Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht durch die Richterinnen Mag. a Gassner (Vorsitz) und Mag. a Schiller sowie den Richter Mag. Scheuerer in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, KFZ-Lackierer, **, vertreten durch Dr. Florian Knaipp, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B* Limited, **, Malta, vertreten durch BK.Partners Bugelnig Kirner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen EUR 36.072,00 samt Anhang , über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 09. Juli 2025, **-11, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 3.662,52 (darin EUR 610,42 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig .
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit Sitz in Malta, die über eine Lizenz der maltesischen Regulierungsbehörde für Lotterie- und Glücksspiel (Malta Gaming Authority), jedoch keine Konzession iSd § 14 Glücksspielgesetz (GSpG) in Österreich verfügt. Sie richtet ihre unternehmerische Tätigkeit (auch) auf Österreich aus und bietet im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit (auch) in Österreich und in deutscher Sprache Glücksspiel an, so über ihre (auch) in Österreich abrufbare Website ** Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.
Der Kläger gelangte über Werbung zum Glücksspielangebot der Beklagten und spielte deren Glücksspiele nicht zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken, sondern in der Freizeit. Um das Glücksspielangebot auf der Webseite ** nutzen zu können, registrierte er sich auf dieser Webseite, wobei er im Rahmen der Registrierung die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten akzeptierte, in der eine Rechtswahlklausel zugunsten des maltesischen Rechts enthalten war.
Er erlitt auf der (deutschsprachigen) Webseite ** im Rahmen von Spielen, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt, im Zeitraum von 31.03.2015 bis 18.07.2023 (= Datum der letzten Einzahlung) saldiert Verluste in Höhe von EUR 36.072,00.
Im Prozess begehrt der Kläger von der Beklagten primär gestützt auf das Bereicherungsrecht die Rückzahlung seines Verlusts samt 4 % Zinsen seit 19.07.2023. Die abgeschlossenen Glücksspielverträge seien wegen des Verstoßes gegen das österreichische Glücksspielmonopol absolut nichtig und seine Spieleinsätze daher rückforderbar. Das österreichische Glücksspielmonopol verstoße nicht gegen das Unionsrecht.
Die Beklagte wendet stark gekürzt zusammengefasst ein, sie sei auf Grund einer gültigen maltesischen Lizenz berechtigt, ihre Dienstleistungen auch in Österreich anzubieten. Das österreichische Glücksspielmonopol verletze EU-Primärrecht und sei nach dem Prüfungsschema des EuGH inkohärent und mit dem Unionsrecht unvereinbar (insbesondere etwa aufgrund der unbegründet unterschiedlichen Behandlung verschiedener, aber dasselbe Suchtpotential aufweisender Arten von Glücksspielen, der aggressiven Werbepraxis und der die unionsrechtlichen Vorgaben nicht einhaltenden Werbestrategien der Konzessionsinhaberin, der Nichterbringung eines Nachweises für die Erforderlichkeit des Monopols und der Unanwendbarkeit von § 14 GSpG wegen unterbliebener Notifizierung der Europäischen Kommission). Es sei im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsgebot nicht nachvollziehbar, wieso es einer Monopolisierung bedürfe, gelindere Mittel wären möglich. Zudem gebiete das GSpG allenfalls ein Abschluss- jedoch kein Inhaltsverbot. Verzugszinsen stünden erst ab dem Tag nach Klagszustellung zu.
Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtet das Erstgericht die Beklagte zur Zahlung von EUR 36.072,00 samt 4 % Zinsen ab 19.07.2023 an den Kläger. Dabei ging es vom eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt aus und gelangt, - kurz zusammengefasst - zur Anwendbarkeit des österreichischen materiellen Rechts gemäß Art 6 Rom-I-VO, zur Konformität des österreichischen Glücksspielmonopols mit dem Unionsrecht, zur Unerlaubtheit und Unwirksamkeit der Glücksspielverträge infolge Fehlens einer österreichischen Glücksspiellizenz der Beklagten und daraus abzuleitenden Rückforderbarkeit der Spielverluste des Klägers, der die Bestimmungen der §§ 1174 Abs 1 Satz 1 und 1432 ABGB nicht entgegenstünden. Bereits ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Bereicherung seien die gesetzlichen Zinsen vom zu erstattenden Geldbetrag gemäß §§ 1333, 1000 ABGB zu entrichten.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Sie beantragt - in eventu nach Verfahrensergänzung - die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung in eine Klagsabweisung, hilfsweise deren Aufhebung und die Zurückverweisung der Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht.
