Beschluss
Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Petter als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Pirker und Dr. Lux sowie die fachkundigen Laienrichter Dipl. Vw. Dr. Jürgen Auckenthaler aus dem Kreis der Arbeitgeber und Dr. Ursula Gerstenbauer aus dem Kreis der Arbeitnehmer als weitere Mitglieder des Senates in den Sozialrechtssachen der klagenden Parteien 1) Christine D*****, BRD, und 2) Petra O*****, BRD, beide Klägerinnen vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in A-6020 Innsbruck, Maximilianstraße 9, wider die beklagte Partei T*****, vertreten durch deren Bedienstete Mag. Andrea B*****, ebendort, wegen Kinderbetreuungsgeld aus Anlass der Berufung der Klägerinnen gegen die Urteile des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 17.7.2003, 47 Cgs 102/03h-5 (Klägerin D*****) und 17.9.2003, 47 Cgs 121/03b-5 (Klägerin O*****) in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:
I) Die Rechtssachen werden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
II) Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1) Ist Art 73 der VO (EWG) Nr 1408/71 des Rates vom 14.6.1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in Verbindung mit Art 13 der VO idgF dahin auszulegen, dass auch Arbeitnehmer erfasst sind, deren Arbeitsverhältnis zwar aufrecht ist, aber das Arbeitsverhältnis keine Arbeits- und Entgeltspflichten begründet (karenziert ist) und nach nationalem Recht keine Sozialversicherungspflicht auslöst ?
2) Für den Fall der Bejahung der Frage 1):
Ist in einem solchen Fall die Zuständigkeit des Beschäftigerstaates zur Leistungserbringung gegeben, auch wenn der Arbeitnehmer und jene Familienangehörigen, für die eine Familienleistung wie das österreichische Kinderbetreuungsgeld zustehen könnte, insbesondere im Zeitraum des karenzierten Arbeitsverhältnisses nicht im Beschäftigerstaat gewohnt haben ?
III) Das Berufungsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ausgesetzt. Nach Einlangen der Vorabentscheidung wird das Berufungsverfahren von Amts wegen fortgesetzt werden.
Begründung:
In Anbetracht der sich in den vorliegenden Verfahren stellenden, im Wesentlichen identen gemeinschaftsrechtlichen Rechtsprobleme erachtete es das Berufungsgericht gemäß § 187 Abs 1 ZPO für zweckmäßig, zur Vereinfachung und Verfahrensbeschleunigung die beiden anhängigen Rechtsmittelverfahren zu verbinden.
A) Der Sachverhalt:
1.1) Die Klägerin Christine D***** ist österreichische Staatsangehörige, hat jedoch ihren Wohnsitz in der BRD in R*****. Die Klägerin war und ist nach wie vor in Österreich beschäftigt. Auf Grund der Geburt ihres Sohnes F***** am 21.4.2002 war die Klägerin (deren Arbeitsverhältnis) vom 21.6.2002 bis 7.10.2002 karenziert. Ihre Ehegatte ist deutscher Staatsangehöriger und in der BRD beschäftigt. Er bezieht dort das der österreichischen Familienbeihilfe entsprechende Kindergeld, jedoch kein Bundeserziehungsgeld.
Mit Bescheid vom 13.5.2003 lehnte das Amt für Versorgung und Familienförderung München I den Antrag der Klägerin auf Zahlung des (deutschen) Bundeserziehungsgeldes für das zweite Lebensjahr des Kindes ab, weil die nach den deutschen Vorschriften normierte Einkommensgrenze um EUR 8.961,19 überschritten werde und im Übrigen nach Ansicht dieser Behörde die Klägerin den Rechtsvorschriften des Beschäftigerstaates (also Österreich) unterliege. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Der weitere Fortgang des in der BRD geführten Verfahrens ist nicht aktenkundig. Mit Bescheid der beklagten Partei vom 28.4.2003 wurde der Antrag der Klägerin auf Zuerkennung des (österreichischen) Kinderbetreuungsgeldes gemäß Art 73, 75 und 76 der VO (EWG) Nr 1408/71 iVm Art 10 Abs 1 lit b der VO (EWG) Nr 574/72 abgewiesen.
1.2) Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Klage, in welcher die Klägerin begehrt, die beklagte Partei zu verpflichten, ihr ab dem 1.7.2002 das Kinderbetreuungsgeld in der gesetzlichen Höhe zu gewähren. Dazu behauptete die Klägerin, dass gemäß der anzuwendenden Verordnung das Beschäftigungsstaatsprinzip maßgeblich sei, weil die Klägerin in den entsprechenden Zeiträumen gemäß dem ASVG in vollem Umfange versicherungspflichtig gewesen sei. Die Auslegung der Verordnung Nr 1407/71 erfolge in Österreich und Deutschland unterschiedlich. Die Klägerin sei nicht in der Lage, die Rechtsgültigkeit der jeweils verschiedenen Auslegung in den beiden Staaten zu beurteilen.
