Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richterin Mag a . Berzkovics (Vorsitz) sowie die Richter Mag. Petzner, Bakk. und Mag. Obmann, LL.M. in der Strafsache gegen A* und einen weiteren Verurteilten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall, teils iVm § 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des A* gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 7. Oktober 2025, GZ **-161, in nichtöffentlicher Sitzung den
BESCHLUSS
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.
begründung:
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 2. Dezember 2024, GZ **-114, wurde der am ** geborene rumänische Staatsangehörige A* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall, teils iVm § 15 StGB, der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und der Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichts Graz-West vom 22. August 2024, AZ ** (ON 30), zur Zusatzfreiheitsstrafe von dreiundzwanzig Monaten verurteilt (ON 114). Die Vorhaft von 29. August 2024, 22.15 Uhr bis 26. September 2024, 8.00 Uhr und von 14. Oktober 2024, 22.00 Uhr bis 2. Dezember 2024, 10.20 Uhr wurde auf die Freiheitsstrafe angerechnet. Das Strafende fällt auf den 17. August 2026. Die Hälfte der Strafe ist seit 1. September 2025 verbüßt, zwei Drittel der Strafe werden am 27. Dezember 2025 vollzogen sein (ON 159.2).
Das Landesgericht Leoben als Vollzugsgericht bewilligte mit nicht rechtskräftigem Beschluss vom 5. November 2025, AZ **, entgegen der ablehnenden Stellungnahme der Staatsanwaltschaft die bedingte Entlassung des A* zum zwei-Drittel-Stichtag.
Mit Beschluss des Landesgerichts Linz vom 5. November 2024, AZ ** (ON 112.3), wurde aufgrund des Europäischen Haftbefehls des Amtsgerichts Aschaffenburg/Deutschland vom 11. September 2024, AZ **, (gemäß § 21 Abs 1 EU-JZG) die Übergabe des A* an die deutschen Strafverfolgungsbehörden zum Vollzug einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe bewilligt. Unter einem wurde die Übergabe gemäß § 25 Abs 1 Z 6 EU-JZG bis zur Beendigung der Strafhaft im Verfahren AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz aufgeschoben.
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 161) wies das Erstgericht den Antrag des A* auf Absehen vom Strafvollzug wegen Auslieferung (ON 159) konform der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft (ON 160) ab.
Der dagegen von A* erhobenen Beschwerde (ON 162) kommt keine Berechtigung zu.
Gemäß § 4 StVG ist im Fall der Auslieferung (oder Übergabe im Anwendungsbereich des EU-JZG) eines Verurteilten an eine ausländische Behörde vom Vollzug einer über ihn verhängten Freiheitsstrafe vorläufig abzusehen, wenn es nicht aus besonderen Gründen des unverzüglichen Vollzugs bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Ein vorläufiges Absehen vom Strafvollzug ist nur dann unzulässig, wenn besondere generalpräventive Erwägungen den zumindest teilweisen unverzüglichen Vollzug erfordern, spezialpräventive Erwägungen haben außer Betracht zu bleiben. Bei der Prüfung der generalpräventiven Gründe ist (unter anderem) die Höhe der im Inland verhängten Freiheitsstrafe einerseits gegen die im Ausland für den Verurteilten zu erwartende Strafe andererseits abzuwägen. Ist die Auslieferung des Verurteilten zur Strafvollstreckung bewilligt worden, ist die im Ausland zu erwartende Strafe bekannt. Generalpräventive Bedenken gegen ein Absehen werden in der Regel dann nicht bestehen, wenn den Auszuliefernden im Ausland eine Strafe erwartet, deren Ausmaß zumindest der im Inland noch nicht vollzogenen Freiheitsstrafe entspricht oder sie sogar übersteigt ( Pieber in WK 2 StVG § 4 Rz 12 f; Drexler/Weger , StVG 5 § 4 Rz 3; Mayerhofer/Salzmann , Nebenstrafrecht 6 StVG § 4 E 4).
Der Anlassverurteilung liegt (unter anderem und hier relevant) das vom Beschwerdeführer mit zumindest einem weiteren Täter in insgesamt 16 Angriffen begangene Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall, teils in Verbindung mit § 15 StGB zugrunde, wobei der Schaden rund EUR 105.000,00 betrug und der Beschwerdeführer allein zur Begehung der abgeurteilten Tat(en) in das Bundesgebiet einreiste.
Fallbezogen stehen dem Beschwerdevorbringen zuwider tatsächlich generalpräventive Gründe einem Absehen vom Strafvollzug wegen Auslieferung entgegen. Maßgeblich ist nämlich, dass der Beschwerdeführer bislang erst rund vierzehn Monate der über ihn verhängten Zusatzfreiheitsstrafe von dreiundzwanzig Monaten verbüßt hat und die von ihm in Deutschland zu verbüßende Freiheitsstrafe (sechs Monate) deutlich geringer ist als der noch verbleibende Strafrest (rund neun Monate). Solcherart ist dem generalpräventiven Bedürfnis an einem inländischen Strafvollzug – unabhängig von der Verbüßung der Hälfte oder (beinahe) zwei Dritteln der Strafe (vgl 14 Os 4/23d [14 Os 5/23a, 14 Os 6/23y]; RIS-Justiz RS0134296) – nicht bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt Genüge getan. Denn eine Vorgehensweise nach § 4 StVG im vorliegenden Fall würde das Signal vermitteln, dass an ausländische Behörden zur (hier) Strafvollstreckung zu übergebende Strafgefangene besser gestellt sind, als jene, die ihre Strafe (allein) im Inland verbüßen und besteht damit die Gefahr, dass die Hemmschwelle zu gleichartiger Straffälligkeit in vergleichbaren Fällen leichter überwunden würde als bei weiterer Verbüßung der im Inland verhängten Sanktion.
Der Rechtsmittelausschluss gründet auf § 89 Abs 6 StPO iVm § 7 Abs 2 erster Satz StVG.
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