Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dampf als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. a Hagen und Mag. a Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A* B*wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 288 Abs 1 und 4 StGB über die Berufungen der Angeklagten wegen Nichtigkeit und des Ausspruchs über die Schuld sowie der Staatsanwaltschaft Innsbruck wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das einzelrichterliche Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16.7.2025, GZ ** 17, nach der am 7.10.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp Mag. a Ölmez, des Sitzungsvertreters der Oberstaatsanwaltschaft EOStA Mag. Kuznik, der Angeklagten, ihrer gesetzlichen Vertreterin C* B* und des Verteidigers RA Mag. Ruben Steiner öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Den Berufungen wird n i c h t Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am ** geborene A* B* des Vergehens der „Bestimmung zur“ falschen Beweisaussage nach §§ „12. 2. Alt., 15“ (richtig: 15, 12 zweiter Fall), 288 Abs 1 und 4 StGB schuldig erkannt.
Danach hat sieam 18.4.2025 in ** versucht, D* dazu zu bestimmen, als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache in dem von der Staatsanwaltschaft Innsbruck zu ** gegen E* B* und andere wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB ua geführten Ermittlungsverfahren vor der Kriminalpolizei falsch auszusagen, indem sie ihn in einer Sprachnachricht zusammengefasst (sinngemäß) aufforderte auszusagen, dass der Mann auf F* losgegangen sei und E* den Mann dann weggeschubst habe, dann sei er (D*) weggelaufen und erst wieder hin, als die Polizei da war.
Hiefür wurde sie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 13 Abs 1 JGG wurde der Ausspruch der wegen dieser Jugendstraftat zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten.
Dagegen richtet sich zunächst die unmittelbar nach Urteilsverkündung angemeldete „volle“ Berufung der Angeklagten (ON 16, 4), die durch den Verteidiger fristgerecht schriftlich lediglich wegen Nichtigkeit und wegen des Ausspruchs über die Schuld ausgeführt wurde (ON 19). Die nicht ausgeführte Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wurde in der Berufungsverhandlung ausdrücklich zurückgezogen. Das Rechtsmittel zielt primär auf einen Freispruch, in eventu auf Zurückverweisung der Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht ab.
Die Staatsanwaltschaft wiederum meldete in der Hauptverhandlung Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe zum Nachteil der Angeklagten an (ON 16, 4), die sie fristgerecht ausführte (ON 18) und die auf eine Ausscheidung des § 13 Abs 1 JGG sowie die Verhängung einer angemessenen Geldstrafe anträgt.
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer Stellungnahme den Standpunkt, dass der Berufung der Angeklagten keine, hingegen jener der Staatsanwaltschaft allenfalls Folge zu geben sein werde.
Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.
Zur Berufung der Angeklagten:
Der Schuldberufung gelingt es nicht, Bedenken des Oberlandesgerichts an der erstrichterlichen Beweiswürdigung und damit der Richtigkeit der entscheidenden Sachverhaltsannahmen zu erwecken. Das Erstgericht konnte sich von der Angeklagten einen persönlichen Eindruck verschaffen und hat durch die aktenkonforme Erörterung der in der Hauptverhandlung vorgekommenen erheblichen Verfahrensergebnisse schlüssig, widerspruchsfrei und überzeugend die dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite begründet. Dabei konnte es vor allem auch auf die in der Hauptverhandlung vorgekommene (ON 16, 3) Audiodatei (ON 7.2; Transkript in ON 7.4) zurückgreifen, welche die von der Angeklagten an D* übermittelte Sprachnachricht zum Inhalt hat. Dem Berufungsvorbringen zuwider hat die Angeklagte damit dem Genannten auf dessen Mitteilung hin, er würde sich an den Vorfall nicht erinnern, keinesfalls nur eine Gedächtnisstütze gegeben. Vielmehr instruierte sie ihn mit Blick auf die Wortwahl (aber du musst dann, du bisch da gestanden und der isch aufn F* los gangen, musst du sagen, genau des musst, sagen, er isch aufn F* losgangen … du musst halt einfach sagen, so weck, er hat ihm keine kaut … und dann bisch du weck gelaufen, glaub i musst sagen … genau sag des, und sag des genau so), wie er seine Zeugenaussage vor der Kriminalpolizei zu tätigen hat; eine andere Interpretation lässt die Sprachnachricht nicht zu und wäre zudem völlig lebensfremd. Dass ihr Vorsatz auch umfasste, dass die von der Angeklagten angestrebte Aussage des D* falsch gewesen wäre, weil er selbst keine Wahrnehmungen oder Erinnerungen an den Vorfall hatte, wurde vom Erstgericht der weiteren Schuldberufung zuwider ebenfalls unbedenklich aus der ihr bereits anlässlich ihrer eigenen Zeugenvernehmung am 13.2.2025 erteilten Belehrung über die Wahrheitspflicht und dem objektiven Tatgeschehen abgeleitet. Der ins Treffen geführte „Zweifelsgrundsatz“ (in dubio pro reo) verhilft unter Berücksichtigung der vorliegenden Verfahrensergebnisse der Berufung ebenso nicht zum Ziel.
