Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dampf als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Offer und Mag. a Preßlaber als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A*und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des A* gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 10.7.2025, GZ **-3, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
Begründung:
Mit – infolge allseitigem Rechtsmittelverzicht in der Hauptverhandlung – gekürzt ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 7.9.2023, GZ **-62, wurden die Angeklagten A*, B* und C* jeweils mehrerer Vergehen schuldig erkannt und zu im Urteil näher angeführten Strafen verurteilt. Darüber hinaus wurden sie – soweit für das gegenständliche Beschwerdeverfahren von Relevanz – von der weiters wider sie erhobenen Anklage, es haben in Vorarlberg
I. A*, B* und C* in nachgenannter Täterschaft, mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen verleitet, die diese in nachgenannter Höhe am Vermögen schädigten, wobei A* die Taten jeweils in einem EUR 5.000,00 und insgesamt EUR 300.000,00 übersteigenden Betrag gewerbsmäßig beging, B* die Taten jeweils in einem EUR 5.000,00 übersteigenden, insgesamt jedoch nicht EUR 300.000,00 übersteigenden Betrag gewerbsmäßig beging und C* die Taten teilweise in einem EUR 5.000,00 insgesamt jedoch nicht EUR 300.000,00 übersteigenden Betrag gewerbsmäßig beging, und zwar
A) A* als unmittelbarer Täter durch Vorspielung falscher Tatsachen gegenüber
1. D*, er könne in durch eine Versicherung abgesicherte Spekulationsgeschäfte im Bereich Kryptowährung investieren, weshalb D* dem A* etwa im Februar bzw. März 2021 in Teilbeträgen insgesamt EUR 195.000,-- übergab;
2. E* könne in eine Kryptowährung investieren, Ende 2019/Anfang 2020 zur Übergabe von ca. 160.000,-- Euro in etwa 4 Teilbeträgen;
B) A* als unmittelbarer Täter und B* sowie C* jeweils als Beitragstäter, indem A* durch Vorspielung falscher Tatsachen, nämlich von unwahren Gewinnchancen durch mittels Versicherung abgesicherte Spekulationsgeschäfte im Bereich Kryptowährungen, und zwar
1. F*, dass dieser für den Abschluss einer Spekulationsversicherung bezahlen solle, wofür er innert kurzer Frist den doppelten Betrag zurückerhalte, etwa im Juli 2020 zur Übergabe von ca. EUR 70.000,-- in mehreren Teilbeträgen, und zwar zunächst EUR 20.000,-- und weitere Teilbeträge im Gesamtwert von EUR 50.000,-- nach Vorlage eines von B* bei C* über entgeltlichen Auftrag des A* beigeschafften, bezüglich des Kontostandes zugunsten des A* veränderten Kontoauszuges der G*, wobei der Kontoauszug einen Millionen-Einlagestand auswies;
2. H*, er könne über A* in Kryptowährungen investieren, unter Vorlage eines von B* zu diesem Zweck gegen Entgelt bei C* beigeschafften Bankbeleges der G*, auf dem der Kontostand auf etwa 14 oder 15 Mio. Euro verändert worden war, im Zeitraum Mitte 2020 bis etwa März 2022 zu Barübergaben bzw. Überweisungen an A* in mehreren Tranchen in Gesamthöhe von EUR 200.000,--;
gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Mit weiterem – ebenfalls infolge allseitigem Rechtsmittelverzicht in der Hauptverhandlung gekürzt ausgefertigten – Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Einzelrichter vom 13.3.2025, GZ **-38, wurden E*, D*, H* und F* jeweils des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach haben sie am 07.09.2023 in ** in der zu ** des Landesgerichts Feldkirch gegen A* und andere abgeführten Strafverhandlung, mithin vor Gericht, als Zeugen bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, indem sie vor dem erkennenden Schöffensenat bewusst wahrheitswidrig dem Sinne nach zu Protokoll gaben, ihre ursprünglichen Angaben als Zeugen vor dem LKA ** seien unrichtig gewesen, A* habe ihnen nicht gesagt, das von ihnen an A* übergebene Geld werde im Zusammenhang mit Kryptowährungen bzw. einer entsprechenden Versicherung investiert, vielmehr sei das Geld in den Metallhandel des A* investiert worden.
Daraufhin beantragte die Staatsanwaltschaft Feldkirch am 4.4.2025 die Wiederaufnahme des Verfahrens zu ** gegen die drei genannten Angeklagten im Umfang der oben dargestellten Freisprüche gemäß § 355 iVm § 352 Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO. Begründend wurde vorgebracht, die Taten seien nicht verjährt und stehe aufgrund der Verurteilung von D*, E*, F* und H* fest, dass die Genannten in der Hauptverhandlung vom 7.9.2023 zu ** des Landesgerichts Feldkirch falsch ausgesagt hätten, weshalb der Wiederaufnahmegrund des § 352 Abs 1 Z 1 StPO vorliege. Darüber hinaus lägen aber auch die Voraussetzungen nach Z 2 leg cit vor, weil durch die rechtskräftige Verurteilung der Genannten wegen falscher Beweisaussage und ihrer Geständnisse Tatsachen vorlägen, die dem seinerzeitig erkennenden Gericht nicht bekannt gewesen und die Freisprüche bezüglich der Betrügereien zum Nachteil der genannten vier Tatopfer auf deren unwahre Zeugenaussagen in der Hauptverhandlung gestützt worden seien (ON 87 im Akt ** bzw ON 1.1 im Akt **).
