Das Oberlandesgericht Graz hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Waldner, Mag. Stadlmann und Mag. Schellnegger in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , FN **, **, vertreten durch Dr. Gerd Mössler, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei B* Verwaltungsgesellschaft mbH OÜ , Zweigniederlassung Österreich , FN **, **, wegen EUR 24.560,76 samt Anhang, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 12. Juli 2025, **-7, in nichtöffentlicher Sitzung den
BESCHLUSS
gefasst:
Der Rekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen .
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagsvertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 2.828,28 (darin enthalten EUR 471,38 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
BEGRÜNDUNG:
Mit der am 11. April 2025 beim Landesgericht Klagenfurt zu ** eingebrachten (Mahn-)Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten den Betrag von (insgesamt) EUR 24.560,76 samt Anhang (ON 1).
Der mit Beschluss vom 11. April 2025 (ON 2) vom Erstgericht bewilligte Zahlungsbefehl wurde der Beklagten am 22. April 2025 zugestellt.
Mit Fax-Eingabe vom 7. Mai 2025 (ON 3) erhob die Beklagte den – anwaltlich nicht unterfertigten – Einspruch gegen den Zahlungsbefehl, beantragte die Abweisung der Klage und wandte ua die Unzuständigkeit des Landesgerichtes Klagenfurt ein.
Mit Beschluss vom 8. Mai 2025 (ON 4) erteilte das Erstgericht der Beklagten den Auftrag, ihren Einspruch binnen 14 Tagen – aufgrund der absoluten Anwaltspflicht (§ 75 Z 3 ZPO) – mittels Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt zu verbessern.
Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 14. Mai 2025 (durch Hinterlegung) zugestellt.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 12. Juli 2025 (ON 7) wies das Erstgericht das als Einspruch zu wertende Schreiben der Beklagten vom 7. Mai 2025 zurück.
Zur Begründung führte es aus, dass die Beklagte dieses Schreiben trotz Verbesserungsauftrags nicht – durch eine Anwaltsunterschrift – verbessert habe, weshalb der Einspruch zurückzuweisen sei.
Dieser Beschluss samt Rechtsmittelbelehrung wurde der Beklagten am 18. Juli 2025 (durch Hinterlegung) zugestellt.
Mit (Fax-)Eingabe vom 31. Juli 2025 (ON 8) erhob die Beklagte das Rechtsmittel des Rekurses gegen diesen Beschluss mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss als nichtig aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen, beginnend mit der Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag vom 20. Mai 2025; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Zur Begründung führt die Beklagte im Rekurs im Wesentlichen aus, dass das Erstgericht ihren Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Beibringung eines Rechtsanwalts vom 20. Mai 2025 und die „berufsunfähige Erkrankung“ des Geschäftsführers der Beklagten vollständig und begründungslos ignoriert habe, womit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und somit ein Nichtigkeitsgrund vorliege.
Der Rekurs wurde anwaltlich nicht unterfertigt.
Dem Rekurs legte die Beklagte ein mit 20. Mai 2025 (ON 9) datiertes Schreiben der Beklagten an das Landesgericht Klagenfurt (per Fax) zu ** bei, das ua einen Verfahrenshilfeantrag (wegen der Anwaltspflicht) enthält und in dem auf eine „berufsunfähige Erkrankung“ des Geschäftsführers der Beklagten (fachärztliches Attest) verwiesen wird. Eine Sende- oder Empfangsbestätigung ist darauf nicht ersichtlich.
Mit Beschluss vom 2. August 2025 (ON 11) erteilte das Erstgericht der Beklagten den Auftrag, ihren Rekurs binnen 14 Tagen mittels Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt zu verbessern.
Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 7. August 2025 zugestellt.
Mit (Fax-)Eingabe vom 20. August 2025 (ON 13) nimmt die Beklagte zum Beschluss vom 2. August 2025 Stellung und beantragt, ihren Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und Beigebung eines Rechtsanwalts unverzüglich zu bearbeiten, bis zu dessen Erledigung von allen weiteren Verfahrensschritten Abstand zu nehmen und zur Kenntnis zu nehmen, dass der Beschluss vom 12. Juli 2025 aufgrund der dargelegten Nichtigkeit keine Rechtswirkungen entfalte.
Die Klägerin erstattete eine Rekursbeantwortung (ON 16) und beantragt, dem Rekurs der Beklagten keine Folge zu geben.
