Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Painsi, Dr. Weixelbraun Mohr, Dr. Steger und Dr. Pfurtscheller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M* N*, vertreten durch die Linsinger Partner Rechtsanwälte GmbH in St. Johann im Pongau, gegen die beklagten Parteien 1. J* N*, 2. I* N*, beide vertreten durch die Dr. Paul Kreuzberger, Mag. Markus Stranimaier Mag. Manuel Vogler Rechtsanwälte Strafverteidiger OG in Bischofshofen, sowie der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Parteien Gemeinde *, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung (Streitwert 7.700 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 6. Februar 2025, GZ 53 R 123/24f-33, den
Beschluss
gefasst:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Dem Kläger gelingt es nicht, das Vorliegen einer Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die Revision ist daher zurückzuweisen.
[2] 1.1. Nach § 405 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was sie nicht beantragt hat. Diese Bestimmung spiegelt die negative Seite des Dispositionsgrundsatzes wider: die Sachanträge stecken den Entscheidungsbereich des Gerichts ab. Unzulässig ist daher der Zuspruch von mehr (einem Plus) oder etwas anderem (einem Aliud) als vom Kläger begehrt, nicht aber der Zuspruch bloß eines Teils davon (eines Minus; 3 Ob 86/16t; 4 Ob 93/13z mwN).
[3] Die Zulässigkeit der Zuerkennung eines Minus bei Leistungsklagen folgt aus der Erwägung, dass der Antrag auf Zuerkennung des Minus immer in dem geltend gemachten Begehren eingeschlossen ist; dort, wo dieser Gesichtspunkt bei Feststellungsklagen zutrifft, ist es auch bei diesen Klagen zulässig, an Stelle des in der Klage genannten Anspruchs den Bestand eines geringeren Anspruchs festzustellen (RS0037476; RS0037485).
[4] Ob ein Minus oder Aliud vorliegt, ergibt sich aus dem Vergleich zwischen dem gestellten Begehren und dem Urteilsspruch unter Berücksichtigung der rechtserzeugenden Tatsachen (RS0041023). Für die Beantwortung der Frage, ob das Gericht in seinem Urteilsspruch über die in § 405 ZPO gezogenen Schranken hinausgegangen ist, ist also nicht allein das Klagebegehren, sondern auch der übrige Inhalt der Klage maßgebend (RS0041078). Wesentlich für den Entscheidungsspielraum des Gerichts sind daher der vorgetragene Sachverhalt und die hiefür angegebenen Tatsachen (3 Ob 86/16t).
[5] 1.2. Auch bei Feststellungsbegehren und Unterlassungsbegehren in Bezug auf Dienstbarkeiten lässt die Rechtsprechung einen Teilzuspruch (Minderzuspruch, Minus) zu (5 Ob 38/22g; 8 Ob 104/14y; 8 Ob 13/14s; 4 Ob 93/13z; RS0037485 [T11 bis T14]). Eine solche Einschränkung kann sich auf die räumliche Ausdehnung, den sachlichen Umfang oder auf den Zeitraum der Ausübung beziehen. Immer vorausgesetzt ist, dass das Minus im geltend gemachten Begehren „eingeschlossen“ ist (5 Ob 38/22g; 8 Ob 13/14s).
[6] Ob bei konfessorischen Feststellungsbegehren in diesem Sinn im Verhältnis zur klagsweise beanspruchten Dienstbarkeit ein Minus oder ein Aliud vorliegt, hängt stets von den konkreten Umständen und zwar insbesondere vom Vorbringen der Partei ab (8 Ob 13/14s; 4 Ob 93/13z), sodass dies im Regelfall keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufwirft (5 Ob 38/22g). Gleiches gilt mit Blick auf negatorische Unterlassungs- und Feststellungsbegehren sinngemäß auch in Bezug auf das vom Kläger in diesen Fällen bestrittene Recht.
[7] 1.3. Eine aus Gründen der Rechtssicherheit ausnahmsweise im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zeigt die Revision nicht auf.
[8] Der Kläger begehrte die Feststellung, dass die Dienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechts im Ausmaß einer in ihren Grenzen (in zwei Varianten) konkret bezeichneten Fläche besteht. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts war dieses Klagebegehren abzuweisen, weil das Geh- und Fahrtrecht von jeher eine Dienstbarkeitsfläche umfasst habe, die größer sei als jene, die der Kläger dem Klagebegehren zugrunde gelegt hätte. Der Klagegrund, die Beklagten würden, ohne die erforderlichen Rechte dazu, über neu gewonnene Flächen verfügen, bestehe daher nicht. Die Festlegung der Dienstbarkeitsfläche in einem der vom Kläger begehrten Ausmaße würde die ungemessene Dienstbarkeit in eine gemessene umwandeln. Der Kläger habe die Feststellung der Dienstbarkeit mit einem konkret bezeichneten Verlauf ihrer Grenzen begehrt. Die Festlegung des Verlaufs der Dienstbarkeit anders als in der Klage angeführt finde im Klagebegehren somit keine Deckung, eine solche Feststellung wäre daher ein Aliud.
[9] In seiner Revision argumentiert der Kläger, das Klagebegehren habe nicht auf die Beschränkung der Dienstbarkeitsfläche abgezielt, sondern auf die temporäre flächenmäßige Erfassung der an sich ungemessenen Dienstbarkeit. Angesichts des auf Feststellung einer in ihren Grenzen und ihrem räumlichen Ausmaß ganz konkret bestimmten Dienstbarkeitsfläche gerichteten Klagebegehrens (vgl RS0114308 [T1]) und des Vorbringens des Klägers zur rechtswidrigen Ausweitung der Dienstbarkeit und der damit verbundenen unerträglichen Mehrbelastung seines Eigentums bedarf dieses Verständnis des Berufungsgerichts keiner Korrektur im Einzelfall. Die Argumentation des Klägers stellt sich vor diesem Hintergrund vielmehr als Versuch dar, dem Klagebegehren doch noch einen erfolgversprechenden Sinn zu geben. Allerdings lässt sich aus seinem Prozessvorbringen schon das nach § 228 ZPO erforderliche eigene rechtliche Interesse des Klägers an der Feststellung des unstrittigen Ausmaßes der Dienstbarkeit (als Minus) nicht ableiten.
[10] 2. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor.
[11] 3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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