A* und B* machten von ihrem Recht, sich zum Wiederaufnahmeantrag zu äußern, nicht Gebrauch. C* ist mittlerweile unbekannten Aufenthalts, weshalb ihm der Wiederaufnahmeantrag nicht zugestellt werden konnte. Das Landesgericht schied daher das Wiederaufnahmeverfahren betreffend dieses Angeklagten zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen aus (ON 1.33 im Akt **).
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss bewilligte das Landesgericht Feldkirch gemäß § 355 iVm § 352 Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Wiederaufnahme des Verfahrens und hob das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht zu ** betreffend A* und B* im freisprechenden Teil auf. Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensgangs, insbesondere der genannten Urteile des Landesgerichts Feldkirch und der gesetzlichen Bestimmungen der §§ 355 und 352 Abs 1 Z 1 und 2 StPO wurde die Entscheidung dahingehend begründet, dass vor dem Hintergrund der rechtskräftigen Verurteilungen von D*, E*, F* und H* im Verfahren ** des Landesgerichts Feldkirch wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB, welche jeweils auf deren geständigen Verantwortungen basieren, der Wiederaufnahmegrund des § 352 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StPO vorliege. Darüber hinaus seien deren Angaben im Verfahren ** des Landesgerichts Feldkirch, wonach deren vorangehende Angaben in der Hauptverhandlung zu ** des Landesgerichts Feldkirch falsch gewesen seien, als neue Beweismittel im Sinne des § 352 Abs 2 Z 2 zweiter Fall StPO zu werten.
Während B* diesen Beschluss unbekämpft ließ, richtet sich dagegen die rechtzeitige und durch den Verteidiger ausgeführte Beschwerde des A*, die in den Antrag mündet, den angefochtenen Beschluss „ersatzlos zu beheben“. Argumentativ wird vorgebracht, erst in der Hauptverhandlung sei es zu einer anderslautenden Aussage der Zeugen gekommen und seien die ursprünglichen Aussagen, welche aufgrund des Verfahrens ** nunmehr als objektiv richtige Aussagen gesehen würden, Bestandteil des Akts und zugänglich gewesen und daher nicht als neues Beweismittel anzusehen (ON 4 im Akt **).
Der Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, kommt keine Berechtigung zu.
Gemäß § 355 StPO kann die Staatsanwaltschaft die Wiederaufnahme des Strafverfahrens wegen einer Handlung, hinsichtlich der der Angeklagte rechtskräftig freigesprochen worden ist, nur aus den in § 352 Abs 1 StPO genannten Gründen beantragen. Nach § 352 Abs 1 StPO ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nur dann zu bewilligen, wenn die Strafbarkeit der Taten noch nicht durch Verjährung erloschen ist und
1. die Einstellung (hier: Freispruch) durch Urkundenfälschung oder durch falsche Beweisaussagen, Bestechung oder eine sonstige Straftat des Beschuldigten oder einer dritten Person herbeigeführt worden ist, oder
2. der Beschuldigte später ein Geständnis der ihm angelasteten Tat ablegt oder sich andere neue Tatsachen oder Beweismittel ergeben, die geeignet scheinen, die Verurteilung des Beschuldigten (hier: Angeklagten) nahe zu legen.
Die Beschwerde, die sich argumentativ lediglich gegen die Annahme des Wiederaufnahmegrunds des § 352 Abs 1 Z 2 zweiter Fall StPO wendet, übersieht, dass das Erstgericht die Wiederaufnahme zutreffend bereits aufgrund des Vorliegens des weiteren (fakultativen) Wiederaufnahmegrunds nach Z 1 zweiter Fall leg cit bewilligte, weil durch die Verurteilung der genannten Zeugen jeweils wegen falscher Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB dargetan ist, dass die Freisprüche von A* und B* ursächlich durch die falschen Beweisaussagen der genannten Zeugen in der Hauptverhandlung vom 7.9.2023 herbeigeführt wurden (vgl zum Ganzen Lewisch , WK-StPO § 352 Rz 14 und § 353 Rz 16).
Weil damit aber schon der Wiederaufnahmegrund nach § 352 Abs 1 zweiter Fall StPO vorliegt, erübrigt sich ein Eingehen auf den vom Erstgericht zusätzlich angenommenen und von der Beschwerde inhaltlich kritisierten weiteren nach Abs 1 Z 2 zweiter Fall leg cit.
Die Beschwerde blieb daher erfolglos.
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