Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Engers als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Vötter und die Richterin des Oberlandesgerichts Mag. Rofner sowie die fachkundigen Laienrichter AD RR Karlheinz Fagschlunger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AD RR Jürgen Fiedler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Mitglieder des Senats in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Rainer-Rück-Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, gegen die beklagte Partei RA Dr. B* als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der C* GmbH , **, vertreten durch Moser, Kellerer und Partner, Rechtsanwälte in 6130 Schwaz, wegen Feststellung einer Konkursforderung von EUR 234.585,00 sA, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 12.11.2024, signiert mit 29.4.2025, **-19, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird keine Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen ihrer Vertreter die mit EUR 4.405,92 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die (ordentliche) Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der am ** geborene Kläger ging am 27.8.1984 ein Beschäftigungsverhältnis mit der D* KG ein, das im Zuge eines Betriebsübergangs im Sinn der §§ 3 ff AVRAG auf die C* GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) überging und auf welches das „Betriebliche Versorgungswerk“ bzw die am 20.12.1973 in Kraft getretene „Versorgungsordnung der Firma D* KG **“ Anwendung finden.
Der Kläger trat mit 28.10.2022 wegen Vorenthaltung des ihm zustehenden Entgelts vorzeitig aus. Mit Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 9.11.2022, **, wurde über das Vermögen der Schuldnerin mit Wirkung 10.11.2022 das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt. Mit Beschluss vom 21.12.2022, bekannt gemacht am selben Tag, wurde die Schließung des Unternehmens angeordnet.
Mit Schreiben vom 22.12.2022 teilte der Beklagte der Arbeiterkammer als (damalige) Vertreterin der Dienstnehmer der Schuldnerin mit:
„[…] Als Vertreter aller Dienstnehmer übermittle ich beiliegend eine Kopie des betrieblichen Versorgungswerkes zur Kenntnisnahme.
In der gegenständlichen Vereinbarung findet sich auf Seite 15 der Pkt. XVI. „Änderung auf [richtig: und] Aufhebung der Versorgungsordnung“ in welchem unter anderem Folgendes geregelt wurde:
XVI. Änderung und Aufhebung der Versorgungsordnung
Die Firma behält sich vor, die Versorgungsordnung zu ändern bzw die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn
die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, dass ihm eine Aufrechterhaltung der Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann, oder
Über das Vermögen der C* GmbH wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck die Insolvenz eröffnet. Zwischenzeitlich wurde in der Tagsatzung am 21.12.2022 aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage des schuldnerischen Unternehmens dessen Schließung beantragt und infolge dessen gerichtlich geschlossen. Eine Sanierung des Unternehmens erfolgt nicht.
Es ist offensichtlich, dass die schlechte wirtschaftliche Lage des Unternehmens zum Untergang desselben geführt hat. Eine Aufrechterhaltung der Leistungen ist nicht möglich. Diese Leistungen werden daher jedenfalls ab dem Tage der Insolvenzeröffnung auf EUR 0,00 gekürzt, gänzlich und dauerhaft eingestellt und nicht mehr erbracht.
Ich ersuche dies als Vertreter aller Dienstnehmer des schuldnerischen Unternehmens entsprechend in Kenntnis zu nehmen und an diese weiterzuleiten.“
Am 22.2.2023 meldete der Kläger, vertreten durch einen Mitarbeiter der ISA Tirol (Insolvenzschutzverband, Arbeiterkammer Tirol), im Konkursverfahren eine Forderung beinhaltend auch eine „Pensionsabfindung“ von netto EUR 234.585,00 wie folgt an:

Der Beklagte bestritt die Forderung von EUR 234.585,00 mit folgender Begründung: „mangels Anspruchs – gemäß Punkt XVI des betrieblichen Vorsorgewerkes der D* KG vom 20.12.1973 ist es dem Dienstgeber vorbehalten, die Leistungen aus der Versorgungsordnung gänzlich einzustellen, wenn sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens derart nachhaltig wesentlich verschlechtert, dass die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zumutbar ist. C* hat die Pensionszahlungen bereits im Lauf des Jahres 2022 eingestellt, der Masseverwalter hat die Leistungen ebenfalls nicht erbracht und mit Schreiben vom 22.12.2022 die Einstellung der Pensionsleistung ausdrücklich noch einmal bekanntgegeben.“
Von diesem zusammengefassten Sachverhalt, teilweise ergänzt um den unstrittigen Inhalt der Urkunden Blg ./A (Auszug aus dem Anmeldungsverzeichnis), ./D (Forderungsanmeldung des Klägers) und ./2 (Schreiben der Kanzlei des Beklagten vom 22.12.2022) sowie der Ediktsdatei (vgl RIS-Justiz RS0121557), ist im Berufungsverfahren auszugehen.
