Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei K* GmbH, *, vertreten durch Dr. David M. Suntinger, Rechtsanwalt in St. Veit an der Glan, gegen die verpflichtete Partei P* GmbH, *, wegen 10.654,73 EUR sA, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 22. November 2024, GZ 3 R 221/24g 18, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hall in Tirol vom 11. Oktober 2024, GZ 10 E 1585/24m 2, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Das Erstgericht bewilligte der Betreibenden gegen die Verpflichtete aufgrund von zwei vollstreckbaren Kostentiteln zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 986,33 EUR sA die Fahrnis- und Forderungsexekution. Das Mehrbegehren auf Bewilligung a) der Fahrnis- und Forderungsexekution auch aufgrund eines dritten Titels zur Hereinbringung einer weiteren vollstreckbaren Forderung von 9.668,40 EUR sA (Punkt 3.) und b) der Herausgabeexekution und der Exekution zur Erwirkung unvertretbarer Handlungen zur Durchsetzung des Auskunftsrechts der Betreibenden nach § 306 EO gegenüber der Verpflichteten und den Drittschuldnern für den Fall der Verweigerung von Auskünften und der Herausgabe näher umschriebener Urkunden und Dokumente (Punkt 4.) wies es ab.
[2] Gemäß § 27a EO idF der GREx könne das in § 306 EO normierte Recht des Gläubigers, vom Verpflichteten die Erteilung von Auskünften und die Herausgabe von Urkunden zu verlangen, vom Exekutionsgericht auch nach §§ 346 ff EO erzwungen werden. Dabei handle es sich um eine Hilfsexekution, eine Antragstellung in einem gesonderten Exekutionsverfahren sei nicht vorgesehen. Gegenüber dem Drittschuldner bestehe kein solches Auskunftsrecht des Betreibenden.
[3] Das Rekursgericht hob infolge Rekurses der Betreibenden die erstgerichtliche Entscheidung in ihrem Punkt 3. im Bezug auf eine betriebene Teilforderung von 4.834,20 EUR sA auf und trug dem Erstgericht insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Hingegen gab es dem Rekurs (auch) gegen Punkt 4. nicht Folge.
[4] Zur Durchsetzung des Anspruchs nach § 27a Abs 2 EO sei zwar ein entsprechender Antrag des Betreibenden notwendig und es habe darüber auch ein Beschluss zu ergehen. Allerdings seien Zwangsmittel erst dann – aufgrund eines gesonderten Antrags – einzusetzen, wenn der Verpflichtete seine Aufklärungs- und Mitwirkungspflicht verletzt habe.
[5] Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil seiner Entscheidung zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob zur Durchführung der Hilfsexekution nach § 306 EO eine Exekutionsbewilligung notwendig sei.
[6] Mit ihrem Revisionsrekurs strebt die Betreibende die Bewilligung der Exekution nach § 346 EO zur Erzwingung der Herausgabe näher umschriebener Urkunden durch die Verpflichtete sowie die Bewilligung der Exekution nach § 354 EO zur Erwirkung der Erteilung näher umschriebener Auskünfte durch die Verpflichtete an, und zwar jeweils primär „zur Hereinbringung der [restlichen] betriebenen Forderung von 5.820,53 EUR“, in eventu als Hilfsexekution im Rahmen der bewilligten Forderungsexekution; wiederum hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
[7] Der Revisionsrekurs der Betreibenden ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig ; er ist aber nicht berechtigt .
[8] 1. Gemäß § 306 Abs 1 Satz 1 EO hat der Verpflichtete dem Verwalter oder dem betreibenden Gläubiger, dem die Forderung überwiesen wurde, die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Auskünfte zu erteilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben. Um dieser Bestimmung zu entsprechen, hat der Verpflichtete dem Verwalter oder (wie hier) dem betreibenden Gläubiger sämtliche zur überwiesenen Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben. Der Urkundenbegriff des § 306 Abs 1 EO ist weit zu verstehen; erfasst sind alle Urkunden die für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung behilflich sein können, wobei es unerheblich ist, ob es sich um private oder öffentliche Urkunden handelt ( Leb in Garber/Simotta , EO § 306 Rz 4 mwN; vgl auch Markowetz in Deixler Hübner , EO § 306 Rz 5 und Oberhammer in Angst/Oberhammer 3 § 306 EO Rz 1 je mwN).
[9] 2. Bis zum Inkrafttreten der GREx sah § 306 Abs 2 EO vor, dass auf Antrag des Betreibenden gegen den Verpflichteten die Ausfolgung der Urkunden im Wege der Exekution (§§ 346 f EO) erwirkt werden kann. Für die Exekution dieses Herausgabeanspruchs bedurfte es keines eigenen Exekutionstitels, und es handelte sich dabei auch um kein eigenes Exekutionsverfahren, sondern um eine Hilfsexekution im anhängigen Forderungsexekutionsverfahren; sie konnte daher auch nur im Zusammenhang mit der Hauptexekution durchgeführt werden. Der Betreibende hatte also eine Hilfsexekution zur Herausgabe von Urkunden gemäß § 306 Abs 2 EO beim Exekutionsgericht zu beantragen, und dieses hatte die Vollstreckung nach Maßgabe dieses Antrags zu bewilligen ( Oberhammer in Angst/Oberhammer 3 § 306 EO Rz 2 mwN).
