Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Faber, Mag. Pertmayr, Dr. Weber und Mag. Nigl LL.M. als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S* W*, vertreten durch Mag. Georg Morent, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei C* S*, vertreten durch Mag. Katharina Hausmann, Rechtsanwältin in Berndorf, wegen 2.400 EUR und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 7. Juli 2025, GZ 18 R 42/25t 23, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 24. Februar 2025, GZ 7 C 135/24h 17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 668,59 EUR (darin enthalten 111,43 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Beklagte beauftragte zum Zweck der Errichtung einer Stützmauer ein Bauunternehmen mit der Durchführung von Grabarbeiten auf ihrer Liegenschaft an der Grundstücksgrenze zur Klägerin. Den Grabarbeiten ging ein gerichtliches Verfahren zwischen den Parteien voran, in dem die Klägerin von der Beklagten unter anderem die Entfernung der damals vorhandenen Grenzmauer begehrte. Die Parteien hatten Ruhen des Verfahrens vereinbart, weil sie nach einer außergerichtlichen Lösung strebten. Zur Wahrung des nachbarschaftlichen Friedens hatte sich die Beklagte bereit erklärt, die alte Grenzmauer zu entfernen und eine neue zu errichten. Die Thematik, dass es im Zuge der Grabarbeiten aufgrund von Wurzeleinkürzungen zu Schäden an den sich in unmittelbarer Nähe der Grundstücksgrenze befindlichen Bäumen der Klägerin kommen könnte, wurde zwischen den Streitteilen und dem Bauunternehmen besprochen, allerdings keiner abschließenden Lösung oder Einigung zugeführt. Die Neuerrichtung der Mauer wurde der Baubehörde angezeigt. Die Arbeiten wurden fertiggestellt und die neue Mauer errichtet.
[2] Die Klägerin begehrt Ersatz für Schäden an drei Bäumen auf ihrem Grundstück, die durch die Grabungsarbeiten im Zuge der Neuerrichtung der Grenzmauer an ihren Wurzeln beschädigt worden seien, und die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden. Die Kosten für dadurch erforderliche Baumpflegemaßnahmen würden den Klagsbetrag erfordern. Es sei nicht auszuschließen, dass die Bäume künftig dennoch gänzlich entfernt werden müssten.
[3] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
[4] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Im Rechtsmittelverfahren stützte sich die Klägerin nur mehr auf eine verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten in Analogie zu § 364a ABGB. Die in der Rechtsprechung dafür entwickelten Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor.
[5] Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und ließ die ordentliche Revision zu, weil der Frage, ob die klageweise Veranlassung zu Grabungsarbeiten und die fehlende Einigung über die Schadenstragung im Vorfeld einen Anspruch nach § 364a ABGB analog ausschlössen, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
[6] Die Revision ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruchs des Berufungsgerichts – nicht zulässig . Weder in der Zulassungsbegründung noch in der Revision wird eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt:
[7] 1. Das Recht des Grundeigentümers (vgl RS0010641) ist bezüglich der von seinen Bäumen (oder Sträuchern) ausgehenden Beeinträchtigungen der Nachbarliegenschaft durch Äste und Wurzeln nach § 422 ABGB beschränkt (4 Ob 25/16d ErwGr 1.1.). Der Nachbar kann die in seinen Grund eindringenden Wurzeln entfernen und die über seinem Luftraum hängenden Äste abschneiden (§ 422 Abs 1 ABGB).
[8] 2. Dem Liegenschaftseigentümer steht grundsätzlich kein Anspruch darauf zu, dass sich auf seiner Liegenschaft stehende Bäume über die Grundgrenze auf die Nachbarliegenschaft ausdehnen können (5 Ob 16/14k).
[9] D er Entzug von Entfaltungsraum für einen auf der Nachbarliegenschaft wachsenden Baum in dem Sinn, dass sich dieser nicht über die Grundgrenze entfalten kann, kann nicht als schädigende „Einwirkung“ von einem Grundstück auf ein anderes verstanden werden und stellt daher auch keine Immission iSd § 364 Abs 2 ABGB dar (vgl 5 Ob 16/14k; idS schon das Erstgericht) . Auf eine solche „Einwirkung“ alleine kann auch e ine Haftung des Nachbarn für die Schädigung eines über der Grundgrenze wachsenden Baums, die er durch die Errichtung einer Mauer an der Grundgrenze verursacht hat, nicht gestützt werden (5 Ob 16/14k) .
[10] 3. Schon deshalb ist die Ansicht der Vorinstanzen, die zum Ergebnis gelangten, die Klägerin könne den geltend gemachten verschuldensunabhängigen E rsatzanspruch nicht erfolgreich auf eine analoge Anwendung des § 364a ABGB stützten, nicht korrekturbedürftig.
[11] E s liegen daher auch Feststellungsmängel im Zusammenhang mit den behaupteten eingetretenen und zu erwarteten Schäden an den Pflanzen der Klägerin nicht vor.
[12] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 ZPO iVm § 50 Abs 1 ZPO.
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