Der Kläger begehrt die Feststellung des Zurechtbestehens der von ihm angemeldeten Forderung über den bereits anerkannten Betrag von EUR 4.464,00 hinaus im Ausmaß eines weiteren Betrags von EUR 234.585,00 als Konkursforderung. Er brachte zusammengefasst vor, aufgrund der Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks der Schuldnerin, die eine direkte Leistungszusage enthielten, Anspruch auf eine Betriebspension zu haben. Gemäß dem versicherungsmathematischen Gutachten der E*-GmbH vom 17.2.2023 (im Folgenden: finanzmathematisches Gutachten) betrage sein Betriebspensionsanspruch auf Basis einer Berechnung zum Regelpensionsalter von 65 Jahren kapitalisiert auf den Tag der Insolvenzeröffnung brutto EUR 249.558,18; dies entspreche unter Berücksichtigung der insolvenzrechtlichen Pauschalbesteuerung einem Netto-Betriebspensionsanspruch von EUR 234.585,00. Er habe diese Forderung fristgerecht im Konkurs über das Vermögen der Schuldnerin angemeldet; der nunmehr beklagte Masseverwalter habe sie zu Unrecht bestritten. Ein Widerruf der Leistung bzw des Anwartschaftsrechts – wie hier – nach Beendigung des Dienstverhältnisses sei zwingend unzulässig. Zudem würden sich weder Punkt XVI. des Betrieblichen Versorgungswerks noch die Erklärung des Beklagten vom 22.12.2022 auf Pensionsanwartschaften, sondern nur auf Pensionsleistungen beziehen. Darüber hinaus stehe der Widerruf in unauflösbarem Widerspruch zu den (einseitig) zwingenden Bestimmungen des BPG, das – wenn überhaupt – nur den Widerruf künftiger Anwartschaften, nicht jedoch bereits erworbener erlaube; die vom Kläger bisher erworbenen Anwartschaften seien daher unverfallbar. Selbst der Widerruf künftiger Anwartschaften wäre nicht zulässig gewesen, zumal eine Beratung mit dem Betriebsrat vor dem 22.9.2022 nicht stattgefunden habe. An die einen Eingriff in Pensionsleistungen rechtfertigenden Sachverhalte sei generell ein strenger Maßstab anzulegen; Widerrufsvorbehalte seien daher immer eng auszulegen. Der Widerruf des Beklagten vom 22.12.2022 sei vor diesem Hintergrund auch deshalb unzulässig, weil er angesichts des zum Widerrufszeitpunkt bereits eröffneten Insolvenzverfahrens nicht mit einer drohenden, nachhaltigen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens begründet werden könne. Zweck der in Punkt XVI. des Betrieblichen Versorgungswerks enthaltenen Widerrufsklausel sei einzig, eine Gefährdung des Weiterbestands des Unternehmens zu verhindern. Die Widerrufsklausel könne daher dann keine Wirkung mehr entfalten, wenn der Weiterbestand des Unternehmens – wie hier im Insolvenzfall – ohnedies nicht mehr gewährleistet sei. Diesfalls würde der Widerruf der Pensionszusagen in Wahrheit nicht eine Gefährdung für den Weiterbestand des Unternehmens abwenden, sondern alle übrigen Gläubiger einseitig begünstigen. Das Unternehmen sei vom Beklagten nicht fortgeführt worden und wäre eine Fortführung auch ohne die Betriebspensionsansprüche nicht möglich gewesen. Schließlich hätten vormalige Vertreter der Schuldnerin ausdrücklich zugesagt, „dass die Firmenpensionen zu 100 % sicher“ seien; auch der Beklagte habe noch nach Insolvenzeröffnung im Gespräch mit dem Betriebsrat mitgeteilt, Personen mit Anspruch auf „Firmenpension“ würden wie Gläubiger gewertet und erhielten somit einen „Ausgleich“ ausbezahlt.
Dem Unschlüssigkeitseinwand hielt der Kläger entgegen, die wesentliche Funktion der Anmeldung liege darin, insbesondere dem Masseverwalter und dem Schuldner die Möglichkeit zu bieten, sich sachgemäß über den Bestand der angemeldeten Forderung zu unterrichten, um bei der Prüfungstagsatzung in der Lage zu sein, sich über Bestand und Rangordnung der Forderung richtig zu äußern; dabei müsse eine rechtliche Qualifikation nicht vorgenommen werden. Hier habe der Kläger eine Aufschlüsselung des Bruttobetrags von EUR 249.558,19 in die abzuziehende Lohnsteuer von EUR 14.973,49 sowie den schlussendlich auszuzahlenden Nettobetrag von EUR 234.585,00 vorgenommen. Zumal nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs bei der Geltendmachung von Arbeitnehmeransprüchen ausreichend sei, ohne weitere Aufschlüsselung in fortlaufendes Gehalt und Überstundenentlohnung einen Gesamtbetrag anzumelden, könne auch für den vorliegenden Fall nichts anderes gelten und sei den Anforderungen des § 110 IO jedenfalls Genüge getan worden. Auch das Insolvenzgericht habe die Forderungsanmeldung nicht als unschlüssig zurückgewiesen. Darüber hinaus habe der Beklagte genau gewusst, worum es sich bei der angemeldeten „Pensionsabfindung“ gehandelt habe, was sich aus seiner Bestreitungserklärung im Konkursverfahren ergebe, in der er auf das Betriebliche Versorgungswerk Bezug genommen habe. Dieses habe er der vormaligen Dienstnehmervertreterin im Übrigen mit Schreiben vom 22.12.2022 selbst erst zur Verfügung gestellt; diese wiederum habe dem Beklagten einen Tag später das versicherungsmathematische Gutachten übermittelt. Der Einwand des Beklagten, aus der Forderungsanmeldung sei nicht erkennbar, um welche Forderung es sich handle, gehe daher ins Leere. Auch das Klagevorbringen sei schlüssig. Der aufgrund des Betrieblichen Versorgungswerks zustehende Betriebspensionsanspruch von brutto EUR 249.558,19 (netto EUR 234.585,00) stütze sich auf das versicherungsmathematische Gutachten, in dem ebendieser kapitalisierte Betrag zum Stichtag der Insolvenzeröffnung auf Basis einer Berechnung zum Regelpensionsalter des Klägers von 65 Jahren errechnet worden sei, genauso wie es die IO vorsehe.
