Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätin sowie die Hofräte Dr. Weber, Mag. Fitz, Mag. Jelinek und MMag. Dr. Dobler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A* P*, vertreten durch Ing. Johannes Kerbl, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei U* AG, *, vertreten durch Mag. Wolfgang Weilguni, Rechtsanwalt in Wien, wegen 21.463,20 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 5. Mai 2025, GZ 33 R 65/25h-61, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 14. Februar 2025, GZ 23 Cg 30/23x-54, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.694,40 EUR (darin enthalten 282,40 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht seit ca 2013 ein Bündelversicherungsvertrag „Hof Ernten 2013“ für einen landwirtschaftlichen Betrieb. Versichert war auch ein Traktor.
[2] Dem Vertrag lagen ua die Bedingungen für die Versicherung von landwirtschaftlichen, selbstfahrenden Arbeitsmaschinen und sonstigen Kraftfahrzeugen mit behördlichen Kennzeichen in der Fassung 07/2014 (F645), die Bedingungen für die Versicherung von landwirtschaftlichen, selbstfahrenden Arbeitsmaschinen und sonstigen Kraftfahrzeugen mit behördlichen Kennzeichen zum Zeitwert in der Fassung 03/2014 (F646) und die Besonderen Bedingungen für die Einbruchsdiebstahlversicherung von landwirtschaftlichen, selbstfahrenden Arbeitsmaschinen und sonstigen Kraftfahrzeugen mit behördlichen Kennzeichen – Hof Ernten – Fassung 06/2015 (E82) zugrunde.
[3] Die F645 und F646 lauten übereinstimmend auszugsweise wie folgt:
„ Was ist versichert? – Artikel 1
Versichert sind die im Versicherungsschein angeführten selbstfahrenden Arbeitsmaschinen und Kraftfahrzeuge, die im Eigentum des Versicherungsnehmer stehen oder ihm unter Eigentumsvorbehalt übergeben wurden.
[…]
Was ist nur mit besonderer Vereinbarung versichert? – Artikel 4
Schäden durch
1. […]
2. Einbruchdiebstahl und Beraubung
sowie
■ Abhandenkommen versicherter Sachen bei derartigen Ereignissen;
■ die unvermeidlichen Folgen bei diesen Ereignissen.
[…]
Wo gilt die Versicherung? – Artikel 5
Die Versicherung gilt innerhalb Europas im geographischen Sinn in ruhendem und fahrendem Zustand. “
[4] Die E82 lautet:
„ Die besondere Vereinbarung gem. Artikel 4, Punkt 2 gilt getroffen.
Abweichend zu Artikel 5 gilt der Versicherungsschutz nur in Österreich in allseits umschlossenen und versperrten Gebäuden sowie im allseits von Mauern umschlossenen Hofraum, soferne das Einfahrtstor versperrt ist. “
[5] In der Nacht vom 7. auf den 8. 3. 2023 wurde von unbekannten Tätern von einem in einer Maschinenhalle abgestellten Traktor ohne Gewalteinwirkung oder gewaltsame Überwindungen das GPS-Leitsystem entfernt.
[6] Der Kläger begehrt gestützt auf den Versicherungsvertrag 21.463,20 EUR sA als Schaden aus einem Einbruchsdiebstahl, bei dem aus einem Traktor die GPS-Anlage gestohlen worden sei.
[7] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab, weil sich der Traktor nicht in einem allseits umschlossenen und versperrten Gebäude befunden habe.
[8] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Besonderen Bedingung E82 fehle.
[9] Da der Kläger in seiner Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu begründen vermag, ist die Revision entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
[10] 1. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines Einbruchsdiebstahls nicht geprüft, sondern die Abweisung des Begehrens auf die Bedingung E82 gestützt.
[11] 2. Der Oberste Gerichtshof ist zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht jedenfalls, sondern nur dann berufen, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind (RS0121516). Dass die Auslegung von Versicherungsbedingungen, zu denen nicht bereits höchstgerichtliche Judikatur existiert, im Hinblick darauf, dass sie in aller Regel einen größeren Personenkreis betreffen, grundsätzlich revisibel ist, gilt nach ständiger Rechtsprechung dann nicht, wenn der Wortlaut der betreffenden Bestimmung so eindeutig ist, dass keine Auslegungszweifel verbleiben können (RS0121516 [T6]; 7 Ob 204/20f; 7 Ob 191/21w).
[12] Die allgemeine Umschreibung des versicherten Risikos erfolgt durch die primäre Risikobegrenzung. Durch sie wird in grundsätzlicher Weise festgelegt, welche Interessen gegen welche Gefahren und für welchen Bedarf versichert sind. Auf der zweiten Ebene (sekundäre Risikobegrenzung) kann durch einen Risikoausschluss ein Stück des von der primären Risikoabgrenzung erfassten Deckungsumfangs ausgenommen und für nicht versichert erklärt werden. Der Zweck liegt darin, dass ein für den Versicherer nicht überschaubares und kalkulierbares Teilrisiko ausgenommen und eine sichere Kalkulation der Prämie ermöglicht werden soll. Mit dem Risikoausschluss begrenzt also der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz, ein bestimmter Gefahrenumstand wird von Anfang an von der versicherten Gefahr ausgenommen ( RS0080166 [T10]; RS0080068 ).
[13] 3. Der erste Teil der Klausel E82 stellt die besondere Vereinbarung dar, nach der auch Schäden aus Einbruchsdiebstahl versichert sind. Der zweite Teil der Klausel begrenzt die Geltung des Versicherungsschutzes auf allseits umschlossene und versperrte Gebäude sowie den allseits von Mauern umschlossenen Hofraum, sofern das Einfahrtstor versperrt ist, und stellt somit einen Risikoausschluss dar.
[14] 4. Es trifft zwar zu, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Klausel E82 oder einer vergleichbaren Klausel nicht vorliegt. Der Wortlaut ist aber so eindeutig, dass in der vorliegenden Konstellation keine Auslegungszweifel bestehen und somit keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt:
[15] Dabei kommt es nicht darauf an, ob ausgehend vom Empfängerhorizont ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer in der Situation des Klägers (vgl 7 Ob 100/11y) aufgrund der – von ihm behaupteten jedoch nicht feststehenden – Besichtigung des landwirtschaftlichen Anwesens durch einen Vertreter der Beklagten und der darauf basierenden Empfehlung zum Abschluss der Einbruchsdiebstahlversicherung hätte annehmen dürfen, dass es sich bei der Maschinenhalle um einen allseits umschlossenen Raum im Sinn der Klausel E82 handelt. Weiteres Element der Klausel ist nämlich, dass der Versicherungsschutz nur für versperrte Gebäude und den allseits von Mauern umschlossenen Hofraum gilt, sofern das Einfahrtstor versperrt ist.
[16] 5. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war das Garagentor des Wirtschaftsgebäudes unversperrt und somit ein ungehinderter Zugang von der Straße zur Maschinenhalle möglich. Zudem war der die – wenn auch steile, so doch begehbare – Böschung umzäunende Maschendraht zur Zeit des Vorfalls so schlecht gespannt, dass ein problemloses Übersteigen des Zauns möglich war, wobei der Zaun überdies an einer Stelle eine Lücke aufwies.
[17] Selbst wenn man am Weg zur Maschinenhalle ein Hundegehege passieren musste, war der Traktor somit nicht in einem versperrten Gebäude abgestellt, was einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer klar sein muss. Die Verneinung der Versicherungsdeckung durch die Vorinstanzen folgt somit aus dem eindeutigen Wortlaut der Klausel und ist nicht korrekturbedürftig.
[18] 6. Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
[19] 7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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