Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Painsi, Dr. Weixelbraun Mohr, Dr. Steger und Dr. Pfurtscheller als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1. W* und 2. S*, beide vertreten durch KOMWID Kompein Widmann Partner, Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die Antragsgegner 1. C*, 2. A*, 3. Ar*, 4. E*, 5. R* GmbH, *, 1. bis 5. Antragsgegner vertreten durch Dr. Beatrix Wollner Rechtsanwältin in Wien, 6. Mag. P*, 7. MMag. D*, 8. Er*, und 9. M*, wegen § 16 Abs 2 WEG 2002, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 5. August 2025, GZ 40 R 72/25x-20, den
Beschluss
gefasst:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Antragsteller und Antragsgegner sind die Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft in Wien.
[2] Die Antragsteller begehrten die „Ersetzung der Zustimmung der Antragsgegner sowie der dem Verfahren beigezogenen Parteien zu der von den Antragstellern beabsichtigten Ausnahmebewilligung gemäß § 129 Abs 1a BauO für Wien im Hinblick auf ihr Wohnungseigentumsobjekt“. Dazu brachten sie zusammengefasst vor, sie hätten eine baubehördliche Ausnahmebewilligung für die gewerbliche Kurzzeitvermietung ihrer Wohnung erlangen wollen und dazu den Nachtrag zum Wohnungseigentumsvertrag vorgelegt, laut dem die gewerbliche Kurzzeitvermietung sämtlicher Wohnungen ohne Einschränkung zulässig sein sollte. Die zuständige Behörde habe aber eine schriftliche Zustimmung sämtlicher Mit- und Wohnungseigentümer zum konkreten Antrag gefordert. Diese Zustimmung hätten außergerichtlich nicht alle Miteigentümer erteilt. Die nun beantragte „Widmungsänderung“ sei zu bewilligen, weil keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses drohe und damit keine Gefahr für die Sicherheit von Personen oder Sachen einhergehe.
[3] Die 1.- bis 6. Antragsgegner wendeten im Wesentlichen ein, durch die gewerbliche Kurzzeitvermietung würden ihre schutzwürdigen Interessen beeinträchtigt, weil es dadurch zu einer erhöhten Lärmbelästigung und potentiellen Sicherheitsproblemen kommen könne.
[4] Das Erstgericht wies den Antrag mit Hinweis auf die mögliche Beeinträchtigung wesentlicher schutzwürdiger Interessen der Antragsgegner durch die begehrte Widmungsänderung ab.
[5] Das Rekursgericht hob aus Anlass des Rekurses den Sachbeschluss sowie das diesem vorausgegangene Verfahren als nichtig auf und trug dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über den als Klage zu wertenden Antrag auf. Den Revisionsrekurs dagegen ließ es nicht zu.
[6] Der dagegen von den Antragstellern erhobene außerordentliche Revisionsrekurs zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[7] 1. Die Beurteilung der Frage, in welchem Verfahren eine Rechtssache zu behandeln ist, richtet sich nicht nach der Bezeichnung durch die Partei, sondern nach dem Inhalt des Begehrens und dem Parteivorbringen (§ 40a JN). Maßgebend für die Bestimmung der Art des Rechtswegs sind also der Wortlaut des Begehrens und die zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen der das Verfahren einleitenden Partei ( RS0005896 ; RS0013639 ; RS0005861 ). Von Bedeutung ist die Natur, das Wesen des erhobenen Anspruchs ( RS0045718 ; RS0045584 ). Die Behauptungen des Gegners sind für die Beurteilung der Frage, ob eine Sache in das Außerstreitverfahren oder auf den ordentlichen Rechtsweg gehört, ebenso wenig relevant wie die getroffenen Feststellungen ( RS0005861 [T1]; RS0013639 [T9, T18]). Im Zweifel gehören alle in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Sachen auf den Prozessweg (vgl RS0012214 ).
