Das Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch die Senatspräsidentin Mag a . Fabsits als Vorsitzende, die Richterin Dr in . Meier und den Richter Mag. Schweiger sowie die fachkundigen Laienrichter Färber (Arbeitgeber) und Zimmermann (Arbeitnehmer) als weitere Senatsmitglieder in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch die Klein, Wuntschek Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei B* Aktiengesellschaft , **, vertreten durch die ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Entlassungsanfechtung, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 15. Mai 2025, **-13, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Revision ist nichtnach § 502 Abs 1 ZPO zulässig .
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war seit 1. März 1997 bei der Beklagten im vollen Beschäftigungsausmaß als Angestellter, zuletzt in der Funktion eines Direktors im Außendienst, beschäftigt.
Am Abend des 19. Dezember 2024 fand bei der Beklagten eine Weihnachtsfeier statt, an der unter anderem der Kläger teilnahm. Am 20. Dezember 2024 wurde ihm gegenüber die Entlassung ausgesprochen.
Der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat hatte im Dezember 2024 elf ständige Mitglieder, nämlich C* (Vorsitzende), D*, E*, F*, G*, H*, I*, J*, K*, L* und M* sowie die erforderliche Anzahl an Ersatzmitgliedern.
Am 20. Dezember 2024 um 07.30 Uhr kontaktierte die Leiterin der Personalabteilung, Mag a . N*, die Betriebsratsvorsitzende C* telefonisch darüber, dass es am Abend des Vortags bei einer Weihnachtsfeier einen Vorfall gegeben habe, bei dem der Kläger eine Sittlichkeitsverletzung und Ehrenbeleidigung begangen habe, weshalb im Raum stehe, arbeitsrechtliche Konsequenzen zu ergreifen. Der Vorstand und der Vorgesetzte des Klägers seien von den Geschehnissen des Vorabends bereits in Kenntnis gesetzt worden. N* lud C* daher ein, in ihrer Funktion als Betriebsratsvorsitzende an einem Gespräch mit dem Kläger, das in etwa einer Stunde stattfinden werde, teilzunehmen. Nach diesem Telefonat mit C* kontaktierte N* den Vorgesetzten des Klägers und ersuchte ihn, den Kläger ins Personalbüro einzubestellen. Danach telefonierte sie mit jener Mitarbeiterin, die vom Verhalten des Klägers bei der Weihnachtsfeier am Vorabend ebenfalls betroffen gewesen war und ließ sich den Vorfall detailliert schildern. Danach kontaktierte sie den Vorstand O*, um mit ihm Rücksprache zu halten. Im Zuge dieses Gesprächs fassten die beiden gemeinsam den Entschluss, dem Kläger gegenüber wegen seines Verhaltens am Vorabend bei der Weihnachtsfeier die Entlassung auszusprechen.
Obwohl sich C* im Urlaub befunden hat, brach sie diesen ab und begab sich sofort ins Betriebsgebäude der Beklagten, wo sie gegen 08.00 Uhr ankam. Sie ging ins Personalbüro, wo ihr N* den von ihr erhobenen Sachverhalt dahingehend schilderte, dass der Kläger am Vorabend zwei Frauen (darunter N* selbst) unsittlich berührt und er N* sodann den „Mittelfinger“ gezeigt habe.
Danach (es war mittlerweile rund 08.45 Uhr bis 09.00 Uhr) kamen der Kläger und sein Vorgesetzter P* hinzu. N* informierte auch den Kläger darüber, dass er nach den durchgeführten Erhebungen nicht nur sie selbst unsittlich berührt habe, sondern auch eine weitere Mitarbeiterin und sodann N* noch den „Mittelfinger“ gezeigt habe. Wegen dieses Verhaltens sei - unter Einbindung des Vorstands - entschieden worden, ihn zu entlassen. Der Kläger erhielt daraufhin die Möglichkeit, zu diesen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Er reagierte zwar emotional und aufgeregt, stritt aber die ihm vorgeworfenen Handlungen nicht ab, sondern fragte, was „das große Problem“ sei und ob er wirklich „wegen dem“ entlassen werde. Das sei ja alles nicht so dramatisch, sondern habe sich ja im Rahmen einer Feier ereignet. Als N* bejahte, dass diese Vorfälle der Grund für seine Entlassung seien, entschuldigte sich der Kläger bei ihr. N* nahm dies zur Kenntnis, erwiderte jedoch, dass diese Entschuldigung nichts an der Entlassung ändere. Der Kläger fragte sodann noch, ob er die Möglichkeit erhalten würde, sich bei der betroffenen anderen Kollegin zu entschuldigen, worauf N* erwiderte, dass sie das nicht beurteilen könne, sondern zuvor mit dieser Kollegin Rücksprache halten müsse. In weiterer Folge übergab N* dem Kläger ein Schreiben mit dem Ausspruch der Entlassung, dessen Entgegennahme der Kläger mit seiner Unterschrift bestätigte.
