Rückverweise
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richterin und weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch Hofbauer Rechtsanwalts GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei H*, vertreten durch Kneissl Tuncer Ebermayer Rechtsanwälte GmbH in Kitzbühel, wegen 23.400 EUR sA, über die Revisionen beider Streitteile gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 31. Jänner 2025, GZ 5 R 88/24s 36, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 31. Juli 2024, GZ 20 Cg 58/23b 28, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 753,48 EUR (darin enthalten 125,58 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Das Berufungsgerichtminderte die von der klagenden Immobilienmaklerin für die Vermittlung eines Liegenschaftskaufs eingeklagte Provision gemäß § 3 Abs 4 MaklerG um drei Viertel. Es gab daher dem Zahlungsbegehren nur im Umfang von 5.850 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren von 17.550 EUR sA ab. Die Klägerin habe die Unterfertigung des zwischen dem Verkäufer und dem Beklagten bereits verbindlich vereinbarten Kaufvertrags (erfolglos) zu verhindern versucht. Die darin liegende schwere Pflichtverletzung rechtfertige zwar die Reduktion des Provisionsanspruchs auf ein Viertel, wegen des letztlich erfolgten Geschäftsabschlusses aber nicht den gänzlichen Entfall der Provision.
[2] Das Berufungsgericht erklärte die Revision nachträglich für zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Verdienstlichkeit eines Maklers im Fall des (erfolglos gebliebenen) Versuchs einer nachträglichen Vereitelung des von ihm vermittelten Geschäfts vorliege.
[3]Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts sind die Revisionen der Streitteile nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zu beantworten ist.
[4]1. Nach § 3 Abs 4 MaklerG kann der Auftraggeber wegen Verletzung wesentlicher Pflichten des Maklers eine Mäßigung des Provisionsanspruchs nach Maßgabe der durch den Pflichtverstoß bedingten geringeren Verdienstlichkeit des Maklers verlangen. Die gefestigte jüngere Rechtsprechung verlangt aber keinen Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Verdienstlichkeit (Leistung) des Maklers (vgl 6 Ob 203/17x [Punkt 3.1. mwN]).In der Regel ist dann von einer Wesentlichkeit der Pflichtverletzung auszugehen, wenn die verletzte Pflicht nicht von ganz untergeordneter Bedeutung ist. Es kommt nicht darauf an, ob durch die Pflichtverletzung ein Schaden eingetreten ist (vgl RS0109995).
[5]Bei der Mäßigung nach § 3 Abs 4 MaklerG handelt es sich um eine Art Vertragsstrafe (8 Ob 82/21y [Rz 16]).Die Mäßigung der Provision ist direkt proportional zu den Pflichtverletzungen des Maklers vorzunehmen (4 Ob 139/06d; 8 Ob 82/21y [Rz 18] ).
[6]2. Das Ausmaß einer nach den dargelegten Kriterien ermittelten Provisionsminderung nach § 3 Abs 4 MaklerG kann immer nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen vorgenommen werden ( 9 Ob 11/23t [Rz 11 mwN]). Einen die Zulässigkeit der Revision ausnahmsweise dennoch rechtfertigenden groben Ermessensfehler des Berufungsgerichts ( RS0111058 [T7]) zeigen die Streitteile nicht auf:
[7] 3. Entgegen den Ausführungen der Klägerin liegt kein der Entscheidung 8 Ob 82/21y vergleichbarer Fall vor. Da der zwischen Verkäufer und Beklagtem abgeschlossene Kaufvertrag unstrittig unter der aufschiebenden Bedingung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung abgeschlossen wurde, entstand der Provisionsanspruch der Klägerin erst mit Erteilung dieser Genehmigung ( RS0062806). Damit ist ihrer Argumentation, die von ihr vor Unterzeichnung des Kaufvertrags gesetzten Vereitelungshandlungen seien als nachvertraglich – und damit ohne Auswirkung auf die Verdienstlichkeit – einzustufen, der Boden entzogen. Anders als in der Entscheidung 8 Ob 82/21y liegt im Anlassfall ein zeitlicher und inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem Pflichtenverstoß der Maklerin (vgl RS0061254und § 28 MaklerG zum Treueverhältnis zwischen Auftraggeber und Makler) und ihrer provisionspflichtigen Vermittlungstätigkeit auf der Hand.
[8] Die vom Berufungsgericht vorgenommene Minderung auf ein Viertel begegnet vor dem Hintergrund der Schwere der Pflichtverletzung der als Doppelmaklerin zur redlichen und sorgfältigen Interessenwahrung gegenüber beiden Auftraggebern angehaltenen Klägerin (vgl RS0123712 [T3]) keinen Bedenken.
[9] 4. Der Beklagte zeigt mit den Ausführungen zum aus seiner Sicht gebotenen gänzlichen Entfall des Provisionsanspruchs ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage auf. Die Bejahung der Verdienstlichkeit der Klägerin durch das Berufungsgericht ist von der Rechtsprechung (etwa 9 Ob 25/24b[Rz 18 mwN]) gedeckt. Außerdem hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach – wenn auch im Zusammenhang mit einer Mäßigung des Provisionsanspruchs des Maklers aufgrund der Verletzung der besonderen Aufklärungspflichten des Immobilienmaklers nach § 30b Abs 1 KSchG iVm § 3 Abs 4 MaklerG – ausgeführt, dass ein Verstoß des Maklers gegen Aufklärungspflichten zwar zu einer Mäßigung des Provisionsanspruchs, nicht jedoch zum gänzlichen Entfall des Vermittlungsentgelts führt ( RS0111058 [T11]; 10 Ob 26/07g ; 1 Ob 304/02s ). Der vom Berufungsgericht unter Hinweis auf eine Literaturmeinung vertretenen Rechtsansicht, dass eine Minderung der Provision auf Null im Hinblick auf das letztlich geglückte Zustandekommen des von der Klägerin vermittelten Kaufvertrags auch im Anlassfall nicht in Betracht komme, setzt der Beklagte in der Revision nichts Stichhältiges entgegen.
[10]5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 iVm § 50 ZPO. Die Streitteile haben in ihren Revisionsbeantwortungen erkennbar auf die Unzulässigkeit der Revision der Gegenseite hingewiesen. Saldiert ergibt sich der aus dem Spruch ersichtliche Kostenersatz.
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