Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Knapp, LL.M., als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Offer und Mag. Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufung der Staatsanwaltschaft Feldkirch wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 27.8.2025, GZ **-48, nach der am 16.10.2025 in Anwesenheit des Schriftführers Rp Mag. Anwander, der Sitzungsvertreterin der Oberstaatsanwaltschaft OStA Mag. Draschl, des Angeklagten sowie seines Verteidigers RA Mag. German Bertsch öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Der Berufung wird F o l g e gegeben und die Freiheitsstrafe auf 2 ½ Jahre a n g e h o b e n.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Adhäsionserkenntnisse enthält, wurde der am ** geborene Angeklagte A* des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (1./) und des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen nach § 218 Abs 1a StGB (2./) schuldig erkannt.
Demnach hat er am 30.04.2025 in **
Hiefür verhängte der Schöffensenat über den Angeklagte in Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 206 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von 24 Monaten, rechnete aktenkonform die erlittene Vorhaft von 30.4.2025 16.50 Uhr bis 27.8.2025 Schluss der Verhandlung erster Instanz auf die ausgesprochene Strafe an und verpflichtete ihn gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens.
Während der Angeklagte dieses Urteil unangefochten ließ, bekämpft es die Staatsanwaltschaft Feldkirch mit einer rechtzeitig angemeldeten (ON 46) und in der Folge fristgerecht schriftlich ausgeführten Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe, die mit dem Vorbringen unrichtiger Gewichtung der Strafzumessungsgründe in den Antrag mündet, die Strafe schuld- und tatangemesen zu erhöhen (ON 49).
In seinen Gegenausführungen beantragt der Angeklagte unter Hinweis auf die zwischenzeitlichen Zahlungen an die Privatbeteiligten, dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft keine Folge zu geben (ON 50).
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer Stellungnahme den Standpunkt, dass die auf Strafverschärfung abzielende Berufung im Recht sei.
Die Berufung ist berechtigt.
Voranzustellen ist, dass der Schöffensenat zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten nachstehende Feststellungen getroffen hat:
Der ** in Deutschland geborene Angeklagte ist deutscher Staatsbürger und ledig. Er war vor der Untersuchungshaft als Zugbegleiter tätig und bezog dabei ein Einkommen von netto EUR 2.300,00 monatlich. Derzeit erhält er kein Einkommen. Er hat kein Vermögen und keine Schulden. Der Angeklagte ist für niemanden sorgepflichtig. Weder die österreichische Strafregisterauskunft (ON 44) noch die deutsche ECRIS-Auskunft (ON 5) des Angeklagten weisen Eintragungen auf.
Bei der Strafbemessung berücksichtigte der Schöffensenat auf der mildernden Seite den bislang ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten mit dem die Taten in auffallendem Widerspruch stünden (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB) und das reumütige Geständnis des Angeklagten in der Hauptverhandlung (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB), erschwerend hingegen das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB), die Tatbegehung zu Punkt 2./ als Volljähriger gegen eine unmündige Minderjährige (§ 33 Abs 2 Z 1 StGB), schließlich das zarte Alter der erst 7-jährigen B*.
Ausgehend davon erachtete der Schöffensenat die verhängte Freiheitsstrafe insbesondere mit Blick auf die bisherige Unbescholtenheit als schuld- und tatangemessen und verneinte das Vorliegen der Voraussetzungen eines Vorgehens nach § 43a Abs 3 StGB aus Gründen der Spezial- und Generalprävention.
Die vom Erstgericht herangezogenen Strafzumessungsgründe treffen im Wesentlichen zu, sie sind jedoch ergänzungsbedürftig.
Soweit die Staatsanwaltschaft den herangezogenen Milderungsgrund der – letztlich in der Hauptverhandlung - umfassend geständigen Verantwortung des Angeklagten mit dem Vorbringen in Kritik zieht, dieses habe nicht wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen, weshalb dem Milderungsgrund zu viel Gewicht beigemessen worden sei, ist ihr zu entgegnen, dass das Schöffengericht erkennbar nach seinen weiteren Ausführungen zu diesem Milderungsgrund (US 9) ohnedies nur von einem reumütigen (auch die subjektive Tatseite) einräumenden Geständnis ausgegangen ist (vgl die zwei Fälle des § 34 Abs 1 Z 17 StGB: Riffel in Höpfel/Ratz , WK 2 StGB § 34 Rz 38).
Da der Angeklagte mittlerweile an beide Tatopfer den von ihnen begehrten (Teil-) Schadenersatz geleistet hat (vgl Mitteilung des Verteidigers vom 10.10.2025 samt Beilagen) kommt ihm der Milderungsgrund der (teilweisen) Schadensgutmachung zugute ( Riffel aaO § 32 Rz 39 f). Den in der Gegenausführung des Angeklagten vorgetragenen Argumenten gelingt es aber darüber hinaus nicht, weitere, bislang nicht berücksichtigte Milderungsgründe aufzuzeigen.
Auf der aggravierenden Seite ist zudem weiters zu ergänzen, dass auch zu Punkt 1./ des Schuldspruchs der Erschwerungsgrund nach § 33 Abs 2 Z 1 StGB ohne Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot vorliegt (vgl 15 Os 138/20p Rz 15; 11 Os 12/24k).
Der Umstand, dass der Angeklagte nach den Feststellungen des Erstgerichts im Rahmen einer tatbestandlichen Handlungseinheit neben dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen das Opfer B* auch dazu veranlasste, Onanierbewegungen an ihm durchzuführen (RIS-Justiz RS0117038 [T2]; RS0120233 [T8]), verstärkt den Unrechtsgehalt dieser Tat.
Im Rahmen allgemeiner Grundsätze der Strafbemessung nach § 32 StGB kann letztlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass von den Angriffen des Angeklagten zwei Opfer betroffen waren und der Angeklagten gegenüber den Unmündigen vorgab, sich für Klebetattoos zu interessieren, um Vertrauen mit den spielenden Kindern aufzubauen und just diesen Umstand dann ausgenutzt hat, um die gegenständlichen Taten zu begehen, sodass dieser intensive Täterwille von einer hohen personalen Täterschuld zeugt.
Ausgehend von den so korrigierten Strafzumessungsgründen sowie unter weiterer Berücksichtigung dieser allgemeinen Strafbemessungskriterien des § 32 StGB ist die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe trotz der zwischenzeitlich geleisteten Zahlungen an die Opfer eine zu milde Sanktion, die das Unrecht der Taten wie auch die hohe personale Täterschuld nicht ausreichend widerspiegelt und damit in Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft auf 2 ½ Jahre zu erhöhen war. In dieser Höhe wird die Strafe auch präventiven Strafbemessungserwägungen gerecht.
Die Verurteilung zum Kostenersatz ist Folge des Ausgangs des Berufungsverfahrens. Sie gründet in der angezogenen Gesetzesstelle.
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