Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 5. September 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Gitschthaler als weiteren Richter sowie die Rechtsanwälte Dr. Strauss und Dr. Wippel als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwalt in *, AZ D 44/19, über dessen Beschwerde gegen den Beschluss der Vorsitzenden des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 20. Oktober 2021, GZ D 44/19 23, nach Einsichtnahme durch die Generalprokuratur nichtöffentlich gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der Pauschalkostenbeitrag mit 600 Euro festgesetzt.
Gründe:
[1] Mit Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 12. Oktober 2020, GZ D 44/19 16, wurde Rechtsanwalt * des Disziplinarvergehens der Berufspflichtenverletzung nach § 1 Abs 1 erster Fall DSt schuldig erkannt und hierfür zu einer Geldbuße von 1.000 Euro und zur „Tragung der anteiligen Verfahrenskosten“ verurteilt.
[2] Mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 23. September 2021, AZ 28 Ds 5/21f, wurde der Berufung des Disziplinarbeschuldigten nicht Folge gegeben und dieser auch zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens verpflichtet.
[3] Danach hat er am 24. Mai 2019 bei einer Erstbesprechung K* T* nicht konkret darüber aufgeklärt, dass die kostenlose erste anwaltliche Auskunft beendet ist und er nunmehr kostenpflichtig eine Vertretung und einen Auftrag übernehme, und die Genannte auch sonst nicht über die Kostenfolgen informiert.
[4] Mit Kostenbeschluss des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 20. Oktober 2021 wurden die vom Disziplinarbeschuldigten zu ersetzenden Verfahrenskosten mit dem Betrag von 800 Euro festgesetzt.
[5] Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten, mit der er eine Herabsetzung des Pauschalkostenbeitrags auf 300 Euro begehrt und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der überwiegende Teil der Beweisaufnahmen in erster Instanz in Ansehung des ursprünglichen Vorwurfs des Einleitungsbeschlusses erfolgt seien, wonach Frau T* „unter dem Vorwurf einer Täuschung eines Freundschaftsverhältnisses zu einem ehemaligen Richter in seine Kanzlei eingeladen worden sei, um deren Scheidungssache zu erörtern“. Erst die letzte Viertelstunde der Verhandlung habe den modifizierten, dem Schuldspruch zu Grunde liegenden Vorwurf zum Gegenstand gehabt, sodass seiner Ansicht nach ein Freispruch vom ursprünglichen Vorwurf erfolgt sei. Außerdem sei seine Einkommenssituation unzureichend berücksichtigt worden.
[6] Die Beschwerde erweist sich bloß teilweise als berechtigt.
[7] Gemäß § 41 Abs 2 DSt sind die Pauschalkosten nach Maßgabe des Umfangs und des Ausgangs des Verfahrens unter Vermeidung unbilliger Härten zu bemessen; sie dürfen fünf Prozent des in § 16 Abs 1 Z 2 DSt genannten Betrags, derzeit also 2.250 Euro, nicht übersteigen. Die Pauschalkosten sind in einem einzigen Betrag festzusetzen; zur Vermeidung unbilliger Härten ist auch die Leistungsfähigkeit des Disziplinarbeschuldigten zu berücksichtigen (RIS Justiz RS0118083).
[8] Der angefochtene Beschluss berücksichtigt den Umfang des Verfahrens, nämlich ein (einfaches) Vorverfahren, die Dauer der Verhandlung erster Instanz ( knapp zwei Stunden ) sowie die Dauer der Verhandlung im Rechtsmittelverfahren ( acht Minute n), dies zutreffend jeweils ohne Berücksichtigung der für die Beratung aufgewendeten Zeit (RIS Justiz RS0055680). Wirtschaftliche Überlegungen wurden bei Festsetzung der Pauschalkosten berücksichtigt.
[9] Den Beschwerdeausführungen ist entgegenzuhalten, dass ein Freispruch vom ursprünglich bestehenden Vorwurf tatsächlich nicht erfolgte (ON 16 S 1), sodass die im Wege des § 77 Abs 3 DSt grundsätzlich anwendbare Bestimmung des § 389 Abs 2 StPO (vgl RIS Justiz RS0057035, RS0114561) die vorliegende Verfahrenssituation nicht unmittelbar zum Gegenstand hat. Dem Disziplinarbeschuldigen ist jedoch zuzugestehen, dass insbesondere die Vernehmung des Zeugen Dr. R* B*, aber auch die Befragung des Beschwerdeführers und der Zeugin T* zu einem Teil der Klärung des ursprünglichen, nicht aufrecht erhaltenen Vorwurfs dienten. Demgegenüber waren aber vor allem Letztere sehr wohl auch für die Ermittlung der für den schließlich erfolgten Schuldspruch erforderlichen Entscheidungsgrundlage erforderlich.
[10] Da eine rein mathematische Zerteilung des für die Erarbeitung der der Beweiswürdigung dienenden Verfahrensergebnisse nötigen Aufwands nicht möglich ist, war der besonderen Fallkonstellation insgesamt mit einer spruchgemäßen Reduktion des Pauschalkostenbeitrags Rechnung zu tragen, wobei die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten bereits vom Disziplinarrat berücksichtigt wurden (vgl ON 14 S 2, ON 16 S 3, 6, ON 25).
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