Der Kläger erstattet eine Berufungsbeantwortung.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
I. Zur Mängelrüge :
1. Die Beklagte rügt das Unterbleiben der Einholung eines Sachverständigengutachtens aus den Fachbereichen Marktforschung und Marketing als Stoffsammlungsmangel. Auf Basis eines solchen Gutachtens hätte das Erstgericht Feststellungen zur exzessiven Werbepolitik des Monopolisten zu treffen gehabt. Rechtlich wäre es in der Folge zum Ergebnis gelangt, dass die Werbemaßnahmen des Monopolinhabers nicht den strengen Kriterien des Europäischen Gerichtshofs zur Unionsrechtskonfomität eines Monopols entsprächen und das österreichische Glücksspielmonopol damit insgesamt inkohärent und unionsrechtswidrig sei.
2. Damit macht die Berufungswerberin keinen primären Verfahrensmangel im Sinne des § 496 Abs 1 Z 2 ZPO geltend, weil ein solcher nur vorliegen kann, wenn das Erstgericht infolge Abstandnahme von beantragten Beweisaufnahmen andere als die vom Beweisführer behaupteten Tatsachen festgestellt hätte ( Pimmer in Fasching/Konecny 3 § 496 ZPO Rz 57). Hat das Erstgericht aber – wie hier zu den in der Verfahrensrüge genannten Beweisthemen – keine Feststellungen getroffen, könnte im Unterlassen der Beweisaufnahme, vorausgesetzt diese wären rechtlich relevant, nur eine sekundäre Mangelhaftigkeit (§ 496 Abs 1 Z 3 ZPO) liegen, die mit der Rechtsrüge aufzugreifen wäre (vgl Pimmer aaO Rz 55, 58).
II. Zur Rechtsrüge :
1. Die Beklagte wiederholt ihren Standpunkt, das österreichische Monopol- und Konzessionssystem im GSpG sei unionsrechtswidrig. Sie vermisst Feststellungen im Zusammenhang mit dem Vollzug und den Auswirkungen des Glücksspielmonopols, der horizontalen Kohärenz, der staatlichen Nachweispflicht für die Erforderlichkeit des Glücksspielmonopols sowie der unterbliebenen Notifikation nach Neuregelung des § 14 GSpG durch Art 80 Budgetbegleitgesetz 2011 und rügt dazu sekundäre Feststellungsmängel, die auf den unzureichenden Verweis des Erstgerichts auf höchstgerichtliche Entscheidungen zurückzuführen seien. Ungeachtet dessen seien auch dann, wenn das Glücksspielmonopol in der gegenwärtigen Ausgestaltung mit dem Unionsrecht Einklang stünde, die Glücksspielverträge wirksam zustande gekommen und bestehe kein bereicherungs- oder schadenersatzrechtlicher Anspruch des Klägers. Ein Zinslauf beginne erst ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Fälligstellung, hier ab dem auf die Klagszustellung folgenden Tag.
2. Das Berufungsgericht hält das Vorbringen in der Rechtsrüge für nicht stichhältig, hingegen die rechtliche Beurteilung durch das Erstgericht für zutreffend, weil die Gesetzesdeutung durch das Erstgericht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entspricht. In der deshalb gebotenen Kürze (§ 500a ZPO) ist den Argumenten der Berufung nur noch zu entgegnen:
2.1. Der Oberste Gerichtshof hält – im Einklang mit der Rechtsprechung der beiden anderen österreichischen Höchstgerichte (VfGH G 161/2021 vom 24. Juni 2021; G 286/2019 vom 28. Februar 2020; E 945/2016 ua vom 15. Oktober 2016; VwGH Ra 2021/17/0031 vom 17. März 2021; Ra 2018/17/0048 vom 11. Juli 2018; Ro 2015/17/0022 vom 16. März 2016 u.a.) – auf Basis der einschlägigen Judikatur des EuGH auch in zahlreichen aktuellen Entscheidungen fest, dass das österreichische System der Glücksspiel-Konzessionen einschließlich der Werbemaßnahmen der Konzessionäre nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben entspricht und nicht gegen Unionsrecht verstößt (vgl RS0130636 insbesondere [T7 = 1 Ob 229/20p]; für viele jüngst 9 Ob 64/25i Rz 12; 1 Ob 60/25t [Spielzeitraum bis Mai 2024]; 6 Ob 70/25z [bis Oktober 2023]; 8 Ob 54/25m [bis Februar 2024]; 6 Ob215/24x [bis Jänner 2024]; 8 Ob 67/24x [bis Mai 2023]; 2 Ob 187/24z [bis Juni 2023]. Durch diese höchstgerichtliche Judikatur wird auch der Spielzeitraum des Klägers (31.03.2015 bis 18.07.2023) abgedeckt (vgl weiters 2 Ob 17/22x [2009 bis 2021]; 6 Ob 23/22h [2008 bis 2020]; 1 Ob 1/24i, 1 Ob 7/24x [bis 2023]).
2.2. Die Vereinbarkeit von nationalem Recht mit Unionsrecht ist als Rechtsfrage grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen. Können aber bei Regelungen, bei denen – wie hier – sowohl der Wortlaut als auch die erklärte Zielsetzung des Gesetzgebers gegen die Annahme eines Unionsrechtsverstoßes sprechen, nur ausnahmsweise tatsächliche Umstände zu einem anderen Ergebnis führen, hat sich diese Prüfung an diesbezüglichen Parteienbehauptungen zu orientieren. Dabei trifft die Beklagte die Verpflichtung zur Behauptung entsprechender Tatsachen, weil es sich beim Einwand der Unionsrechtswidrigkeit um eine anspruchsvernichtende Einwendung handelt (RS0129945). Der Oberste Gerichtshof geht auch in Fällen bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung von Glücksspielverträgen davon aus (RS0129945), dass es am beklagten Glücksspielunternehmer liegt, auszuführen, warum der höchstgerichtlichen Judikatur keine Aussagekraft mehr zukomme. Dieser hat konkret aufzuzeigen, inwieweit es zu einer maßgeblichen Änderung des den höchstgerichtlichen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalts gekommen wäre.
Die Beklagte genügt diesem Erfordernis mit ihren weitgehend pauschalen Behauptungen in der Rechtsrüge nicht. Sie konkretisiert nicht, inwieweit sich der hier zu beurteilende Sachverhalt im gesamten Spielzeitraum des Klägers im Vergleich zum höchstgerichtlich beurteilten Sachverhalt grundlegend anders darstelle (7 Ob 213/21f; 5 Ob 30/21d ua; idS auch das Erkenntnis des VwGH 23.02.2024, Ro 2021/17/0010), sodass er bei gesamthafter Würdigung sämtlicher damit verbundener Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen müsste.
Das Erstgericht war an die oben dargestellte Rechtsprechung zur Frage der Unionsrechtswidrigkeit nicht gebunden, sondern – im Sinne des Einwands der Beklagten – grundsätzlich gefordert, diese selbst unter Berücksichtigung der (behaupteten) Entwicklung der Umstände nach dem Erlass der betreffenden Regelung (dynamisch) zu prüfen (EuGH C-920/19, Fluctus/Fluentum , Rn 46). Es hat sich an der Judikatur der österreichischen Höchstgerichte orientiert, weil das Vorbringen der Beklagten auch unter Berücksichtigung einer allfälligen Entwicklung der Umstände keine konkreten Anhaltspunkte für (neue) Zweifel an der Unionsrechtskonformität der Glücksspielregulierung geboten hat. Aus diesem Grund ist es nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht von der Aufnahme von Beweisen und weiteren Feststellungen Abstand genommen hat (vgl OLG Graz 3 R 28/25z). Aus der Entscheidung des EuGH C-920/19, Fluctus und Fluentum , ergibt sich kein Verbot für ein nationales Gericht, sich auf Vorentscheidungen „höherer“ (nationaler) Gerichte (hier auf in zahlreichen Parallelverfahren ergangene Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs) zu berufen.
