Das Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch den Senatspräsidenten Dr. Bott (Vorsitz), die Richterinnen Dr. Kraschowetz-Kandolf und Mag a . Gassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag a . von Maurnböck (Arbeitgeber) und Klemencic-Götz (Arbeitnehmer) als weitere Senatsmitglieder in der Sozialrechtssache der klagenden Partei ***** , *****, *****, im Berufungsverfahren nicht vertreten, gegen die beklagte Partei ***** , *****, *****, vertreten durch ihre Angestellte ***** in *****, wegen Kinderbetreuungsgeld, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 5.Oktober 2017, 42 Cgs 61/17a-5, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Revision ist nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig .
Entscheidungsgründe:
Die am 18.Jänner 2017 geborene ***** war in der Zeit vom 26.Jänner bis 8.März 2017 anlässlich der Übertragung der Ausübung der Obsorge im Bereich Pflege und Erziehung an die Klägerin bei dieser hauptwohnsitzlich gemeldet und bei ihr unter der Adresse *****, *****, auch tatsächlich wohnhaft. Die Klägerin bezog für die genannte Minderjährige in der Zeit von Jänner bis März 2017 Familienbeihilfe.
Die Klägerin war in diesem Zeitraum Angestellte der alternativen ***** und betreute im Rahmen dieser Tätigkeit Kinder in Form der Krisenpflege. Eine derartige Übernahme der Krisenpflege und der entsprechenden Obsorge erfolgt oft sehr kurzfristig, manchmal noch am selben Tag. Grundsätzlich ist bei Übernahme einer derartigen Pflege nicht absehbar, wie lange das Kind auf dem Krisenpflegeplatz bleibt; dies hängt unter anderem davon ab, wie schnell Adoptiveltern oder dauerhafte Pflegeeltern gefunden werden, weshalb auch eine Dauer von über drei Monaten durchaus vorkommt. Wären für ***** innerhalb von drei Monaten weder Pflegeplatz noch Adoptiveltern gefunden worden, so wäre diese auch über den Zeitraum von mehr als drei Monaten bei der Klägerin geblieben.
Die Klägerin stellte am 26.Jänner 2017 Antrag auf pauschales Kinderbetreuungsgeld für ***** in der Variante 12 + 2 bis zur höchstmöglichen Bezugsdauer, was, hätte die Klägerin das Kinderbetreuungsgeld allein bezogen, der 25.Jänner 2018 gewesen wäre.
Mit Bescheid vom 23.Mai 2017 wies die Beklagte den Antrag der Klägerin mangels Zutreffens der Anspruchsvoraussetzungen ab. Gemäß § 2 Abs 6 KBGG liege ein gemeinsamer Haushalt nur dann vor, wenn der Elternteil und das Kind unter anderem in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse leben. Im Sinne dieses Gesetzes gelte eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft erst bei einer tatsächlichen Dauer von mehr als 91 Tagen als dauerhaft. Da die Klägerin mit ihrer Pflegetochter ***** nur in der Zeit von 26.Jänner bis 8.März 2017 in einem gemeinsamen Haushalt gelebt habe, erfülle sie das genannte Anspruchserfordernis nicht.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer offensichtlich auf Gewährung von Kinderbetreuungsgeld für die Zeit von 26.Jänner bis 8.März 2017 gerichteten Klage. Sie sei von Beruf Krisenpflegemutter und habe in dieser Funktion immer wieder in ihrem Haushalt kurzfristig vorübergehend Kinder aufzunehmen, die dann bei ihr wie ein Familienmitglied so lange wohnen, bis sie in eine dauerhafte Familie oder eine andere Unterbringungsform wechseln können. Sowohl bei der Anfrage für eine Unterbringung als auch beim Einzug der Krisenpflegekinder sei die Dauer der Unterbringung immer ungewiss. Erst im Mai 2017 habe sie von der Beklagten die Information erhalten, dass ***** zumindest 91 Tage bei ihr in Pflege hätte sein müssen, um Kinderbetreuungsgeld für sie beziehen zu können. Zu diesem Zeitpunkt habe sie jedoch bereits ein weiteres Kleinkind zur Krisenpflege (im Zeitraum von 16.März bis 2.Juni 2017) aufgenommen gehabt. Ohne die Leistung von Kinderbetreuungsgeld, bedingt durch die zwangsweise ungewisse Unterbringungsdauer und die zeitliche Ungewissheit des nächsten Auftrags, könne sie sich diesen Beruf nicht mehr leisten, zumal sie auch Alleinerzieherin zweier weiterer leiblicher minderjähriger Kinder sei.
