Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Faber, Mag. Pertmayr, Dr. Weber und Mag. Nigl LL.M. als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Mag. R* K*, Rechtsanwalt, *, gegen die beklagten Parteien 1. M* R*, vertreten durch Dr. Martin Brenner, Rechtsanwalt in Baden, 2. Mag. Dr. W* M*, Rechtsanwalt, *, wegen 20.000 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision und den „Rekurs“ der klagenden Partei gegen das Urteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungs- und Rekursgericht vom 27. März 2024, GZ 2 R 6/24b 189, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Der „Rekurs“ und die außerordentliche Revision werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO (§ 526 Abs 2 Satz 1 ZPO) mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO (§ 528 Abs 1 ZPO) zurückgewiesen.
Begründung:
[1] 1. Die von der Klägerin behauptete Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des zweitinstanzlichen Verfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO, § 528a ZPO).
[2] 2. 1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der in diesem Verfahren ergangenen Vorentscheidung 6 Ob 2/19s ausgesprochen, dass der Kläger die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB nicht gewahrt hat und die dreißigjährige Verjährungsfrist nach dieser Gesetzesstelle nur zur Anwendung kommt, wenn den Beklagten eine Verleumdung des Klägers iSd § 297 StGB zur Last läge, mit der sie diesem eine Handlung anlasteten, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht war.
[3] 2.2. Der innere Tatbestand der Verleumdung nach § 297 StGB erfordert hinsichtlich der falschen Verdächtigung wissentliches Handeln (§ 5 Abs 3 StGB). Demnach muss es der Täter für gewiss halten, dass die von ihm ausgesprochene Tatsachenmitteilung (Vorwurf) falsch ist und der Verdächtigte die Handlung, deren er bezichtigt wird, nicht begangen hat (RS0096574 [insb T1]; RS0096566; 14 Os 88/88).
[4] 2.3. Der Erst- und der Zweitbeklagte waren von der Richtigkeit der in der Disziplinaranzeige und der inhaltlich gleichlautenden Sachverhaltsdarstellung/Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft K* vom 22. 5. 2009 erhobenen Vorwürfe überzeugt.
[5] Damit fehlte es für das Vorliegen einer Verleumdung nach § 297 StGB schon an der erforderlichen subjektiven Tatseite. Die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB scheidet somit aus (so schon das Erstgericht). Ob die Beklagten dem Kläger in der Sachverhaltsdarstellung oder der Disziplinaranzeige eine Handlung anlasteten, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht war, ist daher nicht mehr entscheidend; ebenso wenig, ob weitere Tatbestandsmerkmale einer Verleumdung erfüllt waren.
[6] 2.4. Die Beurteilung der Vorinstanzen, die zum Ergebnis gelangten, die behaupteten Schadenersatzansprüche des Klägers seien bereits verjährt, bedarf demnach keiner Korrektur.
[7] 3.1. Der Oberste Gerichtshof hat zudem in der in diesem Verfahren ergangenen weiteren Vorentscheidung 6 Ob 170/19x die Ansicht des Berufungsgerichts im diesbezüglichen klagsabweisenden Teilurteil gebilligt, wonach dem Kläger im veröffentlichten Beitrag in „B*“ vom 4. 3. 2009 mit dem Titel „R*“ keine mit Strafe bedrohte Handlung, sondern lediglich standeswidriges Verhalten vorgeworfen worden und ein darauf gestützter Schadenersatzanspruch des Klägers daher verjährt ist; ebenso die Abweisung des auf Schadenersatz gestützten Zahlungsbegehrens durch die Vorinstanzen als unschlüssig.
[8] 3.2. Die behauptete „Verleumdungskampagne“, in der das Rechtsmittel des Klägers eine einheitliche Tathandlung und daraus abgeleitet eine einheitliche (dreißigjährige) Verjährung mit dem Schaden aus der Sachverhaltsdarstellung vom 22. 5. 2009 erblickt, wurde bereits auf Tatebene verneint (6 Ob 170/19x). Es steht überdies auch im nunmehrigen zweiten Rechtsgang fest, dass Erst- und Zweitbeklagter zu keinem Zeitpunkt planten, den Kläger in irgendeiner Form durch Einbringen der Disziplinar- oder Strafanzeige zu ruinieren oder zu diffamieren, und dass weder der Erst- noch der Zweitbeklagte an weiteren Artikelveröffentlichungen durch eine weitere Person in irgendeiner Form mitwirkten.
[9] 3.3. Nimmt das zweitinstanzliche Gericht – wie hier – eine inhaltliche Prüfung vor, obwohl es seine Entscheidungsbefugnis aus formalen Gründen verneint, ist sein Beschluss nach ständiger Rechtsprechung als Sachentscheidung anzusehen; der formale Teil ist dann unbeachtlich (RS0044232). Der Oberste Gerichtshof ist dann befugt, das dagegen erhobene Rechtsmittel in der Sache zu prüfen (vgl RS0007037 [T10]).
[10] 3.4. Die Vorinstanzen erachteten auch das neuerliche Feststellungsbegehren betreffend den Beitrag vom 4. 3. 2009 und das (nur gegen den Erstbeklagten) ausgedehnte Schadenersatzbegehren wegen der Veröffentlichung der Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft K* vom 22. 5. 2009 auf Zahlung entgangener Honorare in den Jahren 2009/2010 als verjährt. Diese Beurteilung findet Deckung in den erörterten Vorentscheidungen und den obigen Ausführungen zu der für das Vorliegen einer Verleumdung nach § 297 StGB fehlenden subjektiven Tatseite. Gegen die Auffassung, ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers, anstelle der teilweisen Zurückweisung der Klage eine Klagsabweisung zu erwirken, bestehe nicht, führt das Rechtsmittel keine Argumente ins Treffen und versäumt es derart, auch insoweit eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.
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