Der Beklagte beantragt Klagsabweisung und wendete im Wesentlichen ein, die Bestreitung der vom Kläger angemeldeten Forderung im Umfang von EUR 234.858,00 sei unter Berufung auf Punkt XVI. des Betrieblichen Versorgungswerks vom 20.12.1973 erfolgt, der dem Dienstgeber vorbehalte, die Leistungen aus der Versorgungsordnung gänzlich einzustellen oder zu kürzen, wenn sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens derart nachhaltig wesentlich verschlechtere, dass die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zumutbar sei. Für diese Einstellung oder Kürzung sei weder eine besondere Frist noch Form vorgesehen; ungeachtet dessen habe er mit Schreiben vom 22.12.2022 die Einstellung der Pensionsleistung unter Hinweis auf diese Bestimmung ausdrücklich noch einmal der Vertreterin der Dienstnehmer bekanntgegeben, liege doch eine vertretbare wirtschaftliche Lage für derartige Pensionszahlungen unzweifelhaft nicht vor. Das Versorgungswerk autorisiere ausdrücklich zu einer solchen, infolge Größenschluss jedenfalls auch Anwartschaften betreffenden Einstellung, weshalb diese zulässig gewesen sei und somit kein Anspruch auf kapitalisierten Ersatz künftiger Pensionszahlungen bestehe. Das Versorgungswerk sei jedenfalls vorrangig vor den Regelungen des BPG, das erst wesentlich später in Kraft getreten sei, anzuwenden. Demzufolge sei ein allfälliger „Anspruch auf eine mögliche Anwartschaft“ infolge Beendigung des Arbeitsverhältnisses erloschen und sei die Klage auch aus diesem Grund abzuweisen. Eine Anwartschaft im Rahmen des Vorsorgewerks für ein bis zum Leistungsanspruch bestehendes aufrechtes Arbeitsverhältnis bedeute zudem keine Ansparung von Beträgen für eine mögliche künftige Pension, sondern lediglich die „Ansparung“ von anrechenbaren Dienstjahren, die für die Berechnung der Pensionshöhe (im Fall eines Anspruchs) Voraussetzung sei; einen Unverfallbarkeitsbetrag im Sinn eines angesparten und auszuzahlenden Betrags gebe es sohin nicht. Aufgrund dessen und infolge Erlöschen der Anwartschaft bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe der Kläger daher keinen wie immer gearteten Anspruch. Selbst wenn man hypothetisch einen Anspruch annehmen wollte, wäre dieser erst mit dem Tag des Leistungsanfalls, sohin dem hypothetischen Pensionsantritt erstmalig zur Zahlung fällig und würde sich seine Höhe auf Basis der gemäß hypothetischer Anwartschaft angesparten Dienstzeiten (nicht Beträgen) errechnen.
Im weiteren Verfahren (ON 6, 10) wendete der Beklagte ergänzend ein, der Forderungsanmeldung des Klägers im Konkursverfahren sei nicht abschließend und zweifelsfrei zu entnehmen gewesen, was der Kläger genau fordere, zumal schlüssiges Vorbringen dazu gefehlt habe und auch keine Urkunden vorgelegt worden seien. Damit sei aber nicht nur die gegenständliche Klage, sondern bereits die Forderungsanmeldung unschlüssig. Eine erstmalig schlüssige Darstellung eines behaupteten Anspruchs im Rahmen des – späteren – Klagevorbringens könne nicht mehr gültig nachgeholt, also im Rahmen eines Vorbringens nicht saniert werden. Eine detailliertere Bestreitung sei mangels einer schlüssigen und nachvollziehbaren Aufstellung auch im Klagevorbringen, etwa wie man zum behaupteten Betrag gelange, nicht möglich.
In der abschließenden Tagsatzung (ON 17.1) brachte der Beklagte sodann noch vor, eine Aufkündigung des Vorsorgewerks sei weder durch ihn noch durch die Schuldnerin erfolgt; es sei lediglich der Änderungsvorbehalt laut Punkt XVI. in Anspruch genommen worden. Das schuldnerische Unternehmen sei nicht aufgelöst, sondern nur geschlossen worden, das Unternehmen sohin rechtlich nicht untergegangen und eine Entschuldung immer noch möglich.
Mit dem bekämpften Urteil stellte das Erstgericht fest, dass die vom Kläger im Konkurs über das Vermögen der Schuldnerin, ** des Landesgerichts Innsbruck, zu ON 317 angemeldete Forderung über den bereits anerkannten Betrag von EUR 4.464,00 hinaus im Ausmaß eines weiteren Betrags in Höhe von EUR 234.585,00 zu Recht bestehe. Es traf folgende weitere Feststellungen :
Das gegenständliche „Betriebliche Versorgungswerk“ bzw die „Versorgungsordnung“ lauten (auszugsweise):
„In Anerkennung Ihrer bisherigen Leistungen und im Vertrauen darauf, dass Sie der Firma auch weiterhin die Treue halten und sich nach besten Kräften einsetzen, haben wir uns entschlossen, mit Wirkung vom 20. Dezember 1973 ein betriebliches Versorgungswerk ins Leben zu rufen.
Unser Versorgungswerk sieht die Gewährung von Alters-, Invaliditäts-, Witwen- und Waisenpensionen vor.
Die notwendigen finanziellen Mittel zur Erfüllung des Versorgungsversprechens bringt allein unsere Firma auf. Diese Mittel sichern, heißt, an der positiven Entwicklung der Firma bestmöglich und verantwortungsbewusst mitzuarbeiten.
Wir sind sicher, dass wir mit unserer betrieblichen Pension, die Sie zusätzlich zu den Leistungen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung erhalten, einen wertvollen Beitrag zur Sicherung Ihres Lebensabends und zur Sicherung Ihrer Familie leisten. […]
I. Teil
Grundzüge des Versorgungswerkes
Wann erfolgt die Aufnahme in das Versorgungswerk?
Betriebsangehörige werden in das Versorgungswerk aufgenommen, sobald sie das 20. Lebensjahr vollendet haben.
Nicht in das Versorgungswerk aufgenommen werden Betriebsangehörige, die bei Eintritt in die Firma bereits das Höchstalter (55. Lebensjahr bei Männern, 50. Lebensjahr bei Frauen) überschritten hatten.
