Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dampf als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Offer und Mag. Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 21.7.2025, GZ **-5, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm 17 Abs 1 Z 3 StVG).
BEGRÜNDUNG:
A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Innsbruck die über ihn im Verfahren ** des Landesgerichts Innsbruck wegen des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 (erster Fall) StGB und der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB unter anderem in Anwendung des § 39 Abs 1 StGB verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten. Die zeitlichen Voraussetzungen für die bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe werden am 20.10.2025 erfüllt sein.
Im Zuge amtswegiger Prüfung (§ 152 Abs 1 Z 1 StVG) beantragte der Strafgefangene die bedingte Entlassung zum Hälftestichtag und führte dazu aus, er sei nicht schuldig (ON 2.3). Die Leitung der Justizanstalt Innsbruck hegte aufgrund der „lediglich normalen“ Führung des Strafgefangenen Bedenken gegen eine bedingte Entlassung (ON 2.2). Die Staatsanwaltschaft Innsbruck sprach sich aus spezialpräventiven Gründen dagegen aus (ON 4).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht Innsbruck als Vollzugsgericht die bedingte Entlassung zum Hälftestichtag unter Verweis auf das getrübte Vorleben des Strafgefangenen, die bereits wiederholten Vollzüge von Freiheitsstrafen, den Widerruf einer schon einmal bewilligten bedingten Entlassung und die Wirkungslosigkeit von mehrfachen Anordnungen von Bewährungshilfe aus spezialpräventiven Gründen ab. Die vom Strafgefangenen beantragte persönliche Anhörung unterließ das Vollzugsgericht aufgrund der 18 Monate nicht übersteigenden Freiheitsstrafe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich eine rechtzeitige erhobene, jedoch nicht näher ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen (ON 6).
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, ist nicht berechtigt.
§ 46 Abs 1 StGB schreibt die bedingte Entlassung frühestens nach der Hälfte der Strafzeit vor, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB (Weisungen, Bewährungshilfe) anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Diese Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere der Art der Tat(en), des privaten Umfelds des Verurteilten, seines Vorlebens und seiner Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit. Dabei ist gemäß § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzugs begonnene freiwillige Behandlung im Sinn von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat(en) begangen wurde(n), eingetreten ist, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, ist der Rest der Strafe im Regelfall (vgl aber § 46 Abs 2 StGB) bedingt nachzusehen ( Jerabek/Ropper in WK² StGB § 46 Rz 15 f mwN).
Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt, so ist er gemäß § 46 Abs 2 StGB trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegen zu wirken. Gewichtige Umstände, welche sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben, müssen ein Absehen von der vorzeitigen Entlassung unumgänglich erscheinen lassen. Dabei ist nicht nur der bloße Abschreckungseffekt bei potentiellen Tätern, sondern (im Sinne positiver Generalprävention) auch das Interesse an der Festigung genereller Normtreue in der Bevölkerung zu beachten. Diese Aspekte generalpräventiver Natur müssen aus der Schwere der Tat ableitbar sein. Liegen sie vor, sind sie gleichrangig mit den Erfordernissen der Spezialprävention zu berücksichtigen. Eine aus spezialpräventiver Sicht durchaus zulässige bedingte Entlassung kann demnach auch allein wegen eines in der Schwere der Tat gelegenen (besonderen) generalpräventiven Grunds verweigert werden (Jerabek/Ropper aaO § 46 Rz 16).
Generalpräventive Gründe stehen fallaktuell mit Blick auf das jeweilige Tatgeschehen einer bedingten Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe nicht entgegen. Jedoch weist die Strafregisterauskunft des Beschwerdeführers neben der diesem Vollzug zugrunde liegenden Verurteilung sieben weitere auf, wobei in vier Fällen Freiheitsstrafen, die auch vollzogen wurden, verhängt worden sind. Zweimal wurde er schon aus dem Vollzug von Freiheitsstrafen unter Anordnung der Bewährungshilfe bedingt entlassen, die zweite bedingte Entlassung musste aber infolge neuerlicher Delinquenz widerrufen werden (ON 3). Diese Wirkungslosigkeit bisheriger Sanktionen, insbesondere der mehrmaligen Hafterfahrungen und der bedingten Entlassungen, die bei der gegenständlichen Verurteilung zur Strafschärfung bei Rückfall führten (§ 39 Abs 1 StGB), lassen auf eine hohe Rückfallslabilität schließen, die – in Übereinstimmung mit dem Vollzugsgericht - der von § 46 Abs 1 StGB geforderten Legalprognose, wonach der Strafgefangene durch die (erneute) bedingte Entlassung zum Hälftestichtag nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abgehalten wird, selbst unter Berücksichtigung von Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB entgegensteht. Weil das Vollzugsgericht darüber hinaus aufgrund der Strafhöhe zu Recht auch von der beantragten persönlichen Anhörung des Strafgefangenen absah (RIS-Justiz RS0131225), musste die Beschwerde erfolglos bleiben.
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