[8] 2.1 Den – vom Rekursgericht für seine Begründung zitierten – Entscheidungen 5 Ob 255/15h und 5 Ob 2/16h lag jeweils ein Antrag zugrunde, der auf die Erwirkung einer „wohnungseigentumsrechtlichen Zustimmung“ zur Verwendung einer bestimmten Wohnung als Freizeitwohnsitz abzielte. In beiden Fällen brachten die Antragsteller jeweils in ihrem – im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren eingebrachten – Antrag vor, sie seien zu einer Nutzung als Freizeitwohnsitz berechtigt, hätten aber die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer gegenüber der Behörde nachzuweisen. Der Fachsenat kam in beiden Fällen zu dem Ergebnis, dass ein solcher Antrag als Klage zu werten sei, weil der – nach dem Wortlaut des Begehrens und den zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen zu beurteilende – Kern des Anspruchs die Feststellung sei, dass der Wohnungseigentümer gegenüber den übrigen Mit- und Wohnungseigentümer aufgrund seiner (vertraglichen) Widmung zur Nutzung seines Wohnungseigentumsobjekts als Freizeitwohnsitz berechtigt sei und die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer daher eine allenfalls erforderliche ausdrückliche Zustimmungserklärung nicht verweigern dürften. Eine Grundlage für einen schlüssigen Verweis eines solchen Rechtsschutzanspruchs in das Außerstreitverfahren nach § 52 WEG bestehe nicht, denn die selbständige Feststellung der Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer als Vertragsparteien gehöre auf den ordentlichen Rechtsweg.
[9] 2.2 Auch im vorliegenden Fall haben die Antragsteller sich sowohl nach dem Wortlaut als auch im Kern ihres Antrags (mehrfach) insbesondere darauf gestützt, dass die anderen Mit- und Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu der geplanten Verwendung ihrer Wohnung infolge der vertraglichen Vereinbarung im Nachtrag zum Wohnungseigentumsvertrag nicht verweigern dürften. Damit erheben sie aber – ähnlich wie in den Fällen der beantragten Zustimmungserklärung zur Verwendung als Freizeitwohnsitz – ein Begehren, das in Wahrheit nicht auf eine Änderung der Widmung des Wohnungseigentumsobjekts abzielt, sondern darauf, dass bereits wirksam eine vertragliche Einigung auf eine solche Verwendung (durch die Formulierung im Nachtrag zum Wohnungseigentumsvertrag) vereinbart worden sei und die anderen Mit- und Wohnungseigentümer aus diesem Grund ihre – für den baubehördlichen Antrag erforderliche – Zustimmung zu erteilen hätten. Damit sprechen sie auch keine Angelegenheit der Benützung der gemeinsamen Sache im Sinn des § 838a ABGB an (5 Ob 155/15h Pkt 3.3.4 mwN).
[10] 3.1 Die Antragsteller verweisen zwar darauf, dass sie ihr Begehren (auch) auf § 16 WEG und darauf gestützt hätten, dass die touristische Nutzung eines als Wohnung gewidmeten Wohnungseigentumsobjekts eine genehmigungspflichtige Widmungsänderung bedeute (bzw die Zulässigkeit einer solchen Nutzung eine entsprechende Widmungsänderung voraussetze). Eine Widmungsänderung streben sie nach dem eindeutigen Wortlaut ihres Begehrens aber gerade nicht an. Wenn die Antragsteller in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs dennoch behaupten, sie hätten – gemeint offenbar: nur – die Einholung der Zustimmung zu einer beantragten Umwidmung ihrer Wohnung begehrt, so steht dies im Widerspruch zu ihrem eigenen Vorbringen im verfahrenseinleitenden Antrag.
[11] 3.2 Die Beurteilung des Rekursgerichts, die Antragsteller hätten ihr Begehren, die für ihren behördlichen Antrag gemäß § 129 Abs 1a BauO für Wien erforderlichen Zustimmungserklärungen zu erhalten, im streitigen Verfahren durchzusetzen, steht daher im Einklang mit der Rechtsprechung des Fachsenats und bedarf keiner Korrektur.
[12] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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