Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Manfred Joachimsthaler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Christian Lewol (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei *, gegen die beklagte Partei Land Steiermark, Hofgasse 15, 8010 Graz, vertreten durch Mag. Bernd Wurnig, Rechtsanwalt in Graz, wegen 460,08 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 24. Mai 2022, GZ 7 Ra 79/21y 13, den
Beschluss
gefasst:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht ein Dienstverhältnis, das dem „Dienst und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark“ (Stmk L DBR) unterliegt.
[2] Der Kläger war von 13. 11. bis 21. 11. 2020 als „K1 Person“ auf Basis der §§ 1, 5, 6, 7 und 17 des Epidemiegesetzes 1950 (EpiG) in der geltenden Fassung per Bescheid abgesondert. In diesem Zeitraum hätte er bei Erbringung der Arbeitsleistung einen Anspruch auf eine Journaldienstvergütung von 332,05 EUR brutto und eine Sonntagsvergütung von 128,03 EUR brutto gehabt.
[3] Der Kläger begehrt gestützt auf § 32 Abs 3 EpiG die Zahlung dieser Beträge.
[4] Die Beklagte bestreitet und wendet ein, dass nach dem Stmk L DBR eine Entgeltfortzahlung nach dem Ausfallsprinzip nicht vorgesehen sei. Das Epidemiegesetz sei aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompetenzbestimmungen nicht als lex specialis gegenüber dem Stmk L DBR anzusehen.
[5] Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt.
[6] Die außerordentliche Revision der Beklagten ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
[7] 1. Der Oberste Gerichtshof hat erst kürzlich in der Entscheidung 9 ObA 99/21f zu einem vergleichbaren Fall die Anwendbarkeit des § 32 Abs 3 EpiG auch auf Dienstverhältnisse von Landesbediensteten bejaht. In dieser Entscheidung, die zum NÖ Landesvertragsbedienstetengesetz ergangen ist, wurde ausgeführt:
„Dem EpiG ist demnach klar zu entnehmen, dass die Bemessung des für jeden Tag der Absonderung zu leistenden Vergütungsbetrags nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des EFZG vorzunehmen ist.
Wie schon vom Berufungsgericht zutreffend dargelegt, handelt es sich beim Anspruch nach § 32 EpiG nicht um Entgelt, sondern um eine auf einem öffentlich rechtlichen Titel beruhende Entschädigung des Bundes, für die der Arbeitgeber in Vorlage tritt (s VwGH 29. 3. 1984, 84/08/0043; VwGH 24. 6. 2021, Ra 2021/09/0094). Mit dem Verweis auf das EFZG wird insofern kein Entgeltanspruch im engeren Sinn geschaffen, sondern nur eine Regelung für die Bemessung der Höhe der Entschädigung für epidemiebedingte Absonderungszeiten und dergleichen getroffen. Davon werden auch Arbeitsverhältnisse zum Bund, zu einem Land, einem Gemeindeverband, einer Gemeinde ua erfasst, die sonst vom Geltungsbereich des EFZG ausgenommen sind (§ 1 Abs 2 bis 4 EFZG). Es geht in § 32 EpiG also nicht darum, dass die Entschädigungszahlungen demselben Personenkreis zu gewähren sind, der in den Anwendungsbereich des EFZG fällt, sondern darum, eine Vorgabe für die Bemessung der Entschädigung der von § 32 EpiG erfassten Personen zu machen, von denen auch Vertragsbedienstete nicht ausgenommen sind.
(…) Hätte der Gesetzgeber die Unanwendbarkeit des § 32 EpiG auf Dienstverhältnisse von Vertragsbediensteten erzielen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass die Geltung des EFZG für die Bemessung der Verdienstentgangsvergütung nicht im Wege eines pauschalen Verweises erfolgt wäre, sondern der öffentliche Dienst davon ausgenommen worden wäre. Zugleich wäre angesichts des Bestrebens nach einer Entschädigung für alle natürlichen Personen (ua) zu erwarten gewesen, dass für den öffentlichen Dienst eine andere Regelung für den Verdienstentgang infolge der im EpiG aufgezählten behördlichen Maßnahmen (und nicht nur, wie in § 40 NÖ LVBG, infolge Unfall oder Krankheit) getroffen worden wäre. Dass dies für ihre Landesvertragsbediensteten der Fall gewesen wäre, behauptet die Beklagte nicht. Die Entschädigungsleistung nach § 32 EpiG ist daher auch im vorliegenden Fall nach dem EFZG zu bemessen.“
[8] 2. Die Beklagte macht in ihrer Revision geltend, dass nach Art 21 B
[9] Bei dieser Argumentation übersieht die Beklagte, dass – worauf bereits die Vorentscheidung hingewiesen hat – das EpiG nicht die Höhe das Entgelt des Arbeitnehmers regelt, sondern die auf einem öffentlich rechtlichen Titel beruhende Entschädigung des Bundes für die Zeit der epidemiebedingten Absonderung. Die Auszahlung erfolgt nur vorschussweise durch den Arbeitgeber, wofür der Entschädigungsanspruch gegenüber dem Bund auf den Arbeitgeber übergeht (RV zur Tierseuchengesetznovelle 1973, 977 BlgNr 13. GP 14, wobei dieses Gesetz als Vorbild für das EpiG diente). Dass aber die Festsetzung der Höhe einer Entschädigung durch den Bund für eine auf Basis bundesgesetzlicher Normen erfolgte Absonderung in die Kompetenz des Bundes fällt, wird letztlich auch von der Beklagten nicht bestritten. Für eine Vorlage an den Verfassungsgerichtshof besteht daher keine Veranlassung.
[10] 3. Auch der Umstand, dass das EpiG zeitlich vor einer Verschiebung der Kompetenz in Bezug auf das Dienstrecht für Landesbedienstete in Kraft getreten ist, führt zu keiner anderen Beurteilung des gesetzgeberischen Willens. § 32 EpiG wurde in den letzten zwei Jahren mehrfach novelliert (BGBl Ⅰ 2022/89; BGBl Ⅰ 2021/90; BGBl Ⅰ 43/2020; BGBl Ⅰ 104/2020), ohne dass sich der Gesetzgeber veranlasst sah, eine Ausnahmeregelung für Landesbedienstete vorzusehen.
[11] 4. Schon aus der Anrechnungsbestimmung des § 32 Abs 5 EpiG ergibt sich, dass die Höhe des Vergütungsanspruchs gegenüber dem Bund nicht notwendigerweise der Höhe sonstiger Ansprüche auf Ersatz von Verdienstentgang bei Dienstverhinderung entspricht und derartiges vom Gesetzgeber auch nicht beabsichtigt war. Insoweit kommt dem Umstand, dass das Stmk L DBR für die Entgeltfortzahlung bei Dienstverhinderung durch Unfall oder Krankheit mit § 186 Stmk L DBR eine Regelung beinhaltet, die von der des EFZG (auf das das EpiG verweist) abweicht, keine Relevanz zu.
[12] 5. Eine Pflicht zur Geltendmachung der Ansprüche durch den Arbeitnehmer unmittelbar gegenüber dem Bund (bei der Bezirksverwaltungsbehörde) wurde vom Berufungsgericht (unbekämpft) verneint.
[13] 6. Insgesamt gelingt es der Beklagten daher nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
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