Die Beklagte beantragt Klagsabweisung unter Aufrechterhaltung ihres im Bescheid eingenommenen Standpunktes. Von einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse sei nur bei einer Dauer von zumindest 91 Tagen auszugehen. Gerade bei Krisenpflegeeltern fehle von vornherein die Absicht, mit dem Kind eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft einzugehen. Vielmehr sei das Zusammenleben von Anfang an befristet, oft nur für zwei bis drei Wochen geplant, wobei die tatsächliche Dauer vom Finden eines geeigneten Dauerpflegeplatzes abhänge. Da die Klägerin mit ***** nur 41 Tage zusammengelebt habe, fehle es an der genannten Voraussetzung. Dem Härtefallbegehren der Klägerin könne nicht entsprochen werden.
Auch wenn die neue Gesetzeslage des Jahres 2017 auf den Fall der Klägerin im Hinblick auf die am 18.Jänner 2017 erfolgte Geburt des Kindes noch nicht anwendbar sei, habe dennoch eine neue Gesetzesauslegung dahingehend zu erfolgen, dass bei einem Zusammenleben unter 91 Tagen nicht von einem gemeinsamen Haushalt im Sinne des § 2 Abs 6 KBGG gesprochen werden könne.
Mit dem angefochtenen Urteil spricht das Erstgericht aus, dass der Anspruch der Klägerin auf pauschales Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 26.Jänner bis 8.März 2017 für die Pflegetochter ***** mit EUR 33,00 pro Tag zu Recht bestehe.
Es meint auf der Grundlage des eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalts rechtlich, es könne nicht zweifelhaft sein, dass auch Krisenpflegeeltern zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Pflegeeltern nach § 2 Abs 1 KBGG gehören. Anspruchsvoraussetzung dafür sei, dass der Elternteil und das Kind in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse leben und beide an dieser Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet seien. Die Mindestbezugsdauer von zwei Monaten des § 5 Abs 4 KBGG gelte nur für einen vereinbarten Bezugswechsel zwischen den Elternteilen, sehe jedoch keine allgemeine Mindestbezugsdauer für Kinderbetreuungsgeld vor. Dass die Klägerin die Minderjährige in einem Zeitraum von weniger als zwei Monaten betreut habe, schließe damit ihren Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld nicht grundsätzlich aus. Bei Krisenpflegeeltern bestehe nach der Judikatur bereits ab dem ersten Tag der Übernahme des Kindes ein gemeinsamer Haushalt. Die Definition dieses Begriffes finde sich im § 2 Abs 6 KBGG in der ab 1.Jänner 2017 geltenden Fassung. Dass bei mehr als 91-tägiger tatsächlicher oder voraussichtlicher Dauer einer Abwesenheit des Elternteils oder des Kindes der gemeinsame Haushalt von gesetzeswegen als aufgelöst gelte, lasse keinesfalls den Schluss darauf zu, dass eine auf Dauer angelegte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse eine Mindestdauer von 91 Tagen verlange. Gerade in Fällen wie hier, wo von vornherein die Dauer der Wirtschafts- und Wohngemeinschaft nicht absehbar sei, sei diese für die letztlich statt gehabte Zeitspanne auf Dauer ausgelegt, mag sie im Nachhinein betrachtet allenfalls auch unter dem Ausmaß von 91 Tagen geblieben sein. Da die Klägerin mit der Minderjährigen 41 Tage in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft gelebt habe, habe sie für diesen Zeitraum Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld im Betrag von EUR 33,00 täglich.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung in Klagsabweisung.
Die Klägerin hat sich am Berufungsverfahren nicht beteiligt.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
In ihrer Rechtsrüge hält die Beklagte an ihrer Auffassung fest, das vom Gesetzeswortlaut verwendete Kriterium „dauerhaft“ stelle darauf ab, mit welcher Intention die Aufnahme des Zusammenlebens erfolgt sei. Die Unterbringung bei Krisenpflegeeltern sei immer nur temporär und nie dauerhaft geplant, woran der Umstand, dass es in Einzelfällen zu einer auch mehrere Monate dauernden Unterbringung kommen könne, nichts zu ändern vermöge. Erst bei einer dauerhaft geplanten Unterbringung bei Pflegeeltern oder bei der dauerhaft geplanten Reintegration bei den Eltern des Kindes werde ein gemeinsamer Haushalt im Sinne des KBGG begründet. Im Fall der Klägerin habe die Krisenunterbringung nur 41 Tage gedauert, wobei weder die Absicht zur Begründung einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden habe noch ein Ausnahmefall im genannten Sinn vorliege. Demgemäß habe die Klägerin keinen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für den geltend gemachten Zeitraum.