Nach diesem Gespräch begab sich C* mit dem Kläger zurück ins Büro des Betriebsrats und unterhielt sich mit ihm nochmals über die von N* beim vorangegangenen Gespräch geschilderten Vorfälle vom 19. Dezember 2024 und die Entlassung. Der Kläger bat sie, den Vorstand zu kontaktieren, um die Zurücknahme der Entlassung zu erreichen, was C* auch tat, indem sie den Vertriebsvorstand anrief. Dieser teilte jedoch kurze Zeit später mit, der Vorstand lehne ein weiteres Gespräch mit dem Kläger ab, die Entlassung sei also endgültig.
Aufgrund des Umstands, dass C* als Betriebsratsvorsitzende um etwa 09.00 Uhr des 20. Dezember 2024 von der Entlassung Kenntnis erlangt hatte, war die Einberufung einer Betriebsratssitzung zum Zwecke einer Reaktion des Betriebsrats auf die ausgesprochene Entlassung erforderlich. Bei ihren Überlegungen für den Zeitpunkt dieser Sitzung bezog C* mit ein, dass der 20. Dezember 2024 ein Freitag war und die Weihnachtsfeiertage daher unmittelbar bevorstanden. Sie ging davon aus, dass, weil der 23. Dezember 2024 ein Montag, also ein „Zwickeltag“ war, viele Betriebsratsmitglieder an diesem Tag bereits auf Urlaub sein würden, weshalb sie befürchtete, die erforderliche Anzahl von Mitgliedern nach dem Wochenende nicht mehr erreichen zu können. Daher beschloss sie, die Sitzung wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit für 10.45 Uhr desselben Tags (20. Dezember 2024) anzuberaumen. Sie wies daher um ca 09.30 Uhr die im Büro des Betriebsrats tätige D* an, eine Betriebsratsversammlung einzuberufen. D* kontaktierte daraufhin die ständigen Betriebsratsmitglieder telefonisch, um sie zur Sitzung einzuladen. Von J*, K* und L* wusste sie, dass diese verhindert waren. J* war auf Karenzurlaub, K* hatte einen Urlaubstag eingetragen und L* hatte am Freitag keinen Arbeitstag. Diese drei Personen kontaktierte sie daher nicht. Alle übrigen Betriebsratsmitglieder rief sie an. Sie erreichte E*, H*, F* und G*. Sie informierte diese darüber, dass um 10.45 Uhr wegen einer erfolgten Entlassung eine außerordentliche Betriebsratssitzung stattfinden werde. Die Genannten sagten ihre Teilnahme zu, wobei F* und G* per ** teilnehmen würden, weil sie einen Telearbeitstag hatten. M* und I* erreichte D* nicht.
Vor der Sitzung beriet sich C* mit einem Sekretär der zuständigen Gewerkschaft (GPA), der darauf hinwies, dass Betriebsratsmitglieder nicht nur eine Verantwortung für den von der Entlassung betroffenen Mitarbeiter hätten, sondern auch gegenüber allen übrigen Mitarbeiter:innen der Beklagten. Man solle sich also gut überlegen, wie man abstimme.
Keines der Betriebsratsmitglieder sprach vor der Sitzung und der Abstimmung mit irgendeinem Verantwortlichen der Beklagten darüber, wie der Betriebsrat auf die Entlassung reagieren solle oder werde. Auch von Seiten der Beklagten erfolgten keinerlei Kontaktaufnahmen mit den Betriebsratsmitgliedern, um auf diese in irgendeiner Weise Einfluss zu nehmen.