Das Erstgericht hielt mit Aktenvermerk vom 13. September 2025 (ON 17) fest, dass „die erneute Durchsicht des Aktes ergibt, dass in gegenständlicher Causa seitens der beklagten Partei kein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe eingebracht wurde. Ein derartiger Antrag wurde nur im Verfahren ** eingebracht.“
Der Akt wurde dem Rekursgericht erstmals mit Vorlagebericht vom 16. September 2025 zur Entscheidung über den Rekurs der Beklagten vorgelegt.
Mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz vom 25. September 2025, 5 R 138/25s (**-19), wurde der Akt dem Erstgericht zur Durchführung zweckdienlicher Erhebungen (zB Aufforderung an die Beklagte, eine Fax-Sendebestätigung vorzulegen; Erhebungen betreffend eine Fax-Empfangsbestätigung beim Landesgericht) zur Überprüfung zurückgestellt, ob im Zeitraum zwischen der Zustellung des Zahlungsbefehls (22. April 2025) und der Erlassung des angefochtenen Beschlusses (12. Juli 2025) die beklagte Partei im gegenständlichen Verfahren einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gestellt hat.
Das Erstgericht führte daraufhin die aufgetragenen Erhebungen durch.
Die Einlaufstelle des Landesgerichtes Klagenfurt teilte über Anfrage dem Erstgericht mit, dass betreffend die Eingabe der Beklagten vom 20. Mai 2025 keine Empfangsbestätigung ausfindig gemacht werden konnte (ON 20, 1).
Die Beklagte (deren Geschäftsführer C*) teilte mit Fax-Eingabe vom 12. Oktober 2025 dem Erstgericht zum Auftrag, eine Fax-Sendebestätigung betreffend die Eingabe vom 20. Mai 2025 vorzulegen, mit, dass „die Vorlage einer technischen Sendebestätigung nach fast fünf Monaten dem Geschäftsführer nicht möglich ist. Aufgrund seiner schweren Erkrankung (ME/CFS) und der damit verbundenen kognitiven Einschränkungen war eine ordnungsgemäße Archivierung der Sendeberichte im Mai 2025 krankheitsbedingt nicht gewährleistet bzw ist eine Rekonstruktion derzeit unmöglich. Ich versichere jedoch an Eides statt, dass der Antrag per Fax übermittelt wurde“ (ON 21). Unter Punkt III. dieser Eingabe weist die Beklagte darauf hin, dass die Handlungsunfähigkeit des Geschäftsführers fortdauere (§ 155 ZPO analog) und die Bearbeitung des VH-Antrags aufgrund des „Datenschutz-Deadlocks“ (siehe Verfahren ** BG Klagenfurt) weiterhin blockiert sei. Es werde die Unterbrechung des Verfahrens beantragt.
Mit Äußerung vom 21. Oktober 2025 (ON 23) nahm die Klägerin zur Eingabe der Beklagten vom 12. Oktober 2025 dahin Stellung, dass die Beklagte offenkundig selbst weder über die Urschrift des behaupteten Antrages noch über eine Kopie derselben und insbesondere, wie sie ausdrücklich betone, auch über keine Sendebestätigung verfüge. Für elektronische Eingaben, somit für Eingaben mittels Telefax, bestimme § 89d Abs 1 GOG ausdrücklich, dass eine Eingabe erst dann als eingebracht gilt, wenn die Daten zur Gänze im Gerichtsbereich (= Bundesrechenzentrum GmbH oder D*) eingelangt seien. Das Übermittlungsrisiko gehe stets erst dann auf den Empfänger über, wenn das Schriftstück in den Empfangsbereich des Empfängers gelangt sei. Die in § 862a erster Satz ABGB statuierte Empfangs- oder Zugangstheorie gelte grundsätzlich für alle empfangsbedürftigen Erklärungen, wobei die Beweislast für den Zugang grundsätzlich der Absender trage. Die Beklagte habe somit ihrer Beweispflicht nicht entsprochen und nicht unter Beweis gestellt, dass im Sinne ihrer Behauptung jemals ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe in den Empfangsbereich des Gerichtes gelangt sei; die Beklagte habe darüber hinaus nicht einmal unter Beweis stellen können, jemals einen solchen Antrag per Telefax an das Gericht versandt zu haben. Insoweit die Beklagte unter Punkt III. ihres Schreibens unter Bezugnahme auf ein Verfahren zu ** des BG Klagenfurt einen Unterbrechungsantrag stelle, so bleibe dieser gänzlich unsubstantiiert, abgesehen davon, dass auch ein solcher Antrag einer Anwaltsfertigung bedürfte.
