Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, die Hofrätin und Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Korn, Dr. Stiefsohn und Mag. Böhm in der Pflegschaftssache der minderjährigen 1. N* 2016, und 2. A* 2019, *, vertreten durch die Mutter A*, diese vertreten durch Mag. Elisabeth Gössler, Rechtsanwältin in Wilhelmsburg, wegen Unterhalt, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters M*, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 21. Mai 2025, GZ 23 R 129/25f-31, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Mit Beschluss vom 24. 3. 2025 verhängte das Erstgericht gemäß § 79 AußStrG über den Vater eine Geldstrafe, weil dieser im Unterhaltsbemessungsverfahren seiner minderjährigen Kinder trotz Androhung einer Ordnungsstrafe dem gerichtlichen Auftrag, die vom bestellten Sachverständigen angeführten, für die Erstattung des Gutachtens zur Höhe seiner Unterhaltsbemessungsgrundlage notwendigen Unterlagen vorzulegen, nicht nachkam.
[2] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge.
[3] Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.
[4] 1. Beschwerdegegenstand bei Geldstrafen ist die Bestrafung als solche ( RS0038625 ua; zum Unterhaltsbemessungsverfahren Minderjähriger: 6 Ob 179/16s ). Der Entscheidungsgegenstand ist damit iSd § 62 Abs 3 und 4 AußStrG nicht rein vermögensrechtlicher Natur ( RS0109789 [T16]). Der Revisionsrekurs ist daher wertunabhängig nach Maßgabe des § 62 Abs 1 AußStrG zu behandeln ( RS0038625 [T2]; 6 Ob 54/24w Rz 3 mwN).
[5] 2. Nach § 79 Abs 1 AußStrG hat das Gericht Verfügungen, die für den Fortgang des Verfahrens notwendig sind, gegenüber Personen, die sie unbefolgt lassen, von Amts wegen durch angemessene Zwangsmittel durchzusetzen; als Zwangsmittel kommen insbesondere auch Geldstrafen in Betracht (§ 79 Abs 2 Z 1 AußStrG). Voraussetzung für die Anwendung ist eine durchsetzbare Pflicht. Für Auskunftspflichten in Unterhaltssachen kann sich eine solche aus § 102 AußStrG ergeben (vgl RS0124115 ; 6 Ob 179/16s; 4 Ob 47/18t ).
[6] Eine aufzugreifende Fehlbeurteilung der Vorinstanzen, die die Verhängung der Ordnungsstrafe im Anlassfall auf § 102 Abs 1 AußStrG stützten, vermag der Revisionsrekurs nicht aufzuzeigen:
[7] Nach § 102 Abs 1 AußStrG haben Personen, deren Einkommen oder Vermögen für die Entscheidung über den gesetzlichen Unterhalt zwischen in gerader Linie verwandten Personen von Belang ist, dem Gericht hierüber Auskunft zu geben und die Überprüfung von deren Richtigkeit zu ermöglichen. Das Erstgericht zog im Rahmen des ihm zukommenden Beweisaufnahmeermessens (vgl R S0006319 [T2]) im Anlassfall dem Verfahren einen Sachverständigen bei, um die Richtigkeit der vom Vater zu seiner Unterhaltsbemessungsgrundlage gemachten Angaben, die im Widerspruch zur Behauptung seiner Kinder stehen, er habe Privatentnahmen aus der GmbH, deren Alleingesellschafter er ist, getätigt, überprüfen zu können. Dass das Erstgericht dabei letztlich die Vorlage jener Unterlagen auftrug, die der Sachverständige als zur Erstellung seines Gutachtens erforderlich erachtete, ändert nichts daran, dass sich der erteilte Auftrag dennoch auf § 102 Abs 1 AußStrG stützt.
[8] Auf die im Revisionsrekurs genannten Bestimmungen des § 35 AußStrG iVm § 359 ZPO sowie § 31 Abs 5 AußStrG als (weitere) Rechtsgrundlagen für eine durchsetzbare Mitwirkungspflicht (vgl dazu 1 0 Ob 46/15k ; 6 Ob 179/16s ua) kommt es daher nicht an.
[9] 3. Ob eine Zwangsmaßnahme zu verhängen ist, kann ebenso nur nach den Umständen des konkreten Einzelfalls beurteilt werden ( 4 Ob 51/24i Rz 13 mwN) wie die Frage, ob der Unterhaltspflichtige seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen ist ( 3 Ob 91/20h ). Das Rekursgericht beurteilte das Unterlassen der aufgetragenen Urkundenvorlage durch den Vater als ungenügend, um seiner Auskunfts- bzw Mitwirkungspflicht nachzukommen. Die Beantragung seines Steuerberaters als sachverständiger Zeuge sei dazu nicht ausreichend, weil ein Steuerberater gerade nicht über alle Informationen verfüge, um unterhaltsrechtlich beurteilen zu können, ob der selbständig erwerbstätige Vater „Privatentnahmen“ getätigt habe. Inwiefern diese rechtliche Beurteilung konkret unrichtig sein soll, zeigt der Revisionsrekurs nicht schlüssig auf (vgl RS0043654 [T15]). Mit der Vorlage von (lediglich) Einkommenssteuerbescheiden entspricht der Unterhaltspflichtige seiner Mitwirkungspflicht jedenfalls nicht ( 9 Ob 302/97w ).
[10] 4. Dass das Einkommen des Unterhaltsschuldners nach freier Würdigung geschätzt werden kann, wenn ihm eine Verletzung seiner Mitwirkungspflicht bei der Ermittlung des Einkommens zur Last fällt ( RS0047432 ua), ändert nichts daran, dass das Gericht in dem Fall, dass eine Partei – wie hier der Vater – Urkunden nicht vorlegt, deren Vorlage auch mittels Verhängung einer Geldstrafe durchsetzen kann.
[11] 5. Darauf, ob der Vater (auch) über Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit verfügt, deren Klärung allenfalls durch die Einholung von Auskünften nach § 102 Abs 2 AußStrG erfolgen kann, kommt es für die Frage der Verhängung einer Geldstrafe zur Durchsetzung der Mitwirkungspflicht in Bezug auf die Klärung, ob (und wenn ja in welcher Höhe) es zu den von seinen Kindern behaupteten Privatentnahmen aus der GmbH kam, nicht an.
[12] 6. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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