2.3.1. Die von der Beklagten behaupteten Feststellungsmängel und eine (sekundäre) Mangelhaftigkeit des bekämpften Urteils, weil Feststellungen („im Zusammenhang mit dem Vollzug und den Auswirkungen des Glücksspielmonopols“) – insbesondere zur Werbepraxis des Monopolisten – fehlten, liegen damit nicht vor (stRsp, für viele 6 Ob 128/24b Rz 7).
Grundsätzlich ist dazu im Übrigen festzuhalten: Um das Ziel, die Spieltätigkeiten in kontrollierbare Bahnen zu lenken, zu erreichen, müssen die zugelassenen Anbieter eine verlässliche und zugleich attraktive Alternative zu den nicht geregelten Tätigkeiten bereitstellen, was an und für sich das Anbieten einer breiten Palette von Spielen, Werbung in einem gewissen Umfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken beinhalten kann (EuGH Rs C-347/09, Dickinger und Ömer , Rn 64; Rs C 920/19 Fluctus und Fluentum , Rn 39). Es ist demnach nicht grundsätzlich bedenklich, wenn Monopolinhaber und Konzessionäre neue Spiele anbieten, um am Glücksspielmarkt – im Verhältnis zu privaten, nicht konzessionierten Glücksspielanbietern – attraktiv zu bleiben. Der Oberste Gerichtshof ging in seinem Beschluss vom 30. März 2016 zu 4 Ob 31/16m – im Sinne der Behauptungen der Beklagten – bereits davon aus, dass die Werbung der Konzessionäre auch den Zweck verfolgt, Personen zur aktiven Teilnahme am Spiel anzuregen, die bisher nicht ohne weiteres zu spielen bereit waren, dass durch zugkräftige Werbebotschaften die Anziehungskraft angebotener Spiele erhöht und neue Zielgruppen zum Spielen angeregt werden sollten und dass die Werbung laufend ausgedehnt wurde. Dennoch erachtete er das im GSpG vorgesehene Monopol-/Konzessionssystem als unionsrechtskonform (RS0130636 [T1-T4]; insb 4 Ob 31/16m). Warum davon abgegangen werden soll, vermag die Beklagte nicht darzulegen. Die Behauptung, die Werbemaßnahmen der Konzessionäre würden auf eine Erweiterung des Glücksspielmarktes abzielen, genügt nicht (OLG Graz 2 R 199/24p).
