Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Prantl als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichts Mag. Schallhart und Mag. Eppacher als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, wider die beklagte Partei B* AG , vertreten durch Singer Fössl Rechtsanwälte OG in Wien, wegen EUR 23.088 sA, Rente (Streitwert EUR 146.880) und Feststellung (Streitwert EUR 10.000), über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 179.968) gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 07.05.2025, **-13, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird keine Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen der Beklagtenvertretung binnen 14 Tagen die mit EUR 4.201,02 (darin enthalten EUR 700,17 an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war nach Absolvierung der Meisterprüfung bis Mai 2023 15 Jahre lang als Bäcker tätig. Am 30.11.2022 schloss er bei der Beklagten eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab, in der die Vertragsgrundlagen zur Berufsunfähigkeitsversicherung Stand 09/2022 (AVB) vereinbart waren. Mit Schreiben vom 04.07.2024 trat die Beklagte mit der Begründung der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht und arglistiger Täuschung vom Vertrag zurück.
Der Kläger begehrt Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung und die Feststellung seiner Prämienbefreiung und brachte vor, er sei seit Mai 2023 nicht mehr in der Lage gewesen, seinem Beruf nachzugehen und arbeite nun als LKW-Beifahrer, was nicht seiner bisherigen Lebensstellung entspreche. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses habe er keine Kenntnis von seiner Krankheit gehabt. Diese sei erst nach Vertragsabschluss diagnostiziert worden. Weder habe er die Krankheit verschwiegen noch die Beklagte arglistig getäuscht. Er sei sich der Konsequenzen einer nicht wahrheitsgemäßen Beantwortung der Gesundheitsfragen nicht bewusst gewesen.
Die Beklagte wandte ein, der Kläger habe schon im Oktober 2022 seinen Hausarzt wegen brennender Augen, rinnender Nase und beeinträchtigter Atmung aufgesucht, wobei die Symptome im Urlaub besser seien. Er sei der Zuweisung an die Fachärztin nicht gefolgt, sondern habe stattdessen die Versicherung abgeschlossen. Die Fragen nach Krankheiten, Unfällen, Anomalien oder Beschwerden in den letzten fünf Jahren ausdrücklich auch zur Lunge und zu Atemwegen sowie zur Haut und Allergien habe der Kläger falsch mit nein beantwortet. Die am 01.12.2022 aufgesuchte Fachärztin habe einen Pricktest veranlasst und ein Bäckerasthma diagnostiziert. Die verschwiegene Vorerkrankung sei für die behauptete Berufsunfähigkeit kausal. Die Beklagte sei vom Vertrag rechtmäßig wegen Verletzung der Anzeigepflicht zurückgetreten und leistungsfrei. Sie sei arglistig getäuscht worden, weshalb der Versicherungsvertrag angefochten werde. Es bestünde auch keine Leistungspflicht, da die nunmehrige Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspreche.
Mit der angefochtenen Entscheidung wies das Erstgericht das Klagebegehren ab, wobei es von folgenden [bekämpften] Feststellungen ausging:
Der Kläger wechselte im November 2021 seine Arbeitsstelle als Bäcker. Ab dieser Zeit verspürte er während der Arbeit regelmäßig brennende Augen und eine rinnende Nase, was er bei der Arbeit in der vorherigen Bäckerei nicht hatte. Er suchte seinen Hausarzt auf. Er hatte den Verdacht, auf irgendeinen Stoff allergisch zu reagieren, da er in der vorherigen Bäckerei jahrelang keine Beschwerden bei der Arbeit gehabt hatte. Bei einem früher durchgeführten Allergietest wurde er positiv auf eine Katzenhaarallergie getestet. Bei einem Termin am 18.10.2022 schilderte er seinem Hausarzt, dass er während der Arbeit brennende Augen und eine rinnende Nase habe. Er sei müde und bekomme schlecht Luft. Im Urlaub seien die Symptome besser. Er habe das Gefühl, eine Allergie zu haben. Der Hausarzt diagnostizierte einen Verdacht auf allergische Rhinitis (allergisch bedingte Erkrankung der Nasenschleimhaut) und stellte am selben Tag eine Zuweisung an eine Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde aus. Dieser Zuweisung folgte der Kläger zunächst nicht.