An der Sitzung, die von 10.45 Uhr bis 11.00 Uhr dauerte, nahmen außer C* und D* noch E*, F*, G* und H* teil. C* informierte die Anwesenden zunächst über die Vorwürfe, die dem Kläger beim Entlassungsgespräch mitgeteilt worden waren, die Reaktion des Klägers darauf und den sodann erfolgten Ausspruch der Entlassung. Sie berichtete ihnen weiters davon, dass sie sich vor der Sitzung mit dem Gewerkschaftssekretär beraten habe, der darauf hingewiesen habe, dass der Betriebsrat nicht nur Verantwortung für den Kläger, sondern auch für alle übrigen 700 Mitarbeiter:innen der Beklagten habe. Die Angelegenheit wurde sodann von den Betriebsratsmitgliedern besprochen und diskutiert. Man war sich darüber einig, dass das geschilderte Verhalten des Klägers nicht tolerierbar sei. Danach wurde einstimmig der Beschluss gefasst, dass der Entlassung zugestimmt werde. Von diesem Ergebnis wurde N* mit E-Mail vom 20. Dezember 2024 im 12.22 Uhr informiert.
Die abwesenden (ständigen) Betriebsratsmitglieder (I*, J*, K*, L* und M*) wurden - wie dies im Betriebsrat der Beklagten üblich war - anlässlich der nächsten Betriebsratssitzung (deren Zeitpunkt nicht festgestellt werden kann) durch eine Aushändigung des Protokolls über den Inhalt der Sitzung informiert und bestätigten die Kenntnisnahme durch die Unterfertigung dieses Protokolls.
Mit seiner am 3. Jänner 2025 eingebrachten Klagebegehrt der Kläger die am 20. Dezember 2024 ausgesprochene Entlassung für rechtsunwirksam zu erklären. Begründend bringt er - soweit für das Berufungsverfahren relevant - vor, zuletzt monatlich rund EUR 4.000,00 netto (14mal jährlich) verdient zu haben. Der Betriebsrat habe innerhalb der in § 106 Abs 1 ArbVG genannten Frist von drei Arbeitstagen nach erfolgter Verständigung der Entlassung nicht ausdrücklich zugestimmt. Er sei daher anfechtungsberechtigt.
Er habe keinen Entlassungsgrund gesetzt. Die Entlassung sei daher im Sinne des § 106 Abs 2 ArbVG anfechtbar. Sie beeinträchtige wesentliche Interessen des Klägers und sei daher sozialwidrig.
Die Beklagte, und zwar durch die Verantwortliche „Personalchefin“ habe am 19. Dezember 2024 kurz vor 21.00 Uhr im Zuge einer Firmenweihnachtsfeier gegenüber dem Kläger behauptet, er habe eine nicht namentlich genannte weibliche Person sexuell belästigt („begrapschen am Gesäß“). Das Gespräch sei ermahnend, belehrend und verurteilend gewesen. Der Kläger sei trotz geklärter Sachlage nicht zum Verlassen der Weihnachtsfeier aufgefordert worden. Die Personalchefin Mag a . N* habe sein Verbleiben auf der Weihnachtsfeier akzeptiert und geduldet. Für den Kläger sei damit klar gewesen, dass mit der „Ermahnung“ die Angelegenheit aus Sicht der Dienstgeberin erledigt sei. Das Entlassungsrecht sei damit verfristet bzw verwirkt.
Dem Kläger sei nicht bekannt gewesen, dass der Betriebsrat der Entlassung zugestimmt habe. Aus dem Protokoll über die Betriebsratssitzung lasse sich nicht ableiten, wann die einzelnen Betriebratsmitglieder zur Sitzung eingeladen worden seien und ob die gemäß der BRGO erforderliche Frist von einem Tag eingehalten worden sei. Es lasse sich aus dem Protokoll auch nicht ableiten, wer Vorsitzender des Betriebsrats sei und aus wie vielen Mitgliedern dieser bestehe. Es sei daher auch nicht nachvollziehbar, ob die notwendigen Quoren erfüllt seien. Der Betriebsrat sei wegen Missachtung der Verständigungspflicht, Missachtung der Formvorschriften und der Dokumentationspflichten sowie der Nichterfüllung der notwendigen Quoren nicht beschlussfähig gewesen. Der Betriebsratsbeschluss, mit dem die Zustimmung zur Entlassung erteilt worden sei, sei daher nichtig.
