen Erfolg zu versagen.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
I. Zur Beweisrüge:
1.1. Der Kläger bekämpft zunächst die oben in Fettdruck wiedergegebene und mit (a) gekennzeichnete Feststellung und führt dazu aus, das Erstgericht habe diese Feststellung auf die Angaben des Klägers und einen Grundbuchsauszug gestützt. Den Angaben des Klägers lasse sich jedoch nicht entnehmen, dass er die Wohnung im Gegenzug zur Schenkung an die anderen Geschwister, also quasi als Ausgleich, erhalten habe, was die Diktion „im Gegenzug“ allerdings vermuten lasse. Die Feststellung werde daher bekämpft. Hätte das Erstgericht die Feststellung nicht getroffen, wäre es rechtlich nicht von einer Redlichkeit des Beklagten ausgegangen, weil dieser genau gewusst habe, dass die mütterlicherseits an den Kläger geschenkte Wohnung nicht als Ausgleich für die Liegenschaft des Verstorbenen gedacht gewesen sei und daher ein Ungleichgewicht hinsichtlich der Schenkungen an die Kinder vorliege. Demgemäß hätte es zumindest von leicht fahrlässiger (unentschuldbarer) Unkenntnis ausgehen müssen.
1.2. Sodann moniert der Kläger die oben in Fettdruck wiedergegebene und mit (b) gekennzeichnete Feststellung. An deren Stelle begehrt er folgende Ersatzfeststellungen:
„Dem Beklagten war klar bzw zumindest bewusst bzw hätte er erkennen können, dass der Kläger bei der Aufteilung des Vermögens väterlicherseits benachteiligt wird. Der Kläger hatte bei der Übertragung der gesamten Liegenschaft an die Schwester kein Mitspracherecht, keine rechtliche Handhabe und wurde er dazu auch nicht gefragt. Die Geltendmachung seiner diesbezüglichen Ansprüche war erst nach dem Tod des Vaters möglich.“
Der Kläger führt dazu – nach auszugsweiser Wiedergabe seiner Aussage sowie der Aussage des Beklagten und der als Zeugin vernommenen Schwester – aus, es sei allen Kindern bekannt gewesen, dass der Kläger lediglich die Wohnung mit ca 50 m² mütterlicherseits erhalten habe, hingegen die Schwester schlussendlich die gesamte Liegenschaft des Verstorbenen und der Beklagte ein Grundstück mit einer Grundstücksfläche von 626 m². Das Ungleichgewicht der Schenkungen liege somit für jeden vernünftig denkenden Menschen auf der Hand und hätte dem Beklagten dies natürlich auch auffallen müssen. Die Pflichtteilsverkürzung wäre jedenfalls für den Beklagten erkennbar gewesen. Über sich selbst habe er sich offenbar Gedanken gemacht, wenn der Beklagte gemeint habe, der Vater habe ihn nicht ausgrenzen wollen. Es sei ihm sohin bekannt gewesen, dass die Kinder gleich zu behandeln seien. Dem Kläger könne nicht vorgeworfen werden, dass er sich in Bezug auf die Schenkung des Beklagten an die Schwester nicht so verhalten habe, dass der Beklagte Anlass gehabt hätte, über eine Pflichtteilsverletzung nachzudenken. Der Beklagte habe seinen Angaben zufolge die Schenkung freiwillig und ohne etwas zu fordern vorgenommen. Der Kläger hätte überhaupt keine Handhabe dagegen gehabt und habe überdies zu Lebzeiten des Vaters auch nicht gewusst, ob es weitere Vermögensverschiebungen gegeben habe oder noch geben werde, weshalb eine vorzeitige Pflichtteilsberechnung und ein Hinweis darauf keinen Sinn gehabt hätten.
