Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Mag a . Fabsits als Vorsitzende, die Richterin Dr. in Meier, den Richter Mag. Schweiger sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Zaponig (Arbeitgeber) und Zimmermann (Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch die Gheneff-Rami-Sommer Rechtsanwälte GmbH Co KG in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagten Parteien 1 . B* GmbH , FN ** und 2. C* , beide **, beide vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wegen EUR 2.500,00 s.A. (Berufungsinteresse EUR 2.000,00), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 17. Februar 2025, **-18, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 731,90 (darin enthalten EUR 121,98 an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Die Revision ist nichtnach § 502 Abs 1 ZPO zulässig .
Entscheidungsgründe:
Der Zweitbeklagte ist der [Allein-]Geschäftsführer der Erstbeklagten. Die Erstbeklagte verfügt über Geschäftsräumlichkeiten in ** und in **.
Die Klägerin bewarb sich schriftlich auf ein ihr vom AMS zur Kenntnis gebrachtes Stelleninserat der Erstbeklagten. Der Zweitbeklagte rief sie an und lud sie für denselben Tag [20. August 2024; Beilage ./1, Seite 2] zu einem Bewerbungsgespräch ein. Bereits bei diesem Telefonat bot der Zweitbeklagte, der mit all seinen Mitarbeitern per Du ist, auch der Klägerin das Du-Wort an.
Das Vorstellungsgespräch fand in den Geschäftsräumlichkeiten der Erstbeklagten in ** statt. Bei dem etwa zweistündigen Gespräch herrschte eine entspannte Atmosphäre, die Klägerin und der Zweitbeklagte duzten einander. Der Zweitbeklagte sagte der Klägerin, dass er von ihrem Bewerbungsschreiben und ihren Qualifikationen begeistert sei und erzählte von seinem Werdegang, seiner Familie und seinen Immobilien. Am Ende des Gesprächs forderte er die Klägerin auf, ihm ihren Versicherungsdatenauszug zu schicken; danach werde über die Entlohnung gesprochen werden. [F 1] Es kann nicht festgestellt werden, dass der Zweitbeklagte die Klägerin im Zuge der Verabschiedung für eine längere Zeit umarmte und dabei ihre nackten Oberarme streichelte.
Kurz darauf wurde der Klägerin von ihrem vormaligen Arbeitgeber die Begründung eines Arbeitsverhältnisses im Ausmaß von 30 Wochenstunden zu einem Monatslohn von EUR 1.700,00 [netto] angeboten. Die Klägerin entschied sich dafür, dieses Angebot anzunehmen. Als sie den Zweitbeklagten anrief, um ihn davon in Kenntnis zu setzen, überredete sie dieser, zu ihm zu kommen, um sich das Angebot der Erstbeklagten anzuhören.
Bei diesem Gespräch bot der Zweitbeklagte der Klägerin an, ihr ebenso EUR 1.700,00 [netto] monatlich zu bezahlen und sie darüber hinaus in ** anzumelden, sodass sie das große Pendlerpauschale erhalten würde. Die Klägerin war mit einer Anmeldung in ** nicht einverstanden und schlug das Angebot letztlich aus. Daraufhin kontaktierte der Zweitbeklagte die Klägerin neuerlich und bot ihr ein Nettogehalt von EUR 1.800,00 an. Die Klägerin verlangte ein monatliches Nettogehalt von EUR 2.000,00. Letztlich einigten sich der Zweitbeklagte und die Klägerin auf ein monatliches Nettogehalt von EUR 1.900,00. Sie vereinbarten, dass die Klägerin am 2. September 2024 um 8.00 Uhr zu arbeiten beginnen werde; der Dienstvertrag solle bei Arbeitsbeginn unterschrieben werden.