Da sich die behaupteten Vorfälle am späten Abend des 19. Dezember 2024 ereignet hätten und die Betriebsratssitzung am Vormittag des Folgetags stattgefunden habe, sei davon auszugehen, dass die Betriebsratsmitglieder keinesfalls über alle Details informiert gewesen seien. Auch vor diesem Hintergrund liege kein rechtswirksamer Zustimmungsbeschluss des Betriebsrats vor.
Die Beklagte beantragt Klagsabweisung und wendet zusammengefasst ein, dass die Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit ausgeschlossen sei, weil der Betriebsrat bei seiner außerordentlichen Sitzung am 20. Dezember 2024 der Entlassung zugestimmt habe. Mag a . N* seien direkt auf der Weihnachtsfeier nur der Übergriff des Klägers auf sie selbst und der Vorfall mit einer weiteren Mitarbeiterin bekannt gewesen. Sie habe den Kläger zur Rede gestellt und aufgefordert, derartiges Verhalten zu unterlassen. Das stelle keinesfalls eine formelle „Ermahnung“ der Dienstgeberin dar, die der Kläger als Verzicht auf das Entlassungsrecht hätte werten können. Mag a . N* sei in derartigen Fällen auch nicht befugt, eine Entlassung ohne vorherige Befassung des Vorstands auszusprechen. Die Arbeitgeberin könne auf die Rechtswirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses vertrauen. Die Beklagte sei in die Beschlussfassung des Betriebsrats in keiner Weise involviert gewesen. Ein kollusives Zusammenwirken zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat liege nicht vor.
Mit dem angefochtenen Urteil weist das Erstgerichtdas Klagebegehren auf Grundlage des eingangs dargestellten und unstrittigen Sachverhalts ab. In rechtlicher Hinsicht vertritt es den Standpunkt, dass gemäß § 67 Abs 1 ArbVG die Mitglieder des Betriebsrats zu den Sitzungen rechtzeitig - das sei gemäß § 14 Abs 4 BRGO spätestens am Vortag - unter Bekanntgabe der Tagesordnung zu laden seien. Von der Verständigung am Vortag könne gemäß § 14 Abs 4 BRGO abgesehen werden, wenn besondere Gründe den sofortigen Zusammentritt des Betriebsrats erforderten. Die Dringlichkeit sei dabei von der einberufenden Person zu beurteilen. Der Verfahrensfehler einer mangelnden oder nicht rechtzeitigen Verständigung der Betriebsratsmitglieder sei gemäß § 14 Abs 6 BRGO saniert, wenn die nicht oder nicht rechtzeitig verständigten Mitglieder zur Sitzung des Betriebsrats tatsächlich erschienen seien und ihnen auch die Tagesordnung zur Kenntnis gebracht worden sei. Die Betriebsratsvorsitzende habe von der Entlassung des Klägers am 20. Dezember 2024 gegen 08.45 Uhr Kenntnis erlangt. Die Frist für eine allfällige Zustimmung zur Entlassung habe daher gemäß § 106 Abs 1 ArbVG am 23. Dezember 2024 geendet. Es könne als allgemein bekannte Tatsache vorausgesetzt werden, dass ab dem 24. Dezember 2024 viele Arbeitnehmer:innen Urlaub in Anspruch nähmen. Da der 23. Dezember 2024 ein Montag gewesen sei, sei die Annahme, dass viele Arbeitnehmer:innen auch diesen Tag als Urlaubstag nützen würden, gerechtfertigt gewesen. Vor diesem Hintergrund seien die Überlegungen der Betriebsratsvorsitzenden plausibel und gut nachvollziehbar gewesen. Aus einer ex ante Sicht habe in dieser Situation tatsächlich eine besondere Dringlichkeit bestanden, weil zu befürchten gewesen sei, dass für eine Sitzung am 23. Dezember 2024 keine ausreichende Anzahl von Betriebsratsmitgliedern zur Verfügung stehen könnte. Im Sinne des § 14 Abs 4 BRGO sei es daher nicht zu beanstanden, dass die Betriebsratssitzung noch für den 20. Dezember 2024 einberufen worden sei. Abgesehen davon sie dadurch, dass die verständigten Betriebsratsmitglieder auch zur Sitzung erschienen seien und ihnen dort die Tagesordnung zur Kenntnis gebracht worden sei, eine Sanierung eines allfälligen Verfahrensfehlers wegen nicht rechtzeitiger Verständigung gemäß § 14 Abs 6 BRGO eingetreten. Es habe sich kein Grund für die Annahme eines vom Kläger behaupteten kollusiven Zusammenwirkens zwischen Betriebsrat und Verantwortlichen der Beklagten ergeben.
