Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 19. Dezember 2023 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras sowie die Rechtsanwälte Dr. Danler und Mag. Eigner als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwalt in *, wegen des Disziplinarvergehens der Verletzung von Berufspflichten nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt über die Beschwerde des Kammeranwalts gegen den Beschluss des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer * vom 15. Dezember 2022, GZ D 181/20 5, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019) den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gründe:
[1] Mit Verfügung vom 25. August 2020 übermittelte der Kammeranwalt eine bei ihm am 20. Juli 2020 eingelangte Anzeige des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer * gegen * (wegen des Verdachts einer Berufspflichtenverletzung infolge unterlassener Mitwirkung an Überprüfungshandlungen [§ 23 Abs 2 RAO] am 15. Juli 2020) dem Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer * „mit dem Hinweis, dass einem Vorgehen gemäß § 29 DSt nicht entgegengetreten wird“. Die Anzeige langte am 4. September 2020 beim Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer ein (siehe AZ KA 241/20).
[2] M it Beschluss vom 15. Dezember 2022, GZ D 181/20 5, legte der Disziplinarrat die Anzeige gemäß § 29 Abs 2 DSt zurück.
[3] Dagegen richtet sich die (über Ersuchen des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer * – ON 6) erhobene, die Bestellung eines Untersuchungskommissärs begehrende Beschwerde des Kammeranwalts (ON 7).
[4] Ihr kommt keine Berechtigung zu:
[5] Nach § 2 Abs 1 Z 1 DSt wird die Verfolgung eines Rechtsanwalts wegen eines Disziplinarvergehens durch Verjährung ausgeschlossen, wenn innerhalb eines Jahres ab Kenntnis des Kammeranwalts (§ 22 Abs 1 DSt) von dem einem Disziplinarvergehen zugrundeliegenden Sachverhalt kein Untersuchungskommissär bestellt wurde.
[6] Da die bezughabende Anzeige dem Kammeranwalt bereits am 20. Juli 2020 zur Kenntnis gelangte und binnen eines Jahres kein Untersuchungskommissär bestellt wurde, ist (jederzeit auch von Amts wegen zu berücksichtigende – Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/ Rohregger/Vitek , RAO 11 § 2 DSt Rz 2) Verjährung eingetreten. Anhaltspunkte dafür, dass eine Hemmung nach § 2 Abs 2 DSt oder eine Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 2 Abs 3 oder Abs 4 DSt eingetreten ist, bietet die Aktenlage nicht (vgl RIS Justiz RS0100178 sowie Marek in WK² StGB § 57 Rz 19).
[7] Bleibt der Beschwerde zuwider anzumerken, dass die „Beschwerdemöglichkeit des KA nach § 29 Abs 2 und 3 als 'leges specialis'“ „die Frist des § 2 (1) Z 1 DSt für die Dauer des Verfahrens vor dem DR und der Berufungsinstanz“ nicht hemmt. Zudem kann nicht nachvollzogen werden, inwiefern diese Frist „daher auch eine 'formelle' Verjährungsfrist“ sein soll.
[8] Verjährung als Strafaufhebungsgrund schließt die disziplinäre Verfolgung aus ( Marek in WK² StGB §§ 57 – 60 Rz 1, § 57 Rz 16), womit das Beschwerdevorbringen keiner inhaltlichen Erwiderung bedarf.
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