Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Senatspräsidenten Mag. Ohrnhofer (Vorsitz) und die Richter Mag. Koller und Mag. Petzner, Bakk. in der Maßnahmenvollzugssache des A*wegen bedingter Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme nach § 47 StGB über dessen Beschwerden gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 9. September 2025, GZ **-37, und vom 1. Oktober 2025, GZ **-41, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde gegen den Beschluss vom 1. Oktober 2025 (ON 41) wird nicht Folge gegeben.
Hingegen wird in Stattgebung der Beschwerde gegen den Beschluss vom 9. September 2025 (ON 37) der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht verwiesen.
Begründung:
Mit dem (seit 2. Dezember 2020 rechtskräftigen) Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 25. Februar 2020, GZ **-49, wurde der am ** geborene deutsche Staatsbürger A* zweier Verbrechen der Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB und eines Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Unter einem wurde gemäß § 21 Abs 2 StGB idF vor BGBl I 2022/2023 seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet. A* befindet sich seit 28. November 2019 in Haft, die Maßnahme wird seit 2. Dezember 2020 (und zwar seit 2. März 2021 in der Justizanstalt Graz-Karlau) vollzogen. Die zweijährige Strafzeit endete rechnerisch am 28. November 2021 (ON 3 und ON 10.6).
Hinsichtlich des dieser Verurteilung zugrundeliegenden Sachverhalts wird auf die zutreffende Darstellung im angefochtenen Beschluss verwiesen.
Der Einweisungsanordnung nach § 21 Abs 2 StGB (aF) lagen die auf dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. B* vom 14. Dezember 2019 (in Verbindung mit dessen Aktualisierung in der Berufungsverhandlung zum AZ 8 Bs 355/20x des Oberlandesgerichts Graz vom 2. Dezember 2020) basierenden Feststellungen zugrunde, dass der Betroffene die abgeurteilten Taten unter dem Einfluss einer paranoiden querulatorischen Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F 60.0), sohin einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, begangen hat und nach seiner Person, seinem Zustand und nach der Art der Taten zu befürchten war, dass er unter dem Einfluss der bezeichneten höhergradigen geistigen oder seelischen Abartigkeit erneut mit Strafe bedrohte Handlungen mit im Einzelfall schweren Folgen – nach Art der wiederholten Anlasstaten (RIS-Justiz RS0118581 [T16]) – begeht.
Zuletzt wurde nach persönlicher Anhörung des Betroffenen die Unterbringung in einem (nunmehr) forensisch-therapeutischen Zentrum mit dem (seit 11. Dezember 2024 rechtskräftigen) Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 5. November 2024, AZ **, fortgesetzt (siehe Ordner Sonstige Beilagen ./BE 1. Beschluss und ./BE RME).
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 9. September 2025 (ON 37) wies das Vollzugsgericht als Senat von drei Richtern (§ 162 Abs 3 StVG) aus Anlass eines Antrags des Betroffenen auf bedingte Entlassung nach § 47 Abs 2 StGB (ON 7) (zu 1.) die Anträge auf Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens ab und sprach (zu 2.) aus, dass die strafrechtliche Unterbringung des Betroffenen in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB idgF weiterhin notwendig sei. Dies begründete es im Wesentlichen damit, dass beim Betroffenen weiterhin eine schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung, nämlich eine paranoid-querulatorische Persönlichkeitsstörung (F 60.0) und „der Verdacht auf Simulationsverhalten (Z 76.8)“ vorliege und nach der Aufführung und der Entwicklung des Betroffenen in der Unterbringung, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand und seinem Vorleben weiterhin die Gefahr (im Sinn hoher Wahrscheinlichkeit) bestehe, dass er unter dem maßgeblichen Einfluss dieser schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung in absehbarer Zukunft, nämlich innerhalb von Wochen bis allenfalls Monaten, neuerlich mit Strafe bedrohte Handlungen mit schweren Folgen und zwar „qualifizierte“ gefährliche Drohungen oder auch Verbrechen der Erpressung und des Missbrauchs der Amtsgewalt begehen werde. Es bestehe keine Möglichkeit, diese Gefährlichkeit außerhalb der Unterbringung hintanzuhalten, also das Risiko auf ein Maß unter hoher Wahrscheinlichkeit zu reduzieren. Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde dem Betroffenen am 12. September 2025 ausgefolgt (Zustellschein ON 37.1).