Der Kläger könne die Entlassung wegen der vom Betriebsrat erteilten Zustimmung nicht wegen Sozialwidrigkeit anfechten. Es habe daher nicht geprüft werden müssen, ob das Verhalten des Klägers einen Entlassungsgrund dargestellt habe. Die Entlassung sei auch rechtzeitig erfolgt. Die Personalleiterin habe unverzüglich - am Tag nach den Vorfällen auf der Weihnachtsfeier - reagiert.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Da das Berufungsgericht die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils hingegen für zutreffend erachtet, reicht es aus, auf deren Richtigkeit hinzuweisen und sie - bezugnehmend auf die Argumentation des Berufungswerbers - nur wie folgt kurz zu ergänzen (§ 500a ZPO):
Der Kläger hält seinen Standpunkt aufrecht, dass keine besonderen Gründe vorgelegen seien, die den sofortigen Zusammentritt des Betriebsrats rechtfertigen hätten können. Gemäß § 14 Abs 4 BRGO hätten die Betriebsratsmitglieder mindestens einen Tag vor der Sitzung verständigt werden müssen. Der Kläger verneint das Vorliegen eines besonderen Grunds mit dem Argument, dass nach § 4a Abs 1 des anzuwendenden Kollektivvertrags für Angestellte der Versicherungsunternehmen Außendienst (in der Folge: KV) am 24. und 31. Dezember Arbeitsruhe gelte. Da die Entlassung am 20. Dezember 2024 ausgesprochen worden sei, hätte die Anfechtungsfrist frühestens mit 30. Dezember 2024 begonnen. Wenn man den 20. Dezember 2024 nicht in die dreitägige Frist des § 106 Abs 1 ArbVG hineinrechnen würde, hätte die Frist erst am 2. Jänner 2025 begonnen.
Die rechtliche Beurteilung, dass der Betriebsrat noch unbedingt vor Weihnachten einen Beschluss fassen hätte müssen, sei daher unrichtig. Aus Sicht des Klägers hätte es keinen besonderen Grund für einen sofortigen Zusammentritt des Betriebsrats gegeben. Vielmehr hätte das Verfahren nach § 14 Abs 4 BRGO eingehalten werden müssen. Daher sei von einer Nichtigkeit des Betriebsratsbeschlusses auszugehen. Der Kläger sei damit berechtigt, die Entlassung anzufechten.
Der Kläger rügt - unter Hinweis auf seine Ausführungen zum Fristbeginn - noch als sekundären Feststellungsmangel, dass es das Erstgericht unterlassen habe, festzustellen, dass auf das Dienstverhältnis des Klägers der Kollektivvertrag für Angestellte der Versicherungsunternehmen Außendienst Österreich zur Anwendung gelange.
Dem ist zu erwidern, dass nach § 43 Abs 3 ASGG der Inhalt kollektivrechtlicher Normen von Amts wegen zu ermitteln ist, wenn sich eine Partei auf sie beruft; dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren.