Die beklagte Partei bestritt dieses Vorbringen und wendete im Wesentlichen ein, dass bei Vorliegen von zwei unterschiedlichen Beschäftigungsstaaten jener Staat vorrangig zur Erbringung der Familienleistung (in der BRD Bundeserziehungsgeld, in Österreich Kinderbetreuungsgeld) zuständig sei, welcher der Wohnsitzstaat sei. Den Anspruch auf die Familienleistung habe im vorrangig zuständigen Staat die Familie unabhängig davon, in welchem Statt die Elternteile beschäftigt seien. Österreich habe erst nach Leistung des deutschen Bundeserziehungsgeldes unter Umständen eine Ausgleichsleistung zum Kinderbetreuungsgeld zu gewähren. Nach Ansicht der beklagten Partei sei Deutschland zuständig. Es liege ein negativer Kompetenzkonflikt vor, in welchem sich die beklagte Partei an die Rechtsansicht des Bundesministeriums für Soziale Sicherheit und Generationen zu halten habe, welches eben diese Ansicht vertrete.
B) Die nationalen Regelungen:
Am 1.1.2002 trat in Österreich das Kinderbetreuungsgeldgesetz in Kraft (BGBl I Nr 103/2001), das auf Geburten nach dem 31.12.2001 anwendbar ist. Dieses Gesetz löste das KarenzgeldG ab. Das letztgenannte Gesetz sah - unter anderem - als Leistungen für die Mutter eines Kindes das sogenannte Karenzgeld vor, wenn eine Anwartschaft erfüllt wurde, das Kind im gemeinsamen Haushalt mit der Mutter lebte und überwiegend von ihr betreut wurde und die Mutter aus Anlass der Mutterschaft sich in einem Karenzurlaub befand und Wochengeld bezogen hatte oder einen solchen Anspruch nach Ende von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erworben hatte. Dieses Karenzgeld war auf Grund der vorzitierten Zugangsvoraussetzungen nach nationalem Recht als Versicherungsleistung anzusehen, während nunmehr das Kinderbetreuungsgeld ebenso wie die Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz als Familienleistungen anzusehen sind.
Dies vorangestellt, sind folgende nationalen Bestimmungen für die Beurteilung des Anspruches auf Kinderbetreuungsgeld relevant:
Aus dem KinderbetreuungsgeldG:
§ 2 (1) Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld hat ein Elternteil (Adoptivelternteil, Pflegeelternteil) für sein Kind (Adoptivkind, Pflegekind), sofern
1) für dieses Kind Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl Nr 376, besteht oder für dieses Kind nur deswegen nicht besteht, weil Anspruch auf eine gleichartige ausländische Leistung besteht,
(4) Für ein Kind ist ein gleichzeitiger Bezug von Kinderbetreuungsgeld durch beide Elternteile ausgeschlossen.
(5) In Zweifelsfällen hat das Vorrecht auf Kinderbetreuungsgeld derjenige Elternteil, der die Betreuung des Kindes, für das Kinderbetreuungsgeld bezogen wird, überwiegend durchführt ....
§ 3 (1) Das Kinderbetreuungsgeld beträgt 14,53 EUR täglich.
(2) Werden die im § 7 Abs 2 vorgesehenen Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen nicht nachgewiesen, so beträgt das Kinderbetreuungsgeld ab dem 21. Lebensmonat des Kindes 7,27 EUR täglich.
§ 4 (1) Das Kinderbetreuungsgeld gebührt auf Antrag, frühestens ab dem Tag der Geburt des Kindes, bei Adoptiv- und Pflegekindern frühestens ab dem Tag, ab dem das Kind in Pflege genommen wird.
(2) Wird der Antrag erst später gestellt, so gebührt das Kinderbetreuungsgeld rückwirkend bis zum Höchstausmaß von 6 Monaten.
§ 5 (1) Das Kinderbetreuungsgeld gebührt längstens bis zur Vollendung des 36. Lebensmonates des Kindes, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist......
§ 6 (1) Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld ruht,
1.3) Ausgehend von dem eingangs festgestellten, im Rechtsmittelverfahren nicht mehr strittigen Sachverhalt wies das Erstgericht mit dem angefochtenen Urteil das Begehren der Klägerin ab.
Es schloss sich in seiner rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen dem Standpunkt der beklagten Partei an und meinte - nach Wiedergabe der Art 13 und 73 der VO (EWG) Nr 1408/71 sowie des Art 10 Abs 1 b lit i der VO (EWG) Nr 574/72, dass in dem Fall, als die Eltern in unterschiedlichen Ländern arbeiteten, jenes Land vorrangig für die Auszahlung von Familienleistungen zuständig sei, in welchem sich das Kind ständig aufhalte. Vorliegendenfalls arbeite der Vater in Deutschland, die Mutter in Österreich. Der gemeinsame Wohnsitz sei Deutschland, sodass Deutschland vorrangig für die Auszahlung von Kindergeld bzw. Erziehungsgeld zuständig sei. In Österreich gebühre lediglich eine Differenzzahlung, sofern die deutsche Leistung niedriger sei.