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 29. September 2025 (Montag) beim Erstgericht eingelangte und wegen Unleserlichkeit des Poststempels im Zweifel vor Ablauf der Beschwerdefrist (am 26. September 2025 [Freitag]) zur Post gegebene Beschwerde des Betroffenen (ON 40), in der er die unterlassene Gutachtensergänzung kritisiert, den Fortbestand der die Anordnung der Maßnahme rechtfertigenden Gefährlichkeit bestreitet und gleichzeitig (neuerlich) die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers beantragt. Diesen Antrag wies die Einzelrichterin des Landesgerichts für Strafsachen Graz mit Beschluss vom 1. Oktober 2025 ab (ON 41). Auch gegen diesen Beschluss, der dem Betroffenen am 3. Oktober 2025 ausgefolgt wurde (Zustellschein ON 41.1), erhob er (mit der am 17. Oktober 2025 zur Post gegebenen Eingabe) rechtzeitig Beschwerde.
Nur der Beschwerde gegen den Beschluss vom 9. September 2025 (ON 37) kommt im Umfang des implizierten Kassationsbegehrens Berechtigung zu.
1. Zum Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe:
Wie bereits im Vorbeschluss des Beschwerdegerichts vom 30. Juli 2025, AZ 8 Bs 211/25b (ON 29.1), sowie im angefochtenen Beschluss ausgeführt, liegt keiner der in § 61 Abs 2 Z 1 bis 4 StPO normierten Fälle vor, sodass die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers im Interesse der Rechtspflege (weiterhin) nicht erforderlich ist (§ 61 Abs 2 erster Satz StPO).
2. Zur weiteren Notwendigkeit der Unterbringung:
Der bisherige Gang des Verfahrens zur amtswegigen Prüfung der (weiteren) Unterbringung nach § 25 Abs 3 StGB, die Eingaben und Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten und des Departments Maßnahmenvollzug der Justizanstalt Graz-Karlau sowie das aktuelle Gutachten der Sachverständigen Mag a. C*, MA vom 29. März 2025 (ON 14) samt dessen Ergänzung vom 11. Mai 2025 (ON 19) und die für die bedingte Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme maßgebliche Norm des § 47 Abs 2 StGB wurde bereits vom Erstgericht umfassend und zutreffend dargestellt, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen darauf verwiesen wird (BS 3 ff).
Die freiheitsentziehende Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB (idgF) darf nur aufrechterhalten werden, wenn die der Unterbringung zugrundeliegende Gefährlichkeit weiter vorliegt und sie außerhalb des forensisch-therapeutischen Zentrums nicht hintangehalten (substituiert) werden kann (vgl zu den gleichgesetzten Begriffen Gefährlichkeit im Sinne des § 47 Abs 2 StGB und Notwendigkeit des Maßnahmenvollzugs im Sinne des § 25 Abs 3 StGB Haslwanter, WK² StGB § 47 Rz 5 ff).
Ein Beschluss, mit dem die bedingte Entlassung aus der strafrechtlichen Unterbringung nach § 21 Abs 1 oder 2 StGB abgelehnt wird, muss demnach begründete (zum Begründungsmaßstab vgl § 89 Abs 2a Z 3 dritter Fall [§ 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a] StPO; RIS-Justiz RS0132725) Annahmen mit Sachverhaltsbezug enthalten, die den rechtlichen Schluss zulassen, dass „die Gefährlichkeit, gegen die sich die Maßnahme richtet“, weiterhin besteht (§ 86 Abs 1 erster und vierter Satz StPO; 11 Os 80/23h mwN).