Welche Versorgungsleistungen sieht das Versorgungswerk vor?
Aus dem Versorgungswerk werden gewährt
Alterspensionen,
vorzeitige Alterspensionen,
Invaliditätspensionen,
Witwenpensionen und
Waisenpensionen.
Was ist die Voraussetzung für die Gewährung von Versorgungsleistungen?
Leistungen aus dem Versorgungswerk kann nur erhalten, wer im Versorgungswerk aufgenommen ist und bei Eintritt des Versorgungsfalles die Wartezeit erfüllt hat, d.h. wer nach Vollendung seines 20. Lebensjahres mindestens zehn Jahre ununterbrochen der Firma angehört hat.
Wer erhält eine Alterspension und wer eine vorzeitige Alterspension?
Eine Alterspension aus dem Versorgungswerk erhält derjenige Betriebsangehörige, der nach Erreichen der Altersgrenze (bei Männern das vollendete 65., bei Frauen das vollendeten 60. Lebensjahr,) aus der Firma ausscheidet. […]
II. Teil
Versorgungsordnung der Firma D* KG **
* *
Aus betrieblichen Mitteln gewährt die Firma ihren Mitarbeitern sowie deren Hinterbliebenen Versorgungsleistungen nach folgenden Bestimmungen:
I. Aufnahme in das Versorgungswerk
1. Wer bei Inkrafttreten dieser Versorgungsordnung in einem [richtig] un gekündigten Arbeitsverhältnis zur Firma steht oder künftig [richtig] ein Arbeitsverhältnis mit der Firma begründet, ist in das Versorgungswerk aufgenommen, sobald er das Mindestalter von 20 Jahren vollendet hat. […]
II. Leistungsarten
Mit der Aufnahme in das Versorgungswerk erwirbt der Betriebsangehörige eine Anwartschaft auf Versorgungsleistungen. Nach Erfüllung der Wartezeit und der anderen Anspruchsvoraussetzungen werden gewährt:
Alterspension, vorzeitige Alterspension, […]
III. Wartezeit
Die Wartezeit ist nach einer anrechenbaren Dienstzeit von zehn Jahren, frühestens jedoch mit Vollendung des 30. Lebensjahres erfüllt. […]
V. Anspruch auf Alterspension und auf vorzeitige Alterspension
1. Anspruch auf eine Alterspension hat, wer nach Erreichen der Altersgrenze (bei Männern das vollendete 65., bei Frauen das vollendete 60. Lebensjahr) aus den Diensten der Firma ausscheidet. […]
VIII. Höhe der Alterspension, der vorzeitigen Alterspension und der Invaliditätspension
1. Die Alterspension beträgt für jedes abgeleistete rentenfähige Dienstjahre 0,7 %, höchstens jedoch 21 % des rentenfähigen Arbeitsverdienstes. […]
XIII. Vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses
1. Diese Versorgungsordnung schränkt das Recht der Vertragsparteien zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht ein.
2. Die Anwartschaft erlischt, wenn das Arbeitsverhältnis vor Erreichen der Altersgrenze beendet wird, ohne dass ein Anspruch auf Versorgungsleistungen nach dieser Versorgungsordnung entstanden ist. […]
XVI. Änderung und Aufhebung der Versorgungsordnung
Die Firma behält sich vor, die Versorgungsordnung zu ändern bzw die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn
die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, dass ihm eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann, oder
der Personenkreis, die Beiträge, die Leistungen oder das Pensionierungsalter bei der gesetzlichen Pensionsversicherung oder anderen Versorgungseinrichtungen mit Rechtsanspruch sich wesentlich ändern, oder
der Versorgungsberechtigte Handlungen begeht, die in grober Weise gegen Treu und Glauben verstoßen oder zu einer fristlosen Entlassung berechtigen würden. […]“
Eine betriebliche Pensionskasse wurde zur Abwicklung der in der Versorgungsordnung zugesagten Leistungen nicht errichtet.
Die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin war im Herbst 2022 derart, dass auch durch den Widerruf oder die Aussetzung bzw Einschränkung der Leistungen aus dem Versorgungswerk der Fortbestand der Schuldnerin als Unternehmen nicht erreicht werden konnte.
Unmittelbar nach dem Einbringen der Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren ** wurde dem Beklagten das versicherungsmathematische Gutachten vom 17.2.2023 per E-Mail übermittelt.
Der Anwartschaftsbarwert des klägerischen Betriebspensionsanspruchs beträgt brutto EUR 249.558,18 (netto EUR 234.585,00).