Hier hat sich der Kläger zwar auf den genannten Kollektivvertrag berufen, jedoch muss sich nach der Rechtsprechung eine Partei im Verfahren - und zwar in der Tatsacheninstanz (in der Regel also im erstinstanzlichen Verfahren) - auf anspruchsbegründende oder anspruchsvernichtende Bestimmungen berufen; außerdem sind entsprechende Tatsachenbehauptungen zur Konkretisierung erforderlich ( Neumayrin Neumayr/Reissner, ZellKomm³ § 43 ASGG Rz 2 mwN). Dem ist der Kläger ist erster Instanz nicht nachgekommen, hat er doch nicht geltend gemacht, dass die Frist für den Betriebsrat erst am 30. Dezember 2024 bzw 2. Jänner 2025 geendet hätte.
Unabhängig davon, wäre auch unter Zugrundelegung dieser Argumentation für den Kläger nichts zu gewinnen.
Nach § 106 Abs 1 ArbVG hat der Betriebsinhaber den Betriebsrat von jeder Entlassung eines Arbeitnehmers unverzüglich zu verständigen und innerhalb von drei Arbeitstagen nach erfolgter Verständigung auf Verlangen des Betriebsrats mit diesem die Entlassung zu beraten. Da der Arbeitgeber eine Entlassung unverzüglich aussprechen muss, nachdem er vom Entlassungsgrund Kenntnis erlangt hat, widrigenfalls sein Entlassungsrecht erlischt, muss die Verständigung des Betriebsrats und dessen Beratung mit dem Betriebsinhaber nicht - wie bei der Kündigung vor -, sondern kann auch nach dem Ausspruch der Entlassung erfolgen. Diese Verständigung hat jedenfalls ohne Verzögerung zu erfolgen. Wenn sie unterbleibt, kann die Frist zur Stellungnahme und damit auch die Anfechtungsfrist nicht zu laufen beginnen ( Gahleitner in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht 3 6§ 106 ArbVG Rz 4).
Hier wurde der Betriebsrat am 20. Dezember 2024 von der Entlassung verständigt. Bei der Entlassung gilt für den Betriebsrat eine dreitägige Frist, innerhalb derer sowohl eine Beratung mit dem Betriebsinhaber über die Entlassung verlangt werden als auch eine Stellungnahme des Betriebsrats zur erfolgten Entlassung abgegeben werden kann. Die Anfechtung einer Entlassung als - wie hier - sozial ungerechtfertigt - ist dem Arbeitnehmer verwehrt, wenn der Betriebsrat der Entlassung (nachträglich) zustimmt ( GahleitneraaO § 106 ArbVG Rz 5).
Richtig ist, dass die dreitägige Frist zur Beratung und zur Stellungnahme für den Betriebsrat mit der erfolgten Verständigung von der ausgesprochenen Entlassung beginnt und, dass der Tag der Verständigung nicht mitzählt ( GahleitneraaO § 106 ArbVG Rz 6). Das ändert aber nichts daran, dass dem Kläger die Anfechtung der Entlassung wegen der Zustimmung des Betriebsrats verwehrt ist.
Zu allererst ist darauf zu verweisen, dass die Vorsitzende des Betriebsrats am 20. Dezember 2024 um 07.30 Uhr von der geplanten Entlassung des Klägers verständigt wurde und diese die Leiterin der Personalabteilung mit E-Mail vom 20. Dezember 2024 um 12.22 Uhr vom einstimmig gefassten Beschluss des Betriebsrats, der Entlassung zuzustimmen, in Kenntnis setze. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Arbeitgeber weder berechtigt noch verpflichtet, Untersuchungen über die innere Willensbildung des Betriebsrats anzustellen, wenn ihm nicht bekannt war oder hätte bekannt sein müssen, dass die Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden beschlussmäßig nicht gedeckt ist (RS0051490). Ein außenstehender Dritter - also insbesondere auch der Betriebsinhaber - kann die Erklärungen des Betriebsratsobmanns jedenfalls dann als rechtswirksame Stellungnahme des Betriebsratskollegiums ansehen, wenn ihm die dabei allenfalls unterlaufene Verletzung der Vorschriften über die Willensbildung des Betriebsratskollegiums nicht bekannt war und auch nicht auffallen musste (RS0051485). Letzteres behauptet der Kläger nicht und sind Anhaltspunkte dafür auch nicht ersichtlich.