Am 29.11.2022 informierte er sich per E-Mail beim Versicherungsagenten der Beklagten wegen einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Bei einem kurz darauf zustandegekommenen Termin füllte der Kläger gemeinsam mit dem Versicherungsagenten den Gesundheitsfragebogen der Beklagten aus. Der Versicherungsagent wies den Kläger darauf hin, dass er die Fragen wahrheitsgemäß beantworten müsse, da die Beklagte ansonsten auch nachträglich vom Vertrag zurücktreten könne. Er belehrte den Kläger, dass man nicht mitteilen müsse, wenn man einmal eine Grippe gehabt habe, allerdings bestehende oder bekannte Leiden angeben müsse. Der Kläger beantwortete die Gesundheitsfragen:
„ Bestehen oder bestanden in den letzten fünf Jahren Krankheiten, Unfälle, Anomalien oder Beschwerden? Wurden in den letzten fünf Jahren Operationen oder Behandlungen durchgeführt (stationär, ambulant, Kur, etc)? Unterhalb werden dazu Beispiele angeführt, die nicht als vollständige Aufzählung anzusehen sind. …
Lunge Atemwege: zB Asthma, häufige Bronchitis, Lungenentzündung …
Haut/Allergien: zB Geschwüre, Ekzeme, Schuppenflechte/Psoriasis, Neurodermitis, Akne, Heuschnupfen“
jeweils mit „nein“. Der Kläger teilte beim Ausfüllen dieses Fragebogens dem Versicherungsagenten mit, dass er wegen eines Allergietests noch zum Facharzt müsse. Er erklärte, dass er allergisch auf Katzen reagieren würde, ansonsten aber alles in Ordnung sei. Er erklärte nicht, dass er beim Arbeiten in der neuen Bäckerei regelmäßig brennende Augen und eine rinnende Nase hatte, was er bei seiner vorherigen Anstellung nicht gehabt habe. Er teilte dem Agenten weiters seinen Verdacht, auf irgendeinen Stoff allergisch zu sein, nicht mit, da er in der früheren Anstellung jahrelange keine Beschwerden bei der Arbeit hatte. Weshalb bei den Gesundheitsfragen „nein“ angekreuzt wurde, obwohl der Kläger seine Allergie gegen Katzen mitgeteilt hatte, ist nicht feststellbar. Der Kläger und der Versicherungsagent verblieben derart, dass der Kläger sich nach Vorliegen der Ergebnisse des Allergietests melden solle, sollte etwas herauskommen.
Mit 30.11.2022 wurde die Berufsunfähigkeitsversicherung des Klägers mit auszugsweise nachstehenden Bedingungen polizziert:
„Leistungsumfang
Versicherungsleistung bei Berufsunfähigkeit
Beruf: Bäckermeister/in
Für den Fall der Berufsunfähigkeit der versicherten Person vor dem 01.12.2054 wird folgende Leistung erbracht: Garantierte monatliche Berufsunfähigkeitspension: EUR 1.200 für die Dauer der Berufsunfähigkeit, längstens bis zum 01.12.2054 (Leistungszeitraum)
Während des Leistungszeitraums erhöht sich die Berufsunfähigkeitspension um die Gewinnbeteiligung. Eine jährliche Erhöhung durch die variable Gewinnbeteiligung erfolgt erstmals am 01.12. des zweiten Pensionsjahres.
Prämienbefreiung im Leistungsfall
Bei Berufsunfähigkeit der versicherten Person vor dem 01.12.2054 entfällt für die Dauer der Berufsunfähigkeit die weitere Prämienzahlung. ….
Wertsteigerung: Leistungsdynamik (während Prämienzahlungsdauer und während Berufsunfähigkeit)
Sie haben zur Steigerung Ihrer Berufsunfähigkeitspension eine Leistungsdynamik während der Prämienzahlungsdauer sowie während der Dauer der Berufsunfähigkeit gewählt.
• Wertsteigerung während Prämienzahlungsdauer
Dies bewirkt, dass Ihre Berufsunfähigkeitspension bis ein Jahr vor Ablauf der Prämienzahlungsdauer jährlich um 2 % erhöht wird. Daraus ergibt sich eine entsprechende Erhöhung der Prämien und eine Erhöhung der vereinbarten Berufsunfähigkeitspension.
• Wertsteigerung während Berufsunfähigkeit
Dies bewirkt, dass Ihre Berufsunfähigkeitspension bei Eintritt der Leistungspflicht (Berufsunfähigkeit) jährlich um 2 % erhöht wird. Jede Leistung aufgrund Berufsunfähigkeit startet mit der Höhe der Berufsunfähigkeitspension vor Eintritt des Leistungsfalls. Erhöhungen während der Berufsunfähigkeit entfallen mit Beendigung der Leistung. Bei Einstellung der Prämienzahlung entfällt die Leistungsdynamik. ….