Rechtlich stellte das Erstgericht voran, der 3. Abschnitt des BPG über direkte Leistungszusagen sei grundsätzlich anzuwenden. In Punkt XVI. der gegenständlichen Versorgungsordnung habe sich der Dienstgeber vorbehalten, diese zu ändern bzw die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn sich (ua) die wirtschaftliche Lage des Unternehmens nachhaltig so wesentlich verschlechtert habe, dass ihm eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden könne. Hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen könne im Weiteren auf Rechtsprechung und Lehre zum Vorliegen von „zwingenden wirtschaftlichen Gründen“ im Sinn des BPG verwiesen werden. Zusätzliche Voraussetzung für die Ausübung eines vereinbarten Widerrufsrechts sei demzufolge eine nachhaltige wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens, sodass die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistung eine Gefährdung von dessen Weiterbestand zur Folge hätte. Es müsse „eine so drastische Verschlechterung der Wirtschaftslage eingetreten sein, dass eine Existenzgefährdung des Unternehmens besteht, wenn die Zusage aufrechterhalten bleibt“; erforderlich sei, dass der Widerruf die Existenz des Unternehmens rette. Damit trage das BPG den strengen Anforderungen für Eingriffe in Pensionsanwartschaften und einer engen Auslegung zugunsten des Anwartschaftsberechtigten Rechnung. Da der Fortbestand des Betriebs durch den Widerruf oder die Aussetzung/Einschränkung der Leistungen aus dem Versorgungswerk hier nicht erreicht worden sei und somit die Existenz des Unternehmens dadurch nicht hätte gerettet werden können, seien die Voraussetzungen für einen auf Punkt XVI. des Versorgungswerks gestützten Widerruf aber nicht gegeben. Zumal der Kläger nach dem Inkrafttreten des BPG mehr als 30 Jahre im Betrieb der Schuldnerin (bzw ihrer Rechtsvorgängerin) beschäftigt gewesen sei, erfülle er grundsätzlich auch die Voraussetzungen für die höchstmögliche Pension gemäß Punkt VIII. Z 1 des Versorgungswerks, wobei gemäß § 7 Abs 6a BPG eine betragliche Beschränkung im Insolvenzverfahren nicht erfolge. Die vom Beklagten eingewendete Unschlüssigkeit der Forderungsanmeldung bzw des Klagebegehrens sei im Hinblick auf die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Forderungsanmeldung erfolgte Übermittlung des versicherungsmathematischen Gutachtens zu verneinen. Das Klagebegehren bestehe daher zu Recht.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die rechtzeitige Berufung des Beklagten , mit der er gestützt auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung eine Abänderung im Sinn einer Klagsabweisung anstrebt; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in seiner fristgerechten Berufungsbeantwortung , dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.
Da die Durchführung einer Berufungsverhandlung nach Art und Inhalt des geltend gemachten Rechtsmittelgrunds nicht erforderlich ist, war über die Berufung in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden (§§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO). Dabei erweist sie sich aus folgenden Erwägungen als nicht berechtigt :
1. Der Berufungswerber wiederholt in seinem Rechtsmittel den in erster Instanz verfochtenen Standpunkt, sowohl die Forderungsanmeldung als auch das Klagevorbringen seien als unschlüssig zu qualifizieren, weshalb der Klage nicht hätte stattgegeben werden dürfen. Die fehlende Feststellung des näheren Inhalts der Forderungsanmeldung (wiedergegeben in Tabellenform: RMS 2) wird als sekundärer Feststellungsmangel gerügt. Der Forderungsanmeldung sei nicht zweifelsfrei zu entnehmen, was der Kläger genau gefordert habe. Damit sei die rechtliche Schlüssigkeit der Forderungsanmeldung aber zu verneinen, weil diese nur gegeben sei, wenn aus dem tatsächlichen Tatsachenvorbringen ein materiell-rechtlicher Anspruch als Rechtsgrund ableitbar sei. Dieser Mangel könne im Rahmen des späteren Klagevorbringens nicht mehr saniert werden, zumal der Kläger sowohl an den angemeldeten Betrag als auch an das Vorbringen in der Anmeldung gebunden sei. Abgesehen davon sei aber auch das Klagevorbringen nicht schlüssig, weil der Kläger in erster Instanz nicht dargelegt habe, wie er ausgehend von seinen dem Grunde nach behaupteten Pensionsabfindungsansprüchen die Höhe des Forderungsbetrags berechnet habe; ein Verweis auf das versicherungsmathematische Gutachten ersetze die Notwendigkeit der substanziierten Darlegung des Anspruchs nicht. Selbst wenn man dem Kläger sohin die Möglichkeit zugestehen wollte, (erst) im Prüfungsprozess für eine schlüssige Darstellung des Anspruchs zu sorgen, habe er dies vorliegend unterlassen. Davon ausgehend seien die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen überschießend und für die rechtliche Beurteilung unbeachtlich und wäre das Klagebegehren somit richtigerweise abzuweisen gewesen.
1.1. Zur Forderungsanmeldung:
1.1.1. Dem Berufungswerber ist dahin beizupflichten, dass das Erstgericht den Inhalt und das äußere Erscheinungsbild der Forderungsanmeldung (im Sinn des gemäß § 103 Abs 1 Satz 2 IO dafür zu verwendenden Formulars) nicht im Detail feststellte. Da die Forderungsanmeldung aber in Blg ./D erliegt und diese Urkunde ihrem Inhalt nach völlig unstrittig ist, kann das Berufungsgericht diesen Inhalt seiner Entscheidung ohne Weiteres zugrunde legen (RIS-Justiz RS0121557 [T3]).
1.1.2. Nach § 110 IO können Gläubiger, deren Forderungen in Ansehung der Richtigkeit oder Rangordnung streitig geblieben sind, deren Feststellung unter anderem gegen den bestreitenden Masseverwalter geltend machen; das Klagebegehren kann aber nur auf den Grund gestützt werden, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben worden ist. § 103 Abs 1 IO bestimmt für die Anmeldung, dass neben dem Betrag der Forderung die Tatsachen, auf die sie gegründet ist, sowie die Beweismittel zu bezeichnen sind, die zum Nachweis der behaupteten Forderung beigebracht werden können.
1.1.3. Entsprechend den vorstehenden Regelungen können im Prüfungsprozess nach § 110 IO nur solche bestrittenen Forderungen geltend gemacht werden, die schon in der Anmeldung ausreichend substanziiert und konkretisiert wurden (vgl allgemein RIS-Justiz RS0065597; RS0065601; RS0111042; 8 Ob 169/02i mwN). Dabei wird auch davon ausgegangen, dass die Forderungsanmeldung im Wesentlichen ähnliche Aufgaben wie eine Klage hat und in ihrem Inhalt daher den Erfordernissen des § 226 ZPO der Klage ähnlich ist (vgl RIS-Justiz RS0089657). Wesentliche Zielrichtung ist es in diesem Zusammenhang, den anderen Beteiligten die Beurteilung der Forderung zu ermöglichen und auch die Identität der in einer darauffolgenden Feststellungsklage nach § 110 IO geltend gemachten Ansprüche feststellen zu können. Nur so kann auch beurteilt werden, ob im nachfolgenden Prüfungsprozess nicht eine Änderung der Forderungsanmeldung vorliegt, die als unzulässig zu beurteilen wäre (vgl RIS-Justiz RS0039281; 8 Ob 169/02i).