1.4) Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitige Berufung der Klägerin. In dieser beantragt sie, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt; zudem wird angeregt, beim EuGH ein Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten. Die beklagte Partei hat in ihrer Berufungsbeantwortung beantragt, dem Rechtsmittel der Klägerin den Erfolg zu versagen.
Die Klägerin macht den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache geltend und begründet ihre Berufungsanträge wie folgt:
Nach deutscher Interpretation der Verordnung Nr 1408/71 ginge das Beschäftigungsstaatprinzip vor, sodass also jenes Land zuständig wäre, in welchem die Klägerin beschäftigt sei / gewesen sei. Nach Ansicht der beklagten Partei ginge jedoch das Wohnsitzstaatprinzip vor, sodass also der ständige Aufenthalt des Kindes für eine Familienleistung maßgeblich sei. Unstrittig sei, dass die Klägerin in einem der beiden Länder (Österreich oder Deutschland) Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld bzw. das deutsche Äquivalent = Bundeserziehungsgeld habe. Die unterschiedliche Interpretation von EU-Verordnungen dürfe nicht dazu führen, dass einem Antragsteller, welchem unstrittig ein Anspruch zustünde, dieser allein wegen eines Kompetenzkonfliktes nicht zuerkannt erhielte.
Das Kinderbetreuungsgeld diene dazu, jenem Elternteil, der auf Grund der Kinderbetreuung von seiner Berufstätigkeit karenziert sei und damit einen Verdienstentgang erleide, ein Einkommen zu verschaffen. Die Sozialleistung Kinderbetreuunsgeld bzw. Bundeserziehungsgeld stünde in inmittelbarem Zusammenhang mit der vom Antragsteller zuvor ausgeübten Beschäftigung. Richtigerweise müsse also das Beschäftigungsstaatsprinzip zur Anwendung gelangen und in diesem Sinne habe die Klägerin in Österreich Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld.
Das Erstgericht verkenne, dass die Klägerin noch in einem aufrechten Dienstverhältnis gestanden sei, welches nur für den Zeitraum der Kinderbetreuung karenziert sei. Durch die Karenzierung werde das Dienstverhältnis nicht beendet, sondern für diesen Zeitraum ausgesetzt. Nach Beendigung der Karenzzeit habe die Klägerin Anspruch darauf, das nach wie vor bestehende, jedoch ruhende Dienstverhältnis wieder aufzunehmen. Unabhängig davon normiere § 2 Abs 1 Z 1 KinderbetreuungsgeldG, dass ein Elternteil Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld habe, wenn für dieses Kind Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bestünde oder deshalb nicht bestünde, weil ein Anspruch auf eine gleichartige ausländische Leistung bestehe. Vorliegendenfalls werde für den Sohn der Klägerin an den Vater (Ehegatten) Kindergeld bezahlt. Dieses Kindergeld sei eine der österreichischen Familienbeihilfe gleichzusetzende Leistung. Die Klägerin beziehe in Österreich keine Familienbeihilfe, weil ein Anspruch auf eine gleichartige ausländische Leistung bestünde.
Zusammenfassend dürften innerstaatliche Gerichte und Behörden Verordnungen der EU niemals so auslegen, dass es zu einem negativen Kompetenzkonflikt komme und sich beide Staaten für eine begehrte Leistung für unzuständig erklärten.
2.1) Die Klägerin Petra O***** ist österreichische Staatsangehörige mit Wohnsitz in der BRD (P*****). Sie hat am 10.9.2002 das Kind T***** geboren und hat in Österreich ein vom 8.11.2002 bis 9.9.2004 karenziertes Dienstverhältnis. Der Lebensgefährte der Klägerin und Vater des Kindes ist deutscher Staatsangehöriger und auch in der BRD beschäftigt. Er bezieht dort das der österreichischen Familienbeihilfe vergleichbare Kindergeld für Tobias. Bundeserziehungsgeld bezieht der Lebensgefährte der Klägerin in der BRD nicht.
Mit Bescheid vom 14.11.2002 und 22.4.2003 lehnt das Amt für Versorgung und Familienförderung Augsburg den Antrag der Klägerin auf Zahlung von Bundeserziehungsgeld mit der Begründung ab, dass “Österreich zuständig sei”.
Am 30.9.2002 stellte die Klägerin bei der beklagten Partei einen Antrag auf Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes, der mit Bescheid der beklagten Partei vom 5.6.2003 abgewiesen wurde. Die Begründung ist ident wie im Fall der Klägerin D*****.