Am 29. August 2024 veranstaltete der Zweitbeklagte ein Mitarbeiteressen, um der Klägerin ihre künftigen Arbeitskollegen vorzustellen. Er bot der Klägerin an, sie abzuholen und zum Gasthaus mitzunehmen. Auch die Gattin des Zweitbeklagten sollte - wie auch sonst gelegentlich - an dem Mitarbeiteressen teilnehmen. Da sie aber verhindert war, holte der Zweitbeklagte die Klägerin alleine ab. Die Klägerin störte sich daran, sagte aber nichts und fuhr mit dem Kläger gemeinsam zum Gasthaus. Bei der Fahrt sprach der Zweitbeklagte hauptsächlich über sein Auto und die MotoGP. [F 2] Es kann nicht festgestellt werden, dass der Zweitbeklagte die Klägerin im Zuge dieser Fahrt am Oberschenkel berührte. Bei dem Mitarbeiteressen waren alle Mitarbeiter anwesend. Danach brachte der Zweitbeklagte die Klägerin wieder nach Hause und verabschiedete sich von ihr, wobei er ihr die Hand schüttelte.
Der Zweitbeklagte ist ein offener Mensch, der seine Mitarbeiter gelegentlich umarmt. Auch nach dem Mitarbeiteressen verabschiedete er sich von einem neuen Arbeitnehmer, indem er ihn umarmte.
In der Folge beschloss die Klägerin, den Dienst nicht wie vereinbart am 2. September 2024 anzutreten, da sie ein schlechtes Gefühl hatte. Sie teilte diesen Entschluss dem Kläger mittels einer Sprachnachricht mit. Der Zweitbeklagte war darüber schockiert.
Mit Mahnklage vom 27. September 2024 begehrte die Klägerin vom Beklagten die Zahlung eines Schadenersatzes von EUR 2.500,00 samt 13,08 % Zinsen jährlich ab 2. September 2024 wegen sexueller Belästigung durch „Umarmen und Streichen 1.000.-; Oberschenkel 1.000.-; „ertäuschtes Date“ 500,00.-“. Die Erstbeklagte habe durch ihren Geschäftsführer, den Zweitbeklagten, eine Mitarbeiterin für den Standort in ** gesucht. Aus unredlichen, persönlichen und entwürdigenden Interessen hätten „die Beklagten“ das ihr angebotene Gehalt von EUR 1.700,0 auf EUR 1.800,00 und nach telefonischer Absage mit den Worten: „Ich will dich unbedingt haben“, auf EUR 1.900,00 erhöht. Aufgrund des finanziell lukrativen Angebots habe sie trotz des unangemessenen Verhaltens des „Beklagten“ und im Glauben, dass es nur eine Ausnahme gewesen sei, zugesagt, sodass am Donnerstag, den 29. August 2024 ein Mitarbeiteressen stattgefunden habe. Sie habe der Abholung durch den Zweitbeklagten, der sie am Ende des eineinhalbstündigen Bewerbungsgesprächs vom 28. August 2024 mehr als sechs Sekunden lang umarmt und danach mit den Handinnenflächen ihre nackten Oberarme mehrfach „von oben nach unten strichen“ habe, zugestimmt, weil er ihr „vorgegaukelt“ habe, dass auch seine Ehegattin mitfahren würde. Tatsächlich sei er alleine gekommen und habe sich darauf hinausgeredet, dass seine Gattin keine Zeit hätte. Auf der Hinfahrt habe er ihr im Pkw mit der rechten Handfläche über den linken Oberschenkel gestrichen und sie damit abermals entwürdigt und sexuell belästigt. Sie sei „in dieser Situation gefangen“ gewesen und habe nicht mehr richtig reagieren können. Das Mitarbeiteressen habe sie dann als ein „Date“ empfunden, zu dem der Zweitbeklagte vorsorglich und „alibimäßig“ die anderen Mitarbeiter hinzugezogen habe, um das Treffen überhaupt möglich zu machen. Sie habe dies als sehr unangenehm und herabwürdigend empfunden. Umso größer sei die Belastung gewesen, als die Ehegattin des Zweitbeklagte angerufen habe; diese habe gar nicht gewusst habe, wo sich der Zweitbeklagte aufgehalten habe. Das Mitarbeiteressen sei also faktisch ein „ertäuschtes Date“ und „wohl“ eine weitere sexuelle Belästigung „im Sinne der […] Gesetzeslage“ gewesen. Die „Hinweise“ des Zweitbeklagten, dass er nichts gegen eine Scheidung hätte, weil sein Vermögen „in seinen Unternehmen“ wäre und dass er immer das Gegenteil von dem mache, was ihm seine Gattin rate, sowie die „Darstellung“ seines Vermögens hätten seine geschmacklosen Annäherungen und sexuellen Belästigungen „abgerundet“. Nachdem sie sich wegen der „Gesamtheit der sexuellen Belästigungen“ ihrer Mutter und ihrer Schwägerin anvertraut habe und diese ihr „aus der leicht gelähmten Opferstellung die Augen [ge]öffnet“ hätten, habe sie das bereits mündlich vereinbarte und damit zustande gekommene Dienstverhältnis vorzeitig beendet und nicht angetreten. Im Gegensatz zu anderen schweigenden Opfern habe sie einen Weg gefunden, „solch perfides Verhalten“ durch Ausnützen einer „Arbeitgebervormachtstellung“ nicht zu dulden und darüber nicht zu schweigen. Für die dargestellten „zumindest 2 wenn nicht 3“ sexuellen Belästigungen hafteten der Zweitbeklagte als Belästiger und die Erstbeklagte als Beschäftiger „unter anderem“ nach § 6 GlBG .
Die Beklagtenbeantragten Klagsabweisung. Ein Dienstverhältnis sei nicht zustande gekommen, sodass die Bestimmungen des GlBG nicht anzuwenden seien. Die Erstbeklagte sei als Beschäftigerin „auszuschließen“ und das Klagebegehren ihr gegenüber schon aus diesem Grund abzuweisen. Die behaupteten „Bedrängungen“ hätten nicht stattgefunden. Der Zweitbeklagte habe sich der Klägerin nicht ungebührlich genähert. Das [erste] Vorstellungsgespräch habe wegen des „geringeren Kundenansturms“ nach der „offiziellen“ Schließzeit des Betriebs, aber in dem durch die Auslagenscheiben einsichtigen Schauraum der Erstbeklagten in einem mit einem Tisch und Sesseln ausgestatteten Wartebereich stattgefunden. Der Zweitbeklagte, dessen Wohnhaus sich 20 Meter gegenüber befinde, wäre nicht so „dumm“ gewesen, unter diesen Umständen einer „potentiellen neuen Dienstnehmerin“ über die unbedeckten Arme zu streichen. Auch der Griff auf den Oberschenkel der Klägerin während der Fahrt zum Mitarbeiteressen werde „ausdrücklich“ bestritten. Das Fahrzeug des Zweitbeklagten sei mit einem automatischen Getriebe ausgestattet, sodass keine Notwendigkeit bestehe, sich „über die Mittelkonsole hinaus zu bewegen“.
Mit dem angefochtenen Urteil weist das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es trifft die eingangs wiedergegebenen – soweit bekämpft kursivgesetzten – Tatsachenfeststellungen, würdigt die aufgenommene Beweise und führt rechtlich fallbezogen aus, dass auch Belästigungshandlungen vor Beginn des Arbeitsverhältnisses von § 6 GlBG erfasst seien und eine juristische Person oder Personengesellschaft als Arbeitgeber für eine sexuelle Belästigung im Sinne des § 6 Abs 1 Z 1 GlBG hafte, wenn der Belästiger kraft seiner Befugnisse und seiner Stellung gegenüber den anderen Dienstnehmern als selbständiger Geschäftsführer und berufener Stellvertreter anzusehen sei. Der Klägerin sei es aber nicht gelungen, glaubhaft zu machen - § 12 Abs 12 GlBG statuiere die Beweiserleichterung einer Glaubhaftmachung - , dass der Zweitbeklagte die behaupteten sexuellen Belästigungen begangen habe. Das Klagebegehren sei demgemäß abzuweisen gewesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin aus dem (einzigen) Grund der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung mit dem Abänderungsantrag, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, ihr EUR 2.000,00 samt 13,08 % Zinsen jährlich seit 29. [gemeint wohl: 2.] September 2024 zu bezahlen und Kostenersatz zu leisten.