Diesem Argument ist nicht zu folgen.
Zunächst ist klarzustellen, welche Gesetzeslage auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist. Zu Unrecht meint die Beklagte, im Hinblick auf die am 18.Jänner 2017 erfolgte Geburt des Pflegekindes ***** sei § 2 Abs 6 KBGG in der geltenden Fassung noch nicht anzuwenden. Diese Bestimmung wurde mit BGBl I Nr. 53/2016 geändert und erhielt damit die auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt geltende Fassung. Während § 2 Abs 6 der bis 31.Dezember 2016 geltenden Fassung festlegte, dass ein gemeinsamer Haushalt im Sinne dieses Gesetzes nur dann vorliegt, wenn der Elternteil und das Kind auch an derselben Adresse hauptwohnsitzlich gemeldet sind, und weiters, dass der gemeinsame Haushalt bei mehr als dreimonatiger tatsächlicher oder voraussichtlicher Dauer einer Abwesenheit des Elternteiles oder des Kindes jedenfalls als aufgelöst gilt, sieht die nun in Geltung stehende Bestimmung vor, dass ein gemeinsamer Haushalt im Sinne dieses Gesetzes nur dann vorliegt, wenn der Elternteil und das Kind in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse leben und beide an dieser Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet sind. Eine höchstens bis zu zehn Tagen verspätet erfolgte Hauptwohnsitzmeldung des Kindes an dieser Wohnadresse schadet nicht. Der gemeinsame Haushalt gilt bei mehr als 91-tägiger tatsächlicher oder voraussichtlicher Dauer einer Abwesenheit des Elternteiles oder des Kindes jedenfalls als aufgelöst. Bei einem 91 Tage übersteigenden Krankenhausaufenthalt des Kindes wird ausnahmsweise bei persönlicher Pflege und Betreuung des Kindes durch diesen Elternteil im Mindestausmaß von durchschnittlich vier Stunden täglich der gemeinsame Haushalt des Kindes mit diesem Elternteil im Sinne dieses Absatzes angenommen.
Gemäß § 50 Abs 19 KBGG tritt die soeben dargestellte Bestimmung des § 2 Abs 6 KBGG in der Fassung des genannten Bundesgesetzes mit
Zwischen den Parteien ist im Wesentlichen strittig, ob die Klägerin und ihre Pflegetochter im streitgegenständlichen Zeitraum in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft gelebt haben, wie dies vom Gesetz als Anspruchsvoraussetzung normiert ist. Die Gesetzesmaterialien (GP XXV RV 1110) enthalten diesbezüglich keine Ausführungen. Aus dem Gesetzeswortlaut selbst ist für die Lösung dieser Frage nichts zu gewinnen. Schon das Erstgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass es unerheblich ist, ob nach der bis 31.Dezember 2016 geltenden Fassung der gemeinsame Haushalt bei mehr als dreimonatiger Abwesenheit des Elternteils oder des Kindes jedenfalls als aufgelöst gilt, oder nach der nunmehr in Geltung stehenden Regelung bei mehr als 91-tägiger Abwesenheit, zumal es auch nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts für die Frage, ob der Elternteil und das Kind in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben, keinesfalls darauf ankommen kann, ob nach einer bestimmten Abwesenheitsdauer der gemeinsame Haushalt von Gesetzeswegen jedenfalls als aufgelöst gilt. Der von der Beklagten und teilweise auch von der Lehre (vgl Holzmann-Windhofer/Weißenböck, Kinderbetreuungsgeldgesetz, 37) gezogene Umkehrschluss, dass zur Erfüllung des gemeinsamen Haushalts eine Mindestdauer von 91 Tagen erforderlich ist, ist unzutreffend.