Am 22. Oktober 2025 legte das Erstgericht den Akt dem Oberlandesgericht Graz neuerlich zur Entscheidung über den Rekurs der Beklagten vom 31. Juli 2025 vor.
1. Der Rekurs ist ohne inhaltliche Behandlung zurückzuweisen .
2. Ergebnis der amtswegig durchgeführten Erhebungen ist, dass die Beklagte im gegenständlichen Verfahren – insbesondere auch im Zeitraum zwischen Zustellung des Zahlungsbefehls (22. April 2025) und der Erlassung des angefochtenen Beschlusses (12. Juli 2025) – keinen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe bei Gericht eingebracht hat. Die Beklagte konnte nicht bescheinigen, dass sie das Schreiben vom 20. Mai 2025 (ON 9) beim Landesgericht Klagenfurt (per Fax) zu ** eingebracht hätte. Die „eidesstättige Erklärung“ des Geschäftsführers der Beklagten, den Antrag per Fax übermittelt zu haben, stellt nach Auffassung des Rekursgerichtes eine bloße Schutzbehauptung dar, die insbesondere durch die Auskunft der Einlaufstelle des Landesgerichtes Klagenfurt widerlegt ist.
3. Mangels Antrags auf Beigebung eines Rechtsanwalts trat im gegenständlichen Verfahren keine Unterbrechung des Laufs der Fristen – für die Erhebung des Einspruchs gegen den Zahlungsbefehl bzw zur Erhebung des Rekurses gegen den angefochtenen Beschluss – iSd § 521 Abs 3 ZPO iVm § 464 Abs 3 ZPO ein. Damit wurde auch das rechtliche Gehör der Beklagten nicht verletzt (RS0109486).
4. Schriftliche Rekurse, wie der vorliegende Rekurs der Beklagten gegen die Zurückweisung eines Einspruchs gegen den Zahlungsbefehl, müssen anwaltlich gefertigt sein, soweit nicht Ausnahmen eingreifen. Das Erfordernis, Rekurse durch einen Rechtsanwalt als Vertreter einbringen zu müssen, bezweckt die allenfalls gebotene Rechtsbelehrung einer rechtsunkundigen Partei. Es sollen aber auch unzweckmäßige und nicht formgerechte Rekurse vermieden werden ( Sloboda in Fasching/Konecny 3 IV/1 § 520 ZPO [Stand 1.9.2019, rdb.at] Rz 5f). Eine Ausnahme von der Anwaltspflicht (zB Beschluss über die Verfahrenshilfe) liegt hier nicht vor. Bei Fehlen der gebotenen Anwaltsunterschrift hat das Erstgericht im Regelfall einen befristeten Verbesserungsauftrag zu erteilen ( Sloboda aaO § 520 ZPO Rz 29; Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO 5 §§ 84-85 Rz 17/1). Entspricht der Rechtsmittelwerber dem ihm erteilten Verbesserungsauftrag nicht, ist – aus Gründen der Rechtssicherheit – der Rekurs ausdrücklich zurückzuweisen (RS0115805; 4 Ob 125/20s; 5 Ob 153/23w).
5. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte ihren schriftlichen Rekurs vom 31. Juli 2025 (ON 8) ohne Anwaltsunterschrift eingebracht. Trotz Verbesserungsauftrags des Erstgerichtes vom 2. August 2025 (ON 11), den Rekurs binnen 14 Tagen durch einen Rechtsanwalt zu unterfertigen, hat die Beklagte ihren Rekurs nicht verbessert. Mit ihrer Eingabe vom 20. August 2025 (ON 13) hat sie auch keinen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und Beigebung eines Rechtsanwalts gestellt.
Der Rekurs der Beklagten war daher spruchgemäß (ohne weitere inhaltliche Behandlung) zurückzuweisen.
6. Die Kostenentscheidung im vorliegenden zweiseitigen Rekursverfahren (vgl 9 Ob 23/10p) gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat der Klägerin ihre tarifmäßig richtig verzeichneten Kosten der Rekursbeantwortung (ON 16), in der auf die absolute Anwaltspflicht hingewiesen wird, und der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Äußerung (ON 23), das sind insgesamt EUR 2.828,28 (darin enthalten EUR 471,38 USt), zu ersetzen.
7. Der ordentliche Revisionsrekurs war nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen erheblicher Bedeutung iSd § 528 ZPO nicht zu entscheiden waren (vgl 6 Ob 188/06z; 9 Ob 23/10p).
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