Zusätzlich zur Verwirklichung (zumindest) einer auch nach aktuellem Recht unterbringungstauglichen Anlasstat – zur Anwendbarkeit der geänderten Unterbringungsvoraussetzungen nach Inkrafttreten des MVAG 2022 auch auf die über Antrag (§ 167 Abs 1 erster Satz iVm § 152 Abs 1 erster Satz StVG) oder nach § 25 Abs 3 StGB stattfindende Überprüfung nach altem Recht angeordneter Unterbringung siehe Art 6 Abs 2 erster Satz MVAG 2022 (vgl EBRV 1789 BlgNR 27. GP 31) – setzt die Aufrechterhaltung der freiheitsentziehenden vorbeugenden Maßnahme neben dem Fortbestehen der für die Anlasstat(en) kausalen (nunmehr) schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung (zum fehlenden eigenständigen Begriffsinhalt des Begriffs „maßgeblich“ vgl RIS-Justiz RS0134881) die aus den gesetzlich genannten Erkenntnisquellen (§ 47 Abs 2 StGB) abgeleitete Befürchtung (= die hohe Wahrscheinlichkeit) voraus, der Betroffene werde sonst in absehbarer Zukunft (zur nicht erforderlichen Eingrenzung auf einen bestimmten Zeitraum vgl Haslwanter,WK² StGB Vor §§ 21-25 Rz 4/1 mwN) unter dem maßgeblichen Einfluss (just) dieser schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung irgendeine oder eine in § 21 Abs 3 zweiter Satz genannte mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen (vgl § 21 Abs 2 erster Satz iVm Abs 1, § 47 Abs 2, § 54 Abs 1 StGB; zum Ganzen Haslwanter,aaO § 21 Rz 11 und 23 f, § 47 Rz 5, 10 und 12). Zur Erreichung des Zwecks der Maßnahme im Sinne des § 25 Abs 1 zweiter Satz StGB genügt es, wenn ungeachtet des Fortbestands der die Anordnung der Maßnahme rechtfertigenden Gefährlichkeit diese auch extra muros hintangehalten werden kann. Die Gefährlichkeit, auf die § 47 Abs 2 StGB abstellt, besteht dann nicht mehr und der Vollzug der Maßnahme ist nicht mehr notwendig (vgl §§ 24 Abs 2 zweiter Satz, 25 Abs 3 StGB;
Zusammengefasst wäre der Betroffene daher jedenfalls bedingt (§ 47 Abs 1 erster Satz StGB) aus der Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB zu entlassen, wenn
Unter diesen Prämissen zeigt die Beschwerde zutreffend auf, dass der angefochtene Beschluss mit einem Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO behaftet ist.
Bislang sind nämlich jene Tatsachen unvollständig begründet geblieben, die für die Beurteilung der – ausschließlich dem Gericht obliegenden – Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0090441) erforderlich sind, ob bei A* nach wie vor die für die Anlasstaten kausale schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung vorliegt und die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Untergebrachte nach seiner Aufführung und Entwicklung in der Anstalt nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen in absehbarer Zukunft unter dem maßgeblichen Einfluss dieser schwerwiegenden und psychischen Störung weiterhin Prognosetaten mit schweren Folgen begehen wird.
Das Erstgericht ging vom Fortbestehen der für die Begehung der Anlasstaten kausalen schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung in Form einer paranoid-querulatorischen Persönlichkeitsstörung aus (zur Irrelevanz des zusätzlich angenommenen „Verdachts auf Simulationsverhalten“ für die Begehung der Anlasstaten vgl US 3 f zu AZ 8 Bs 355/20x des Oberlandesgericht Graz). Es stützte sich dabei auf die aktuelle Stellungnahme der Justizanstalt Graz-Karlau vom 2. September 2025 (ON 35).
Im aktuellen Gutachten der Sachverständigen Mag a . C*, MA vom 29. März 2025 (ON 14) samt dessen Ergänzung vom 11. Mai 2025 (ON 19) wird das Vorliegen einer von den Vorgutachtern noch erhobenen schwerwiegenden paranoid-querulatorischen Persönlichkeitsstörung jedoch verneint und dem Betroffenen „nur“ mehr eine Akzentuierung von Persönlichkeitszügen nach ICD-10 (Z 73) bzw eine sogenannte „Persönlichkeitsschwierigkeit“ im Sinne eines paranoid-querulatorischen Verhaltens nach ICD-11 (QE50.7/6D11.0) attestiert, weshalb die schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung, welche mit der ursprünglich hohen Rückfallsgefährdung in Verbindung stand, nicht mehr erhoben werden könne bzw nicht mehr im hohen Ausmaß vorhanden sei. Aktuell und in absehbarer Zukunft sei von einem geringen Ausgangsrisiko für Mord/schwere Körperverletzungen auszugehen und bestehe ein „maximal“ bzw. „eher“ moderates und demnach nicht erhöhtes Risiko für weitere Drohungen/Erpressungen, wobei dieses „Restrisiko“ mittels entsprechender Wohnauflage in einem forensisch-psychiatrischen Wohnhaus und Bewährungshilfe kompensiert werden könnte (ON 14, 13 ff). Allerdings (und damit im Widerspruch) setzt die Sachverständige in ON 14, 16 die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen (betreutes Wohnen und Bewährungshilfe) sodann wiederum in Bezug zur „Gefährlichkeit, gegen die sich die Maßnahme richtet“ und deren wirksame Hintanhaltung außerhalb des Maßnahmenvollzugs. Im – infolge Zurückziehung der Wohnplatzzusage durch die „D*“ in ** (kurz: D*) – Ergänzungsgutachten vom 11. Mai 2025 (ON 19) hielt die Sachverständige ihre zuvor dargestellte Gefährlichkeitseinschätzung aufrecht, widerrief jedoch ihre ursprüngliche Empfehlung zur bedingten Entlassung, weil das im Gutachten ausführlich beschriebene „Restrisiko“ ohne Wohn- und Betreuungsauflage nicht ausreichend risikopräventiv kompensiert werden könne (ON 14, 16).
