Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Mag a . Haas (Vorsitz), Mag. Wieland und Mag. Tröster in der Medienrechtssache der Antragstellerin Republik Österreich gegen den Antragsgegner A*wegen Beschlagnahme nach § 36 MedienG über die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 10. März 2025, GZ **-3, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird dahin Folge gegeben, dass der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wird.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.
begründung:
In der Medienrechtssache der Antragstellerin Republik Österreich, vertreten durch die Präsidentin des Oberlandesgerichts Wien, gegen den Antragsgegner A* wegen Einziehung wegen Beeinträchtigung des Arbeit- oder Dienstgebers nach § 33a Abs 1 MedienG begehrte die Antragstellerin mit am 30. Jänner 2025 beim Landesgericht Leoben zum AZ ** eingebrachten Schriftsatz in Bezug auf das ab 9. Jänner 2025 auf ** abrufbare und dem Tatbestand der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und 2 StGB zu unterstellende Posting, bestehend aus einem Lichtbild der Richterin des Landesgerichts ** Mag a . B* in einer Verhandlungssituation mit dem Begleittext „ Das ist B*, Richterin, sie ist der Meinung, dass es 12-Jährigen Spaß macht, von mehreren Männern missbraucht zu werden. Lasst sie Lasst sie trenden! #grooming, #justizskandal, #**, #mysoginie, #missbrauch, #Kinderschutz“ (1) die Einziehung des Postings (Text und Lichtbild) gemäß § 33a MedienG und – soweit hier relevant – (2) die Löschung des die strafbare Handlung begründenden Postings gemäß § 36 iVm § 36a MedienG (ON 2.2).
Mit Beschluss vom 10. März 2025 (ON 3) ordnete das Landesgericht Leoben gemäß § 36 iVm § 36a MedienG unter Hinweis auf § 36a Abs 2 MedienG auf Basis des Antragsvorbringens gegenüber dem Antragsgegner als Medieninhaber die Löschung der inkriminierten Stelle der Website binnen 14 Tagen an.
Mit E-mail vom 11. März 2025 teilte ein „C*“ im Wege der E-mail-Adresse „**“ mit, dass der gegenständliche Beitrag von der Seite ** gelöscht worden sei und der Antragsgegner nicht Medieninhaber, sondern erst seit 6. Februar 2025 einer der Administratoren/Moderatoren dieser Seite sei (ON 5.1).
Gegen den Beschluss vom 10. März 2025 (ON 3) wendet sich die Beschwerde des Antragsgegners mit dem wesentlichen – durch Auszüge der Facebook-Seite und dem Verweis auf den Inhalt der E-mail vom 11. März 2025 untermauerten – Vorbringen, dass er nicht der Medieninhaber der inkriminierten Facebook-Seite und im Übrigen die Einziehung des Postings nach § 6 Abs 2 Z 4 MedienG ausgeschlossen sei (ON 6.2).
Die Antragstellerin beantragte in ihrer Stellungnahme mit der Begründung, auf der inkriminierten Facebookseite finde sich ausschließlich der Name des Antragsgegners, dem seit Februar 2025 nach dessen eigenem Vorbringen administrative Zugriffsrechte auf die Seite zukämen und der bislang nicht offengelegt habe, wer seiner Ansicht nach der Medieninhaber sei, der Beschwerde nicht Folge zu geben.
Die Beschwerde hat in ihrem Kassationsbegehren Erfolg.