Weil die entscheidenden Tatsachen zum objektiven Tatgeschehen und auch jene zur subjektiven Tatseite daher unbedenklich sind, hatte es bei diesen zu bleiben.
Der Rechtsrüge(§§ 489 Abs 1, 281 Abs 1 Z 9 [nominell ausschließlich] lit a StPO) ist voranzustellen, dass die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrunds das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzungen hat (RIS-Justiz ).
Diesem Erfordernis wird die Rüge zunächst mit ihrem Vorbringen, die Feststellungen zur Sprachnachricht seien zu unbestimmt, weil die Angeklagte in der Sprachnachricht lediglich von einem „er“, einem „der“, „ihm“ und „sie“ spreche und der Inhalt somit mangels Namen zu unbestimmt sei, um den Wahrheitsgehalt überprüfen zu können, nicht gerecht, weil sie sich vom tatsächlich konstatierten Inhalt der Sprachnachricht samt genannten Namen und der Gesamtheit der zum Bedeutungsgehalt getroffenen Feststellungen (US 3 f) entfernt bzw diese negiert. Solcherart ist sie nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt.
Soweit die Berufungswerberin disloziert im Rahmen der Schuldberufung (nominell) unter dem Nichtigkeitsgrund nach §§ 489 Abs 1, 281 Abs 1 Z 9 lit a (der Sache nach lit b) StPO vorbringt, ihr sei zu keinem Zeitpunkt bewusst gewesen, dass sie D* keine „(auch)“ objektiv richtigen Einzelheiten über den Vorfall mitteilen hätte dürfen und damit das Vorliegen eines (schuldausschließenden) Verbotsirrtums iSd § 9 StGB behauptet, lässt sie zum einen erneut die zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen durch das Erstgericht (US 3 f) außer Acht und verabsäumt es zum anderen, auf in der Hauptverhandlung vorgekommene Umstände hinzuweisen, die den ins Treffen geführten Rechtsirrtum indizieren würden (zur Geltendmachung eines Feststellungsmangels vgl RIS-Justiz RS0118580).
Zur Strafberufung der Staatsanwaltschaft:
Das Erstgericht wertete mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel und die Beschränkung der Tat auf den Versuch; demgegenüber keinen Umstand erschwerend. Ausgehend davon und dem reduzierten Strafrahmen von bis zu eineinhalb Jahren Freiheitsstrafe hielt es das Erstgericht spezialpräventiv für ausreichend, den Strafausspruch gemäß § 13 Abs 1 JGG für eine Probezeit von drei Jahren vorzubehalten.
Die vom Erstgericht berücksichtigten und weder von der Staatsanwaltschaft noch der Angeklagten kritisierten Strafzumessungsgründe treffen zu und sind vollständig.
Soweit die Staatsanwaltschaft die Ausscheidung des § 13 Abs 1 JGG und die Verhängung einer Geldstrafe mit der Argumentation anstrebt, die Verurteilte habe bis zum Schluss das Unrecht ihrer Tat nicht eingesehen, ist ihr zu erwidern, dass diese Wertung eine unrichtige, nichtigkeitsbegründende Gesetzesanwendung (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO) darstellen würde, weil der Angeklagten aus ihrer Verteidigung kein Nachteil erwachsen darf (RIS-Justiz RS0090897).
Aufgrund des bisher ordentlichen Lebenswandels und dem in der Berufungsverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck teilt das Oberlandesgericht die Ansicht des Erstgerichts, dass der Schuldspruch und die Androhung des Strafausspruchs für eine dreijährige Probezeit genügen werden, um die Angeklagte in Hinkunft von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.
Über § 14 JGG sind zwar auch generalpräventive Hinderungsgründe für ein Vorgehen nach § 13 Abs 1 JGG beachtlich. Diese stehen dem Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe aber nur dann entgegen, wenn „besondere“ Gründe vorliegen, welche den Ausspruch einer konkreten Strafe „unerlässlich“ erscheinen lassen, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (vgl zum Ganzen Schroll/Oshidariin WK² JGG § 13 Rz 6 und § 14 Rz 1 ff). Mit dem bloßen Verweis auf das dem Schuldspruch zugrunde liegende Delikt gegen die Rechtspflege gelingt es der Berufung der Staatsanwaltschaft nicht, einen derart besonderen Grund aufzuzeigen, der die Verhängung einer Geldstrafe aus generalpräventiven Gründen unerlässlich erscheinen ließe.
Insgesamt blieben daher beide Berufungen erfolglos.
Die Kostenentscheidung ist Folge des Ausgangs des Berufungsverfahrens. Sie gründet in der angeführten Gesetzesstelle.
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