Damit weichen die Schlussfolgerungen der Sachverständigen Mag a. C*, MA von den Einschätzungen des Departments Maßnahmenvollzug der Justizanstalt Graz-Karlau ab. Dies begründet zwar keinen Fall des § 127 Abs 3 StPO, weil nur die Schlussfolgerungen der Sachverständigen von den Einschätzungen der Justizanstalt Graz-Karlau, mithin von fachkundigen Personen (vgl dazu Pieber,WK² StVG § 17 Rz 5), abweichen und nicht die Angaben zweier Sachverständiger. Allerdings muss das Gericht, wenn es von einem (als mängelfrei bewerteten [vgl BS 13 f]) Sachverständigengutachten abweicht, sich auf eine sachliche Widerlegung einlassen und die Gründe angeben, aus denen es das Gutachten für unrichtig hält (RIS-Justiz RS0097419; siehe auch Hinterhofer/Tipold , WK-StPO § 125 Rz 50 ff). Da es das Erstgericht sohin unterlassen hat, Gründe anzugeben, warum es die Schlussfolgerungen im Gutachten der Sachverständigen Mag a. C*, MA zum (verneinten) Fortbestehen einer schwerwiegenden Persönlichkeitsstörung für unrichtig hält und sich auch in weiterer Folge nicht im Detail mit den darauf aufbauenden Ausführungen der Sachverständigen auseinandergesetzt hat, ist der Beschluss mit einem Begründungsmangel nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO behaftet.
Zwar muss ein solcher nicht zwangsläufig zur Kassation führen, weil das Beschwerdegericht auch weiterhin in der Sache selbst entscheiden und somit auch eine fehlende Begründung nachfolgen könnte ( Tipold, WK-StPO § 89 Rz 14/4; RIS-Justiz RS0129396). Allerdings kann im gegenständlichen Fall trotz der vom Vollzugsgericht veranlassten Ergänzung des Sachverständigengutachtens (ON 19) und der Einholung einer weiteren Stellungnahme der Justizanstalt Graz-Karlau (ON 35) nicht endgültig darüber abgesprochen werden, ob die vorbeugende Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB fortzusetzen ist oder nicht.
Denn liegt (wie im Gutachten ausgeführt) keine schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung (mehr) vor und kann eine solche Störung – den Denkgesetzen der Logik folgend – deshalb auch nicht (mehr) kausal für Prognosetaten im Sinne des § 21 Abs 2 StGB sein, so mangelt es an der Grundvoraussetzung für die Aufrechterhaltung der vorbeugenden Maßnahme und es bleibt – anders als von der Sachverständigen dargelegt – kein Raum für Weisungen. Da die Sachverständige diese Voraussetzung ausschloss, aber (im Ergebnis) dennoch die Gefährlichkeit annimmt, der mittels Weisungen zu begegnen sei, ist ihr Gutachten in diesem wesentlichen Punkt widersprüchlich.
Im Ergebnis wird daher nicht deutlich, ob (nicht irgendeine, sondern genau) die zur Einweisung führende Gefährlichkeit, gegen die sich die Maßnahme richtet, überhaupt noch besteht. Insbesondere bleibt unklar, ob die fortbestehende Akzentuierung von Persönlichkeitszügen bzw die „Persönlichkeitsschwierigkeit“ einen eindeutig außerhalb der Variationsbreite des noch normalen liegenden Zustand darstellt, der so ausgeprägt ist, dass er die Willensbildung wesentlich beeinflussen kann ( Haslwanter, aaO § 21 Rz 10 mwN), also eine schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung (weiterhin) besteht, und – wenn dies zutreffen sollte – ob mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass der Betroffene unter dem Einfluss gerade dieser Störung eine (konkret zu benennende) mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde sowie, ob die von der Sachverständigen empfohlenen (oder andere) Maßnahmen zur Hintanhaltung eben dieser Gefährlichkeit auch ohne Fortsetzung des Maßnahmenvollzugs zielführend sind.