2.2) Auch die Klägerin Petra O***** hat den Bescheid der beklagten Partei rechtzeitig bekämpft und das Begehren gestellt, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, der Klägerin das Kinderbetreuungsgeld ab 30.9.2002 in der gesetzlichen Höhe zu gewähren. Sie behauptete dazu, dass gemäß der anzuwendenden Verordnung ein Staat für die Erbringung von Familienleistungen vorrangig zuständig sei. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin, die im Bezirkskrankenhaus R***** bis zur Karenzierung beschäftigt gewesen sei, sei nach wie vor aufrecht. In diesem Sinne habe das Amt für Versorgung und Familienförderung Augsburg auch die Rechtsmeinung vertreten, dass die Klägerin den Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates unterliege, weil sie auch während der Zeit der Karenz als in Österreich beschäftigt zu gelten habe. Die Ansprüche der Klägerin richteten sich nach österreichischem Recht. Ein Doppelbezug von Familienleistungen zweier verschiedener Staaten für dasselbe Kind sei nicht möglich. Sowohl die beklagte Partei als auch das zuständige Versorgungsamt in der BRD bezögen sich auf die Verordnung Nr 1408/71, legten diese Verordnung allerdings gegenteilig aus, womit sich keiner der Staaten für die Erbringung einer Familienleistung zuständig erkläre. Die Klägerin habe somit alle nachteiligen Folgen eines offensichtlich vorliegenden negativen Kompetenzkonfliktes zu tragen.
Nach Ansicht der Klägerin sei in erster Linie das Beschäftigungsstaatsprinzip anzuwenden. Da die Klägerin in Österreich in einem aufrechten Dienstverhältnis stünde, sei Österreich für die Auszahlung der Familienleistungen vorrangig zuständig. Unabhängig davon normiere § 2 Abs 2 Z 1 KinderbetreuungsgeldG, dass ein Elternteil Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld habe, wenn für dieses Kind Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bestünde oder deshalb nicht bestünde, weil ein Anspruch auf eine gleichartige ausländische Leistung bestehe. Letzteres sei auch hier der Fall, weil für den Sohn der Klägerin der Vater des Kindes Kindergeld in Höhe von EUR 150,-- vom Arbeitsamt K***** ausbezahlt erhalte. In Österreich beziehe die Klägerin keine Familienbeihilfe, und zwar deswegen, weil ein Anspruch auf eine gleichartige deutsche Leistung gegeben sei. Die beklagte Partei bestritt dieses Vorbringen und beantragte die Klagsabweisung; ihre Einwendungen sind ident wie im Verfahren der Klägerin Christine D*****.
2.3) Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht auch im Fall der Klägerin Petra O***** das Klagebegehren ab. Ausgehend von dem unstrittigen Sachverhalt vertrat es wiederum die idente Rechtsansicht wie im Fall der Klägerin D*****.
2.4) Auch die Klägerin Petra O***** bekämpft rechtzeitig das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht mit den identen Berufungsanträgen wie die Klägerin D*****; auch ihr Vorbringen zur Begründung ihrer Anträge ist ident wie im genannten Parallelverfahren. Die beklagte Partei hat wiederum eine Berufungsbeantwortung erstattet, in der sie beantragt, den Anträgen der Klägerin O***** gleichfalls keine Folge zu geben. Zumal keine der beteiligten Parteien die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung begehrt hatte und dies dem Berufungsgericht auch nicht erforderlich schien, war über die Rechtsmittel der beiden Klägerinnen im Sinne des § 492 ZPO in Verbindung mit § 2 ASGG in nicht öffentlicher Sitzung zu entscheiden.
2) während eines Auslandsaufenthaltes eines Leistungsbeziehers gemäß § 2 Abs 2, soweit er drei Monate übersteigt.
§ 28 (1) Die Bezieher von Kinderbetreuungsgeld sind in der gesetzlichen Krankenversicherung teilversichert, soferne nicht eine Leistungszugehörigkeit zu einer Krankenfürsorgeeinrichtung im Sinne des § 2 Abs 1 Z 2 B-KUVG besteht. Zur Durchführung der Krankenversicherung sind in folgender Reihenfolge zuständig ..... Aus dem Familienlastenausgleichsgesetz (BGBl Nr 376/1967 idgF)
§ 2 (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben
a) für mj. Kinder .....
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für eine im Abs 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person
(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt
.....
Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört .....
(8) Personen, die sowohl im Bundesgebiet als auch im Ausland einen Wohnsitz haben, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben und sich die Kinder ständig im Bundesgebiet aufhalten. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
§ 2a (1) Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt.
§ 3 (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt .....
§ 4 (1) Personen, die Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe haben, haben keinen Anspruch auf Familienbeihilfe.
(2) österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs 1 oder gemäß § 5 Abs 5 vom Anspruch auf die Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, erhalten eine Ausgleichszulage, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person (§ 5 Abs 5) Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.
