Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dampf als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. a Hagen und Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB über die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit gegen das einzelrichterliche Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 30.9.2024, GZ ** 19, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Urteil a u f g e h o b e n und die Sache an das Landesgericht Innsbruck zu neuer Verhandlung und Entscheidung z u r ü c k v e r w i e s e n .
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* des Verbrechens der „versuchten“ schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB schuldig erkannt und zu einer teilbedingten Geldstrafe sowie zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Der Privatbeteiligte B* wurde gemäß § 366 Abs 2 (zweiter Satz) StPO mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Nach dem Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) hat der Angeklagte am 06.04.2024 in ** B* vorsätzlich schwer am Körper zu verletzen versucht, indem er diesem eine Bierflasche über den Kopf schlug, wodurch B* zwei Schnittverletzungen im Bereich des linken Auges erlitt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete und fristgerecht schriftlich durch den Verteidiger ausgeführte Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 10a iVm § 489 Abs 1 StPO. Die ebenfalls angemeldete Berufung wegen der Aussprüche über die Schuld und Strafe wurde vom Angeklagten ausdrücklich zurückgezogen (ON 20 und Schriftsatz vom 13.12.2024).
Die Oberstaatsanwaltschaft vertritt in ihrer schriftlichen Stellungnahme den Standpunkt, dass auf die Berufung wegen Nichtigkeit keine Rücksicht zu nehmen sein werde.
Der Angeklagte äußerte sich in seiner dazu erhobenen Gegenausführung dahingehend, dass er entgegen der Ansicht der Oberstaatsanwaltschaft die Diversionsrüge methodengerecht ausgeführt habe.
Aus Anlass der Berufung überzeugte sich das Oberlandesgericht davon (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), dass dem Urteil eine sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkende, von diesem jedoch nicht geltend gemachte Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a iVm § 489 Abs 1 StPO) anhaftet.
Schwere Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB setzt voraus, dass der Täter durch die Tat, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (§ 84 Abs 1 StGB) des anderen herbeiführt. Treten – wie hier – § 84 Abs 1 StGB zu subsumierende Tatfolgen nicht ein, kommt (Versuchs-)Strafbarkeit nach § 84 Abs 4 StGB nur in Betracht, wenn sich der Vorsatz des Täters auf deren Herbeiführung erstreckte (RIS Justiz RS0131591).
Das Erstgericht stellte zur subjektiven Tatseite – im Übrigen abweichend vom Referat der entscheidenden Tatsachen – fest, dass es der Angeklagte ernsthaft für möglich hielt und sich damit abfand, dass er das Opfer am Körper verletzt und er auch hätte erkennen können, dass er durch diesen Schlag mit der Flasche eine an sich schwere Körperverletzung oder eine Gesundheitsbeeinträchtigung von über 24 Tagen bewirken könne, es ihm zudem möglich gewesen wäre, dieser Einsicht nach zu handeln und das Ganze zu unterlassen (US 3).
Ausgehend davon umfasste der festgestellte Vorsatz lediglich die Herbeiführung einer unqualifizierte Körperverletzung iSd § 83 Abs 1 StGB und wurde hinsichtlich der Herbeiführung einer auch schweren Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (iSd § 84 Abs 1 StGB) Fahrlässigkeit konstatiert.
Diese Sachverhaltsannahmen reichen aber für die Verwirklichung des Verbrechens nach § 84 Abs 4 StGB in der (nur in der Vorsatzvariante möglichen) Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) nicht aus. Mit Blick auf das Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) ist anzumerken, dass für die Subsumtion die im Urteil festgestellten Tatsachen entscheidend sind (RIS Justiz RS0118775 [T3 und T4]; RS0116266 [T3 und T4]; Ratz , WK StPO § 281 Rz 266, 269).
Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen erfordert die Aufhebung des angefochtenen Urteils – einschließlich der Verweisung des Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg (RIS Justiz RS0100493 [T1], RS0101303; Ratz aaO § 289 Rz 7) – und Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 470 Z 3 iVm § 489 Abs 1 StPO).
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
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