1.3. Weiters bekämpft der Kläger die oben in Fettdruck wiedergegebene und mit (c) gekennzeichnete Festellung und begehrt an deren Stelle folgende Ersatzfeststellung:
„Auch wenn der Kläger die Hälfte des Darlehens bezahlt hätte, wie dies in der Vereinbarung aus dem Jahr 2010 festgehalten wurde, wäre keine Eigentumsübertragung hinsichtlich der Liegenschaft des Verstorbenen an ihn erfolgt.“
Abgesehen davon, dass die hier bekämpfte Feststellung diversen sonstigen Feststellungen, insbesondere zum Bestreben, die Liegenschaft des Verstorbenen im Familienbesitz zu erhalten und nicht zu zersplittern, widerspreche, sei es auch absolut lebensfremd, dass dem Kläger ein Teil der Liegenschaft um einen „Preis“ von EUR 10.000,-- übertragen worden wäre. Es habe ja oberste Priorität gehabt, dass der Kläger nicht im Grundbuch eingetragen werde. Auch die Schwester habe angegeben, dass der Kläger nie ins Grundbuch eingetragen worden wäre und er nur für den Veräußerungsfall einen „Teil der Liegenschaft“ bekommen hätte sollen. Der Umstand, dass die Schwester zunächst nur die Hälfte des Darlehens in Höhe von EUR 20.000,-- bezahlt habe und die zweite Hälfte erst viel später nach Abschluss der Vereinbarung im Jahr 2010, deute vielmehr darauf hin, dass familienintern stets geplant gewesen sei, dem Kläger noch etwas zukommen zu lassen, weil allen klar gewesen sei, dass er aufgrund seiner unehelichen Tochter benachteiligt worden sei. Auf entsprechende Fragen hätten sowohl der Beklagte als auch die Schwester Antworten verweigert bzw ausweichend und unangemessen reagiert. Offenbar habe auch der verstorbene Vater das Gefühl gehabt, dass der Kläger benachteiligt worden sei, was die Schwester bestätigt habe.
1.4. Schließlich bekämpft der Kläger die oben in Fettdruck wiedergegebene und mit (d) gekennzeichnete Feststellung. Ersatzweise hätte das Erstgericht festzustellen gehabt:
„ Der Beklagte war in Kenntnis der Vereinbarung vom 27.7.2010, dies nicht erst seit Beginn des Verfahrens, sondern bereits vor der Übertragung seines Hälfteanteils an der Liegenschaft des Verstorbenen an die Schwester.“
In diesem Zusammenhang verweist der Kläger wiederum auf Auszüge aus seiner eigenen Aussage, jener der Schwester und des Beklagten. Die Angaben des Beklagten seien unglaubwürdig. Er habe spätestens anlässlich des Schreibens aus dem Jahr 2015 hinsichtlich der Vereinbarung aus 2010 nachfragen müssen. Auch seien seine Angaben nur in Kenntnis des Inhalts der Vereinbarung aus 2010 erklärbar.
Das Berufungsgericht hat dazu erwogen:
2.1. Um eine Beweisrüge gesetzmäßig auszuführen, muss der Rechtsmittelwerber angeben oder zumindest deutlich zum Ausdruck bringen, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche andere Feststellung begehrt wird sowie aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die gewünschte Feststellung zu treffen gewesen wäre (RS0041835 [insb T4, T 5]; Pochmarski/Tanczos/Kober , Berufung in der ZPO 4 173ff). Der ersatzlose Entfall einer Feststellung ist nicht möglich (RS0041835 [T3]). Soweit lediglich die Streichung von Feststellungen begehrt wird, liegt eine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge nicht vor ( Pochmarski/Tanczos/Kober aaO 175).
2.2. Das Rechtsmittelgericht hat aus Anlass einer gesetzmäßig ausgeführten Beweisrüge lediglich zu prüfen, ob die Beweise nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt wurden ( A. Kodek in Rechberger/Klicka , ZPO 5 § 482 ZPO Rz 6; Klauser/Kodek , JN – ZPO 18 § 467 ZPO E 40/4). Allein der Umstand, dass aus den vorliegenden Beweisergebnissen ohne Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze auch andere Feststellungen getroffen werden könnten, ohne dass solche Feststellungen eine bedeutend höhere innere Wahrscheinlichkeit für sich hätten als die vom Erstgericht getroffenen, bildet keinen Grund, die Beweiswürdigung des Erstgerichts anzuzweifeln. Eine Beweisrüge kann nur erfolgreich sein, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an der Beweiswürdigung des Erstgerichts rechtfertigen. Es ist darzulegen, dass die getroffenen Feststellungen zwingend unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Ergebnisse für andere Feststellungen vorliegen (9 Ob 104/22t [Rz 7]; Klauser/Kodek aaO § 467 ZPO E 40/1, 40/3, 40/5).