1.1.4. Die Frage, ob die Anmeldung als ausreichend in diesem Sinn anzusehen ist, kann nur nach dem Inhalt der jeweiligen Behauptungen im Einzelfall beurteilt werden und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl RIS-Justiz RS0042828 mwN; 8 Ob 169/02i).
1.1.5. Völlig richtig weist der Berufungswerber auf den Zweck der Bestimmung des § 103 Abs 1 IO hin, nämlich insbesondere dem Masseverwalter und dem Gemeinschuldner die Möglichkeit zu geben, sich sachgemäß über den Bestand der angemeldeten Forderungen zu unterrichten, um bei der Prüfungstagsatzung in der Lage zu sein, sich über Bestand und Rangordnung der Forderungen richtig zu äußern (RIS-Justiz RS0065449). Es muss gewährleistet sein, dass die Identität zwischen der im Konkurs angemeldeten und der in einem allfälligen Prüfungsprozess geltend gemachten Forderung feststellbar ist (RIS-Justiz RS0089657 [T3]) und ist daher jedenfalls der Rechtstitel und der darauf entfallende Betrag anzugeben (RS wie vor [T6]).
Dem im Rechtsmittel daraus gezogenen Schluss, die hier in Rede stehende Forderungsanmeldung entspreche diesen Anforderungen nicht, sondern sei unschlüssig, ist aber zu erwidern, dass die Rechtsprechung in Zusammenhang mit Forderungen von Arbeitnehmern beispielsweise genügen lässt, wenn für einen bestimmten Monat „Lohn inklusive Überstunden“ mit einem Gesamtbetrag, ohne Aufschlüsselung in fortlaufendes Gehalt und Überstundenentlohnung, angemeldet wird (RIS-Justiz RS0096956; 8 Ob 31/95). Es trifft ferner nicht zu, dass die Forderungsanmeldung jedenfalls unzureichend wäre, nur weil sich der Gläubiger auf eine knappe, nur durch Datum und Betrag individualisierte Beschreibung seiner Forderung beschränkt (vgl 8 Ob 269/98m).
Hinzu tritt, dass auch mit der Forderungsanmeldung überreichte Beilagen zur Konkretisierung heranzuziehen sind (RIS-Justiz RS0117786); das gilt auch für Sachverständigengutachten (8 Ob 169/02i). Die fehlende Aufgliederung der einzelnen Ansprüche aus der Beendigung des Dienstverhältnisses in der Forderungsanmeldung schadet nach der Rechtsprechung zudem auch dann nicht, wenn sich der Masseverwalter über die näheren anspruchsbegründenden Tatsachen unschwer unterrichten kann (RIS-Justiz RS0065444); in diesem Sinn genügt etwa bei anhängigem Prozess die Bezugnahme auf den anhängigen Akt (8 Ob 262/00p).
In der Entscheidung 8 Ob 269/98m erachtete der Oberste Gerichtshof in diesem Sinn etwa die Abrechnung von Treibstoffkäufen zu einem bestimmten Stichtag unter der Bezeichnung „Treibstofflieferungen“ als ausreichend, weil sich der Masseverwalter über das Wesen der hinter dieser Bezeichnung stehenden Ansprüche schon durch einfache Anfrage beim Gemeinschuldner oder beim Konkursgläubiger Klarheit verschaffen konnte. Dabei führte das Höchstgericht unter Bezugnahme auf bisherige – näher zitierte – Entscheidungen aus, die in den Einzelfällen angelegte Richtschnur bilde jeweils die Überlegung, dass der Masseverwalter sich leicht über den genauen Inhalt der Forderungsanmeldung informieren habe können, weil ihm die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestanden oder leicht zu beschaffen gewesen seien. Vor diesem Hintergrund hieße es in einen nicht vertretbaren Formalismus abzugleiten, wollte man die in der Forderungsanmeldung für die jeweilige Abrechnung zu einem bestimmten Stichtag gewählte Bezeichnung „Treibstofflieferung“ als zu ungenau und daher unüberprüfbar werten.
1.1.6. Diese zuletzt zitierte Rechtsprechung ist auch für den hier zu beurteilenden Fall fruchtbar zu machen:
In die Beurteilung ist sohin miteinzubeziehen, dass der Beklagte in seinem Schreiben vom 22.12.2022 an die (damalige) Vertreterin der Dienstnehmer auf das Betriebliche Versorgungswerk und die daraus allenfalls abzuleitenden Ansprüche Bezug nahm, sowie weiters, dass ihm die Genannte das versicherungsmathematische Gutachten, in dem die Berechnung (auch) des vom Kläger angemeldeten Betrags erfolgte, unmittelbar nach Einbringung der Forderungsanmeldung übermittelte. Dass der Beklagte nicht bloß die Möglichkeit gehabt hätte, sich leicht über den genauen Inhalt der Forderungsanmeldung zu informieren, sondern darüber hinausgehend auch keinen tatsächlichen Zweifel gehabt haben kann, dass der Kläger eine kapitalisierte Abgeltung einer Anwartschaft aus dem Betrieblichen Versorgungswerk in Höhe von (netto) EUR 234.858,00 geltend macht, ergibt sich ferner aus dem Inhalt seiner Bestreitung im Insolvenzverfahren, in der er sich auf den Änderungsvorbehalt im Betrieblichen Versorgungswerk stützt und damit – ausschließlich – inhaltlich argumentiert.