(3) Die Ausgleichszahlung wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe, die nach diesem Bundesgesetz zu gewähren wäre, geleistet. .....
Aus dem Mutterschutzgesetz BGBl Nr 221/1979 idgF
§ 15 (1) Der Dienstnehmerin ist auf ihr Verlangen im Anschluss an die Frist des § 5 Abs 1 und 2 Karenz gegen Entfall des Arbeitsentgeltes bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu gewähren, wenn sie mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt. Das gleiche gilt, wenn anschließend an die Frist nach § 5 Abs 1 und 2 ein Gebührenurlaub verbraucht wurde oder die Dienstnehmerin durch Krankheit oder Unglücksfall an der Dienstleistung verhindert war.
(2) Die Karenz muss mindestens 3 Monate betragen.
(3) Die Dienstnehmerin hat Beginn und Dauer der Karenz dem Dienstgeber bis zum Ende der Frist des § 5 Abs 1 bekanntzugeben .... Aus dem allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) ist noch anzumerken, dass gemäß § 11 Abs 1 ASVG (auch in Verbindung mit Abs 3 lit a) die Pflichtversicherung der Klägerinnen für die Zeit des Karenzurlaubes, soweit er die Dauer eines Monates überstiegen hat bzw. übersteigt, nicht gegeben ist (war). Es bestehen für den Fall der Klägerinnen nur im Rahmen der Krankenversicherung Leistungsansprüche für den Zeitraum nach dem Erlöschen der Pflichtversicherung unter gewissen gesetzlichen Bedingungen (vgl § 120 Abs 2 ASVG). Denkbar ist, dass - gesetzt das Eintreten eines solchen Falles - die Klägerinnen daher Leistungen aus der Krankenversicherung in Anspruch nehmen könnten.
Während der Zeit des Wochengeldbezuges, das ist im Sinne des § 162 Abs 1 ASVG die Spanne von 8 Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung, der Tag der Entbindung und 8 Wochen nach der Entbindung erhält die Arbeitnehmerin dieses Entgelt nicht mehr vom Arbeitgeber, sondern vom zuständigen Sozialversicherungsträger, in der Regel der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse. Während dieses Zeitraumes besteht im Sinne des § 122 Abs 2 Z 2 ASVG im Rahmen der Krankenversicherung ein Leistungsanspruch und wohl auch in eingeschränktem Umfang ein Schutz aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine Pflichtversicherung im Sinne eines Bestehens einer vollen Kranken-, Unfalls- und Pensionsversicherung, wie sie ansonsten im Regelfall für Arbeitnehmer bei aufrechtem Bestand eines vollzeitigen Beschäftigungsverhältnisses gemäß der Bestimmung des § 4 ASVG gegeben ist, besteht auch für die Zeit des Wochengeldbezuges nicht.
Hervorzuheben ist abschließend, dass der Begriff des Karenzurlaubes nach dem nationalen Verständnis im arbeitsrechtlichen Bereich bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis “dem Bande nach” aufrecht bleibt; es ruhen jedoch die gegenseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis, das sind die Arbeits- und Entgeltzahlungspflicht. Demnach ist im arbeitsrechtlichen Sinn bei einem Karenzurlaub nach dem vorzitierten § 15 MutterschutzG das Arbeitsverhältnis aufrecht, während - mit den gleichfalls oben dargestellten Einschränkungen - für den sozialversicherungsrechtlichen, nationalen Bereich ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis (vorübergehend) nicht vorliegt, welcher Zustand sich dann ändert, wenn die Arbeitnehmerin in den Genuss des Kinderbetreuungsgeldes gelangt.
C) Die gemeinschaftsrechtliche Rechtslage
a) Die Verordnung Nr 1408/71
Art 4 Abs 1 der VO lautet:
Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die folgende Leistungsarten betreffen .....
h) Familienleistungen
Art 13 - Allgemeine Regelung
(1) Vorbehaltlich der Art 14 c und 14 f unterliegen Personen für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates. Welche Rechtsvorschriften diese sind, bestimmt sich nach diesem Titel.
(2) Soweit nicht die Art 14 bis 17 etwas anderes bestimmen, gilt Folgendes:
a) Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaates abhängig beschäftigt ist, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt oder ihr Arbeitgeber oder das Unternehmen, das sie beschäftigt, seinen Wohnsitz oder Betriebssitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates hat; ....
f) Eine Person, die den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates nicht weiterhin unterliegt, ohne dass die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaates gemäß einer der Vorschriften in den vorhergehenden Buchstaben oder einer der Ausnahmen bzw. Sonderregelungen der Art 14 bis 17 auf sie anwendbar würden, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaates, in dessen Gebiet sie wohnt, nach Maßgabe allein dieser Rechtsvorschriften. Art 73 - Arbeitnehmer oder Selbständige, deren Familienangehörige in einem anderen Mitgliedsstaat als dem zuständigen Staat wohnen
Ein Arbeitnehmer oder ein Selbständiger, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaats unterliegt, hat, vorbehaltlich der Bestimmungen in Anhang VI, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedsstaats wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates wohnten. Art 76 - Prioritätsregeln für den Fall der Kumulierung von Ansprüchen auf Familienleistungen gemäß den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates und den Rechtsvorschriften des Staates, in dem die Familienangehörigen wohnen.