Nach dem Gesetzeswortlaut kann jedenfalls davon ausgegangen werden, dass das Bestehen einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft gewollt ist, wobei von der Judikatur eine Wohngemeinschaft dann als vorliegend erachtet wird, wenn die Personen tatsächlich in einer Wohnung leben, die ihr dauernder gemeinsamer Lebensmittelpunkt sein soll. Der Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft ist sowohl von einer zwischenmenschlichen als auch einer wirtschaftlichen Komponente geprägt. In Umlegung der diesbezüglichen Rechtsprechung zur Lebensgemeinschaft wird hierunter wohl zu verstehen sein, dass der Elternteil und das Kind einerseits eine emotionale Nahebeziehung haben und der Elternteil andererseits das Kind an seinen Gütern teilhaben lässt und den gemeinsamen Lebensunterhalt bestreitet (vgl 3 Ob 237/11s, 3 Ob 31/14a; Holzmann-Windhofer/Weißenböck aaO, Seite 40 mwN).
Schon zur Vorgängerregelung hat der OGH judiziert, dass die mit dem Kind zu führende Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Gesetzeswortlaut auf längere Zeit ausgerichtet sein muss und dementsprechende Hauptwohnsitzmeldungen des Elternteils und des Kindes an derselben Adresse voraussetzt (10 ObS 69/14s). Dass Krisenpflegeeltern nach der zwischenzeitig ergangenen Judikatur grundsätzlich zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Pflegeeltern nach § 2 Abs 1 KBGG gehören, wird auch von der Beklagten offenbar nicht in Zweifel gezogen (10 ObS 3/13h). Dargestellt wurde auch, dass die in § 5 Abs 4 KBGG festgehaltene Mindestbezugsdauer nur für den Fall der Teilung des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld gilt, also dann, wenn die Elternteile einen Bezugswechsel vereinbaren. Jedenfalls wird dadurch kein Mindestverbleib und keine Mindestbezugsdauer bei einer Pflegemutter festgelegt (RIS-Justiz RS0128640; Schober in Sonntag aaO Rz 4 zu § 5). Der Umstand, dass eine Krisenpflegemutter in einem Zeitraum von weniger als zwei Monaten ein minderjähriges Kind betreut, schließt demnach einen Anspruch ihrerseits auf Kinderbetreuungsgeld nicht aus (vgl die noch zur alten Rechtslage ergangenen Entscheidungen 10 ObS 14/13a und 10 ObS 3/13h). Die Argumentation der Beklagten, dass bei einer unter 91 Tagen liegenden Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht einmal ein gemeinsamer Haushalt begründet werden könne, scheitert schon daran, dass nach der Rechtsprechung bei Pflegeeltern bereits ab dem ersten Tag der Übernahme des Kindes ein gemeinsamer Haushalt besteht (10 ObS 57/13z; Sonntag/Schober/Konecny, KBGG, 10).
Das Berufungsgericht hält die Argumente des Erstgerichts, gestützt auf die besondere Situation auf einem Krisenpflegeplatz, für überzeugend. Zunächst ist davon auszugehen, dass im Falle einer Krisensituation, wenn also die Eltern durch ihr Verhalten das Wohl des minderjährigen Kindes gefährden, die zur Sicherung des Wohles des Kindes nötigen Verfügungen unverzüglich zu treffen sind (vgl nur §§ 181, 211 ABGB). Es mag auch zutreffen, dass die Krisenunterbringung grundsätzlich so kurz wie möglich gehalten werden soll und das Ziel entweder die Reintegration in den familiären Bereich oder aber – sofern dies nicht möglich ist – eine dauerhafte Unterbringung bei Pflegeeltern sein soll. Nach der familienrechtlichen Judikatur sind zwar Krisenpflegeeltern, die Kinder in einer akut gefährdenden Lebenssituation nur für einen von vornherein begrenzten Zeitraum aufnehmen, ohne dass der Aufbau einer dauerhaften familienähnlichen Beziehung angestrebt wird, keine Pflegeeltern im Sinn des § 186 ABGB (vgl 8 Ob 54/11s; 1 Ob 129/15z). Der Oberste Gerichtshof hat jedoch in der schon zitierten, ebenfalls einen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld betreffenden Entscheidung 10 ObS 57/13z darauf hingewiesen, dass, auch wenn eine Unterbringung von Kindern bei Krisenpflegeeltern nicht auf Dauer vorgesehen sein mag, die Anmeldung der Kinder mit Hauptwohnsitz in der Wohnung der Mutter der Klägerin (dort ihrer leiblichen Mutter) nicht zulässig gewesen wäre. Die Beklagte gesteht selbst zu, dass, mag auch die Unterbringung bei Krisenpflegeeltern zunächst nur für wenige Wochen geplant gewesen sein, eine Verlängerung