Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätin sowie die Hofräte Dr. Weber, Mag. Fitz, Mag. Jelinek und MMag. Dr. Dobler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R* GmbH, *, vertreten durch Podovsovnik Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei M* GmbH, *, vertreten durch Kaan Cronenberg Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 236.101,24 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 15. Juli 2025, GZ 3 R 114/25x 36, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Ersatz von 236.101,24 EUR sA wegen der Klägerin als Vermieterin von ihrer Mieterin entgegengehaltenen Mietzinsminderungsansprüchen und die Feststellung der Haftung für alle zukünftigen Schäden aus der mangelhaften Planung eines Kinderwagenabstellplatzes und weiterer Räumlichkeiten des auf der Liegenschaft der Klägerin errichteten Bauprojekts im Zusammenhang mit ungenügender Raumakustik und überhöhter Hitzeentwicklung. Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren abgewiesen, weil sie den Anspruch der Klägerin als verjährt angesehen haben.
[2] Die Klägerin zeigt mit ihrer außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:
[3] 1. Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den allgemeinen Verjährungsregeln gemäß § 1489 ABGB binnen drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger. Die Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen soweit kennt, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann (RS0034524; RS0034378). Maßgeblich ist, ob dem Geschädigten objektiv alle für das Entstehen des Anspruchs maßgebenden Tatumstände bekannt waren (RS003454). Der den Anspruch begründende Sachverhalt muss dem Geschädigten aber nicht in allen Einzelheiten bekannt sein (RS0034524 [T24, T25]). Aus den bekannten Umständen muss schlüssig ein Zusammenhang zwischen einem Fehlverhalten oder einer Pflichtverletzung des Schädigers und dem Schaden hergestellt werden können (RS0034366 [T28]).
[4] 2. Wenn der Geschädigte die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann, gilt die Kenntnisnahme schon als in dem Zeitpunkt erlangt, in welchem sie ihm bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre, wobei die Erkundigungspflicht des Geschädigten nicht überspannt werden darf (RS0034327; RS0034335). Sie setzt regelmäßig deutliche Anhaltspunkte für einen Schadenseintritt voraus. Es braucht konkrete Verdachtsmomente, aus denen der Anspruchsberechtigte schließen kann, dass Verhaltenspflichten nicht eingehalten wurden (RS0034327 [T21]). Zweifel an der Erweisbarkeit des bekannten anspruchsbegründenden Sachverhalts schieben den Verjährungsbeginn nicht hinaus (RS0034374 [T46]).
[5] 3. Haben sich aus einer einzelnen schädigenden Handlung fortlaufend gleichartige schädliche Folgen entwickelt, die im überschaubaren Zusammenhang stehend und schon ursprünglich voraussehbar waren, so handelt es sich um einen einheitlichen Schaden, der schon durch die erste schädliche Auswirkung entstanden ist. In solchen Fällen sind die Wirkungen des schädigenden Ereignisses bekannt, auch wenn erst ein Teil von ihnen eingetreten ist (RS0034618). Dann gilt aber die durch den ersten Schaden („Primärschaden“) ausgelöste Verjährungsfrist für alle vorhersehbaren Folgeschäden (vgl RS0097976). Der drohenden Verjährung des Ersatzanspruchs für Folgeschäden ist – und zwar auch bei Nichteinklagung des Primärschadens – mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen (RS0087613; RS0034618 [T5]; RS0097976 [T3]; 3 Ob 11/25a Rz 7).
[6] 4. Wann der für eine erfolgreiche Klagsführung des Geschädigten ausreichende Kenntnisstand über die Schadenszurechnung erreicht ist, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0034524 [T23, T32]; RS0034374 [T47]). Dasselbe gilt sinngemäß auch für das Ausmaß der Erkundungspflicht des Geschädigten über den die Verjährungsfrist auslösenden Sachverhalt (RS0034327; RS0113916).
[7] 5. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach in der vorliegenden Konstellation der Primärschaden bereits in der Errichtung (und Übergabe) eines mangelhaft geplanten Gebäudes an die Klägerin als Werkbestellerin besteht, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung zum Primärschaden. Auch die Ansicht des Berufungsgerichts, aufgrund des von Beginn an eingeschränkten Kreises möglicher Verursacher der Schäden und der deutlichen Hinweise auf Planungsfehler im Rahmen der von den Mietern der Klägerin geltend gemachten Mietzinsminderungsansprüche bereits im Jahr 2017 und 2018 hätte zumindest eine Erkundungspflicht der Klägerin bestanden, folgt höchstgerichtlicher Rechtsprechung und bedarf daher keiner Korrektur.
[8] 6. Der Klägerin war im konkreten Fall auch nicht zuzubilligen, das Ergebnis des mit ihren Mietern geführten Bestandverfahrens im Hinblick auf deren Mietzinsminderungsansprüche abzuwarten. In diesem Verfahren ist ausschließlich zu klären, ob Mängel am Objekt – die nicht der Sphäre der Mieter zuzurechnen sind – die Nutzung der Mieter einschränken, aber nicht die Frage, welcher der von der Klägerin beauftragten Professionisten diese verursacht hat. Daran vermag auch die von der Klägerin in der Revision ins Treffen geführte Streitverkündung im Rahmen dieses Verfahrens nichts zu ändern. Eine solche dient dazu, demjenigen, der sich am Verfahren trotz Streitverkündung nicht beteiligt, im Regressprozess rechtsvernichtende oder rechtshemmende Einreden hinsichtlich der Berechtigung der Mietzinsansprüche abzuschneiden (vgl RS0107338), führt aber nicht zur Klärung von Kausalitätsfragen zwischen den verschiedenen möglichen Verursachern der Schäden der Klägerin.
[9] 7. Die Revision ist damit zurückzuweisen.
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