2.3. Die Erledigung einer Beweisrüge durch das Berufungsgericht kann schließlich dann unterbleiben, wenn der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt und der davon abweichende von der Beweisrüge angestrebte Sachverhalt zum gleichen rechtlichen Ergebnis führen müsste (RS0042386) bzw Feststellungen angefochten werden, die bei richtiger rechtlicher Beurteilung der Sache ohne Bedeutung sind (RS0043190).
2.4. Die Beweisrüge zur angefochtenen Feststellung (a) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil der Kläger keine Ersatzfeststellung anbietet und – wie ausgeführt – der ersatzlose Entfall einer Feststellung nicht möglich ist. Auf diesen Teil der Beweisrüge ist daher nicht näher einzugehen. Die angefochtene Feststellung (a) ist daher vom Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung zugrundezulegen.
2.5.1. Auch die Beweisrüge zu (b) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt. Während die angefochtene Feststellung die Frage der Kenntnis oder Erkennbarkeit einer Benachteiligung des Klägers durch die Übertragung des Hälfteanteils des Beklagten an seine Schwester zum Gegenstand hat, nehmen die Ersatzfeststellungen auf die Gesamtaufteilung des väterlichen Vermögens und die Übertragung der gesamten Liegenschaft an die Schwester Bezug. Die angefochtene Feststellung und die Ersatzfeststellungen stehen sohin nicht im Austauschverhältnis.
Hinzu kommt, dass sich der zweite Satz der vom Kläger gewünschten Ersatzfeststellungen mit der unangefochten gebliebenen Feststellung, wonach sämtlichen Geschwistern (bei der Aufteilung des Liegenschaftsvermögens im Jahr 2000) bewusst war, dass dem Kläger die Liegenschaft des Verstorbenen weder formell noch in irgendwelchen Liegenschaftsanteilen zukommen sollte, und sämtliche Geschwister diese Entscheidung akzeptiert und sich damit abgefunden haben (US 9), in Widerspruch setzen würde.
Überdies unterlässt es der Kläger gänzlich, sich mit der der Feststellung zugrundeliegenden Beweiswürdigung des Erstgerichts auseinanderzusetzen.
2.5.2. Ungeachtet dessen vermögen die Ausführungen des Klägers in seiner Beweisrüge aber ohnedies nicht , die erstgerichtliche Beweiswürdigung zur angefochtenen Feststellung (b) zu erschüttern . Das Erstgericht begründete ausführlich, weshalb es dieser Feststellung die für glaubwürdig und äußerst überzeugend befundenen Angaben des Beklagten zugrunde legte. Dazu verwies es insbesondere darauf, dass es zu einer Aufteilung des Familienvermögens zu Lebzeiten der Eltern unter Einbeziehung der Kinder gekommen sei und dabei im Rahmen einer Gesamtlösung nicht zwischen Vermögen der Mutter und Vermögen des Vaters unterschieden worden sei. Der Beklagte habe daher davon ausgehen können, dass dem Wunsch des Vaters von sämtlichen Geschwistern entsprochen werde und – insbesondere auch, weil der Kläger eine Liegenschaft (Wohnung) von der Mutter erhalten habe – dass darüber hinaus keine Ansprüche mehr erhoben würden. Bis zum 27.7.2010 hätten keine Anzeichen dafür bestanden, dass Pflichtteilsergänzungsansprüche bestünden oder jemals vom Kläger geltend gemacht würden. Auch in Anbetracht des abgegebenen Pflichtteilsverzichts sei nicht absehbar gewesen, ob überhaupt Pflichtteilsansprüche geltend gemacht würden.