(1) Sind für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen in den Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaats, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen, Familienleistungen auf Grund der Ausübung einer Erwerbstätigkeit vorgesehen, so ruht der Anspruch auf die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaats gegebenenfalls gemäß Art 73 bzw. 74 geschuldeten Familienleistungen bis zu dem in den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedsstaats vorgesehenen Betrag.
(2) Wird in dem Mitgliedsstaat, in dessen Gebiet die Familienangehörigen wohnen, kein Antrag auf Leistungsgewährung gestellt, so kann der zuständige Träger des anderen Mitgliedsstaates Abs 1 anwenden, als ob Leistungen in dem ersten Mitgliedsstaat gewährt würden.
b) Verordnung Nr 574/72
Art 10 - Vorschriften über das Zusammentreffen von Ansprüchen auf Familienleistungen oder -beihilfen für Arbeitnehmer und Selbständige
1) a) Der Anspruch auf Familienleistungen oder -beihilfen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaats geschuldet werden, nach denen der Erwerb des Anspruchs auf diese Leistungen oder Beihilfen nicht von einer Versicherung, Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit abhängig ist, ruht, wenn während desselben Zeitraums für dasselbe Familienmitglied Leistungen allein auf Grund der innerstaatlichen Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaats oder nach Art 73, 74, 77 oder 78 der Verordnung geschuldet werden, bis zur Höhe dieser geschuldeten Leistung.
Wird jedoch
1) in dem Fall, in dem Leistungen allein auf Grund der innerstaatlichen Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaats oder nach Art 73 oder 74 der VO geschuldet werden, von der Person, die Anspruch auf die Familienleistungen hat, oder von der Person, an die sie zu zahlen sind, in dem unter Buchstabe a) erstgenannten Mitgliedsstaat eine Berufstätigkeit ausgeübt, so ruht der Anspruch auf die allein auf Grund der innerstaatlichen Rechtsvorschriften des anderen Mitgliedsstaats oder nach den genannten Artikeln geschuldeten Familienleistungen, und zwar bis zur Höhe der Familienleistungen, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaates vorgesehen sind, in dessen Gebiet das Familienmitglied wohnhaft ist. Leistungen, die der Mitgliedsstaat zahlt, in dessen Gebiet das Familienmitglied wohnhaft ist, gehen zu Lasten dieses Staates; .....
(3) Werden nach Art 73 und/oder 74 der VO Familienleistungen für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen von zwei Mitgliedsstaaten geschuldet, so zahlt der zuständige Träger des Mitgliedsstaats, dessen Rechtsvorschriften den höheren Leistungsbetrag vorsehen, diesen ganzen Betrag aus, der ihm dann von dem zuständigen Träger des anderen Mitgliedsstaats zur Hälfte zu erstatten ist, wobei der nach den Rechtsvorschriften des letzteren Mitgliedsstaates vorgesehene Leistungssatz die obere Grenze bildet.
D) Zu den Vorlagefragen:
1) Keine Streitfrage ist nach Ansicht des vorlegenden Gerichtes, dass das österreichische Kinderbetreuungsgeld als Familienleistung im Sinne der Verordnung Nr 1408/71 zu qualifizieren ist. Denn eine Leistung wie das Kinderbetreuungsgeld, um welches es in diesem Verfahren geht, erfüllt die vom EuGH formulierten Voraussetzungen:
Dass nämlich die Vorschriften über die Gewährung dem Begünstigten einen Anspruch auf Grund eines gesetzlichen Tatbestandes verleihen und dass das Kinderbetreuungsgeld solchen Personen zu leisten ist, die bestimmte objektive Kriterien erfüllen, ohne dass auf Grund einer auf die persönliche Bedürftigkeit abzustellenden Ermessensentscheidung Bedacht zu nehmen wäre (vgl Urteil des EuGH vom 7.11.2002 in der Rechtssache C-333/00, Maaheimo, Sammlung der Rechtsprechung 2002, S I-10.087 TZ 23; siehe auch Urteil vom 11.6.1998 in der Rechtssache C-275/96, Kuusijaervi, Sammlung der Rechtsprechung 1998 S I-3419, TZ 57 ff).