Die Beklagten beantragen, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung, über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden konnte, ist nicht berechtigt .
1.1 Der Kläger bekämpft die Feststellung [F 1] und begehrt ersatzweise festzustellen, [EF 1] „ dass der Zweitbeklagte die Klägerin im Zuge der Verabschiedung beim Vorstellungsgespräch gegen Ende August 2024 umarmt und mit seinen Handinnenflächen an ihren beiden Oberarmen auf- und abgestrichen hat und sie ein kurzes Tanktop anhatte, also die Oberarme nackt waren. “ Die Ansicht des Erstgerichts, dass sie von der angekündigten Umarmung nicht überrascht sein hätte können, sei nicht lebensnah, denn auch eine nach einem ersten Bewerbungsgespräch angekündigte Umarmung sei überraschend, und zwar insbesondere dann, wenn die nackten Oberarme gestreichelt würden. Dass sie, wie vom Erstgericht festgehalten, den Kläger als sympathisch bezeichnet und die Atmosphäre als entspannt beschrieben habe, könne daran nichts ändern. Maßgeblich sei, dass sie selbst lebensnah und nachvollziehbar angegeben habe, dass sie vom Kläger umarmt worden sei und dass er mit den Händen an ihren nackten Oberarmen „auf- und abgestrichen“ habe. Es gebe keinen Grund, warum sie nicht die Wahrheit gesagt haben solle. Der „einzig lebensnahe“ Grund dafür, das in Summe um EUR 300,00 netto monatlich höhere Angebot der Erstbeklagten abzulehnen, könne nur in den sexuellen Belästigungen des Zweitbeklagten gelegen sein. Dieser habe hingegen „lebensnah erhebliche“ Gründe, die Unwahrheit zu sagen; er sei verheiratet, eine gerichtliche Bestätigung der „erniedrigenden und sexuellen Belästigungen“ wäre ein „Scheidungs- und Konfliktgrund“ mit seiner Ehegattin sowie ein Problem für die weitere Mitarbeitersuche. Ihre Mutter habe sich mit ihr nicht abgesprochen und „die Sache“ mit eigenen Worten dargestellt und bestätigt. Gegen die Wahrheitstreue des Klägers spreche auch, dass er ihr rechtswidrig angeboten habe, sie in ** arbeiten zu lassen, aber in ** anzumelden, damit sie das große Pendlerpauschale bekäme. Auch seine Aussage, dass sie von sich aus EUR 1.800,00 verlangt habe, sei eine Lüge; tatsächlich hätten ihr die Beklagten diesen Lohn angeboten. Überhaupt wirke die „Schutzbehauptung“ des Zweitbeklagten vor Gericht konstruiert. Es sei daher ihr als Opfer Glauben zu schenken. Die begehrte Feststellung sei entscheidungswesentlich, da sie eine sexuelle Belästigung „[darstelle] und die dafür geltend gemachten 1.000.- [rechtfertige]“.
1.2 Die Beklagten treten diesen Ausführungen entgegen und verweisen insbesondere darauf, dass die Klägerin ihrer Mutter nach dem ersten Bewerbungsgespräch nichts von einer Berührung durch den Zweitbeklagten erzählt habe. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Mutter der Klägerin nach eigenen Angaben nicht nachgefragt habe, wie der Zweitbeklagte die Klägerin unsittlich berührt habe und dazu auch keine konkreten Aussagen habe machen können. Es sei aber auszuschließen, dass die Klägerin ihrer Mutter, falls ein „derartiger völlig ungeheuerlicher Vorfall“ stattgefunden hätte, nicht genau erzählt hätte, welche Berührungen wo stattgefunden hätten und davon nicht genau berichten hätte könne. Auch die exakte Zeitangabe von „mehr als sechs Sekunden lang“ sei nicht nachvollziehbar, da ja die Klägerin angeblich völlig überrascht und auch beschämt gewesen sei. Die von der Klägerin ins Treffen geführten persönlichen Gründe des Zweitbeklagten, die Berührung zu leugnen, seien Gründe dafür, das ihm vorgeworfene Verhalten zu unterlassen. Der Vorwurf der Lüge bezüglich des angebotenen Gehalts sei unzutreffend, habe der Zweitbeklagte doch vor Gericht dieses Angebot bestätigt und angegeben, dass er damit der Forderung der Klägerin nach einem höheren Gehalt entsprechen habe wollen.