Dieser Polizze liegen folgende Versicherungsbedingungen zugrunde und bei:
Vertragsgrundlagen zur Berufsunfähigkeitsversicherung, Stand 09/2022
Vertragsgrundlagen für Fit im Beruf, Stand 09/2019 .…“
Die Vertragsgrundlagen zur Berufsunfähigkeitsversicherung Stand 09/2022 haben unter anderem nachstehenden Inhalt:
„Artikel 6
Welche Pflichten hat der Versicherungsnehmer
6.1 Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, den Antrag und die damit verbundenen Fragen wahrheitsgemäß und vollständig auszufüllen bzw zu beantworten. Wenn eine andere Person versichert werden soll, ist auch diese für die wahrheitsgemäße und vollständige Beantwortung aller Fragen verantwortlich.
6.2 Werden Fragen schuldhaft unrichtig oder unvollständig beantwortet, können wir innerhalb von drei Jahren seit Abschluss, Wiederherstellung oder Änderung des Vertrags zurücktreten. Tritt der Versicherungsfall innerhalb dieser drei Jahre ein, können wir auch noch nach Ablauf dieser Frist zurücktreten. Wir können den Rücktritt nur innerhalb eines Monats ab Kenntnis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben erklären. Wir können vom Vertrag jedoch nicht zurücktreten, wenn wir von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben bzw vom Eintritt des Versicherungsfalls Kenntnis hatten oder der verschwiegene Umstand keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls hatte.
6.3 Bei arglistiger Täuschung können wir den Vertrag jederzeit anfechten. Wenn wir den Vertrag anfechten oder vom Vertrag zurücktreten, sind wir zu keiner Leistung verpflichtet. ….
Artikel 10
Unter welchen Bedingungen wird die Leistung aufgrund Berufsunfähigkeit erbracht?
10.1 Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder eines mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50 % außerstande ist, ihren zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls ausgeübten Beruf so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war auszuüben und sie auch keine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. …“
[A] Es kann nicht festgestellt werden, ob der Kläger nach dem Termin mit [dem Versicherungsagenten] mit jemandem von der Beklagten telefoniert hat oder diesen über einen ausständigen Pricktest informiert hat.
Am 01.12.2022 suchte der Kläger neuerlich den Hausarzt auf, damit ihm dieser eine neuerliche Zuweisung an den Facharzt ausstellte, da er die alte Zuweisung verloren hatte. Er suchte am selben Tag die Fachärztin auf und teilte dort mit, zunehmend Beschwerden bei der Arbeit als Bäcker zu haben. An der Teigmischmaschine, sobald er Hautkontakt oder inhalativen Kontakt mit Mehl habe, rinne die Nase, die Haut röte sich, er verspüre ein Hitzegefühl und Juckreiz. Die Fachärztin stellte einen chronischen Juckreiz (pruritus aurium) und eine Entzündung der Nase und Augen (rhinokonjunktivitis) fest. Sie leitete einen Pricktest beim Labor aufgrund eines Verdachts auf Bäckerasthma ein. Der Laborbefund vom 23.02.2023 zeigte ein positives Ergebnis auf Katzenschuppen und Hundeschuppen, war hingegen negativ auf Roggen, Beifuß, Birke und Lieschgras. Ob der Kläger das Ergebnis des Pricktests dem Versicherungsagenten mitteilte, ist nicht feststellbar. Die Ergebnisse des Pricktests übermittelte er weder an den Versicherungsagenten noch an die Beklagte.
Am 08.03.2023 fand eine Befundbesprechung bei der Fachärztin statt, die den Kläger zu einer Konsiliaruntersuchung an die Pulmologie im D* wegen des Verdachts auf Bäckerasthma und Tierhaarallergie verwies. Bei einer Untersuchung im D* am 28.04.2023 wurde weiterhin ein hochgradiger Verdacht auf Bäckerasthma geäußert und eine AUVA-Meldung über eine Berufsunfähigkeit ausgestellt. Aufgrund der zunehmenden Symptomatik wechselte der Kläger im Mai 2023 seinen Beruf.