Eine Beschlagnahme in Form der Löschung der die strafbare Handlung begründenden Stellen der Website (§ 36 Abs 1 zweiter Fall MedienG) kann auf Antrag des (hier:) Antragstellers (§ 36 Abs 2 MedienG) angeordnet werden, wenn anzunehmen ist, dass auf Einziehung nach §§ 33 oder 33a MedienG erkannt werden wird, und wenn die nachteiligen Folgen der Beschlagnahme nicht unverhältnismäßig schwerer wiegen als das Rechtsschutzinteresse, dem die Beschlagnahme dienen soll (§ 36 Abs 1 erster Satz MedienG). Der Umstand, dass die die strafbare Handlung begründenden Stellen der Website bereits gelöscht wurden, hindert die Anordnung der Beschlagnahme (und den Ausspruch einer Einziehung) nicht (vgl Rami in WK 2MedienG § 36 Rz 9/2 iVm § 33 Rz 6; Heindlin Berka/Heindl/Höhne/Koukal, MedienG 4§ 36 Rz 14, § 30 Rz 10; RIS-Justiz RS0132865).
Beschlüsse gemäß § 36 MedienG richten sich immer gegen den Medieninhaber.
Medieninhaber eines elektronischen Mediums ist gemäß § 1 Abs 1 Z 8 lit c MedienG, wer dessen inhaltliche Gestaltung besorgt und dessen Ausstrahlung, Abrufbarkeit oder Verbreitung entweder besorgt oder veranlasst. Medieninhaber einer Website ist somit der für deren inhaltliche Gesamtgestaltung Letztverantwortliche (RIS-Justiz RS0125859; Rami in WK 2MedienG § 1 Rz 47).
In diesem Sinn ist der Betreiber einer Facebook-Seite, dem deren inhaltliche Gestaltung zukommt und der die Möglichkeit hat, nicht nur eigene Beiträge, sondern auch Kommentare anderer Nutzer zu löschen oder für bestimmte Nutzer auszublenden und Kommentierende zu „sperren“, Medieninhaber dieser Seite (RIS-Justiz RS0125859 [T 2]; Rami in WK 2MedienG § 1 Rz 47/5; Koukalin Berka/Heindl/Höhne/Koukal, Praxiskommentar, MedienG 4 § 1 Rz 30g).
Die Entscheidung über einen Antrag gemäß § 36 MedienG hat aufgrund der Aktenlage, somit anhand des Vorbringens des Antragstellers zu erfolgen ( Rami in WK 2MedienG § 36 Rz 12/2). Im Beschwerdeverfahren hat jedoch das Beschwerdegericht auch allfällige Neuerungen zu berücksichtigen (§ 41 Abs 1 MedienG iVm § 89 Abs 2b StPO).
Fallbezogen ist dem verfahrenseinleitenden Antrag und dem angeschlossenen Datenblatt (ON 2.3) nur zu entnehmen, dass der Antragsgegner auf der gegenständlichen Facebook-Seite als Zustellbevollmächtigter mit der Adresse ** aufscheine. Ein darüber hinausgehendes entsprechendes Substrat für die Annahme der inhaltlichen Gestaltung der Seite durch den Antragsgegner findet sich nicht.
Der in die Beschwerde eingefügte Ausschnitt aus der inkriminierten Facebook-Seite (ON 6.2, 3) bestätigt, dass der Antragsgegner dort als Zustellbevollmächtigter (allerdings mit der außerhalb des Gerichtssprengels liegenden Adresse **) geführt wird. Aus dem in die E-mail vom 11. März 2025 (ON 5.1) eingefügten Ausschnitt aus dem Seitenmanagement-Verlauf der Facebook-Seite ist ersichtlich, dass eine Seitenmanagerin „D*“ den Antragsgegner am 6. Februar 2025 – soweit lesbar – zur Seite hinzugefügt und er „uneingeschränkte Kontrolle erhalten“ habe.
Bereits aus den dargestellten Auszügen der Facebook-Seite ergibt sich die Notwendigkeit der weiteren Abklärung einer Medieninhaberschaft des Antragsgegners.
Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und die Sache gemäß § 89 Abs 2a Z 3 StPO zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen.
Der Rechtsmittelausschluss gründet auf § 41 Abs 1 MedienG iVm § 89 Abs 6 StPO.
Rückverweise
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