Dass der Kläger selbst anderslautende Angaben machte, steht der angefochtenen erstgerichtlichen Feststellung naturgemäß nicht zwingend entgegen. Dass schon bei der ursprünglich vorgenommenen Liegenschaftsaufteilung im Jahr 2000 vorgesehen gewesen wäre, dass der Kläger hinsichtlich der Liegenschaft des Verstorbenen (Haus) noch irgendwie abgegolten werden sollte, lässt sich – wie hervorzuheben ist – selbst der Aussage des Klägers nicht entnehmen. Vielmehr handelt es sich seiner Aussage zufolge bei der diesbezüglich getroffenen Vereinbarung nämlich (erst) um jene vom 27.7.2010. Die Angaben des Klägers zur Einbindung des Beklagten in diese Vereinbarung erachtete das Gericht – welches einen unmittelbaren Eindruck von sämtlichen Beteiligten im Rahmen der durchgeführten Vernehmungen erlangte – im Übrigen als nicht nachvollziehbar, nicht glaubwürdig und nicht überzeugend.
Der Kläger argumentiert weiters damit, dass der Anteil, hinsichtlich welchem der Beklagte im Grundbuch eingetragen worden sei, stellvertretend für ihn gewesen sei, weil dieser das Haus im Prälatendamm gehabt habe. Damit setzt er sich mit der unangefochten gebliebenen Feststellung, wonach der Beklagte das Grundstück im Prälatendamm (von der Mutter) als Ausgleich dafür übertragen erhalten habe, dass er im Gegensatz zu seinen Geschwistern nicht studiert habe (US 9), in Widerspruch.
Die vom Kläger in der Beweisrüge zitierten Angaben des Beklagten stehen der vom Erstgericht getroffenen Feststellung tatsächlich nicht entgegen, sondern lassen sich damit sehr gut vereinbaren. Dass der Verstorbene nach der Liegenschaftsaufteilung im Jahr 2000 und der anschließenden Übertragung des Hälfteanteils vom Beklagten auf die Schwester im Jahr 2007 die Ausgeglichenheit der Aufteilung der Vermögenswerte überdachte, wie von der Schwester ausgesagt und vom Erstgericht auch unangefochten festgestellt, weshalb es letztlich im Jahr 2010 zu einer zusätzlichen Vereinbarung kam, steht der angefochtenen Feststellung ebenfalls nicht entgegen und ändert schon aufgrund des zeitlichen Ablaufs nichts an Kenntnisstand des Beklagten im Jahr 2007. Der Kläger hat selbst ausgesagt, dass die Eltern das Bestreben hatten, alle drei Kinder grundsätzlich gleich zu behandeln. Inwiefern für den Beklagten eine Pflichtteilsverkürzung des Klägers (bereits im Jahr 2007) augenscheinlich gewesen sein soll, erhellt daher nicht.
Es geht auch gar nicht darum, dem Kläger vorzuwerfen, dass er allfällige Pflichtteilsansprüche nicht früher angemeldet hat, sondern lediglich darum, was für den Beklagten (spätestens) im Zeitpunkt der Übertragung seines Hälfteanteils an die Schwester erkennbar war.
Dem Kläger gelingt es somit auch nicht, insoweit inhaltlich Bedenken an der vom Erstgericht vorgenommenen Beweiswürdigung aufzuzeigen. Die vom Erstgericht getroffene Feststellung zu (b) überzeugt vielmehr insbesondere vor dem Hintergrund der auch vom Erstgericht ins Treffen geführten, von den Eltern angestrebten Gesamtlösung zur Aufteilung der Liegenschaften beider Eltern und unter Berücksichtigung, dass offenbar familienintern – wie vom Erstgericht unangefochten festgestellt – die tatsächlichen Liegenschaftswerte nicht bekannt waren (US 13). Die angefochtene Feststellung (b) ist daher vom Berufungsgericht als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung zu übernehmen.
2.6. Eine Auseinandersetzung mit der zur Feststellung (c) ausgeführten Beweisrüge kann unterbleiben, weil der detaillierte Inhalt der Vereinbarung aus dem Jahr 2010 für die Frage, ob der Beklagte dem Kläger aus der Schenkung des Hälfteanteils an ihn im Jahr 2000 einschließlich der Übertragung dieses Hälfteanteils an die Schwester im Jahr 2007 zahlungspflichtig wird, nicht von Entscheidungsrelevanz ist.
2.7. Der zu (d) angefochtenen Feststellung kommt ebenfalls keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, weil – wie im Rahmen der Rechtsrüge noch näher aufzuzeigen sein wird – auf den Informationsstand des Beklagten und die Umstände (spätestens) im Zeitpunkt der Weitergabe, also der Übertragung des Hälfteanteils an die Schwester im Jahr 2007, abzustellen ist. Auch zu diesem Teil der Beweiswürdigung muss daher keine nähere inhaltliche Auseinandersetzung erfolgen.