Er ist zu mindestens 50 % außerstande, den zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls ausgeübten Beruf als Bäcker auszuüben, da er unter Bäckerasthma leidet. Die Vorerkrankungen sind für die Berufsunfähigkeit des Klägers kausal. Seit 15.05.2023 ist der Kläger als LKW-Beifahrer beschäftigt, wofür er keine besondere Berufsausbildung, lediglich einen Führerschein brauchte. Am 23.02.2024 stellte der Kläger einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente und gab an, seit März 2023 an Bäckerasthma zu leiden. Die Beklagte erhielt am 27.06.2024 über den Versicherungsagenten des Klägers den vollständigen Karteiauszug für das Jahr 2022 des Hausarztes und erlangte so Kenntnis, dass der Kläger bereits am 18.10.2022, also vor Antragstellung, seinem Hausarzt mitteilte, bei der Arbeit als Bäcker unter brennenden Augen, einer rinnenden Nase und Müdigkeit sowie Atemnot zu leiden. Die Beklagte trat mit 04.07.2024 vom Versicherungsvertrag per 01.02.2024 wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflichten zurück. Die Beklagte hatte von der Unrichtigkeit und Unvollständigkeit der Angaben bzw vom Eintritt des Versicherungsfalls keine Kenntnis.
Rechtlich urteilte das Erstgericht, der Kläger habe die ausdrücklichen Fragen nach Beschwerden verneint, obwohl er bereits bei Antragstellung unter Beschwerden wie brennenden Augen, rinnender Nase, Müdigkeit und Atemnot während der Arbeit gelitten habe und sich die Symptome während des Urlaubs besserten. Es habe ihm auch als medizinischer Laie klar sein müssen, dass die Beschwerden, die er bei Ausübung des Berufs verspüre, Einfluss auf Art und Umfang der Berufsunfähigkeit haben können. Es komme nicht darauf an, ob die Diagnose eines Bäckerasthmas zu diesem Zeitpunkt noch ausständig war, sondern es reiche, dass der Kläger die Beschwerden gegenüber der Beklagten nicht erwähnt habe. Die Beklagte habe vom Vertrag zurücktreten dürfen.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Berufung des Klägers aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag auf Klagsstattgabe, eventualiter wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragt mit rechtzeitiger Berufungsbeantwortung, dem Rechtsmittel den Erfolg zu versagen.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Mit Beweisrüge bekämpft der Kläger den oben zu [A] hervorgehobenen Sachverhalt und begehrt stattdessen festzustellen, er habe nach dem Termin mit dem Versicherungsagenten mit einem Mitarbeiter der Beklagten telefoniert und diesen über einen ausständigen Pricktest informiert. Das Gericht stütze die Negativfeststellung auf kein Beweisergebnis, sondern auf eine Vermutung aufgrund der Polizzierung am 30.11.2022. Eine Polizzierung könne nachträglich wieder aufgehoben werden, sage also nichts darüber aus, ob es noch Gespräche zwischen den Parteien gegeben habe. Die Argumentation des Gerichts verstoße gegen den Erfahrungswert, dass die Polizzierung eines Vertrags nicht unumkehrbar sei. Das eilige Polizzieren lege vielmehr den Schluss nahe, dass die Beklagte nur auf einen schnellen Abschluss aus gewesen sei, ehe der Kläger zu einer anderen Versicherung gegangen wäre. Aufgrund der Angaben des Klägers hätte das Erstgericht davon ausgehen müssen, dass der Kläger noch mit einem Mitarbeiter der Beklagten gesprochen habe. Die Beklagte habe somit Kenntnis davon gehabt, dass eine Allergie im Raum stand. Es sei dem Kläger nicht vorwerfbar, bei der Besprechung mit dem Versicherungsagenten lediglich eine Katzenallergie bekanntgegeben zu haben. Der Versicherungsagent habe in seiner Zeugenvernehmung zu jeder Frage, die der Beklagten zum Nachteil gereicht habe, keine Ahnung gehabt, sonst alles eindeutig beantworten können. Er habe nicht beantworten können, warum die Katzenallergie nicht in den Gesundheitsfragebogen aufgenommen worden sei. Die Kenntnis des Agenten von der Allergie sei der Beklagten zuzurechnen. Die Beklagte hätte wegen des ausständigen Pricktests mit der Polizzierung innehalten müssen. Die Negierung der Fragen sei nicht vorwerfbar, da er die Beklagte auf den Pricktest aufmerksam gemacht habe.
