Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* GmbH, *, vertreten durch Sluka Hammerer Tevini Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei Ö* AG, *, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17–19, wegen 103.737,34 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Mai 2023, GZ 5 R 17/23s 73, den
Beschluss
gefasst:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Gegenstand des Rechtsstreits sind Forderungen aus einem Kaufvertrag über Nadelholzlieferungen einer bestimmten Menge in mehreren Lieferungen in einem bestimmten Zeitraum, bei dem sich die Preise nach der gelieferten Holzqualität richteten. Die Klägerin fordert nun von der beklagten Holzlieferantin Beträge zurück, die diese aus der in Anspruch genommenen Bankgarantie erhalten hat.
[2] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Die Klägerin habe Holzmengen nicht vertragskonform sortiert und ungerechtfertigt als schlechtere Qualität klassifiziert, weshalb die Nachverrechnungen der Beklagten (und die Inanspruchnahme der Bankgarantie im der Höhe nach unstrittigen Umfang) berechtigt gewesen seien.
[3] Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Klägerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[4]
1.1 Die Auslegung einer vertraglichen Vereinbarung hat stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu erfolgen und wirft damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf (vgl RS0044358; RS0042936; RS0042776).
[5] 1.2 Laut Punkt 5.4. des Kaufvertrags sollte die Klägerin der Beklagten „die Möglichkeit einer 100 %-igen Sortieranwesenheit“ einräumen, „wobei mindestens 35 % erreicht werden“ sollten. Festgelegt war außerdem, dass die Klägerin die Beklagte bei „zweifelhaften“ Fuhren sofort informieren „und zu einer gemeinsamen Übernahme“ einladen sollte. Nach dem Sachverhalt kam es bei der im Revisionsstadium allein noch gegenständlichen Holzlieferung zur Rechnung Nr 40026785 vom 22. Juni 2020 (68.358,58 EUR zuzüglich 3.304 EUR Zinsen) zu Meinungsverschiedenheiten über die Qualität der Lieferungen, nachdem die Klägerin den Mitarbeitern der Beklagten zunächst wegen der COVID 19-Pandemie die Anwesenheit bei der Übernahme verweigert hatte und in der Folge zwischen den Abmaßprotokollen der Streitteile erhebliche Sortierdifferenzen aufgetreten waren. Fest steht weiters, dass die Klägerin zu strenge Sortierungen vornahm und die von ihr abgerechneten Preise zu niedrig waren, zumal die Qualität des Holzes sich jeweils zwischen der Kontrollvermessung durch die Beklagte bis zur Lieferung an die Klägerin nicht veränderte. Dass die Klägerin den Mitarbeitern der Beklagten – wie vereinbart – während der Vertragslaufzeit eine Sortieranwesenheit von 35 % ermöglichte, konnte nicht festgestellt werden.
[6] 1.3 Der Hinweis der Klägerin auf § 27 der Österreichischen Holzhandelsusancen (ÖHHU), zu welchem Rechtsprechung fehle, zeigt schon deswegen keine erhebliche Rechtsfrage auf, weil nicht erkennbar ist, aus welchem Grund sich im Zusammenhang mit der Auslegung dieser Bestimmung eine unrichtige rechtliche Beurteilung der angefochtenen Entscheidung ergeben sollte. Auf die Frage der Rechtzeitigkeit oder einer „Verfristung“ einer allfälligen Rüge kommt es im vorliegenden Fall nicht an, weil sich aus dem Sachverhalt ergibt, dass die von der Klägerin ihren Abrechnungen zugrunde gelegten Holzqualitäten im festgestellten Umfang zu niedrig waren und das Klagebegehren daher nicht berechtigt ist.
[7] 2. Das Regelbeweismaß der ZPO ist nach ständiger Rechtsprechung die hohe Wahrscheinlichkeit und nicht eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit (RS0110701). Auch dazu wird im Rechtsmittel keine erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen, weil die Feststellung, dass die von der Beklagten nachverrechneten Sortierdifferenzen der tatsächlichen Qualität der gelieferten Ware entsprachen, durch den – zur Beweiswürdigung gehörenden – Zusatz „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ nicht entkräftet wird. Fragen der Beweislastverteilung stellen sich wegen der positiven Feststellung im gegenständlichen Fall ebenfalls nicht.
[8] 3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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