Aufgrund dieser Erwägungen ist die Anmeldung einer „Pensionsabfindung“ in Höhe von (netto) EUR 234.585,00 im gegebenen Zusammenhang als ausreichend konkretisiert anzusehen.
1.2. Zum Klagevorbringen:
1.2.1. Richtig ist, dass der Prüfungsprozess, der die Funktion hat, den Streit über eine angemeldete Konkursforderung zu klären, nicht über die Forderungsanmeldung hinausreichen darf. Das Klagebegehren kann somit nur auf den Grund, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben wurde, gestützt werden (RIS-Justiz RS0065597 [T5]). Ein Austausch der rechtserheblichen Tatsachen ist im Prüfungsprozess ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0089657 [T20]).
1.2.2. Im Vergleich zur Forderungsanmeldung sind daher alle Änderungen in der Prüfungsklage unzulässig, die einer den Streitgegenstand modifizierenden Klagsänderung nach § 235 ZPO gleichkommen würden. Bloße Ergänzungen im Tatsachenvorbringen oder im Beweisanbot im Sinn des § 235 Abs 4 ZPO sind dagegen zulässig, sofern die Forderung schon in der Anmeldung eindeutig individualisiert wurde (RIS-Justiz RS0065597 [T2]). In diesem Sinn hat die Rechtsprechung zwar immer an einem strengen Beurteilungsmaßstab festgehalten, jedoch die jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls nicht unbeachtet gelassen (8 Ob 269/98m).
1.2.3. Angewendet auf die vorliegende Konstellation folgt aus diesen Grundsätzen, dass der Kläger im gegenständlichen Prüfungsprozess im Sinn des § 235 Abs 4 ZPO (hier iVm § 2 Abs 1 ASGG) berechtigt war, den Anspruch „Pensionsabfindung“ dahin zu erläutern, dass er diesen – in der unverändert behaupteten Höhe von (netto) EUR 234.858,00 – auf die direkte Leistungszusage einer Betriebspension im Betrieblichen Versorgungswerk der Schuldnerin stütze, wobei die Berechnung nach versicherungsmathematischen Grundsätzen unter Zugrundelegung des Regelpensionsalters von 65 Jahren kapitalisiert auf den Tag der Insolvenzeröffnung zu erfolgen habe.
Davon ausgehend ist das Klagevorbringen aber entgegen den Rechtsmittelausführungen schlüssig.
Soweit die Berufung über die bereits behandelten Argumente hinausgehend auch darauf abzielt, der Kläger hätte die konkrete Berechnung des behaupteten Betrags im Detail vorbringen und sich dazu nicht mit einem Verweis auf das vorgelegte versicherungsmathematische Gutachten (Blg ./B) begnügen dürfen, ist auf die einschlägige Rechtsprechung zu verweisen, wonach auf die von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängende Zumutbarkeit einer (weitergehenden) Aufgliederung abzustellen ist (RIS-Justiz RS0037907 [T13, T16]; RS0036973 [T17]). Demzufolge würde es einen überzogenen Formalismus darstellen, dem Kläger abzuverlangen, die komplexe Berechnung des versicherungsmathematischen Teilwerts (vgl dazu nur die Formeln auf S 3 unten in Blg ./B) aus der vorgelegten Urkunde zu kopieren und dadurch eins zu eins in sein Vorbringen zu übernehmen (vgl dazu auch 3 Ob 244/13y für Urkunden, die erkennbar dem Klagevorbringen zuzuordnende Berechnungen in Tabellenform enthielten).
1.3. Zumal daher der vom Beklagten erhobene Einwand der Unschlüssigkeit weder hinsichtlich der Forderungsanmeldung noch hinsichtlich des Klagevorbringens greift, sind die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen auch nicht überschießend; sie sind vielmehr, zumal eine Beweisrüge nicht ausgeführt wird, der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen.
2. In seiner „reinen Rechtsrüge“ (RMS 7-8) führt der Berufungswerber – abgesehen von einer Wiederholung der bereits behandelten Argumente, das Klagevorbringen sei unschlüssig und die getroffenen Feststellungen sohin überschießend – allein folgenden inhaltlichen Aspekt ins Treffen:
Das Klagebegehren sei selbst unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhalts nicht berechtigt, weil es dem Dienstgeber nach Punkt XVI. des Versorgungswerks vom 20.12.1973 vorbehalten sei, die Leistungen aus der Versorgungsordnung gänzlich einzustellen oder zu kürzen, wenn sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens derart nachhaltig wesentlich verschlechtere, dass die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zumutbar sei. Für diese Einstellung oder Kürzung sei weder eine besondere Frist noch Form vorgesehen. Ungeachtet dessen habe er mit Schreiben vom 22.12.2022 die Einstellung der Pensionsleistung unter Hinweis auf diese Bestimmung ausdrücklich noch einmal der Vertreterin der Dienstnehmer bekanntgegeben, habe doch eine vertretbare wirtschaftliche Lage für derartige Pensionszahlungen unzweifelhaft nicht vorgelegen und sei der Widerruf der geltend gemachten Ansprüche/Anwartschaften daher zu Recht ausgesprochen worden. Selbst wenn man davon ausginge, dass das BPG ab dessen Einführung anwendbar sei, wäre für die Zeit vor Inkrafttreten dieses Gesetzes jedenfalls das Vorsorgewerk anzuwenden, was zur Folge habe, dass alle Beträge, die vor Inkrafttreten des BPG angespart worden seien, infolge des Widerrufs vom 22.12.2022 bei der Berechnung einer allfälligen Pensionsabfindung außer Betracht zu bleiben hätten.