2) Der Begriff des Arbeitnehmers in Art 73 der VO Nr 1408/71 ist aus der Begriffsbestimmung in Art 1 lit a der VO zu entnehmen, wobei zwischen den Parteien gleichfalls kein Streit besteht, dass die beiden Klägerinnen als Arbeitnehmerinnen im Sinne dieser Bestimmung zu qualifizieren sind, mag auch ihr Arbeitsverhältnis karenziert gewesen sein bzw. immer noch karenziert sein (vgl Art 1 lit a sub lit IV). Sie waren (sind) auf Grund ihrer Arbeitstätigkeit in Österreich bei der zuständigen Krankenversicherung versichert (die Klägerin Dodl ist es wieder) - vgl Urteil des EuGH vom 11.6.1998 in der Rechtssache
C 279/96, Kuusijaervi TZ 19 f.
3) Aus dem Sachverhalt und dem Parteivorbringen ist ferner abzuleiten,dass der Wohnort der beiden Klägerinnen ausgehend von der Definition des Art 1 lit h der VO Nr 1408/71 in der BRD liegt, weil es sich um den gewöhnlichen Aufenthalt der beiden Klägerinnen handelt. In diesem Sinne ist also die BRD der “Wohnsitzstaat”.
4) Allerdings ist für das vorlegende Gericht nicht klar, ob es bei der Anknüpfung des Art 73 der VO Nr 1408/71 an die Rechtsordnung des Beschäftigungsstaates darauf ankommt, ob in diesem Staat noch eine dort sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt wird (wurde), insbesondere wann dies etwa der Fall gewesen sein muss - zum Zeitpunkt der Antragstellung auf die in Frage stehende Leistung oder bereits zum frühestmöglichen Zeitpunkt, ab dem die Leistung gebühren kann (hier ab dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes). In der bereits mehrfach zitierten Entscheidung Kuusijaervi hat der EuGH Folgendes ausgeführt (vgl TZ 6):
“Der durch die Verordnung Nr 2195/91 in die Verordnung Nr 1408/71 eingefügte Art 13 Abs 2 Buchstabe f) steht Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaats nicht entgegen, nach denen eine Person, die jede Berufstätigkeit im Gebiet dieses Staates aufgegeben hat, nur dann weiterhin unter die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedsstaates fallen kann, wenn sie auch ferner dort wohnt. Diese Bestimmung dient nämlich gerade der Regelung eines solchen Falles; nach ihr sind auf eine Person, die weder nach den anderen Bestimmungen des Art 13 Abs 2 noch nach den Art 14 bis 17 der VO Nr 1408/71 weiterhin den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates unterliegt, die Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaats anwendbar, in dessen Gebiet sie wohnt. Art 13 Abs 2 Buchstabe f) erfasst im Übrigen jeden Fall, in dem eine Person, gleichgültig aus welchem Grund, den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates nicht mehr unterliegt; Sie ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen der Betroffene seine Berufstätigkeit in einem bestimmten Mitgliedsstaat endgültig oder vorübergehend beendet hat.”
Erläuternd führte der EuGH (vgl TZ 28) aus, dass die Vorschriften des Titels II der VO Nr 1408/71, zu denen Art 13 gehört, ein geschlossenes und einheitliches System von Kollisionsnormen bildeten. Mit diesen Vorschriften sollten nicht nur die gleichzeitige Anwendung von Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedsstaaten und die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben können, vermieden werden, sondern sie sollen auch verhindern, dass Personen, die in den Geltungsbereich der Verordnung Nr 1408/71 fallen, der Schutz auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit vorenthalten wird, weil keine nationalen Rechtsvorschriften auf sie anwendbar seien. Gerade bei den beiden Klägerinnen könnte die Gefahr bestehen, dass sie aus jedem sozialversicherungsrechtlichen Schutz bezogen auf die in Frage stehende Familienleistung fallen, würde man ihr karenziertes Arbeitsverhältnis nicht als Beschäftigung qualifizieren. Dazu kommt noch, dass etwa für den Bereich der Teilzeitbeschäftigungen nach Ansicht des EuGH davon auszugehen ist, dass der in Art 2 Abs 1 der VO Nr 1408/71 verwendete Begriff “Arbeitnehmer” jede Person bezeichnet, die im Rahmen eines der in Art 1 Buchstabe a) aufgeführten Systems der sozialen Sicherheit gegen die in dieser Vorschrift angegebenen Risken unter den dort genannten Voraussetzungen versichert ist. Der Wortlaut des Art 1 lit a und des Art 2 Abs 1 der VO Nr 1408/71 enthält nichts, was es erlaubte, bestimmte Personengruppen auf Grund des zeitlichen Umfanges ihrer Beschäftigung vom Geltungsbereich der Verordnung auszuschließen. Deshalb fällt eine Person in den Geltungsbereich der zitierten Verordnung, wenn sie die in Art 1 lit a iVm Art 2 Abs 1 der VO aufgestellten Voraussetzungen