Ergänzend festgehalten wird, dass sich die vom Kläger in diesem Zusammenhang gewünschte Ersatzfeststellung nicht nur mit der unangefochten gebliebenen Feststellung, wonach dem Beklagten „ebenfalls nicht“ bekannt gewesen sei, warum (im Jahr 2010) die Aufteilung intern geändert worden sei, in Widerspruch setzen würde, sondern auch in sich nicht nachvollziehbar ist. Die Übertragung des Hälfteanteils des Beklagten an die Schwester erfolgte im Jahr 2007. Dass der Beklagte bereits vor der Übertragung seines Hälfteanteils im Jahr 2007 von der erst Jahre später, nämlich 2010, getroffenen Vereinbarung in Kenntnis gewesen sein soll, ist nicht plausibel.
2.8. Im Ergebnis erweist sich die Beweisrüge des Klägers als insgesamt nicht berechtigt.
II. Zur Rechtsrüge:
1.1. In seiner Rechtsrüge führt der Kläger zunächst ins Treffen, aus den erstgerichtlichen Feststellungen zum Inhalt der Vereinbarung aus dem Jahr 2010 hätte geschlussfolgert werden müssen, dass der gesamten Familie klar gewesen sei, dass der Kläger benachteiligt worden sei, weil diese Vereinbarung sonst nicht getroffen worden wäre. Hieraus folge, dass der Beklagte unredlich gehandelt habe.
Aus der Feststellung zur Unterfertigung des Pflichtteilsverzichtsvertrags im Jahr 1988 wiederum hätte das Erstgericht schlussfolgern müssen, dass der Beklagte gewusst habe, was ein Pflichtteil sei, wie er berechnet werde und dass der Kläger benachteiligt worden sei. Es sei vorauszusetzen, dass vor Unterfertigung des Pflichtteilsverzichts eine entsprechende rechtliche Aufklärung erfolgt sei. Das Erstgericht hätte daher nicht von einer Redlichkeit des Beklagten, sondern zumindest von leicht fahrlässiger Unkenntnis ausgehen müssen.
1.2. Aus den erstgerichtlichen Feststellungen folge auch, dass der Kläger väterlicherseits nichts erhalten habe, dies ganz im Gegenteil zum Beklagten und seiner Schwester. Die erstgerichtlichen Feststellungen wären daher dahingehend zu werten gewesen, dass dem Beklagten auffallen hätte müssen, dass ein Wertmissverhältnis vorliege.
1.3. Jedenfalls aber hätte das Erstgericht zur rechtlichen Ansicht gelangen müssen, dass dem Beklagten spätestens bei Erhalt der Notiz aus dem Jahr 2015 Zweifel aufkommen hätten müssen und er daher spätestens „seither“ nicht mehr redlich sei.
Das Berufungsgericht hat dazu erwogen:
2.1. Vorauszuschicken ist, dass – wie vom Erstgericht zutreffend ausgeführt – aufgrund des Todeszeitpunkts des Verstorbenen (am 10.7.2022 und somit nach dem 31.12.2016) gemäß § 1503 Abs 7 Z 1 und 2 ABGB die Rechtslage nach Inkrafttreten des ErbRÄG 2015 , BGBl I Nr. 87/2015, maßgeblich ist. Die in der Folge ohne Fassungszusatz zitierten Normen beziehen sich daher auf die Fassung nach dem ErbRÄG 2015.
2.2. Voranzustellen ist weiters, dass die Rechtsrüge des Klägers nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, weil sie einen Wunschsachverhalt zugrunde legt und insbesondere die Feststellung, wonach die Übertragung der Wohnung der Mutter an den Kläger im Gegenzug zur Übertragung des Hälfteeigentums an der Liegenschaft des Verstorbenen an den Beklagten und die Schwester erfolgte und für den Beklagten im Jahr 2007 nicht ersichtlich war, dass der Kläger durch die Übertragung des Hälfteanteils des Beklagten an die Schwester allenfalls benachteiligt sein könnte, übergeht. Weiters ignoriert der Kläger die erstgerichtliche Feststellung, wonach sämtlichen Geschwistern bewusst war, dass dem Kläger die Liegenschaft des Verstorbenen weder formell noch in Liegenschaftsanteilen zukommen sollte und diese Entscheidung von ihnen auch akzeptiert wurde und sie sich damit abgefunden hatten (US 9). Die Ausführungen des Klägers in seiner Rechtsrüge negieren überdies die (dislozierten) erstgerichtlichen Feststellungen, wonach für den Beklagten im Jahr 2000 kein Anhaltspunkt dafür bestand, dass die vorgenommene Aufteilung nicht angemessen erfolgte, und für ihn auch im Jahr 2007 keine erkennbaren objektiven Umstände vorlagen, die auf ein Wertmissverhältnis hingewiesen hätten (US 23).
Die Argumentation, wonach vorauszusetzen sei, dass vor Unterfertigung des Pflichtteilsverzichts eine entsprechende rechtliche Aufklärung erfolgt sei und der Beklagte auch deshalb von einer Benachteiligung des Kläger gewusst habe, entfernt sich nicht nur von den erstgerichtlichen Feststellungen, sondern stellt überdies auch eine unzulässige Neuerung (§ 482 Abs 1 ZPO) dar.
2.3. Gemäß §§ 781 Abs 1, 783 Abs 1 ABGB sind Schenkungen, die ein Pflichtteilsberechtigter vom Verstorbenen zu dessen Lebzeiten oder auf den Todesfall erhalten hat, auf Verlangen eines anderen Pflichtteilsberechtigten der Verlassenschaft hinzuzurechnen und auf den Pflichtteil der beschenkten Person anzurechnen.
Wenn bei Bestimmung der Pflichtteile Schenkungen hinzu- oder angerechnet werden, die Verlassenschaft aber zur Deckung der Pflichtteile nicht ausreicht, kann der verkürzte Pflichtteilsberechtigte gemäß § 789 Abs 1 ABGB vom Geschenknehmer die Zahlung des Fehlbetrags verlangen.
Besitzt der Geschenknehmer die zugewendete Sache oder ihren Wert nicht mehr oder hat sich ihr Wert vermindert, so haftet er gemäß § 790 Abs 1 ABGB mit seinem gesamten Vermögen, wenn er diesen Verlust unredlich zugelassen hat.
Gemäß § 791 Abs 1 ABGB haftet schließlich ein pflichtteilsberechtigter Geschenknehmer einem anderen verkürzten Pflichtteilsberechtigten dabei nur insoweit, als er infolge der Schenkung mehr als den ihm bei Berücksichtigung der hinzuzurechnenden Schenkungen gebührenden Pflichtteil erhalten hat.
2.4.1. Der Beschenkte haftet dem verkürzten Pflichtteilsberechtigten grundsätzlich (nur) mit der geschenkten Sache , das heißt mit der vorhandenen Bereicherung (RS0079874; 9 Ob 48/09p mwN; vgl RS0019076). Eine Bereicherung in diesem Sinn liegt vor, wenn der Leistungsempfänger aufgrund des Geschenks noch im Besitz eines Vermögensvorteils ist. Ist der Gegenstand der unentgeltlichen Leistung bei fortbestehender Gutgläubigkeit des Empfängers verbraucht worden, dem gutgläubigen Empfänger in irgendeiner Weise entzogen oder von demselben unentgeltlich weggeben worden, so ist eine Bereicherung nicht mehr vorhanden (RS0018841; vgl 1 Ob 1592/95). Hat der Empfänger mit der ihm zugewendeten Geldsumme oder unter Verwendung dieser Geldsumme neben eigenem Geld eine Sache angeschafft, die er noch besitzt, dann ist er insoweit bereichert, als er sich bei der Anschaffung eigenes Geld ersparte (RS0018841).
Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 9 Ob 48/09p ausführte, ist der Wegfall von Schulden durch Tilgung mit dem erhaltenen Geschenk nicht dem Besitz der geschenkten Sache oder ihres Werts, sondern deren Verbrauch gleichzuhalten. Insoweit ist die Schenkung bei Bestimmung des Pflichtteils nicht in Anschlag zu bringen (RS0018841 [T2]; RS0125516). Dass diese Entscheidung noch zur Rechtslage vor dem ErbRÄG 2015 erging, schadet dabei nicht, weil aus einem Vergleich des Wortlauts des § 790 Abs 1 ABGB mit dem Wortlaut des § 952 ABGB alte Fassung klar hervorgeht, dass sich an den Voraussetzungen der dort normierten Haftung des Geschenknehmers durch das ErbRÄG 2015 nichts geändert hat (2 Ob 105/23i; RS0012958 [T4]; vgl ErläutRV 688 BlgNR 25. GP 36, 40; vgl Löcker in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.05 § 791 ABGB Rz 1).
Den Nachweis , dass er im entscheidenden Zeitpunkt nicht mehr bereichert war, hat der Beschenkte zu erbringen (RS0018836).
2.4.2. Wie vom Erstgericht richtig ausgeführt und im Berufungsverfahren tatsächlich auch nicht (mehr) in Abrede gestellt, ist beim Beklagten eine Bereicherung aus der schenkungsweisen Übertragung des Hälfteanteils an der Liegenschaft des Verstorbenen durch diesen nichts mehr vorhanden. Die Tilgung von Schulden in Höhe von EUR 20.000,-- durch die Weiterübertragung des Hälfteanteils vom Beklagten auf seine Schwester ist – in Anlehnung an die Entscheidung 9 Ob 48/09p – als Verbrauch anzusehen. Darüber hinausgehend erfolgte die Übertragung des Hälfteanteils des Beklagten an die Schwester ohnedies unentgeltlich. Die Haftung des Beklagten für einen Pflichtteilsergänzungsanspruch des Klägers hängt daher – wie ebenfalls vom Erstgericht zutreffend erkannt – davon ab, ob die 2007 erfolgte Übertragung des Hälfteanteils redlich erfolgte oder nicht.
2.5.1. Besitzt der Beschenkte die geschenkte Sache oder ihren Wert nicht mehr, so haftet er nur insofern, als er sie unredlicher Weise , das heißt in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis eines Anrechnungsrechts, aus dem Besitz gelassen hat (RS0012958). Unredlich ist der Beschenkte etwa dann, wenn er das Geschenk an einen Dritten weitergegeben hat, obwohl er nach den Umständen mit einer künftigen Schenkungsanfechtung eines Pflichtteilsberechtigten hätte rechnen müssen (RS0012958; 2 Ob 129/16h). Umso mehr liegt Unredlichkeit liegt vor, wenn der Beschenkte die geschenkte Sache trotz Anhängigkeit eines Pflichtteilsergänzungsverfahrens weiter veräußerte (RS0012958 [T2]; 2 Ob 129/16h mwN; 9 Ob 57/07h) oder die Zuwendung überhaupt der Verletzung von Pflichtteilsansprüchen diente (RS0012958 [T2]).
Redlichkeit ist demgegenüber anzunehmen, wenn der Beschenkte aus bestimmten Gründen mit der zukünftigen Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen – etwa im Hinblick auf Zuwendungen, die der Pflichtteilsberechtigte von anderer Seite erhalten hatte oder erhalten würde – nicht zu rechnen brauchte (vgl 3 Ob 527/91; siehe auch 2 Ob 105/23i zu einer Vermögensdisposition im Vertrauen auf eine Auskunft des Erblassers samt rechtskundiger Beurteilung, wonach die Pflichtteilsansprüche durch entsprechende Vorempfänge gedeckt seien).
Die Unredlichkeit muss ( spätestens ) im Zeitpunkt der Weitergabe oder Verminderung des Werts der geschenkten Sache vorliegen ( Nemeth/Niedermayr in Schwimann/Kodek , PraxKom 5 §§ 789-790 ABGB Rz 7; vgl Musger in KBB 7 § 790 ABGB Rz 1).
Unredlichkeit wird nicht vermutet ; demgemäß hat der Kläger darzutun, dass der Beklagte in unredlicher Weise sich des Geschenks entledigt hat. Hiefür genügt aber der Nachweis, dass der Beschenkte in Kenntnis der Rechte des Pflichtteilsergänzungsklägers beziehungsweise in fahrlässiger Unkenntnis derselben gehandelt hat. Die Unkenntnis muss entschuldbar sein, wobei schon leichte Fahrlässigkeit in diesem Belang die Redlichkeit ausschließt (RS0012958 [T1]; 9 Ob 57/07h).