Zusammengefasst kann daher mit Blick auf den bei Maßnahmen nach § 21 StGB gebotenen hohen Sorgfaltsmaßstab ( Haslwanter, aaO§ 47 Rz 12) nicht verlässlich beurteilt werden, ob die weitere Anhaltung des Betroffenen notwendig ist, was gemäß § 89 Abs 2a Z 3 StPO iVm §§ 17 Abs 1 Z 3 erster Satz, 163 StVG die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Verweisung der Sache an das Erstgericht zur neuen Entscheidung nach Verfahrensergänzung bedingt. Damit kann dahingestellt bleiben, dass dem Betroffenen (isoliert betrachtet) gegen die Abweisung seiner Anträge auf Gutachtensergänzung – in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen über das Hauptverfahren – ein selbstständiges, die weitere Verhandlung hemmendes Rechtsmittel analog § 238 Abs 3 zweiter Satz StPO gar nicht zusteht (vgl OLG Graz 10 Bs 323/23k, 9 Bs 302/15b).
Im fortgesetzten Verfahren wird zunächst gemäß § 127 Abs 3 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 erster Satz StVG eine Ergänzung bzw. Konkretisierung des Gutachtens der Sachverständigen im zuvor dargestellten Sinn zu veranlassen sein. Dabei wird auch die jüngst festgestellte deutliche Verschlechterung des psychischen Zustandsbildes des Betroffenen (ON 35) zu berücksichtigen sein. Weiters wird zu beachten sein, dass Weisungen und die Anordnung von Bewährungshilfe das Fortbestehen der für die Begehung der Anlasstaten kausalen schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung sowie die hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung einer tauglichen Prognosetat voraussetzen (vgl Birklbauer , SbgK § 47 Rz 78, Haslwanter , aaO § 54 Rz 10/3). Beides wurde von der Sachverständigen bislang verneint. Absehen davon erhellt nicht, inwiefern eine Wohnauflage in einem forensisch-psychiatrischen Wohnhaus, in dem der Betroffene genauso wie in einer Haftanstalt unter – wenn auch nicht vergleichbarer – Kontrolle und Aufsicht stehen würde, mit Blick auf die Fortsetzung und zuletzt wieder Vertiefung seines querulatorischen Verhaltens mit zunehmender Einengung auf bzw rigider Verfestigung seiner misstrauischen und kämpferisch-aggressiven Verhaltensweisen gegenüber Autoritäten im Allgemeinen und staatlichen-autoritären Systemen bzw. Behörden im Speziellen (vgl ON 10.4, 2 sowie ON 14, 16; siehe dazu im Übrigen auch die Ausführungen im „BFA-Bescheid“ in ON 10.2, 2 und 15 in Bezug auf das beharrliche Ignorieren des aufgrund seiner Diabeteserkrankung behördlich ausgesprochenen Verbots, der Lenkung von Fahrzeugen) überhaupt geeignet sein soll, die Gefährlichkeit, gegen die sich die Maßnahme richtet, hintanzuhalten. Zur Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage könnte es überdies geboten sein, die vom Betroffenen nach Ablehnung der Kostenübernahme durch das Sozialreferat des Bezirks ** (ON 16) eigenmächtig geführte Korrespondenz, die wiederum Anlass für die Ablehnung der Aufnahme des Betroffenen als Selbstzahler durch die D* war (vgl ON 13), beizuschaffen, zumal die bislang daraus (zum Nachteil des Betroffenen) abgeleiteten Schlüsse der Sachverständigen (ON 19, 10) ohne Kenntnis des tatsächlichen Inhalts ohne Sachverhaltsbezug und damit – wie die Beschwerde zutreffend anmerkt – schlichte Mutmaßungen bleiben. Sofern sich die Bedenken zur Frage des (weiteren) Vorliegens einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung und der daraus abgeleiteten Gefährlichkeit nicht beseitigen lassen, könnte sich überdies die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Psychiatrie (siehe Pieber, WK² StVG § 17 Rz 8 und § 162 Rz 18) als zweckmäßig erweisen.
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diese Entscheidung steht ein Rechtsmittel nicht zu (§§ 163, 17 Abs 1 Z 3 erster Satz StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).
Rückverweise
Keine Verweise gefunden