dieser Unterbringung bei Fehlen einer anderen Möglichkeit solange in Betracht kommt, bis die Reintegration in die Familie oder eine andere Unterbringung möglich ist. Dass eine Unterbringung bei Krisenpflegeeltern oder einer Krisenpflegemutter von vornherein nicht auf Dauer angelegt ist, liegt in der Besonderheit dieser aus der Gefährdungslage resultierenden Situation, vermag jedoch auch nach Auffassung des Berufungsgerichts dem Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld die Grundlage nicht zu entziehen. Zweck des Kinderbetreuungsgeldes ist es ganz grundsätzlich, einem Elternteil zu ermöglichen, sich in der ersten Lebensphase eines Kindes dessen Erziehung zu widmen, die Betreuungs- und Erziehungskosten auszugleichen und gegebenenfalls finanzielle Nachteile, die der Verzicht auf ein (Voll-)Erwerbseinkommen bedeutet, abzumildern. Primäre Anspruchsvoraussetzung ist somit die Erbringung von Betreuungsleistungen, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass diese von jenem Elternteil erbracht werden, der mit dem Kind einen gemeinsamen Haushalt führt (Sonntag aaO, 8 mwN aus der Rechtsprechung). Wird im Rahmen einer Gefährdungssituation das Kind bei einer Krisenpflegeperson untergebracht, so begründet dies nicht nur – wie dargestellt – ab dem ersten Tag der Unterbringung einen gemeinsamen Haushalt, sondern verpflichtet die Pflegeperson auch zur Erbringung all jener Betreuungsleistungen, die bei einem funktionierenden Familienverband bzw einer intakten Eltern-Kind-Beziehung von dem jeweiligen Elternteil zu erbringen gewesen wären. Ausgehend von den Feststellungen, wonach zum Zeitpunkt der Übernahme einer Krisenpflege, also zum Zeitpunkt der Unterbringung des minderjährigen Kindes bei einer Krisenpflegeperson die Dauer dessen Verbleibs nicht absehbar ist und es bei Fehlen geeigneter anderer Unterbringungsmöglichkeiten auch zu einer mehrmonatigen Unterbringung bei den Krisenpflegeeltern oder der Krisenpflegeperson kommen kann, ist dem vom Gesetz geforderten Kriterium der dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft schon durch die Besonderheit dieser Situation per se entsprochen. Würde man der Argumentation der Beklagten folgen, wonach bei einer Unterbringungsdauer von unter 91 Tagen weder ein Haushalt noch eine dauernde Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft begründet werden könnte, und weiters davon, dass nur in ganz wenigen Ausnahmefällen ein Krisenpflegeplatz in einer darüber liegenden Dauer benötigt wird, so würde dies im Ergebnis dazu führen, dass Krisenpflegeeltern bzw Krisenpflegepersonen gleichsam vom Bezug von Kinderbetreuungsgeld schon von Gesetzes wegen ausgeschlossen wären. Dies stünde aber nicht nur im Gegensatz zur dargestellten Judikatur, sondern wohl auch zu den Intentionen des Gesetzgebers und zum vorhin dargestellten Gesetzeszweck. Es bedarf keiner Erörterung, dass es dem Gesetzgeber wohl unschwer möglich gewesen wäre, entweder Krisenpflegeeltern an sich vom Bezug von Kinderbetreuungsgeld auszuschließen, oder aber als Anspruchsvoraussetzung einen bestimmten Zeitraum als Mindestverbleib festzulegen. Beides ist nicht geschehen.
Demzufolge hat das Erstgericht den Anspruch der Klägerin auf Kinderbetreuungsgeld für den genannten Zeitraum zutreffend bejaht. Der Umstand, dass das Erstgericht eine Erörterung des Klagebegehrens bzw eine Anleitung der Klägerin zu einer exequierbaren Fassung desselben unterlassen und den Spruch der angefochtenen Entscheidung in Form eines Feststellungsausspruchs gefasst hat, ist durch das Berufungsgericht schon mangels eigenen Rechtsmittels der Klägerin nicht aufzugreifen.
Der Berufung ist demnach ein Erfolg zu versagen.
Die Revision ist zuzulassen, zumal – soweit überblickbar – der Oberste Gerichtshof zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen im Falle der Unterbringung auf einem Krisenpflegeplatz von einer „dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft“ im Sinne des § 2 Abs 6 KBGG gesprochen werden kann, bisher nicht Stellung bezogen hat, und dieser Frage über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zukommt.
Oberlandesgericht Graz, Abteilung 6
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