Eine der Dienstleistungsfreiheit nach Art 56 AEUV entgegenstehende Inkohärenz von das Glücksspielangebot beschränkenden Maßnahmen ist – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch nach Ansicht des EuGH nicht schon deshalb anzunehmen, weil die Werbepraktiken des Monopolisten/der Konzessionäre darauf abzielen, zur aktiven Teilnahme an den Spielen anzuregen, etwa indem das Spiel verharmlost, ihm wegen der Verwendung der Einnahmen für im Allgemeininteresse liegende Aktivitäten ein positives Image verliehen oder seine Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften, die bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen, erhöht wird (EuGH C-920/19, Fluctus und Fluentum , Rn 52 f; 1 Ob 229/20p; 3 Ob 200/21i mwN). Die vom Inhaber des Monopols verfolgte Geschäftspolitik und dessen Werbepraktiken sind bei der Prüfung, ob das Monopol tatsächlich in der Lage ist, die geltend gemachten Ziele in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen, zudem nicht die einzigen relevanten Gesichtspunkte (EuGH C-920/19, Fluctus und Fluentum , Rn 48 f). Eine Ausweitung der Geschäfts- und Werbetätigkeit des Inhabers des Glücksspielmonopols sowie eine wesentliche Steigerung der Einnahmen, die er damit erzielt, (in Form der von der Beklagten ins Treffen geführten „stetigen“ Umsatzsteigerung oder des Ausmaßes von Werbeausgaben) könnte sich aber ebenso gut aus einer Lenkung der illegalen Tätigkeiten hin zu den kontrollierten Spielnetzen ergeben. Für die Beurteilung der Kohärenz der Organisation des Glücksspielmarkts wären auch die Werbepraktiken etwaiger privater Wirtschaftsteilnehmer (wie aggressive Werbemaßnahmen privater Anbieter zugunsten rechtswidriger Aktivitäten oder die Heranziehung neuer Medien wie des Internets durch private Anbieter) zu berücksichtigen (EuGH C-920/19 Fluctus und Fluentum , Rn 36, 50 ff). Die begehrten Feststellungen, aggressive Werbemaßnahmen privater, nicht konzessionierter, Glücksspielanbieter seien im klagsgegenständlichen Zeitraum nicht vorgelegen und die Werbemaßnahmen und Geschäftsstrategie des Monopolisten seien im gesamten relevanten Zeitraum nicht auf das zur erwünschten Spielerlenkung Erforderliche begrenzt geblieben, bleiben aber zu allgemein und zielen - soweit sie keine Rechtsfragen umfassen - wohl auf einen Erkundungsbeweis ab.
2.3.2. Die von der Beklagten behauptete unionsrechtswidrige „horizontale“ Inkohärenz der das Glücksspielangebot beschränkenden nationalen Regelungen (auch in Bezug auf eine unterschiedliche Regelung von Glücksspielautomaten und VLT und von Online-Glücksspiel und Online-Sportwetten) verneinte der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach (1 Ob 229/20p; 9 Ob 20/21p 3 Ob 72/21s; 5 Ob 30/21d; 8 Ob 129/23p). Eine neuerliche Beurteilung der (auch) horizontalen Kohärenz in einem kurzen zeitlichen Abstand kommt nicht in Betracht (4 Ob 30/17s; 7 Ob 213/21f). Dass sich im gegebenen Zusammenhang eine konkrete Abweichung von dem bereits höchstgerichtlich geprüften Sachverhalt ergeben hätte, die die begehrte (mit den Beilagen./17-19 keinesfalls auf neue Erkenntnisse gestützte) Feststellung erforderlich machen würde, behauptet die Beklagte gar nicht.
2.3.3. Sie bringt weiters vor, der Staat Österreich wäre seiner Darlegungs- und Nachweispflicht zur Erforderlichkeit des Glücksspielmonopols nicht nachgekommen. Ein darauf bezogener sekundärer Feststellungsmangel ist schon deshalb zu verneinen, weil nicht ersichtlich ist, welche konkreten einzelnen Feststellungen sie tatsächlich anstrebt, die eine wertende Subsumtion im Sinne ihrer Behauptung erlaubten. Dass und aus welchem Grund die Bedingungen für die Zulässigkeit des österreichischen Monopol- und Konzessionssystems nicht mehr vorlägen, hat die dafür behauptungspflichtige Beklagte mit konkreten und demnach prüfbaren Tatsachen nicht aufgezeigt. Mangels konkreter Anhaltspunkte hat auch das Berufungsgericht im Sinne der ständigen Rechtsprechung der drei Höchstgerichte in Österreich keine Zweifel an der nach wie vor vorliegenden Unionsrechtskonformität der Glücksspielregulierung. Es bedurfte daher keiner weiteren (amtswegigen) Beweisaufnahme und damit keiner Darlegung des Staates, anhand derer sich das Erstgericht vergewissern konnte, dass diese Bedingungen (noch) erfüllt sind. Die Vorlage einer empirischen Untersuchung ist ohnehin nicht zwingend erforderlich (vgl OGH 2 Ob 92/15s mwN).