[10] 3. Infolge der GREx entfiel der bisherige Abs 2 des § 306 EO im Hinblick darauf, dass § 27a EO nunmehr eine allgemeine, im Rahmen des Exekutionsverfahrens durchsetzbare Mitwirkungspflicht des Verpflichteten vorsieht ( Leb in Garber/Simotta , EO § 306 Rz 2).
[11] 4. Gemäß § 27a Abs 1 Satz 1 EO hat der Verpflichtete dem Vollstreckungsorgan und dem Verwalter alle zur Durchführung des Exekutionsverfahrens nötigen Unterlagen zu übergeben und alle erforderlichen Aufklärungen zu erteilen. Das Exekutionsgericht kann gemäß § 27a Abs 2 EO die Ausfolgung der Unterlagen nach §§ 346 ff EO erzwingen. Es kann den Verpflichteten in Haft nehmen, wenn er die Verpflichtungen beharrlich und ohne hinreichenden Grund nicht erfüllt.
[12] 5. Kommt der Verpflichtete seiner Auskunfts- und Ausfolgungspflicht nach § 306 Abs 1 EO nicht (ausreichend) nach, kann das Exekutionsgericht folglich gemäß § 27a Abs 2 EO – also inhaltlich entsprechend der Regelung des § 306 Abs 2 EO idF vor der GREx – die Ausfolgung der Unterlagen durch den Verpflichteten und dessen Mitwirkung auch nach §§ 346 ff EO im Wege einer Exekution zur Erwirkung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen erzwingen. Im Gegensatz zur Rechtslage vor der GREx ist nunmehr bei der Forderungsexekution nicht nur die Herausgabe von Urkunden, sondern auch die Erteilung von Auskünften gegenüber dem Verpflichteten exekutiv durchsetzbar (
[13] 6. Die exekutive Durchsetzung der Mitwirkungspflichten des Verpflichteten setzt eine Antragstellung des Betreibenden (oder des Verwalters) voraus; in diesem Antrag sind die vom Verpflichteten herauszugebenden Urkunden genau zu bezeichnen ( Markowetz in Deixler Hübner , EO § 306 Rz 18 mwN). Bei diesem Verfahren handelt es sich (auch nach Inkrafttreten der GREx) um eine Hilfsexekution im anhängigen Forderungsexekutionsverfahren ( Oberhammer in Angst/Oberhammer 3 § 306 EO Rz 2; Mohr/Pimmer/Schneider , EO 17 Anm zu § 306), weshalb der Betreibende keinen eigenen Exekutionstitel benötigt ( Mohr/Pimmer/Schneider aaO).
[14] 7. Das Rekursgericht ist deshalb zutreffend davon ausgegangen, dass die Bewilligung dieser Hilfsexekution (im Rahmen des Forderungsexekutionsverfahrens) einen Antrag der Betreibenden (samt detaillierter Bezeichnung der herauszugebenden Urkunden) voraussetzt, der allerdings nicht bereits im Exekutionsantrag (zulässigerweise) gestellt werden kann, sondern erst dann, wenn der Verpflichtete seine Mitwirkungs- und Aufklärungspflicht verletzt hat. Dies ergibt sich bereits daraus, dass bei Einbringung des Exekutionsantrags noch gar nicht feststeht, ob einzelne oder auch alle Drittschuldner die gepfändete und dem Betreibenden zur Einziehung überwiesene Forderung ohnehin anerkennen und begleichen, sodass sich die Einbringung einer Drittschuldnerklage erübrigt; nur zur Ermöglichung der erfolgreichen Einklagung der Forderung(en) gegen den (die) Drittschuldner dient aber das Recht des Betreibenden (bzw des Verwalters), vom Verpflichteten die Erteilung der erforderlichen Informationen und die Herausgabe der entsprechenden Urkunden zu verlangen.
[15] 8. Die (hier in den Exekutionsantrag aufgenommene) Aufforderung des Betreibenden an den Verpflichteten, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die bezughabenden Urkunden herauszugeben, hat – mangels gesetzlicher Grundlage für einen entsprechenden gerichtlichen Auftrag an den Verpflichteten ohne gleichzeitige exekutive Maßnahmen – zunächst außergerichtlich zu erfolgen; nur dann, wenn der Verpflichtete seine (ausreichende) Mitwirkung verweigert, kann der Betreibende (oder der Verwalter) im Rahmen der anhängigen Forderungsexekution den Antrag stellen, die Herausgabe der zur Durchsetzung der gepfändeten Forderung(en) erforderlichen (detailliert zu bezeichnenden) Unterlagen sowie die Erteilung notwendiger (ebenfalls zu spezifizierender) Auskünfte zu erzwingen.
[16] 9. Der Revisionsrekurs muss daher erfolglos bleiben. Nur der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass der primäre Rechtsmittelantrag, der Betreibenden die Exekution zur Erwirkung von Handlungen (konkret nach § 346 und § 354 EO) zur Hereinbringung der betriebenen (Geld )Forderung zu bewilligen, von vornherein verfehlt ist.
[17] 10. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO.
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