erfüllt, und zwar unabhängig vom zeitlichen Umfang ihrer Beschäftigung. In diesem Sinne fällt auch eine Person, die einer Beschäftigung im Lohn- und Gehaltsverhältnis nur an zwei Tagen der Woche während jeweils zwei Stunden nachgeht, in den Geltungsbereich der Verordnung Nr 1408/71 (siehe das Urteil des EuGH vom 10.7.1986 in der Rechtssache 60/85, Luijten, Sammlung der Rechtsprechung 1986, 2365). Die Vorschrift des Art 13 der VO 1408/71 unterscheidet nicht danach, ob die Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis als Voll- oder Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird. Ihr Zweck würde vereitelt, wenn die Anwendung der Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedsstaates als auf jene Zeiträume beschränkt anzusehen wäre, während deren die Beschäftigung ausgeübt wird, die Zeiten aber, während deren der Betroffene seine Beschäftigung nicht ausübt, nicht berücksichtigt würden. Art 13 Abs 2 lit a der VO Nr 1408/71 ist also dahin auszulegen, dass eine Person, die in den Geltungsbereich dieser Verordnung fällt und die im Gebiet eines Mitgliedsstaates einer Teilzeitbeschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis nachgeht, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedsstaates sowohl während der Tage unterliegt, an denen sie dieser Beschäftigung nachgeht, als auch während der Tage, an denen sie ihr nicht nachgeht (Urteil des EuGH vom 3.5.1990 in der Rechtssache C-2/89, Vanheijningen, Sammlung der Rechtsprechung 1990, S I-1755). Ob diese Überlegungen allerdings auch auf den Fall der beiden Klägerinnen angewendet werden können, scheint nicht sicher zu sein; haben sie doch während des karenzierten Arbeitsverhältnisses überhaupt keine Arbeitsleistungen effektiv erbracht, also nicht einmal in Teilzeit gearbeitet.
Zumal Art 73 der VO Nr 1408/71 jedenfalls auch für Grenzgänger im Sinne des Art 1 lit b der VO gilt (vgl Urteil des EuGH vom 19.2.1981 in der Rechtssache 104/80, Beeck, Sammlung der Rechtsprechung 1981, S
503) erachtete es das vorliegende Gericht nicht für erforderlich, die diesbezüglichen Umstände im Tatsachenbereich noch näher zu klären. Aus dieser Entscheidung geht im Übrigen hervor, dass es zur Anwendung des Art 73 Abs 1 ausreicht, dass der Arbeitnehmer in einem Mitgliedsstaat einer abhängigen Erwerbstätigkeit nachgeht und dass die Mitglieder seiner Familie in einem anderen Mitgliedsstaat wohnen. Diese Vorschrift ist in Verbindung mit der Bestimmung des Art 13 Abs 2 lit a zu sehen. Diese Regelung soll gemäß der Zielsetzung der VO Nr 1408/71 sicherstellen, dass alle Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedsstaaten gleichbehandelt werden und unabhängig von ihrem Arbeits- oder Wohnort in den Genuss der Leistungen der sozialen Sicherheit kommen. Sie ist daher in allen Mitgliedsstaaten einheitlich auszulegen wie auch immer die innerstaatlichen Rechtsvorschriften über den Erwerb des Anspruches auf Familienleistungen ausgestaltet sein mögen (vgl TZ 7). Auch aus diesen Ausführungen des EuGH lässt sich nicht klar ableiten, ob ein karenziertes Arbeitsverhältnis gleilchzusetzen ist mit einer abhängigen Erwerbstätigkeit schlechthin.
5) Abschließend stellt sich, wenn die erste Vorlagefrage bejaht werden sollte, noch die Frage der Zuständigkeit für die Behandlung eines allenfalls in Frage kommenden Anspruches der beiden Klägerinnen. Zu prüfen ist nämlich, ob diese Leistungen durch die Träger in Österreich zu behandeln sind, weil Österreich als Beschäftigungsstaat den Vorrang gemäß Art 73 der VO Nr 1408/71 vor dem Wohnsitzstaat (BRD) haben könnte.
E) Im Sinne des Art 234 erachtete sich das Berufungsgericht
verpflichtet, die dargestellten Fragen zur Auslegung an den EuGH heranzutragen. Diese Fragen sind entscheidungserheblich und betreffen die Auslegung der zitierten gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen. Eine Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften zur Frage, wie ein karenziertes Beschäftigungsverhältnis zu werten ist, liegt ebensowenig vor wie eindeutig geklärt erscheint, wie sich in einem solchen Fall die Zuständigkeit zur Gewährung der in Frage stehenden Leistung darstellt. Daher ist die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechtes angesichts der bisher vorliegenden Rechtsprechung des EuGH nicht derart offenkundig, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage bliebe.
F) Die Aussetzung des Berufungsverfahrens bis zur Beendigung des Vorabentscheidungsverfahrens beruht auf § 90a GOG.
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