2.1. Damit spricht das Rechtsmittel inhaltlich lediglich die Frage der Berechtigung eines auf Punkt XVI. des Betrieblichen Versorgungswerks gestützten „Widerrufs“ an, aus der es ableitet, die behauptete Forderung bestehe nicht zu Recht. Diese Argumentation greift aber zu kurz, weil der Berufungswerber in Wahrheit nicht auf eine „Kürzung oder Einstellung der Leistung“ im Sinn der vertraglichen Formulierung, die sich begrifflich nur auf die Zukunft beziehen kann, sondern auf einen Verfall bereits erworbener Anwartschaften abzielt, ohne aber darzulegen, inwiefern sich eine Berechtigung dazu aus Punkt XVI. des Betrieblichen Versorgungswerks ableiten ließe. Mit der bloßen Behauptung eines zulässigen „Widerrufs“ in diesem Sinn – eine Aufkündigung des Vorsorgewerks ist nach dem Vorbringen des Beklagten weder durch ihn noch die Schuldnerin erfolgt (ON 17.1 S 2) – ist daher für seinen Prozessstandpunkt nichts gewonnen und muss der Rechtsrüge allein deshalb ein Erfolg versagt bleiben.
2.2. Abgesehen davon könnte – unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit der Bestimmungen des BPG, die hier dahinstehen kann – auch dem Argument der Rechtfertigung des „Widerrufs“ durch die wirtschaftliche Lage des Unternehmens nicht beigetreten werden:
Die Pensionsvereinbarung ist als entgeltliches Geschäft zu qualifizieren, bei dem der Arbeitnehmer vorgeleistet hat und nun seinem Partner gleichsam „auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist“. Außerhalb des Geltungsbereichs des BPG bestünde für einen solchen Schuldvertrag Vertragsfreiheit, sodass es nicht untersagt wäre, Bedingungen für die Leistungszusage wie auch Widerrufsvorbehalte zu normieren. Eine Pensionszusage und ihr Inhalt sind nach den §§ 914, 915 zweiter Halbsatz ABGB auszulegen. Dabei ist die Formulierung maßgeblich wie sie unter Beachtung der Übung des redlichen Verkehrs zu verstehen ist. An die einen Eingriff in Pensionsleistungen rechtfertigenden Sachverhalte ist dabei generell ein strenger Maßstab anzulegen; Widerrufsvorbehalte sind daher immer eng auszulegen (8 ObA 147/97v mwN).
Die Widerrufsklausel kann davon ausgehend insbesondere dann keine Wirkung mehr entfalten, wenn der Weiterbestand des Unternehmens, auf den sie unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze erkennbar abzielt, ohnedies nicht mehr gewährleistet ist, wie dies im Insolvenzfall überwiegend der Fall ist. Es würde dann nämlich der Widerruf der Pensionszusage in Wahrheit nicht eine Gefährdung für den Weiterbestand des Unternehmens abwenden, sondern alle übrigen Gläubiger einseitig begünstigen (8 ObA 147/97v mwN). Ein solcher Fall liegt hier aber nach den getroffenen Feststellungen vor. Dass im Zuge des Insolvenzverfahrens eine Fortführung des Unternehmens erfolgen sollte und diese durch allfällige Ansprüche aus dem Betrieblichen Versorgungswerk gefährdet gewesen wäre, behauptete auch der beklagte Masseverwalter nicht.
2.3. Sonstige Aspekte spricht die Rechtsrüge nicht an. Sie kommt insbesondere auf die noch in erster Instanz erhobenen Argumente, eine Ansparung erfolge nach der vertraglichen Grundlage nicht, ein Unverfallbarkeitsbetrag existiere nicht, die Anwartschaft sei infolge Beendigung des Dienstverhältnisses erloschen und ein allfälliger Anspruch sei nicht fällig, nicht mehr zurück, weshalb dem Berufungsgericht ein Eingehen auf diese rechtlich selbständigen Aspekte verwehrt ist (RIS-Justiz RS0043338 [T7, T11, T20, T32]; RS0043352 [T26, T31, T34]). Daran vermag auch die einleitende Bemerkung in der Berufung (RMS 2) „Insofern der Beklagte in seiner Berufung bestimmte rechtliche Gesichtspunkte hervorhebt und darlegt, ist dies nicht so zu verstehen, dass damit eine Untersuchung nur in dieser Hinsicht stattfinden soll. Vielmehr werden sämtliche Einwendungen der ersten Instanz ausdrücklich aufrechterhalten und wird eine Überprüfung der Streitsache dazu in jeder Hinsicht beantragt“ nichts zu ändern, weil ein Rechtsmittel eine in sich geschlossene selbständige Prozesshandlung ist, die durch eine Bezugnahme auf den Inhalt anderer Schriftsätze – etwa solcher aus dem Verfahren erster Instanz – nicht ergänzt werden kann (RIS-Justiz RS0043616 [T5, T9, T19]; RS0043579 [T6, T7]). Der in einer solchen Verweisung liegende Inhaltsmangel eines Rechtsmittels ist überdies nicht verbesserungsfähig (RIS-Justiz RS0043616 [T7]).
3. Der Berufung ist somit ein Erfolg zu versagen.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf §§ 2 Abs 1 ASGG, 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Der Kläger verzeichnete die Kosten seiner Berufungsbeantwortung rechtzeitig und tarifkonform.
5. Die Frage, ob eine Forderungsanmeldung im Konkursverfahren als ausreichend anzusehen ist, kann nur nach dem Inhalt der jeweiligen Behauptungen im Einzelfall beurteilt werden und stellt somit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0089657 [T17]); dasselbe gilt für die Frage, ob eine Klage schlüssig ist (RIS-Justiz RS0116144; RS0037780). Auch im Übrigen war eine Rechtsfrage mit der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zu lösen, weshalb auszusprechen ist, dass die ordentliche Revision insgesamt nicht zulässig ist (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500 Abs 2 Z 3 und 502 Abs 5 Z 4 ZPO).
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