1.3Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass die Tatsacheninstanz sich für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen aufgrund ihrer Überzeugung, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, entscheidet. Sie hat die Gründe insoweit auszuführen, dass ihnen entnommen werden kann, aus welchen Erwägungen sie diese Überzeugung gewonnen hat (RS0043175). Dementsprechend hat das Berufungsgericht die Beweiswürdigung bei der Behandlung der Beweisrüge nur darauf zu überprüfen hat, ob das Erstgericht die ihm vorgelegenen Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat, nicht aber, ob die Feststellungen des Erstgerichts mit der objektiven Wirklichkeit übereinstimmen ( A. Kodekin Rechberger/Klicka, ZPO 5§ 482 ZPO Rz 6). Eine Beweisrüge kann nur erfolgreich sein, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an der Beweiswürdigung des Erstgerichts rechtfertigen. Allein der Umstand, dass aus den vorliegenden Beweisergebnissen ohne Verstoß gegen die Denkgesetze und Erfahrungssätze auch andere Feststellungen getroffen werden könnten, ohne dass solche Feststellungen eine bedeutend höhere innere Wahrscheinlichkeit für sich hätten als die vom Erstgericht gertroffenen, bildet keinen Grund, die Beweiswürdigung des Erstgerichts anzuzweifeln. Die Beweisrüge kann nur erfolgreich sein, wenn stichhaltige Gründe ins Treffen geführt werden, die erhebliche Zweifel an der Beweiswürdigung des Erstgerichts rechtfertigen ( Klauser/Kodek, JN- ZPO 18, § 467 ZPO E 40/1, 40/3).
1.4An der Rechtserheblichkeit der ersatzweise begehrten Feststellungen besteht kein Zweifel, da nur dann der von der Klägerin angezogene Tatbestand der sexuellen Belästigung nach § 6 Abs 2 GlBG erfüllt sein und ein Anspruch auf Schadenersatz nach § 12 Abs 11 GlBG bestehen könnte.
1.5 Das Erstgericht hat die bekämpften Negativfeststellungen auf Grundlage der Ergebnisse des von ihm durchgeführten Beweisverfahrens getroffen und abschließend damit begründet, dass die Darstellung der Klägerin „mangels weiterer bezughabender Beweisergebnisse“ nicht ausreiche, um die für eine [positive] Feststellung erforderliche überwiegende Wahrscheinlichkeit herzustellen. Seine Zweifel an der Darstellung der Klägerin, dass sie vom Zweitbeklagten zu Ende des ersten Vorstellungsgesprächs „sehr lange“, nämlich „sechs Sekunden lang“, umarmt worden sei und der Zweitbeklagte „mit seinen Handinnenflächen an [ihren] Oberarmen auf- und abgestrichen [habe], wobei die Oberarme nackt gewesen seien“ (ON 8, Seiten 6 und 13), hat es damit begründet, dass das Vorstellungsgespräch nach Angaben der Klägerin in entspannter Atmosphäre stattgefunden habe, der Zweitbeklagte der Klägerin sympathisch gewesen und die behauptete Überraschung nicht nachvollziehbar sei, weil der Zweitbeklagte die Umarmung angekündigt habe. Die Klägerin hält dem entgegen, dass auch angekündigte Umarmungen überraschen könnten und führt etliche Gründe ins Treffen, weshalb ihren Angaben zu folgen und dem Kläger, der die Umarmung bestritten habe (siehe ON 8, Seite 18), kein Glauben zu schenken sei. Auch wenn dem Argument der Klägerin im Allgemeinen nicht widersprochen werden kann, liegen doch Beweisergebnisse vor, die erhebliche Zweifel an der Richtigkeit ihrer Darstellung begründen und die Erwägung des Erstgerichts stützen.
