Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag a . Haas und Mag a . Tröster in der Strafvollzugssache der A*wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes nach § 133a StVG über die Beschwerde der Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 2. Oktober 2025, GZ **-5, in nichtöffentlicher Sitzung den
BESCHLUSS
gefasst:
Der Beschwerde wird Folgegegeben und vom weiteren Vollzug der über A* im Verfahren AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz verhängten Freiheitsstrafe gemäß § 133a StVG abgesehen.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.
begründung:
Die am ** geborene rumänische Staatsangehörige A* verbüßt in der Justizanstalt Graz-Jakomini die über sie im Verfahren AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz wegen des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB verhängte Freiheitsstrafe von zwölf Monaten.
Errechnetes Strafende ist der 12. Mai 2026. Die Hälfte der Strafzeit wird am 12. November 2025 verbüßt sein, zwei Drittel der Strafe werden am 12. Jänner 2026 vollzogen sein (ON 2.2, 1 und 2).
Die bedingte Entlassung zum Hälftestichtag wurde mit rechtskräftigem Beschluss vom 28. August 2025, AZ ** aus generalpräventiven Gründen abgelehnt (s. sonstige Beilagen).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Erstgericht konform der Äußerung der Staatsanwaltschaft (ON 1.2) den Antrag der Strafgefangenen auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbots gemäß § 133a StVG aufgrund der Schwere der von ihr begangenen Straftat ab.
Dagegen richtet sich die am 20. Oktober 2025 der Poststelle der Justizanstalt übergebene und somit rechtzeitige Beschwerde der Strafgefangenen (ON 7).
Das Rechtsmittel, zu dem sich die Oberstaatsanwaltschaft inhaltlich nicht äußerte, ist erfolgreich.
Gemäß § 133a Abs 1 StVG ist, wenn ein Verurteilter die Hälfte der Strafzeit, mindestens aber drei Monate verbüßt hat, vom weiteren Vollzug der Strafe vorläufig abzusehen, wenn gegen ihn ein Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot besteht (Z 1), er sich bereit erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat (§ 2 Abs 1 Z 17 AsylG) unverzüglich nachzukommen und zu erwarten ist, dass er dieser Verpflichtung auch nachkommen wird (Z 2), und der Ausreise keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen (Z 3).
Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt, so ist trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht vorläufig vom weiteren Vollzug der Strafe abzusehen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (Abs 2 leg cit).
Die zeitlichen Voraussetzungen nach § 133a Abs 1 StVG werden am 12. November 2025 erfüllt sein. Auch liegen mit dem (rechtskräftigen Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion ** vom 2. Juli 2025, GZ **, mit dem wider die Beschwerdeführerin ein für die Dauer von vier Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde (ON 2.4), und dem Fehlen von der Ausreise entgegenstehenden rechtlichen oder tatsächlichen Hindernissen die weiteren Voraussetzungen des § 133a Abs 1 Z 2 und 3 StVG vor.
Die Verweigerung des vorläufigen Absehens vom Strafvollzug aus generalpräventiven Gründen gemäß § 133a Abs 2 StVG setzt im Hinblick darauf, dass sich die Formulierung bewusst an jener des § 46 Abs 2 StGB orientiert (vgl Pieber in WK 2StVG § 133a Rz 18), gewichtige Umstände voraus, die sich aus Sicht der Allgemeinheit von den regelmäßig vorkommenden Begleiterscheinungen strafbaren Verhaltens auffallend abheben. Dabei ist nicht nur der bloße Abschreckungseffekt bei potentiellen Tätern, sondern auch das Interesse an der Festigung genereller Normtreue in der Bevölkerung zu beachten. Diese Aspekte generalpräventiver Natur müssen aus der Schwere der Tat ableitbar sein (vgl
Wenngleich die aktuelle Delinquenz von ausschließlich zur Ausführung von Straftaten gegen fremdes Vermögen einreisenden Tätern eine wachsende gesellschaftliche Belastung darstellt (siehe in diesem Sinn auch OLG Graz 1 Bs 149/25h) und zur Vermeidung eines Bagatellisierungseffekts generalpräventiven Sanktionserfordernissen besondere Bedeutung beizumessen ist, wird weder durch die gesetzliche Vorbewertung des bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmens des strafnormierenden § 130 Abs 1 StGB noch durch die Anlasstaten bei einem Gesamtschaden von rund EUR 7.300,00 auch unter Berücksichtigung des Einsatzes eines technischen Mittels (eines am Körper getragenen Störsenders) und der Überschreitung der für die Begründung der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 70 Abs 1 Z 3 StGB notwendigen Vortaten, hier die Schwelle einer Tatschwere erreicht, die zum Ausschluss eines Vorgehens nach § 133a StVG aus generalpräventiven Aspekten Anlass gibt.
Da somit in den Taten kein derart erheblicher Störwert erkannt werden kann, welcher ausnahmsweise den weiteren Vollzug verlangen würde, um das Vertrauen der Bevölkerung auf die Durchsetzung des Rechts aufrecht zu erhalten und andere potentielle Täter abzuschrecken, ist der Beschwerde der Strafgefangenen Folge zu geben und das vorläufige Absehen vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbots nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe nach § 133a Abs 1 StVG auszusprechen.
Der Rechtsmittelausschluss gründet auf § 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden