Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hargassner als Vorsitzenden, den Vizepräsidenten Hon. Prof. PD Dr. Rassi und die Hofrätin Dr. Wallner Friedl sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Mutz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Susanne Haslinger (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J*, vertreten durch die Korn Gärtner Rechtsanwälte OG in Salzburg, gegen die beklagte Partei Österreichische Gesundheitskasse, 1100 Wien, Wienerbergstraße 15–19, vertreten durch Dr. Anton Ehm, Dr. Simone Metz, LL.M., und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Familienzeitbonus, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. April 2025, GZ 11 Rs 31/25w 14, mit dem der Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits und Sozialgericht vom 17. Jänner 2025, GZ 19 Cgs 208/24i 9, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 502,70 EUR (darin enthalten 83,78 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Der Kläger ist der Vater des am 19. 4. 2024 geborenen F*. Die Ehefrau des Klägers und der gemeinsame Sohn wurden am 24. 4. 2024 aus dem Krankenhaus entlassen.
[2] Der Kläger vereinbarte mit seinem Dienstgeber für die Zeit ab 23. 4. 2024 für die Dauer von 28 Tagen eine Familienzeit. Ab dem 24. 4. 2024 hatten der Kläger, seine Ehefrau und sein Sohn einen gemeinsamen Hauptwohnsitz.
[3] Mit Bescheid vom 29. 8. 2024 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Zuerkennung des Familienzeitbonus für den Zeitraum von 23. 4. 2024 bis 20. 5. 2024 ab, weil die Anspruchsvoraussetzung des § 2 Abs 1 Z 3 iVm § 2 Abs 4 FamZeitbG nicht erfüllt sei.
[4] Der Kläger begehrte mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage die Zuerkennung des Familienzeitbonus „im gesetzlichen Ausmaß“ für den Zeitraum von 24. 4. 2024 bis 20. 5. 2024. Er habe mit seinem Dienstgeber eine Familienzeit von 28 Tagen ab 23. 4. 2024 vereinbart. Sein Sohn und seine Ehefrau seien jedoch nicht wie geplant am 23. 4. 2024, sondern wegen der Geburt per Kaiserschnitt erst am 24. 4. 2024 aus dem Krankenhaus entlassen worden. Auch wenn es während des Anspruchszeitraums an einzelnen Tagen an der Erfüllung einer der Anspruchsvoraussetzungen fehle, sei nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ein anteiliger Anspruch auf Familienzeitbonus für die Tage, an denen alle sonstigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien, vorgesehen.
[5] Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Da der Sohn und die Ehefrau des Klägers erst am 24. 4. 2024 aus dem Krankenhaus entlassen worden seien, habe sich der Kläger lediglich 27 Tage in Familienzeit iSd § 2 Abs 1 Z 3 FamZeitbG befunden, weshalb die Mindestdauer der Familienzeit von 28 Tagen nicht erreicht werde.
[6] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und verpflichtete die Beklagte zur Gewährung des Familienzeitbonus „im gesetzlichen Ausmaß“.
[7] Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten mit der Maßgabe, dass die Leistungshöhe mit 52,46 EUR täglich festzusetzen sei, nicht Folge. Die ordentliche Revision erklärte es für nicht zulässig.
[8] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten.
[9] Der Kläger spricht sich in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung gegen die Zulässigkeit der Revision aus, in eventu beantragt er deren Abweisung.
[10] Die Revision ist zur Klarstellung zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
[11] 1.1. Der Anspruch auf Familienzeitbonus ist unter anderem an die Voraussetzungen geknüpft, dass sich der Vater im gesamten von ihm gewählten Anspruchszeitraum in Familienzeit befindet (§ 2 Abs 1 Z 3 FamZeitbG) und der Vater, das Kind und der andere Elternteil im gemeinsamen Haushalt leben (§ 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG).
[12] Gemäß § 2 Abs 4 FamZeitbG versteht man als Familienzeit den Zeitraum zwischen 28 und 31 Tagen, in dem sich ein Vater aufgrund der kürzlich erfolgten Geburt seines Kindes ausschließlich seiner Familie widmet und dazu die Erwerbstätigkeit unterbricht, keine andere Erwerbstätigkeit ausübt, keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sowie keine Entgeltfortzahlung aufgrund von oder Leistungen bei Krankheit erhält.
[13] 1.2. Unterbricht der Vater für den gesamten beantragten Anspruchszeitraum, der zwischen 28 und 31 Tagen umfassen muss, seine Erwerbstätigkeit, um sich aus Anlass der Geburt eines Kindes seiner Familie zu widmen (Familienzeit), und fehlt es während des Antragszeitraums nur an einzelnen Tagen an der Erfüllung einer der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen des § 2 FamZeitbG, so besteht nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung (nur) für die Tage, an denen alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, ein anteiliger Anspruch auf Familienzeitbonus (RS0133955).
[14] 1.3. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 10 ObS 130/24a ausführte, ist primäres Argument dafür der Umstand, dass sich aus dem für die Anspruchsberechtigung maßgeblichen § 2 FamZeitbG nicht zwingend ergibt, dass der Anspruch auf Familienzeitbonus materiell nicht auch für einen kürzeren Zeitraum als den nach der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 3 Abs 3 FamZeitbG gewählten bestehen kann. Aus § 2 Abs 1 Z 3 FamZeitbG folgt lediglich, dass sich der Vater im gesamten Zeitraum, in dem ein Anspruch besteht, in Familienzeit befinden muss, die zwischen 28 und 31 Tage beträgt. Die Festlegung eines verbindlichen Anspruchszeitraums gemäß § 3 Abs 3 FamZeitbG ist daher allein für das Verwaltungsverfahren maßgeblich, nicht jedoch für die Frage der Anspruchsberechtigung. Der gänzliche Wegfall des Anspruchs im Fall des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen auch nur an einem Tag des gewählten Bezugszeitraums steht überdies in Widerspruch zum Zweck der Gewährung eines Familienzeitbonus, Väter dazu zu motivieren, sich nach der Geburt des Kindes intensiv dem Kind und der Familie zu widmen.
[15] 1.4. Wesentlich ist jedoch, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Familienzeit und damit ein Bezugszeitraum von zumindest 28 Tagen geplant war und nur aufgrund eines ungeplanten Ereignisses sich sodann dieser Zeitraum verkürzt.
[16] 2.1. Wenn die Revision meint, das Berufungsgericht habe sich über die getroffenen Feststellungen hinweggesetzt, weil der Eintritt eines ungeplantes Ereignisses während der Bezugsdauer nicht festgestellt worden sei, ist ihr zu entgegnen, dass es prozessual unbedenklich ist, unstrittiges Parteivorbringen der Entscheidung ohne Weiteres zugrunde zu legen ( RS0121557 [T8]) und es schadet nicht, dass die Vorinstanzen dazu keine Feststellungen trafen ( RS0121557 [T10]).
[17] 2.2. Dass somit aufgrund der ungeplanten späteren Entlassung der Mutter und des Kindes tatsächlich erst ab 24. 4. 2024 ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kläger bestand, schadet für den Bezug des Familienzeitbonus für den restlichen Zeitraum von 27 Tagen – wie vom Kläger begehrt – nicht.
[18] 2.3. Der Revision der Beklagten kommt somit keine Berechtigung zu.
[19] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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