2.3.4. Eine Verpflichtung zur Notifizierung der Bestimmung des § 14 GSpG idF des BudgetbegleitG 2011, BGBL I 2010/111, nach Maßgabe der Richtlinie 98/34/EG idF der Richtlinien 98/48/EG und 2006/96/EG hat der Oberste Gerichtshof unter Zugrundelegung einschlägiger Judikatur des EuGH bereits mehrfach verneint (3 Ob 200/21i; 4 Ob 200/21x; 4 Ob 213/21h; 4 Ob 223/21d; 6 Ob 203/21b; 6 Ob 226/21k; 7 Ob 213/21f). Die in diesem Zusammenhang begehrte ergänzende Feststellung ist daher rechtlich nicht relevant.
2.4.1. Im Kern ihrer Rechtsrüge meint die Beklagte schließlich, selbst die Annahme einer Kohärenz mit dem Unionsrecht könne zu keinem Rückforderungsanspruch des Klägers führen; Glücksspielverträge seien nämlich zulässig, das ABGB erfasse solche Verträge als eine eigene Vertragsgattung (§§ 1267 bis 1274 ABGB). Die fehlende Konzession könne daher zu keinem Inhaltsverbot, sondern allenfalls nur zu einem (hier irrelevanten) Abschlussverbot führen. Die zwischen ihr und dem Kläger geschlossenen Glücksspielverträge seien daher wirksam zustande gekommen.
Nach gefestigter Rechtsprechung sind jedoch solche Spiele nach § 1174 Abs 2 ABGB verboten und damit nichtig gemäß § 879 Abs 1 ABGB, die – wie hier – den in § 168 Abs 1 StGB und in § 1 Abs 1 GSpG angeführten Charakter haben, bei denen also Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen (RS0102178; OGH 1 Ob 182/22d; 6 Ob 50/22d; 7 Ob 168/22i). Verbotene Spiele erzeugen nicht einmal eine Naturalobligation. Der Verlierer kann die gezahlte Wett- oder Spielschuld zurückfordern, ohne dass dem die Bestimmung des § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB oder des § 1432 ABGB entgegenstünde, weil die Leistung nicht „zur Bewirkung“ der unerlaubten Handlung, sondern als „Einsatz“ erbracht wurde. Eine Verweigerung des Rückforderungsanspruchs würde dem Zweck des Glücksspielverbots widersprechen (OGH 1 Ob 172/22h; 6 Ob 32/23h; 6 Ob 50/22d; 7 Ob 168/22i; 6 Ob 32/23h).
2.4.2. Vergütungszinsen aus einer ohne Rechtsgrund geleisteten und daher zurückzuerstattenden Geldsumme (RS0032078; RS0031939) stehen dem Bereicherungsgläubiger ab dem Eintritt der Bereicherung des Bereicherungsschuldners zu, und zwar solange als die Bereicherung durch die Möglichkeit zur Nutzung fremden Geldes, sohin bis zur Rückzahlung, andauert (8 Ob 113/24m mwN; Liebel/Perner in Schwimann/Kodek, ABGB 5 § 1000 ABGB Rz 3 mwN). Die hier in Höhe der Spielverluste des Klägers bereicherte Beklagte hat daher bereits ab dem Zeitpunkt des Eintritts ihrer Bereicherung die gesetzlichen Zinsen vom zu erstattenden Geldbetrag gemäß §§ 1333, 1000 ABGB zu entrichten. Der Kläger begehrte Zinsen erst ab dem auf die letzte Transaktion (Einzahlung) folgenden Tag, sohin ab 19.07.2023. Zu diesem Zeitpunkt war die Bereicherung der Beklagten um den gesamten zugesprochenen Klagsbetrag jedenfalls eingetreten.
III. Ergebnis, Kosten, Zulassung :
1. Die Berufung bleibt erfolglos.
2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO.
3. Die ordentliche Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen.
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