1.6 Die Klägerin hat angegeben, dass sie durch die sehr lange Umarmung und die Berührung ihrer nackten Oberarme nicht nur überrascht, sondern sogar in eine „Schockstarre“ versetzt worden sei (ON 8, Seiten 6 f). Eine Schock- oder Angststarre (auch defensive immobility oder freezing-like behaviour) ist ein insbesondere durch Gefahren- und Stresssituationen hervorgerufener Zustand mit erheblichen körperlichen Auswirkungen. Gegen eine solche Reaktion der Klägerin auf ein unangemessenes Verhalten des Zweitbeklagten spricht insbesondere, dass sie ihrer Mutter nach den Bewerbungsgesprächen nicht nur nicht erzählte, dass sie vom Zweitbeklagten berührt worden sei, sondern dass sie vielmehr „euphorisch“ war (Zeugin D* in ON 15, Seite 5). Die Zeugin hat weiter angegeben, dass ihr die Klägerin erst nach Ablehnung des Angebots der Beklagten über Befragen von unsittlichen Berührungen „am Bein, oder so“ erzählt habe; sie habe nicht nachgefragt und wisse nicht mehr, ob der Zweitbeklagte die Klägerin auch an anderen Stellen berührt habe. Von einer Umarmung, einem Hinauf- und Hinabstreichen mit den Händen an den oder gar einem Streicheln der nackten Oberarme wusste die Zeugin nichts zu berichten. Dazu kommt, dass sich auch aus den zwischen der Klägerin und dem Zweitbeklagten vom 20. August bis zum 2. September 2024 gewechselten Text- und Sprachnachrichten (Beilage ./1) - mit Ausnahme der auf Seite 12 des Protokolls der Tagsatzung vom 2. Dezember 2024 (ON 8) transkribierten Sprachnachricht der Klägerin vom 1. September 2024 - kein Hinweis auf eine Dysphorie oder Missstimmung der Klägerin gegenüber dem Zweitbeklagten ergibt. Vielmehr geht aus ihrer Antwort vom 22. August 2024 auf eine Mitteilung des Zweitklägers, dass noch ein kurzes Treffen erforderlich wäre, die von ihrer Mutter geschilderte Euphorie hervor („Hi C*, alles fit, danke. Hoffe bei dir auch! Spitze. Ginge bei dir morgen Nachmittag?“). Eine negative Reaktion auf ein unangenehmes, herabwürdigendes, die sexuelle Sphäre berührendes Verhalten des Zweitbeklagten wird auch in der ersten Sprachnachricht der Klägerin vom 28. August 2024 (Beilage ./2) nicht artikuliert („[…] von dem her muss i leider sogen das des Angebot in ** afoch attraktiver ist, obwohl du menschlich- also bin die sehr dankbar. hot mi ah jedes Mal gfreut dich zu sehen […]). Bemerkenswert ist weiters, dass nicht einmal in der Sprachnachricht der Klägerin vom 1. September 2024 davon die Rede ist, dass der Zweitbeklagte mit den Händen die nackten Oberarme der Klägerin berührt habe; dort wird ihm nur eine „längere Umarmung nach dem Bewerbungsgespräch“ vorgeworfen. Im Übrigen erweist sich das Argument der Klägerin, dass sie nur aufgrund der sexuellen Belästigungen des Zweitbeklagten das in Summe um EUR 300,00 netto monatlich höhere Angebot der Erstbeklagten abgelehnt habe, nicht als überzeugend, da die Aufzahlung ja nur zur Abgeltung der von der Klägerin kalkulierten höheren Fahrtkosten zu einem Arbeitsplatz in ** oder ** dienen sollte (vgl Beilage ./2, zweite Sprachnachricht).