1.1 Wie das Erstgericht zutreffend herausgearbeitet hat, waren die Angaben des Klägers von Widersprüchen und dem offensichtlichen Bestreben geprägt, das erstmalige Auftreten der sich bei der Berufsausübung ergebenden Beschwerden auf einen späteren Zeitpunkt zu datieren. So gab er an, als Bäcker durchgehend beschwerdefrei gewesen zu sein bis auf die letzten drei oder vier Monate, in denen er als Bäcker gearbeitet habe (S 7 in ON 7). Der Kläger war bis Mai 2023 als Bäcker tätig. Aus dem Karteikartenauszug seines Hausarztes ergibt sich aber, dass er bereits am 18.10.2022 von brennenden Augen, rinnender Nase, Müdigkeit und Atemnot bei der Arbeit berichtete und ausdrücklich den Verdacht äußerte, unter einer Allergie zu leiden. Die Überweisung zum Facharzt nahm er zunächst nicht wahr, sondern kümmerte sich um einen Termin beim Versicherungsagenten wegen einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Dabei drängte er auf einen umgehenden Termin noch am selben Tag (Beilage 14). Unmittelbar am Tag darauf holte er sich beim Hausarzt erneut eine Zuweisung an den Facharzt (Beilage 6), den er ebenfalls noch am selben Tag (Beilage 7) aufsuchte. Dazu steht weiters unbekämpft fest, dass er dort zunehmende Beschwerden in der Arbeit als Bäcker schilderte. An der Teigmaschine, sobald er Hautkontakt oder inhalativen Kontakt mit Mehl habe, rinne die Nase, die Haut röte sich, er verspüre ein Hitzegefühl und Juckreiz, also im Wesentlichen dieselben Symptome, welche er auch schon dem Hausarzt angegeben hatte. Obwohl der Leidensdruck also groß genug war, um den Hausarzt und noch am selben Tag den Facharzt aufzusuchen, hatte er diese Symptome und Beschwerden bei Beantwortung der Gesundheitsfragen am Vortag verschwiegen. Dass der Kläger einige Tage später von einem Mitarbeiter der Beklagten angerufen worden sei und er den Mitarbeiter über den Allergietest informiert habe, ergibt sich ausschließlich aus den Angaben des Klägers. Weitere Hinweise darauf, dass es diesen Anruf tatsächlich gegeben habe, hat das Beweisverfahren nicht ergeben. Die bekämpfte Negativfeststellung ist nicht korrekturbedürftig.
1.2 Abgesehen davon würde der vom Rechtsmittelwerber angestrebte Sachverhalt zum gleichen rechtlichen Ergebnis führen, da feststeht, dass der Kläger dem Versicherungsagenten von einer Katzenhaarallergie erzählt hatte, hinsichtlich welcher er noch zu einem Allergietest müsse. Aufgrund der begehrten Ersatzfeststellung ergäbe sich somit lediglich, dass der Kläger die Beklagte erneut über einen, dieser schon bekannten Umstand informiert hätte. Abgesehen davon ist eine Katzenhaarallergie für eine Berufsunfähigkeitsversicherung als Bäcker irrelevant, was sich schließlich auch darin zeigte, dass die Beklagte trotz Information über diese mögliche Allergie den Versicherungsantrag annahm. Für die rechtliche Beurteilung wesentlich ist vielmehr der Umstand, dass der Kläger bei Beantwortung der Gesundheitsfragen jene Beschwerden verheimlichte, welche bei Ausübung seines Berufs auftraten und wegen denen er bereits ärztliche Hilfe in Anspruch genommen hatte.
2. In der Rechtsrüge argumentiert der Kläger, dem Agenten der Beklagten und somit auch der Beklagten sei der ausstehende Allergietest bekannt gewesen. Der Versicherungsvertrag hätte nicht polizziert werden dürfen. Der Kläger habe wahrheitsgemäß über den Allergietest aufgeklärt, womit allfällige Falschantworten hinfällig geworden seien. Eine Polizzierung gehe zu Lasten der Beklagten, weil sie den Pricktest nicht abgewartet habe. Ein allfälliges Verschweigen der Rhinitis sei wegen des Hinweises auf den Pricktest unbeachtlich. Dass die Katzenallergie nicht im Gesundheitsfragebogen zu finden sei, lege den Schluss nahe, dass es der Beklagten nur um den Abschluss des Vertrags gegangen sei, um das Thema nicht korrekt beantworteter Gesundheitsfragen bei einem Versicherungsfall aufzugreifen. Für die Beklagte habe eine Win-win-Situation bestanden, da sie gewusst habe, dass die Fragen zur Allergie nicht korrekt beantwortet worden seien und dass noch ein Pricktest ausständig sei, der eine Allergie zeigen könne. Damit habe sie den Vertrag problemlos polizzieren und Prämien kassieren können. Bei Eintritt des Versicherungsfalls habe sie sich auf die nicht korrekte Beantwortung der Gesundheitsfragen berufen und den Vertrag wegen Arglist anfechten können. Dem Kläger sei kein Vorwurf zu machen.