2.5.2. Aus den erstgerichtlichen Feststellungen lässt sich kein Unredlichkeitstatbestand ableiten.
Feststellungsgemäß wurde im Jahr 2000 das gesamte Liegenschaftsvermögen der Eltern der Streitteile zwischen den Geschwistern aufgeteilt, wobei die Eltern bestrebt waren, alle drei Kinder grundsätzlich gleich zu behandeln. Vorrangiges Bestreben dabei war allerdings, die Liegenschaft des Verstorbenen im Familienbesitz zu halten, weshalb dem Kläger die Liegenschaft des Verstorbenen weder formell noch in irgendwelchen Liegenschaftsanteilen zukommen sollte, was sämtlichen Geschwistern bewusst war, von diesen akzeptiert wurde und womit sie sich auch abfanden (anders als etwa in der Entscheidung 2 Ob 176/18y, in welcher eines von mehreren Kindern bereits zu Lebzeiten der Eltern [lange vor der pflichtteilswidrigen Verfügung des Beschenkten] ein Apodiktum derselben hinsichtlich der Aufteilung ihrer Liegenschaften in Frage gestellt hatte, weshalb mit der Geltendmachung von Schenkungspflichtteilsansprüchen gerechnet werden musste). Der Kläger erhielt im Jahr 2000 im Gegenzug zur Übertragung des Hälfteanteils an der Liegenschaft des Verstorbenen an den Beklagten und die Schwester eine Wohnung von der Mutter. Die Übertragung des Grundstücks der Mutter an den Beklagten diente hingegen dem Ausgleich dafür, dass dieser im Gegensatz zum Kläger und der Schwester nicht studiert hatte.
Die Weiterübertragung des Hälfteanteils des Beklagten an die Schwester im Jahr 2007 erfolgte (wiederum) vor dem Hintergrund, dass die Liegenschaft des Verstorbenen als Ganzes in der Familie erhalten bleiben sollte, und war für den Kläger, der weder im Jahr 2000 noch im Jahr 2007 Anhaltspunkte für eine Unangemessenheit der Aufteilung oder ein Wertmissverhältnis hatte, bei (bzw bis zur) Übertragung des Hälfteanteils im Jahr 2007 auch nicht ersichtlich, dass der Kläger dadurch allenfalls benachteiligt sein könnte.
Dem Erstgericht ist daher darin beizupflichten, dass der Beklagte bei der Weitergabe seines Hälfteanteils im Jahr 2007 nicht unredlich war, weshalb er gegenüber dem Kläger auch nicht haftbar für die nicht mehr in seinem Vermögen vorhandene Bereicherung ist.
2.6. Da – wie ausgeführt – Unredlichkeit nur dann schadet, wenn sie (spätestens) im Zeitpunkt der Weitergabe des Geschenks vorliegt, kommt es auf eine allfällige Beteiligung des Beklagten an der im Jahr 2010 getroffenen (Zusatz-)Vereinbarung und den Kenntnisstand des Beklagten in Bezug auf diese ebenso wenig an wie darauf, welche Schlussfolgerungen der Beklagte allenfalls aus der Übermittlung der vom Verstorbenen im April 2015 verfassten Notiz ziehen musste. Die Rechtsrüge des Klägers geht daher auch insofern ins Leere.
2.7. Das Erstgericht hat die Klage sohin zu Recht bereits dem Grunde nach abgewiesen.
III. Der Berufung des Klägers bleibt damit insgesamt ein Erfolg versagt .
IV. Verfahrensrechtliches:
1. Die Kostenentscheidung betreffend das Berufungsverfahren gründet in §§ 50, 41 ZPO. Die vom Beklagten mit EUR 2,80 verzeichneten ERV-Kosten sind gemäß § 23a RATG auf EUR 2,60 zu kürzen.
2. Die Beurteilung der Frage, ob in einem bestimmten Fall ein Verhalten als redlich oder unredlich zu qualifizieren ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und stellt daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (2 Ob 105/23i mwN). Es war daher auszusprechen, dass die (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.
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