1.7Somit ist dem Erstgericht darin beizupflichten, dass die Darstellung der Klägerin, der Zweitbeklagte habe sie durch Umarmen und Berühren der nackten Oberarme sexuell belästigt, durch andere Beweisergebnisse nicht in dem Ausmaß gestützt wird, dass sie als überwiegend wahrscheinlich iSd § 12 Abs 12 GlBG ( Windisch-Graetz in Neumayr/Reissner, Zellkomm³ § 12 GlbG Rz 16 [Stand 1.1.2018]) zu beurteilen wäre.
2.1 Anstatt der Feststellung [F 2] soll festgestellt werden, [EF 2] „dass der Zweitbeklagte der Klägerin mit seiner rechten Hand auf ihren linken Oberschenkel gegriffen und seine Hand dort etwa 2 Sekunden gelegt hat.“ Die Klägerin meint, dass diese Feststellung aufgrund ihrer lebensnahen und nachvollziehbaren Schilderung sowie der bereits zur begehrten Ersatzfeststellung [EF 1] angeführten Gründe zu treffen sei. Für sie gebe es keinen, für den Zweitbeklagten hingegen erhebliche Gründe, nicht die Wahrheit zu sagen.
2.2 Die Beklagten verweisen wiederum und vor allem auf die Aussagen und das Aussageverhalten der Mutter der Klägerin.
2.3 Das Erstgericht hat diese Feststellung speziell damit begründet, dass der Zweitbeklagte einen durchwegs glaubwürdigen und ehrlichen Eindruck gemacht und die Mutter der Klägerin, der von den angeblichen Handlungen erzählt worden sei, auch auf konkrete Fragen nur sehr ausweichend („mit Betatschen oder so“; „am Bein, oder so“) geantwortet habe.
2.4 Die Beweisrüge kann auch in diesem Punkt keine erheblichen Zweifel an der Beweiswürdigung des Erstgerichts erwecken, zumal bei der Beweiswürdigung gerade der persönliche Eindruck, den der Richter/die Richterin von den vernommenen Parteien und Zeugen gewinnt, durchaus ausschlaggebend sein kann (vgl Klauser/KodekaaO § 272 ZPO E 24/3). Dieser Eindruck kann vom Berufungsgericht anhand der aktenkundigen Beweisergebnisse nicht in Frage gestellt werden. Aktenkundig und daher nachvollziehbar ist aber, dass die Aussagen der Mutter der Klägerin trotz konkreter Fragen unpräzise geblieben sind und mit der Darstellung der Klägerin nicht in Einklang stehen. Diese hat ausgesagt, dass sie sich wegen eines im Hinblick auf den bevorstehenden Arbeitsantritt bestehenden schlechten Gefühls am Wochenende (gemeint: 30. August und 1. September 2024) ihrer Mutter anvertraut und die Situation geschildert habe. Als jene daraufhin geäußert habe: „Wenn du dort anfängst, dann prostituierst du dich“, habe sie sich entschieden, „nicht zur Arbeit zu fahren“, also die Arbeit nicht anzutreten (ON 8, Seite 11). Die Mutter der Klägerin hat dagegen angegeben, dass sie zuerst von der Klägerin erfahren habe, dass diese sich doch für den anderen Arbeitgeber entschieden habe, und dass ihr die Klägerin erst auf Nachfragen, warum sie das Angebot des Zweitbeklagten nicht angenommen habe, von den unsittlichen Berührungen erzählt habe; sie habe aber diesbezüglich nicht nachgefragt. Diese Unstimmigkeiten stützen die Ansicht des Erstgerichts, dass der Klägerin die Glaubhaftmachung eines einen Schadenersatzanspruch wegen sexueller Belästigung nach § 6 GlBG begründeten Verhaltens des Zweitklägers nicht gelungen ist.
3. Damit versagt die Berufung.
4.Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die § 52 Abs 1 iVm § 41 ZPO (iVm § 2 Abs 1 ASGG). Die auch im Berufungsverfahren vollständig unterlegene Klägerin hat den Beklagten die tarifgemäß verzeichneten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
5.Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO abhängt.
Rückverweise
Keine Verweise gefunden