Nach der Rechtsprechung hätte einem Arbeitgeber bekannt sein müssen, dass die Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden beschlussmäßig nicht gedeckt ist, wenn bereits zeitbedingt eine Beschlussfassung des Betriebsrats nicht erfolgt sein kann, etwa wenn der Betriebsratsvorsitzende nach Verständigung von der Kündigungsabsicht sogleich (9 ObA 5/99x, RS0051469) oder, obgleich er sich im Ausland befindet, per Telefax innerhalb einer Minute (9 ObA 12/01g) zustimmt. Dem gegenüber gab eine Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden zwei (vgl 8 ObA 80/13t) oder sechs (9 ObA 42/18v) Stunden nach der Verständigung von der beabsichtigten Kündigung in den konkreten Fällen keinen Anlass, am Vorliegen eines Betriebsratsbeschlusses zu zweifeln (9 ObA 34/19v mwN).
Hier vergingen von der ersten Verständigung der Betriebsratsvorsitzenden um 07.30 Uhr bis zur Mitteilung der Zustimmung um 12.22 Uhr rund fünf Stunden und von der definitiven Kenntnisnahme der Entlassung durch die Betriebsratsvorsitzende etwa um 09.00 Uhr ca dreieinhalb Stunden. Es liegt also keineswegs auf der Hand, dass die Beklagte Bedenken gegen die beschlussmäßige Deckung der Erklärung der Betriebsratsvorsitzenden haben hätte müssen. Für Letzteres wäre im Übrigen der Kläger behauptungs- und beweispflichtig gewesen. Dass der Arbeitgeber weder berechtigt noch verpflichtet ist, Untersuchungen über die innere Willensbildung des Betriebsrats anzustellen, ist die Regel, dass anderes gilt, wenn ihm bekannt war oder hätte sein müssen, dass die Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden nicht gedeckt ist, ist die Ausnahme. In der Regel - bei Fehlen eines Ausnahmefalls - darf der Betriebsinhaber die Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden zur beabsichtigten Kündigung (hier zur Entlassung) als rechtswirksame Willenserklärung ansehen (9 ObA 34/19v). Es wäre also Sache des Klägers gewesen, diesen Ausnahmefall unter Beweis zu stellen. Diesen Beweis ist der Kläger nicht angetreten. Schon aus diesem Grund kann er die Entlassung nicht wegen Sozialwidrigkeit anfechten.
Im Übrigen teilt das Berufungsgericht auch die Auffassung des Erstgerichts, dass die Betriebsratsvorsitzende die Sitzung zu Recht noch für den 20. Dezember 2024 anberaumte, zumal sich auch kein Betriebsratsmitglied dagegen ausgesprochen hat und der Betriebsrat beschlussfähig war. Den Betriebsratsmitgliedern war auch die Tagesordnung (Stellungnahme zur Entlassung des Klägers und der, der Entlassung zugrundeliegende Sachverhalt) bekannt. Dass die Betriebsratsvorsitzende die Sache mit guten Gründen für dringlich halten durfte, hat das Erstgericht umfassend begründet. Dass unter Umständen ein Sitzungstermin am Freitag, dem 27. Dezember 2024 oder am Montag, dem 30. Dezember 2024 möglich gewesen wäre, ändert daran nichts, weil die Überlegung der Betriebsratsvorsitzenden, dass sich in dieser Zeit zwischen den Feiertagen viele Betriebsratsmitglieder auf Urlaub befinden könnten, gut nachvollziehbar ist. Das Erstgericht hat auch vollkommen zutreffend darauf hingewiesen, dass ein allfälliger Verfahrensfehler durch die Teilnahme der verständigten Betriebsratsmitglieder jedenfalls saniert wäre.
Im Übrigen anerkennt die Rechtsprechung auch kurze Einberufungsfristen (zB im Fall 9 ObA 208/90: 45 Minuten, Radner/Preiss in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht 2 6§ 67 ArbVG Rz 13).
Aus diesen Erwägungen ist der Berufung ein Erfolg zu versagen.
Eine Kostenentscheidung entfällt, weil die Streitteile - zutreffend (§ 58 Abs 1 ASGG) - keine Kosten verzeichneten.
Die ordentliche Revision ist nicht zuzulassen, weil eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen war.
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