2.1 Nach § 16 Abs 1 VersVG hat der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Versicherungsvertrags alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Erheblich sind Gefahrenumstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, Einfluss auszuüben (7 Ob 131/15p, 7 Ob 131/14m uva). Ein Umstand, nach welchem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich (RS0080628). Grundsätzlich begründet eine Fehlinformation über gefahrenerhebliche Umstände Leistungsfreiheit (RS0080637). Bei der Beantwortung von Gesundheitsfragen ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen. Es kommt nicht nur auf die Erheblichkeit der einzelnen Krankheit, sondern auch auf die Häufigkeit des durch die behandelten Krankheiten geprägten Gesamtbilds des Gesundheitszustands an. Beschwerden und Schmerzen sind bei entsprechender Frage auch dann anzeigepflichtig, wenn sie noch nicht eindeutig einer Krankheit zugeordnet worden sind. Ihre Einschätzung durch den Versicherungsnehmer als harmlos spielt für die Entstehung der Pflicht keine Rolle, sofern sie nicht offenkundig belanglos sind und alsbald vergehen. Angabepflichtig sind auch indizierende Umstände, also äußere Umstände, die auf das Bestehen eines gefahrenerheblichen Zustands schließen lassen. Auch ohne das Vorliegen einer ärztlichen Diagnose muss der Antragsteller Symptome, wegen derer er sich in ärztlicher Behandlung begeben hat, angeben; Bewertung und Beurteilung müssen dem Versicherer überlassen bleiben (RS0080641 [T6]). Zur Bejahung der Gefahrenerheblichkeit von Umständen ist es nicht erforderlich, dass der Versicherer bei Kenntnis des wahren Sachverhalts den Vertrag tatsächlich abgelehnt oder nicht zu den bestimmten Bedingungen geschlossen hätte, es reicht aus, dass der vom Versicherer nachgewiesene Umstand bei objektiver Betrachtung geeignet ist, einen solchen Entschluss des Versicherers zu motivieren (). Der Versicherte ist dafür beweispflichtig, dass auch die richtige Beantwortung der an ihn gestellten Fragen nicht geeignet gewesen wäre, den Entschluss des Versicherers zum Vertragsabschluss in irgendeiner Weise zu beeinflussen (). An die vom Versicherten oder Versicherungsnehmer bei Erfüllung seiner vorvertraglichen Anzeigepflicht anzuwendende Sorgfalt sind ganz erhebliche Anforderungen zu stellen (). Für eine schuldhafte Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht genügt leichte Fahrlässigkeit (). Die Beweislast für das mangelnde Verschulden an der Verletzung einer vorvertraglichen Anzeigepflicht trifft grundsätzlich den Versicherungsnehmer ().
2.2 Nach den Feststellungen hat der Kläger bei Antragstellung gerade jene Beschwerden verschwiegen, welche ausschließlich bei Ausübung seines Berufs auftraten und wegen derer er sich bereits in ärztliche Behandlung begeben hatte. Sollte es dem Kläger unklar gewesen sein, dass gerade diese Umstände für die Beklagte für den Abschluss des Vertrags von Bedeutung sind, hätte ihm dies bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit jedenfalls klar sein müssen. Abgesehen davon wurde er ausdrücklich zu solchen Beschwerden befragt, welche er verneinte. Obwohl Allergien ausdrücklich thematisiert wurden, nannte er nur die für die Antragstellung offensichtlich irrelevante Katzenhaarallergie und nicht die ihn akut bei der Arbeit belastenden Beschwerden, hinsichtlich derer er selbst eine Allergie vermutete. Es besteht kein Zweifel daran, dass die richtige Beantwortung der Fragen geeignet gewesen wäre, den Entschluss der Beklagten zum Vertragsabschluss zu beeinflussen. Der Berufung ist der Erfolg zu versagen. Die angefochtene Entscheidung war zu bestätigen.
3. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 50, 41 ZPO.
4. Da schon das Rentenbegehren die maßgebliche Grenze von EUR 30.000,-- überschreitet, erübrigt sich eine Bewertung des Feststellungsbegehrens.
5. Die ordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, weil sich das Berufungsgericht an höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und die Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.
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